Normen
BauG Stmk 1995 §33 Abs1;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
BauG Stmk 1995 §33 Abs1;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. Dezember 2004 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, aus Anlass einer Besichtigung auf seinem Grundstück Nr. .59/4, KG.P., sei festgestellt worden, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage errichtet werde. Um den Sachverhalt zu klären, möge der Beschwerdeführer innerhalb von 2 Wochen bei der Baubehörde erscheinen.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde untersagte dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr. .59/4, KG P., mit Bescheid vom 12. Mai 2005 die weitere Bauführung der auf dem Grundstück errichteten baulichen Anlage. Es wurde weiters angeordnet, dass sämtliche Bauarbeiten mit sofortiger Wirkung einzustellen seien und diese bauliche Anlage gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG zu beseitigen sei. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass die widerrechtlich errichtete bauliche Anlage des Beschwerdeführers am 11. Mai 2005 von der Baubehörde an Ort und Stelle besichtigt worden sei. Es seien Verletzungen der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 (Abstände), Z. 4 (Brandwände) und Z. 5 (Vermeidung einer Brandgefahr oder unzumutbaren Belästigung) Stmk. BauG festgestellt worden. Auf dem Nachbargrundstück Nr. .59/2, KG P., befinde sich ein Wirtschaftsgebäude, zu dem ein Abstand von ca. 1 m bestehe. Da es sich bei beiden Anlagen um Gebäude im Sinne des § 4 Abs. 28 Stmk. BauG 1995 handle, seien jedenfalls die Abstandsbestimmungen gemäß § 13 Abs. 1 und 3 Stmk. BauG verletzt worden. Weiters wäre die Außenwand zum Nachbargrundstück gemäß § 51 Abs. 1 Stmk. BauG als Brandwand auszugestalten gewesen.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Er werde eine nachträgliche Baubewilligung beantragen und der Baubehörde bis spätestens 15. Juni 2005 die erforderlichen Einreichunterlagen übermitteln.
Im Juli 2005 legte der Beschwerdeführer der Baubehörde Einreichpläne für einen Kfz-Abstellplatz für 5 Pkw mit Schutzdach auf dem genannten Grundstück vor. Danach sind ein Mitteltrakt mit größeren unverschließbaren Öffnungen in den Außenwänden (außer in der westlichen Außenmauer) mit einer Fläche von 10,83 (Länge) und 5,4 m bzw. 4,4 m Breite für das Abstellen von 3 Pkw und westlich und östlich davon je eine Abstellfläche unter einem Schutzdach vorgesehen.
In der Verhandlung der Berufungsbehörde vom 30. November 2006 stellte der bautechnische Sachverständige betreffend das auf dem Grundstück Nr. .59/4 vorgefundene Bauwerk fest, dass es aus einem Mitteltrakt im Ausmaß von etwa 10,83 m Länge und 4,4 m bis 5,40 m Breite bestehe, welcher eine offene Garage im Sinne des § 4 Z 27 Stmk. BauG darstelle und damit als Gebäude im Sinne des § 4 Z 28 leg. cit. zu klassifizieren sei. Östlich sei dieses Gebäude um eine überdachte Abstellfläche für Kfz unter einem gemeinsamen Dach erweitert worden. Im westlichen Anschluss an die offene Garage befinde sich eine Kfz-Abstellfläche mit Schutzdach, wobei das Schutzdach eine geringere Höhe als die offene Garage aufweise und an diese angebaut sei. Weiters führte der Sachverständige mit näherer Begründung aus, dass zu dem Nachbargebäude lediglich ein Gebäudeabstand von 1 m bestehe, sodass dieses Bauwerk die Abstandsbestimmungen des § 13 Abs. 1 und Abs. 3 (gemeint wohl Abs. 2) Stmk. BauG verletze. Es wäre auch die Errichtung einer Brandwand gemäß § 51 Abs. 1 Stmk. BauG an der Grundgrenze erforderlich. Dem Protokoll über diese Verhandlung ist eine Bestandsaufnahme der in Frage stehenden vom Sachverständigen näher beschriebenen baulichen Anlage vom Jänner 2005 angeschlossen. Daraus ergibt sich der vom Bausachverständigen beschriebene Mitteltrakt in der angegebenen Größe.
