VwGH 2011/16/0189

VwGH2011/16/018927.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der S in G, vertreten durch Mag. Peter Bubits, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Elisabethstraße 2, als Verfahrenshelfer gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 23. Februar 2011, Zl. RV/0554-W/10, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Jänner 1998 bis Oktober 2003, zu Recht erkannt:

Normen

31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art1 lita;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art1 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Darstellung des Verwaltungsgeschehens wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2010, Zl. 2009/15/0204, verwiesen, mit dem der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juni 2005 über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum zwischen 1. Jänner 1998 und 31. Oktober 2003 nach Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens des EuGH, das dieser mit seinem Urteil vom 26. November 2009, C-363/08 - Slanina, beantwortet hatte, aufgehoben wurde.

Im genannten Urteil führte der Verwaltungsgerichtshof tragend aus:

"Der Beschwerdeführerin wurde für ihre Tochter N im Streitzeitraum die Familienbeihilfe gewährt. Ihr früherer Ehemann wohnt in Österreich, ist hier berufstätig, ist als Vater N zu deren Unterhalt verpflichtet und ist dieser Unterhaltspflicht nicht nachgekommen. Das Kind, für welches die Leistung gewährt wurde, ist auch im Sinne der VO (Anm.: Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971) Familienangehöriger des geschiedenen Ehemannes der Beschwerdeführerin. Der Beschwerdefall fällt somit in den Anwendungsbereich der VO. Nach Punkt 1 des Tenors des Urteiles des EuGH hat die Beschwerdeführerin unter den hier gegebenen Umständen den Anspruch auf die Beihilfe beibehalten, solange sie in Griechenland nicht berufstätig ist. Bis zur Aufnahme einer Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland bestand ihr Anspruch zu Recht mit der Folge, dass die Rückforderung der Leistung rechtswidrig ist.

Nach Punkt 2 des Tenors des Urteils des EuGH ist ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland zunächst zu prüfen, ob diese Tätigkeit in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach dem Recht Griechenlands begründet. Begründet diese Tätigkeit in Griechenland keinen Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht, so hat diese Tätigkeit keinen Einfluss auf den Anspruch der Beschwerdeführerin auf die österreichische Familienleistung und wäre auch in diesem Fall die Rückforderung der gegenständlichen Leistung für diesen Zeitraum rechtswidrig. Würde die Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht begründen, würde dies zu einem Ruhen des Anspruches auf Familienbeihilfe bis zur Höhe des nach den griechischen Vorschriften vorgesehenen Betrages führen. Erreichte die Familienleistung nach den griechischen Vorschriften die Höhe der gegenständlichen Familienleistung, würde diese zur Gänze geruht haben und wäre in diesem Zeitraum der Rückforderungsanspruch begründet. Wäre die griechische Familienleistung niedriger als die tatsächlich von Österreich gewährte Familienleistung, würde nur in diesem Ausmaß die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag ruhen und in diesem Ausmaß rückforderbar sein."

Im fortgesetzten Verfahren stellte die belangte Behörde Ermittlungen über die Beschäftigungs- und Versicherungsverhältnisse der Beschwerdeführerin sowie des Vaters des Kindes N und über dessen Unterhaltsleistungen für das Kind während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes an.

Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Erstbescheid vom 22. Oktober 2003 als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Ergebnisse ihrer Ermittlungen traf sie zunächst folgende Sachverhaltsfeststellungen:

"Die (Beschwerdeführerin) (Bw.) ist österreichische Staatsbürgerin und Mutter zweier Töchter, N, geb. am 23.6.1991 , und M, geb. am 1.3.2003.

Die Bw wohnt seit Sommer 1997 ständig in Griechenland und nicht mehr in Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Griechenland, wo die Bw mit ihren Kindern einen Wohnsitz hat und lebt. Die Tochter N besucht seit Herbst 1997 in Griechenland die Schule und hält sich seitdem ständig in Griechenland auf. Die Tochter M wurde in Griechenland (Zakynthos) geboren und hat einen griechischen Mutter-Kind Pass. Ihr Vater ist griechischer Staatsbürger.

Bis 2001 stand die Bw in Griechenland weder in einem Beschäftigungsverhältnis noch war sie arbeitslos gemeldet. Ihr Lebensunterhalt wurde iW von Verwandten und aus Ersparnissen bestritten.

Seit Mai 2001 ist sie als Reiseleiterin eines griechischen Unternehmens, das für B-Reisen Tagesausflüge durchführt, nichtselbständig beschäftigt, und zwar jeweils von Mai bis Anfang Oktober jeden Jahres. Seit Mai 2001 ist sie in Griechenland aG der beschriebenen Tätigkeit durchgehend sozialversichert.

