VwGH 2011/04/0206

VwGH2011/04/02062.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Mag. Markus Hager, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Graben 18, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Oktober 2011, Zl. Ge(Wi)-221108/6-2011-Di/Hof, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2011, Zl. 2011/04/0036 (im Folgenden Vorerkenntnis), wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2011, mit welchem dem Beschwerdeführer im Instanzenzug die Berechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart "Cafe-Pub" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) entzogen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren erging der angefochtene Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer im Instanzenzug die oben angeführte Gewerbeberechtigung wiederum gemäß § 87 Abs. 1 Z. 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) entzogen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde nunmehr im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 24. Juni 2006 bis 27. November 2010 insgesamt 15 Mal die Betriebszeit konsenslos verlängert, wodurch eine Möglichkeit der Belästigung von Nachbarn durch von Gästen bzw. Musik verursachten Lärm bestanden habe. Das Lokal befinde sich im Stadtkern und in der näheren Umgebung seien Wohnungen vorhanden. Die Übertretungen würden allesamt zumindest eine Dauer überschreiten, die länger sei, als man benötigen würde, um sein Glas noch auszutrinken. Es sei nicht daran gedacht gewesen, das Lokal zu schließen, da zumeist auch die Zugangstüre offen bzw. nicht versperrt gewesen sei. Der Schutz der Nachbarn, die in ihrem Schlaf gestört würden, sei als schwerwiegender zu beurteilen als die Schwere des Eingriffs durch die Entziehung der Gewerbeberechtigung. Da der Beschwerdeführer auch durch die immer höher werdenden Strafen nicht davon abgehalten habe werden können, die angeführten Übertretungen zu begehen, sei die Entziehung der Gewerbeberechtigung geboten gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, die belangte Behörde habe in ihren Feststellungen nunmehr zwar die verhängten Strafen, jedoch wiederum nicht die vorgeworfenen Rechtsvorschriften angeführt.

2. Im Vorerkenntnis stützte der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung des dort angefochtenen Bescheides unter anderem auf folgende Erwägungen:

"Zunächst sind die Feststellungen unzureichend, weil bei den genannten Übertretungen weder die verhängten Strafen noch die verletzten (im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden) Rechtsvorschriften angeführt werden.

Die belangte Behörde hat sich aber nicht mit der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung auseinander gesetzt, was aber für den Schluss, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen und erfülle daher den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994, entscheidend ist."

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG war die belangte Behörde bei der Erlassung des nunmehr angefochtenen Ersatzbescheides an die vom Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht diese Bindung nicht nur für die belangte Behörde, sondern auch für den Verwaltungsgerichtshof selbst bei Prüfung des Ersatzbescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. März 2008, Zl. 2007/09/0336, mwN).

Die belangte Behörde hat im Ersatzbescheid die verletzten Rechtsvorschriften wieder nicht in ihre Feststellungen aufgenommen und somit gegen § 63 VwGG verstoßen. Schon deshalb war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Im Übrigen ist die Anführung der verletzten Rechtsvorschriften aber auch im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung von Bedeutung: Das Gewicht des Verstoßes ergibt sich nämlich aus der Bedeutung des verletzten Schutzinteresses und der Schwere seiner Verletzung. Ersteres findet nicht zuletzt auch in den gesetzlich für derartige Verstöße vorgesehenen (schweren) Sanktionen, Letzteres in den - im Einzelfall - in den bezughabenden Straferkenntnissen für die begangenen Delikte verhängten Strafen (oder anderen Rechtsfolgen) ihren Ausdruck (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2011, Zl. 2010/03/0062, mit Hinweis auf die hg. Rechtsprechung zu § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994, darunter auch das Vorerkenntnis, und Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO 19943, (2011) Rz. 13f zu § 87 mit Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 2. Februar 2012

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