Im Juni 2009 wurden geänderte Einreichpläne vorgelegt. Als Zweck des angeführten Mitteltraktes mit unverschließbaren Öffnungen wurde nunmehr "Hobbyraum zur Instandsetzung von Oldtimern" angegeben.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die Berufung des Beschwerdeführers im baupolizeilichen Verfahren mit Bescheid vom 25. November 2009 als unbegründet ab. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, das auf dem Grundstück befindliche Bauwerk "offene Garage" im Ausmaß von 10,83 m (Länge), 4,40 m bzw. 5,40 m Breite binnen einem Monat nach Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen. Er führte dazu insbesondere aus, die "widerrechtlich errichtete bauliche Anlage" sei - wie dies der Bausachverständige in seiner Stellungnahme vom 29. August 2009 auch festgestellt habe - nicht genehmigungsfähig und könne daher keiner Genehmigung zugeführt werden, weshalb eine Beseitigung unumgänglich sei.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie teilte die Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass es sich bei der gegenständlichen baulichen Anlage nicht um eine offene Garage im Sinne des § 4 Z 27 Stmk. BauG handle. Das Bauwerk diene, auch wenn der Beschwerdeführer die Räumlichkeiten zur Ausstellung von Kraftfahrzeugen mit leerem Kraftstoffbehälter und ausgebauter Stromquelle, allenfalls auch als Arbeitsräume zur Instandsetzung von Kraftfahrzeugen nutzen wolle, um Abstellflächen für Kraftfahrzeuge. Gemäß § 4 Z. 27 Stmk. BauG seien Garagen Räume zum Abstellen von Kraftfahrzeugen. Die Baubehörden und die beigezogenen bautechnischen Sachverständigen hätten das Bauwerk zu Recht als offene Garage und somit als Gebäude qualifiziert. Daran vermöge auch das neuerliche - bis auf die Bezeichnung des Vorhabens idente - Bauansuchen nichts zu ändern. Der Abstand zwischen dem verfahrensgegenständlichen Bauwerk und jenem auf dem südlichen Nachbargrundstück Nr. .59/2 nahe der Grundgrenze betrage maximal 0,5 m. Der Abstand zwischen diesen beiden Gebäuden müsste jedoch gemäß § 13 Stmk. BauG mindestens 6 m betragen. Darüber hinaus sei für die gegenständliche offene Garage zweifellos eine baubehördliche Genehmigung erforderlich, die aber nicht vorliege.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Beschwerdefall kommt das Stmk. Baugesetz 1995
- Stmk. BauG 1995, LGBl. Nr. 59, idF LGBl. Nr. 4/2008, zur Anwendung (die Novelle LGBl. 27/2008 kommt gemäß § 119 f Stmk. BauG nur im Hinblick auf § 13 Abs. 8 und § 85 - hier nicht von Bedeutung - zur Anwendung).
Gemäß § 4 Z 27 Stmk. BauG sind Garagen Räume zum Abstellen von Kraftfahrzeugen.
Offene Garagen sind danach oberirdische Garagen oder Garagenabschnitte, die unmittelbar ins Freie führende und so verteilte unverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben, dass die ständige natürliche Durchlüftung gewährleistet ist. Durch Wetterschutzvorrichtungen u. dgl. darf die Mindestöffnung nicht verringert werden.
Nicht als Garagen gelten nach dem letzten Absatz dieser Bestimmung Ausstellungs- und Verkaufsräume, in denen nur Kraftfahrzeuge mit leerem Kraftstoffbehälter und ausgebauter Stromquelle abgestellt werden, und Arbeitsräume zur Instandsetzung von Kraftfahrzeugen.
Gemäß § 4 Z. 28 Stmk. BauG ist ein Gebäude eine bauliche Anlage, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bildet, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen ist. Als Gebäude gelten jedoch auch offene Garagen.
Gemäß § 20 Z 2 lit. b) und lit. c) Stmk. BauG sind folgende Vorhaben anzeigepflichtig, soweit sich aus § 21 nichts anderes ergibt (hier nicht der Fall):
"2. die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von
- a) … ;
- b) Garagen für höchstens 30 Krafträder oder höchstens zwölf Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von je 3500 kg und Nebenanlagen, auch wenn sie als Zubau zu einem Gebäude ausgeführt werden;
c) Schutzdächern (Flugdächern) mit einer überdeckten Fläche von über 40 m2, auch wenn diese als Zubau zu einem Gebäude ausgeführt werden". (Anm: Schutz- und Flugdächer mit einer überdeckten Fläche bis 40 m2 sind gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. b Stmk. BauG bewilligungsfrei.)
§ 33 Abs. 4 und 6 Stmk. BauG sieht betreffend anzeigepflichtige Vorhaben Folgendes vor:
"(4) Die Behörde hat das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid innerhalb von acht Wochen zu untersagen, wenn
1. sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, dass
- a) das angezeigte Vorhaben bewilligungspflichtig nach § 19 ist,
- b) ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, zu einem Bebauungsplan, einer Bebauungsrichtlinie oder festgelegten Bebauungsgrundlagen vorliegt,
- c) die Abstandsbestimmungen verletzt werden.
- d) keine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung sichergestellt ist,
- e) das Vorhaben in einem offenkundigen Widerspruch zu sonstigen baurechtlichen Vorschriften steht oder
2. eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes festgestellt wird.