Die Tochter N ist bei ihrer Mutter in Griechenland haushaltszugehörig. Sie hat sich nur in den Ferien (Sommer und Weihnachten) oft in Österreich bei Verwandten der Bw aufgehalten und dabei auch ihren Vater H S., der österr. Staatsbürger ist und hier lebt, besucht.

Die Ehe der Bw mit Hrn S. wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus am 6.12.1989 im Einvernehmen mit der Wirkung geschieden, dass sie mit Eintritt der Rechtskraft seit 28.12.1989 aufgelöst ist.

Für das am 23.6.1991 geborene gemeinsame Kind N wurde kein Unterhalt festgesetzt und es gibt auch keine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bw und Hrn S. über zu leistende Unterhaltszahlungen. Hr S. zahlte für N im Streitzeitraum Jänner 1998 bis Oktober 2003 freiwillige monatliche Unterhaltsbeträge an die Bw in unterschiedlicher Höhe.

Herr S. war letztmalig vom 3.6.1991 bis 27.9.1991 als Arbeiter nichtselbständig beschäftigt. Vom 24.2.1992 bis 31.8.1992 erhielt er Arbeitslosengeldbezug. Seitdem und somit auch im gesamten Streitzeitraum ist er weder nichtselbständig noch selbständig tätig. Er ist auch weder arbeitslos gemeldet noch geringfügig beschäftigt oder Student.

Seit 1.1.1994 ist er in der Krankenversicherung gem. § 16 ASVG freiwillig selbstversichert. Dies ist der einzige Zweig der sozialen Sicherheit, in dem er versichert ist.

Im Streitzeitraum bestritt er seinen Lebensunterhalt durch Unterstützungen seines Vaters und seiner Lebensgefährtin.

Die Bw hat im Inland einen weiteren Wohnsitz, der jedoch von ihr kaum benutzt wird."

Der festgestellte Sachverhalt beruhe - so die weitere Begründung - auf folgender Beweiswürdigung:

"Die persönlichen Verhältnisse der Bw sind unstrittig und beruhen auf ihren Angaben. Die Bw führt selbst aus, dass sie seit Sommer 1997 ständig in Griechenland mit ihren Kindern lebt und seit Mai 2001 (jeweils bis Oktober) einer nichtselbständigen Tätigkeit in Zakynthos nachgeht. Daher befindet sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Griechenland, da sie und die Kinder dort wohnen, N dort zur Schule geht, M einen griechischen Mutter-Kind Pass besitzt und die Bw dort erwerbstätig ist. Die Kinder halten sich ständig in Griechenland auf. Der Ferienaufenthalt von N in Österreich beträgt maximal drei Monate (mindestens 9 Monate in Griechenland) und stellt daher keinen ständigen Aufenthalt dar. Die Bw hat wirtschaftlich und persönlich das stärkste Naheverhältnis zu Griechenland.

Der Beschluss über die Scheidung der Ehe im Einvernehmen ist aktenkundig. Unbestritten und durch die Geburtsurkunde von N erwiesen ist die Vaterschaft von Hrn S.

Dass für N kein Unterhalt festgesetzt wurde und es auch keine schriftliche Vereinbarung über zu leistende Unterhaltszahlungen gibt, beruht auf dem übereinstimmenden Vorbringen der Bw und des Hrn S. Dass Hr S freiwillig monatliche Unterhaltsbeträge in unterschiedlicher Höhe zahlte, ist durch die vorgelegten Bestätigungen, unterschrieben von der Bw, wonach sie Unterhaltszahlungen erhalten habe und durch die vorgelegten Überweisungsbelege evident. Dass die Bw die Bestätigungen nur unterschrieben habe, um den 'Frieden zu sichern', wie sie selbst ausführt, ist nicht glaubhaft; es ist davon auszugehen, dass die Bw über die Rechtswirkungen ihrer Handlungen durch ihre Unterschrift Bescheid weiß, was sie auch durch ihr gesamtes Vorbringen im Verfahren unter Beweis gestellt hat.

Dass Hr S. weder beschäftigt noch arbeitslos noch Student ist, ist seinem eigenen Vorbringen und dem vom UFS angeforderten Datenauszug der Sozialversicherung zu entnehmen. Diese Tatsache wird über Vorhalt auch von der Bw bestätigt, wenn sie ausführt, Hr S. sei 'ihres Wissens als Künstler selbst versichert'.

