VwGH 2011/10/0074

VwGH2011/10/007418.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des WH in F, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban, Mag. Andreas Meissner, Mag. Thomas Laherstorfer, Dr. Robert Gamsjäger und Mag. Bertram Fischer, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. März 2011, Zl. N- 106035/6-2011-Mö/Gre, betreffend naturschutzbehördliche Feststellung und Entfernungsauftrag nach mündlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Beschwerdeführers und seines Vertreters, Rechtsanwalt Mag. Andreas Meissner, sowie der Vertreterin der belangten Behörde, Dr. Karin Möstl, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §6 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §6 Abs3;
NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §6 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §6 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.361,75 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. März 2011 wurde dem Beschwerdeführer die Ausführung der angezeigten Errichtung einer "Versorgungs- und Schutzhütte" auf dem Grundstück Nr. 2735/3, KG H., gemäß § 6 Abs. 3 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, LGBl. Nr. 129/2001 (Oö. NSchG), untersagt und gemäß § 58 Abs. 1 leg. cit. aufgetragen, die bereits konsenslos errichtete Hütte bis spätestens 31. Mai 2011 zu entfernen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer auf dem Grundstück Nr. 2735/3 eine Hütte in Holzbauweise mit einem Satteldach und einem überdachten Vorplatz errichtet habe. Der Grundriss umfasse eine Fläche von etwa 6 m x 3 m; die Firsthöhe betrage 3,20 m. Das betroffene Grundstück sei als landwirtschaftlich genutztes Grünland im Flächenwidmungsplan ausgewiesen. Am 28. Oktober 2009 habe der Beschwerdeführer die Errichtung dieser Hütte als "Versorgungs- und Schutzhütte" nachträglich angezeigt.

Im Berufungsverfahren sei das - im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebene - Gutachten eines Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz eingeholt worden. Nach den für die Behörde nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen befinde sich die Hütte an einem deutlich abgesetzten und damit im Grünland isolierten Standort. Im unmittelbaren Nahbereich bewirke sie im Vergleich zur vorhandenen Waldstruktur einen harten Kontrast. Die Hütte habe den Charakter eines Gartenhäuschens für die Freizeit- und Erholungsnutzung. Sie füge sich nicht harmonisch in das - großflächig durch die landwirtschaftliche Grünlandbewirtschaftung mit Waldstrukturen geprägte - Landschaftsbild ein. Der Umgebungsbereich sei durch die Errichtung der Hütte völlig umgestaltet worden, weshalb ein maßgeblicher und prägender Eingriff in das Landschaftsbild vorliege.

Zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Interessen sei auszuführen, dass in der nahe gelegenen Hubertuskapelle auch ohne die gegenständliche Hütte von der Jägerschaft Messen gefeiert werden könnten. Dem Vorbringen, die Hütte als Stauraum für Werkzeug zur Erhaltung und Pflege der Kapelle und der sie umgebenden Pflanzen zu benötigen, sei entgegenzuhalten, dass nach allgemeiner Erfahrung eine Kapelle keiner ständigen Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen bedürfe. Der An- und Abtransport von Werkzeugen auf dem befahrbaren Wirtschaftsweg sei möglich und zumutbar. Dass die Hütte zu land- und forstwirtschaftlichen bzw. jagdlichen Zwecken benötigt werde, sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden. Der vom Beschwerdeführer angebotene Sichtschutz durch Bepflanzungsmaßnahmen könne nach den Ausführungen des Sachverständigen nichts am hohen Maß der Eingriffswirkung ändern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach mündlicher Verhandlung erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, LGBl. Nr. 129/2001 (Oö. NSchG), haben - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

§ 1

Zielsetzungen und Aufgaben

(1) Dieses Landesgesetz hat zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz).

(2) Durch dieses Landesgesetz werden insbesondere geschützt:

3. die Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der Erholungswert der Landschaft;

§ 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert;

6. Grünland: Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Bauland (§ 21 Oö.Raumordnungsgesetz 1994) oder als Verkehrsflächen (§ 29 Oö.Raumordnungsgesetz 1994) gewidmet sind;

8. Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft;

§ 6

Anzeigepflichtige Vorhaben und Verfahren

(1) Der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden sowie die Errichtung von Stützmauern und freistehenden Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,5 m

1. im Grünland (§ 3 Z 6) außerhalb von geschlossenen Ortschaften oder

sind - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - vor

ihrer Ausführung der Behörde anzuzeigen.

