Normen
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), die ihm am 18. September 1995 ausgestellte Waffenbesitzkarte Nr 274254.
In der Begründung ihrer Entscheidung bezog sich die belangte Behörde zunächst auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid, wonach der Beschwerdeführer im Besitz zweier näher bezeichneter Faustfeuerwaffen sei. Anlässlich der periodischen Überprüfung seiner waffenrechtlichen Verlässlichkeit am 21. Oktober 2010 durch Polizeibeamte sei festgestellt worden, dass eine der Waffen in einem versperrbaren Schrank verwahrt worden sei; der Schlüssel sei an diesem Schrank gesteckt. Die zweite Waffe habe sich griffbereit und geladen im Unterfach des Wohnzimmertisches befunden. Dazu befragt habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe die Waffe dort liegen, um sie jederzeit griffbereit zu haben. Bei einer anschließenden Einvernahme vom 15. November 2010 habe der Beschwerdeführer diesen Sachverhalt grundsätzlich bestätigt. Seine Äußerung, die Waffe sei im Unterfach des Wohnzimmertisches gelegen, um sie jederzeit griffbereit zu haben, sei allerdings nur scherzhaft gemeint gewesen. In einer weiteren, mit rechtsfreundlicher Unterstützung erstatteten schriftlichen Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ausgeführt, die im Wohnzimmer vorgefundene Waffe aus dem Schrank genommen zu haben, um sie zu reinigen. Andere Personen (seine Ehegattin) hätten keinen Zugang zu den Waffen gehabt.
Nach Wiedergabe der weiteren Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, der dagegen erhobenen Berufung und der einschlägigen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer bestreite "die grundsätzlichen Angaben im erstinstanzlichen Bescheid, welche sich mit der Verwahrungsart (seiner) Waffen befassen", nicht. Er habe jedoch (sehr spät) seine Argumentationslinie dahingehend geändert, dass er - ab der rechtsfreundlichen Vertretung - ausgeführt habe, die Waffen zwecks Reinigung aus dem sicheren Bereich entnommen zu haben. Diese Angaben seien schon insofern unglaubwürdig, als der Beschwerdeführer weder im Kontrollzeitpunkt (er habe damals - angeblich scherzhaft - ausgeführt, seine Faustfeuerwaffen würden deshalb im Unterfach des Wohnzimmertisches liegen, um sie jederzeit griffbereit zu haben) noch zum Zeitpunkt seiner erstinstanzlichen Einvernahme die "Reinigungsversion" vorgebracht habe. Diese sei - auffallend - erst ab dem Zeitpunkt seiner rechtsfreundlichen Vertretung vorgebracht worden. Die Erstangaben, die eine Person unbeeinflusst von dritten Personen mache, kämen der Wahrheit aber am nächsten. Von der Durchführung des vom Beschwerdeführer beantragten Ortsaugenscheins und der Einvernahme seiner Ehegattin habe schon deshalb Abstand genommen werden können, weil der Beschwerdeführer nicht ausgeführt habe, was diese Beweisanträge - über seine eigenen Angaben, welche von der Behörde berücksichtigt würden - noch hätten "darstellen" können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.
Gemäß § 3 Abs 1 der zweiten Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn der Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Waffenrechtliche Urkunden sind insbesondere dann zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab.
Die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Waffen besteht auch gegenüber dem im gleichen Haushalt lebenden Ehegatten. Der Inhaber eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte erfüllt seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung gegenüber Personen im privaten Nahebereich nicht, wenn diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben. Daher erfordert die sorgfältige Verwahrung im Sinne des Gesetzes grundsätzlich auch gegenüber einem Ehegatten, die Waffe versperrt zu verwahren, wobei in Bezug auf Personen im privaten Nahbereich des Berechtigten die Anlegung eines überspitzten Maßstabes für die erforderliche Sicherung der Waffe gegen einen möglichen Zugriff aber nicht in Betracht kommt (vgl zum Ganzen etwa das hg Erkenntnis vom 27. Mai 2010, Zl 2009/03/0140, mwN).
2. Die Beschwerde wiederholt zunächst das schon im Verfahren vor der belangten Behörde geltend gemachte Vorbringen, wonach der Grund dafür, dass im Zeitpunkt der waffenrechtlichen Kontrolle der Schlüssel am versperrbaren Behältnis gesteckt und sich eine Waffe im Wohnzimmer befunden habe, darin gelegen sei, dass der Beschwerdeführer gerade zuvor die im Wohnzimmer befindliche Waffe gereinigt habe. Der Beschwerdeführer habe während und nach dem Reinigungsvorgang immer ein Naheverhältnis zu den Waffen gehabt, sodass sichergestellt gewesen sei, dass keine dritten Personen, auch nicht seine Ehegattin, darauf Zugriff gehabt hätten.
Im Folgenden rügt die Beschwerde, die belangte Behörde habe zu Unrecht die zum Beweis seines Vorbringens angebotenen Beweismittel (Ortsaugenschein, zeugenschaftliche Einvernahme der Ehegattin) unterlassen.
Mit diesem Vorbringen zeigt sie einen relevanten Verfahrensmangel auf:
Die belangte Behörde hat die insbesondere zum Beweis der "jederzeit von der persönlichen Überwachung des Beschwerdeführers geprägte Situation" (Berufung S. 4) in Bezug auf die Obhut über die beiden Faustfeuerwaffen beantragten Beweismittel (Ortsaugenschein und zeugenschaftliche Einvernahme der Ehegattin des Beschwerdeführers) in vorgreifender Beweiswürdigung zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht aufgenommen. Sie hat auch nicht dargelegt, dass diese Beweismittel grundsätzlich ungeeignet gewesen wären, den Standpunkt des Beschwerdeführers zu stützen. Ausgehend davon erweist sich ihr Verfahren als mangelhaft.
Der angefochtene Bescheid könnte daher nur dann Bestand haben, wenn schon der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt die Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde rechtfertigen würde. Nach dessen Angaben war die im Wohnzimmer befindliche Waffe aber weder geladen noch hatte die Ehegattin dazu (oder zu der im Waffenschrank befindlichen zweiten Waffe) zu irgendeinem Zeitpunkt ungehinderten Zugang (vgl Seite 3f der erstinstanzlichen Stellungnahme). Werden die Behauptungen des Beschwerdeführers zugrunde gelegt, so ließe sich eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit daher nicht argumentieren.
Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 26. März 2012
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)