Dass Hr S. nur in der Krankenversicherung gem. § 16 ASVG freiwillig selbstversichert ist, ist dem übereinstimmenden Vorbringen der Bw und des Hrn S. sowie dem übermittelten Datenauszug der Sozialversicherung zu entnehmen.

Die im später aufgehobenen Bescheid des UFS vom 30.6.2005 … getroffene Feststellung, Hr S. arbeite in Österreich, wird nicht mehr aufrecht gehalten, da die nunmehr durchgeführten Ermittlungen des UFS ohne jeden Zweifel zu den hier getroffenen Feststellungen führen.

Auch die im weiteren Verfahren vor dem VwGH angeführte Feststellung, (die ausschließlich auf den Angaben der Bw beruhte), Hr S. sei für N unterhaltspflichtig, er zahle aber keinen Unterhalt, kann in dieser Form aG der durchgeführten umfangreichen Ermittlungen des UFS nicht mehr aufrecht gehalten werden."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde schließlich unter Hinweis auf § 63 Abs. 1 und § 42 Abs. 3 VwGG sowie auf § 289 Abs. 2 BAO und unter Zitierung der maßgeblichen Bestimmungen aus dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und dem Einkommensteuergesetz 1988 aus:

"Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem FLAG vermittelt ein Kind mit ständigem Aufenthalt in Österreich und ab 30. Dezember 2000 auch mit ständigem Aufenthalt in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes. Der Anspruch auf Familienbeihilfe steht der Person zu, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1, 2 und 8 FLAG erfüllt; unter hier nicht interessierenden Voraussetzungen haben auch Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe für sich selbst. Eine Person, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, und zu deren Haushalt das Kind gehört, hat Anspruch auf Familienbeihilfe. Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt. Die Familienbeihilfe stellt eine Familienleistung (nach Art 4 Abs. 1 lit. h der Verordnung) dar, die Österreich den Anspruchsberechtigten - von der hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme des § 3 Abs. 1 FLAG abgesehen - unabhängig von einem Versicherungs- oder Beschäftigungsverhältnis gewährt.

Diese Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe an die Beschwerdeführerin waren zu Beginn der Familienbeihilfenzahlungen an die Beschwerdeführerin gegeben. Im Jahr 1997 hat die Beschwerdeführerin sodann in Griechenland einen Wohnsitz begründet und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen dorthin verlegt. Für darauf folgende Zeiträume steht nach innerstaatlichem Recht (§ 2 Abs. 8 FLAG) ihrem Anspruch auf Familienbeihilfe der Umstand entgegen, dass sie in Österreich nicht mehr den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat. Steht der Beschwerdeführerin der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht zu, so besteht ein gleichartiger Anspruch für den in Österreich verbliebenen geschiedenen Ehemann und Kindesvater. Ihm käme allerdings dann kein Anspruch zu, wenn er nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind trüge.

Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG stellt ausschließlich auf objektive Momente ab. Entscheidend ist somit lediglich, ob im betroffenen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben waren.

Die Bw, in deren Haushalt die Tochter N lebt, hatte im gesamten Rückzahlungszeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen nicht im Bundesgebiet. Unstrittig ist, dass die Bw nach innerstaatlichem Recht in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt hat.

Die Bw vertritt die Rechtsauffassung, dass ihr Anspruch auch nach der Verlegung des Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen in einen anderen Mitgliedstaat aufrecht bleibt und beruft sich dabei auf die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (idF VO). Deren maßgebliche Bestimmungen sind anzuführen wie folgt.

In Art 1 Buchst. a der VO wird der Begriff 'Arbeitnehmer' oder 'Selbständiger' definiert als

'jede Person,

i) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werde, pflichtversichert oder oder freiwillig weiterversichert ist;

ii) die im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken pflichtversichert ist, die von den Zweigen erfaßt werden, auf die diese Verordnung anzuwenden ist,

'(1) Vorbehaltlich des Artikels 14c unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes:

a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt ...'

Art 73 der VO ('Arbeitnehmer oder Selbständige, deren Familienangehörige in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat wohnen') lautet:

'Ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, hat, vorbehaltlich der Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.'

Art. 76 Abs 1 der VO ('Prioritätsregeln für den Fall der Kumulierung von Ansprüchen auf Familienleistungen gemäß den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates und den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Familienangehörigen wohnen'), bestimmt:

'Sind für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen, Familienleistungen aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vorgesehen, so ruht der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gegebenenfalls gemäß Artikel 73 bzw 74 geschuldeten Familienleistungen bis zu dem in den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats vorgesehenen Betrags.'