(3) Die Behörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Anzeige die Ausführung des Vorhabens zu untersagen, wenn das angezeigte Vorhaben den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft (§ 14 Abs. 1 Z 1). … Das Vorhaben ist nicht zu untersagen, wenn der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

(5) Wird innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist die Ausführung des Vorhabens nicht untersagt, darf mit der Ausführung des Vorhabens begonnen werden. …

§ 14

Bewilligungen

(1) Eine Bewilligung gemäß den §§ 5, 11 oder 12 oder die in einer auf Grund einer dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, ist zu erteilen,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Weise schädigt noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft oder

§ 58

Besondere administrative Verfügungen

(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

…"

Die gegenständliche Hütte, deren Errichtung - nachträglich - gemäß § 6 Abs. 1 Oö. NSchG angezeigt worden ist, befindet sich unstrittig im Grünland außerhalb von geschlossenen Ortschaften. Die Ausführung eines derartigen Vorhabens ist gemäß § 6 Abs. 3 Oö. NSchG zu untersagen, wenn es den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwider läuft. Das Vorhaben ist jedoch nach dem letzten Satz dieser Bestimmung nicht zu untersagen, wenn der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

Die belangte Behörde vertrat - gestützt auf ein Sachverständigengutachten - die Auffassung, dass die Hütte einen Eingriff in das Landschaftsbild darstelle und die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen die Naturschutzinteressen nicht überwögen.

Der Beschwerdeführer wendet sich primär gegen das Ergebnis der Interessenabwägung gemäß § 6 Abs. 3 Oö. NSchG und macht geltend, dass die belangte Behörde auf die von ihm geltend gemachten, für die Errichtung sprechenden Interessen nicht ausreichend eingegangen sei. Er habe darauf hingewiesen, dass die Hütte "großen Zuspruch in der Bevölkerung" genieße und dementsprechend eine Unterschriftenaktion eingeleitet worden sei. Die belangte Behörde hätte daher bei der Gemeinde erheben müssen, ob die Hütte tatsächlich breite Zustimmung in der Bevölkerung finde. Weiters biete die Hütte Wanderern einen Rastplatz und Schutz vor Unwettern (Hagelschlag).

Nach den Ausführungen des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen - denen der Beschwerdeführer weder konkret noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist - befindet sich die Hütte an einem deutlich abgesetzten und damit im Grünland isolierten Standort. Sie fügt sich nicht harmonisch in das Landschaftsbild ein. Der Umgebungsbereich wurde durch die Errichtung in maßgeblicher und prägender Weise umgestaltet. Es liegt daher ein Eingriff in das Landschaftsbild im Sinn von § 3 Z. 2 Oö. NSchG vor, der dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwider läuft. Die geltend gemachte - durch eine Unterschriftenliste dokumentierte - breite Zustimmung in der Bevölkerung stellt für sich allein kein öffentliches oder privates Interesse dar, das bei der Abwägung gemäß § 6 Abs. 3 Oö. NSchG zu berücksichtigen wäre. Der Umstand, dass die Hütte (deren überdachter Vorplatz) Wanderern einen Rastplatz sowie Schutz vor Unwettern bieten kann, begründet vorliegend keinesfalls ein das öffentliche Interesse an der Hintanhaltung von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes überwiegendes Interesse.

Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, öffentliche oder private Interessen glaubhaft zu machen, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass die Ansicht der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer angebotene Errichtung eines zusätzlichen Sichtschutzes könne an der Eingriffswirkung nichts ändern, im Gutachten des Sachverständigen keine Grundlage finde. Anstelle der Untersagung wäre es ausreichend gewesen, dem Beschwerdeführer die Errichtung einer lebenden Sichtschutzwand vorzuschreiben.

Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht zielführend, weil die nachteiligen Wirkungen eines Gebäudes auf das Landschaftsbild nicht durch Sichteinschränkungen auf das Objekt im Wege von Pflanzungsmaßnahmen hintangehalten werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2011, Zl. 2009/10/0104, und die dort verwiesene weitere Judikatur).

Aus all diesen Gründen hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Ausführung der angezeigten Errichtung einer Hütte gemäß § 6 Abs. 3 Oö. NSchG zu Recht untersagt. Da das anzeigepflichtige Vorhaben bereits - rechtswidrig - ausgeführt worden ist, hat die belangte Behörde gemäß § 58 Abs. 1 Oö. NSchG ebenso zu Recht die Wiederherstellung des vorherigen Zustands durch Entfernung der Hütte aufgetragen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. April 2012

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