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Bw die frühere Ehefrau von Hrn S. ist, der im Streitzeitraum nicht unter Art 1 der VO fällt.

Wer als Arbeitnehmer oder Selbständiger gilt, ist in Art 1 lit a VO geregelt. Demnach muss es sich um Personen handeln, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmern oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert sind; ein im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit Versicherter ist dann erfasst, wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden kann oder die in Anhang I für die einzelnen Mitgliedstaaten aufgezählten Kriterien erfüllt.

Im Wesentlichen sind somit drei Kriterien zu erfüllen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Ersatzbescheid bestätigte die belangte Behörde die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate Jänner 1998 bis einschließlich Oktober 2003. Sie sieht die Unrechtmäßigkeit des Bezuges dieser Leistungen darin begründet, dass sich die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrer Tochter N seit Sommer 1997 nicht mehr in Österreich, sondern ständig in Griechenland aufgehalten habe; weder komme dem Vater des Kindes Arbeitnehmereigenschaft nach Art. 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rats zu, noch gelte das Kind als Familienangehörige im Sinn des Art. 1 Buchstabe f Z. i der Verordnung, weil der Vater von N weder zu Unterhaltsleistungen verpflichtet gewesen sei noch überwiegend den Unterhalt für das Kind bestritten habe. Für den Zeitraum der nichtselbständigen Beschäftigung bzw. Arbeitslosigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland vom 1. Mai 2001 bis 31. Oktober 2003 sei die genannte Verordnung zwar grundsätzlich auf die Beschwerdeführerin anwendbar, unterliege aber den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates, weshalb auch in diesem Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.

Die vorliegende Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Ersatzbescheides zusammengefasst darin, dem Vater von N komme Arbeitnehmereigenschaft nach Art. 1 Buchstabe a Z iv zu, wonach gerade keine Weiterversicherung, sondern nur die freiwillige Versicherung gegen ein Risiko, gegen das zuvor eine Pflichtversicherung bestanden habe, gefordert werde. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Tochter N unterlägen dem persönlichen Anwendungsbereich der genannten Verordnung. Die Tochter sei sehr wohl Familienangehörige im Sinn des Art. 1 Buchstabe f der genannten Verordnung, weil der Vater des Kindes Unterhalt geleistet habe und zur Leistung von Unterhalt verpflichtet gewesen sei, auch wenn dieser nicht (gerichtlich) bestimmt gewesen sei. Der entscheidenden Frage, ob die Beschwerdeführerin in Griechenland überhaupt Anspruch auf staatliche Familienleistungen und wenn ja, in welcher Höhe gehabt habe, sei die belangte Behörde nicht nachgegangen. Denn nach Art. 76 der genannten Verordnung ruhe der Anspruch nur bis zu der Höhe, zu der Familienbeihilfe im anderen Mitgliedstaat bezogen werde.

Damit ist die Beschwerde im Recht:

Soweit die belangte Behörde die Arbeitnehmereigenschaft des Vaters von N deshalb verneinte, weil dieser nicht im Sinne des Art. 1 Buchstabe a Z. i der in Rede stehenden Verordnung freiwillig weiterversichert gewesen sei, übersah sie, dass Art. 1 Buchstabe a Z. iv zweiter Anstrich der genannten Verordnung als Arbeitnehmer auch jede Person definiert, die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfasst werden, im Rahmen eines für Arbeitnehmer, Selbständige, für alle Einwohner eines Mitgliedstaates oder für bestimmte Gruppen von Einwohnern geschaffenen Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaates freiwillig versichert ist, wenn sie früher im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige desselben Mitgliedstaates errichteten Systems gegen das gleiche Risiko pflichtversichert war.

Die belangte Behörde zieht in ihrer Gegenschrift deshalb in Zweifel, dass der Vater des Kindes N "früher" pflichtversichert war, weil in der etwa ein Jahr nach dem Ende der Pflichtversicherung als Arbeitnehmer beantragten und beginnenden freiwilligen Selbstversicherung des Vaters nach § 16 ASVG keine unmittelbar an die Pflichtversicherung anschließende Weiterversicherung im Sinn des Art. 1 Buchstabe a Z. i der genannten Verordnung liege.

Es mag im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die freiwillige Weiterversicherung im Sinne dieser Verordnung unmittelbar an eine Pflichtversicherung anschließen muss, weil Art. 1 Buchstabe a Z. iv der genannten Verordnung im Gegensatz zu Z. i leg. cit. nicht von einer Weiterversicherung, sondern nur von einer freiwilligen Versicherung spricht, wenn die Person früher im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige desselben Mitgliedstaates errichteten Systems gegen das gleiche Risiko pflichtversichert war. Ein unmittelbarer, d.h. lückenloser Anschluss der freiwilligen Versicherung an die Pflichtversicherung ist nach Art. 1 Buchstabe a Z. iv dieser Verordnung daher nicht vorausgesetzt.

Soweit die belangte Behörde die Familienangehörigkeit der Tochter nach Art. 1 Buchstabe f Z. i der genannten Verordnung deshalb für ausgeschlossen erachtete, weil der Kindesvater weder zu Unterhaltszahlungen verpflichtet noch den Unterhalt überwiegend bestritten habe, kann dem in Ansehung des in dieser Sache ergangenen, eingangs zitierten Urteils des EuGH vom 26. November 2009 nicht gefolgt werden, der dort unter Rz 26 bis 28 ausführte:

"26. In einem zweiten Schritt führt Art. 1 Buchst. f Ziff. i der Verordnung Nr. 1408/71 das Korrektiv ein, dass, sofern 'nach diesen (nationalen) Rechtsvorschriften eine Person jedoch nur dann als Familienangehöriger oder Haushaltsangehöriger angesehen (wird), wenn sie mit dem Arbeitnehmer oder dem Selbständigen in häuslicher Gemeinschaft lebt, … diese Voraussetzung als erfüllt (gilt), wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von diesem bestritten wird. …'

27. Es ist daher Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die in Art. 1 Buchst. f Ziff. i der Verordnung Nr. 1408/71 aufgestellte Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, ob also das Kind, obwohl es in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zeitraum nicht bei seinem Vater gelebt hat, im Sinne des nationalen Rechts als 'Familienangehöriger' seines Vaters angesehen werden konnte und, wenn nein, ob sein 'Unterhalt … überwiegend' von seinem Vater 'bestritten' wurde.

28. Aus den Akten, die dem Gerichtshof vorgelegt worden sind, geht hervor, dass der frühere Ehemann von Frau Slanina tatsächlich zur Zahlung von Unterhalt an seine Tochter Nina verpflichtet ist. Dass er ihn nicht gezahlt hat, ist für die Frage, ob das Kind sein Familienangehöriger ist, ohne Bedeutung."

Dass der Vater von N, deren Selbsterhaltungsfähigkeit im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht gegeben war, schon von Gesetzes wegen zur Leistung von Unterhalt verpflichtet war, unterliegt keinem Zweifel; daran kann eine allfällige Verletzung dieser Verpflichtung nichts ändern. In Ansehung der wiedergegebenen Ausführungen des EuGH ist es aber für die Beantwortung der Frage, ob die Tochter N dessen Familienangehörige im Sinne der genannten Verordnung ist, ohne Bedeutung, ob er Unterhalt tatsächlich gezahlt hat (vgl. Rz 28 des zitierten Urteils des EuGH).

Soweit die belangte Behörde schließlich einen Anspruch auf österreichische Familienleistungen während der Zeit der Beschäftigung und Arbeitslosigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland deshalb für ausgeschlossen erachtete, weil sie während dieses Zeitraumes nur den Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedstaates unterlegen sei, genügt es, auf die eingangs auszugsweise wiedergegebenen Entscheidungsgründe des in dieser Sache ergangenen hg. Erkenntnisses vom 2. Februar 2010 zu verweisen, wonach - nach Punkt 2 des Tenors des Urteils des EuGH vom 26. November 2009 - ab dem Zeitpunkt der Aufnahme einer Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin in Griechenland zunächst zu prüfen ist, ob diese Tätigkeit in Griechenland einen Anspruch auf Familienleistungen nach dem Recht Griechenlands begründet habe. Ein Anspruch auf Familienleistungen nach griechischem Recht würde zu einem Ruhen des Anspruches auf Familienbeihilfe bis zur Höhe des nach griechischen Vorschriften vorgesehenen Betrages führen. Erreichte die Familienleistung nach den griechischen Vorschriften die Höhe der gegenständlichen Familienleistung, würde diese zur Gänze geruht haben und wäre in diesem Zeitraum der Rückforderungsanspruch begründet. Wäre dagegen die griechische Familienleistung niedriger als die tatsächlich von Österreich gewährte, würde nur in diesem Ausmaß die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag ruhen und in diesem Ausmaß rückforderbar sein.

Dies zu prüfen hat die belangte Behörde unterlassen.

Nach dem Gesagten belastete die belangte Behörde den angefochtenen Ersatzbescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG - unter Abstandnahme von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 27. September 2012

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