(5) …
(6) Liegen keine Untersagungsgründe vor, ist dem Bauwerber eine Ausfertigung der planlichen Darstellung und Baubeschreibung mit dem Vermerk 'Baufreistellung' zuzustellen. Das angezeigte Vorhaben gemäß § 20 gilt ab Zustellung als genehmigt. Das angezeigte Vorhaben gilt auch als genehmigt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird."
§ 41 Abs. 1 und Abs. 3 Stmk. BauG lauten:
"(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn
1. bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
2. anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder
3. baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.
(2) … .
(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen."
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Frage, ob es sich bei einer baulichen Anlage um eine Garage oder um eine andere bauliche Anlage handle, sei gemäß § 4 Z 27 Stmk. BauG nach der beabsichtigten Nutzung zu entscheiden sei. Bei der Überprüfung der Bewilligungsfähigkeit eines Bauansuchens sei die Behörde grundsätzlich an die Nutzung der Anlage gebunden, wie sie der Konsenswerber seinem Antrag zugrunde lege. Weder die belangte Behörde noch die Berufungsbehörde hätten sich mit der beabsichtigten, von der ursprünglichen Nutzung abweichenden Nutzung auseinandergesetzt, sondern sich damit begnügt, dass die bauliche Anlage als solche ident wäre. Im Hinblick auf die Änderung der beabsichtigten Nutzung sei das Projekt nicht mehr ident und im Lichte der neuen, eingeschränkten Nutzung zu überprüfen. Die Anlage solle zum Abstellen bzw. Ausstellen der schon reparierten Oldtimer bzw. zur Instandsetzung von Oldtimern dienen. Damit sei genau der Nutzungszweck, wie er im § 4 Z 27 letzter Absatz Stmk. BauG angeführt sei, erfüllt. Es sei unzulässig, dem Beschwerdeführer von vorneherein zu unterstellen, er wolle von der beabsichtigten Nutzung, wie sie dem geänderten Projekt zugrunde liege, abgehen.
Zunächst ist klarzustellen, dass der angefochtene Bescheid einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG betrifft und nicht - worauf die Ausführungen in der Beschwerde hindeuten - ein Baubewilligungsansuchen.
Im baupolizeilichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG ist es nicht von Bedeutung, ob eine bauliche Anlage, die bewilligungs- oder anzeigepflichtig ist, auch konsensfähig ist. Maßgeblich ist nach dieser Bestimmung, dass eine vorschriftswidrige bauliche Anlage vorliegt. Vorschriftwidrig ist eine bauliche Anlage jedenfalls in den in Abs. 1 dieser Bestimmung beschriebenen Fällen, wenn eine bewilligungspflichtige oder anzeigepflichtige bauliche Anlage ohne Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung bzw. ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 Stmk. BauG errichtet bzw. eine bewilligungsfreie bauliche Anlage nicht im Sinne des BauG ausgeführt wurde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2010, Zl. 2009/06/0098).
Es kann daher dahinstehen, ob der letzte Absatz des § 4 Z. 27 Stmk. BauG auch für offene Garagen heranzuziehen ist, weil auch in dem Fall, dass die verfahrensgegenständliche, eine Fläche von 40 m2 jedenfalls übersteigende bauliche Anlage nicht als offene Garage und damit nicht als Gebäude zu qualifizieren wäre, diese bauliche Anlage als anzeigepflichtiges Schutzdach im Sinne des § 20 Z. 2 lit. c Stmk. BauG zu beurteilen wäre. Im Falle des Vorliegens einer offenen Garage käme gleichfalls ein anzeigepflichtiger Tatbestand, nämlich § 20 Z. 2 lit. b Stmk. BauG zum Tragen. Für die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage lag im Zeitpunkt der Errichtung und im Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Beseitigungsauftrages durch die Berufungsbehörde unbestritten keine Genehmigung gemäß § 33 Abs. 6 Stmk. BauG vor. Der diesbezügliche geltend gemachte Begründungsmangel der belangten Behörde - wie der Baubehörden - war daher nicht wesentlich.
Die Behörden haben zutreffend angenommen, dass der beschriebene, weitgehend offene überdachte Mitteltrakt eine vorschriftswidrige bauliche Anlage im Sinne des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG darstellt. Der Beseitigungsauftrag ist daher gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG zu Recht ergangen. Einem solchen Auftrag steht es - wie dies in der Bestimmung zum Ausdruck kommt - auch nicht entgegen, wenn noch vor seiner Erlassung ein Antrag auf nachträgliche Bewilligung gestellt oder eine Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 Stmk. BauG erstattet wurde. Anders wäre es, wenn noch vor Erlassung des Beseitigungsauftrages für die in Frage stehende bauliche Anlage ein rechtskräftiger Konsens oder eine Konkluden-Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 letzter Satz Stmk. BauG vorgelegen wäre. Dies ist hier nach dem Vorbringen in der Beschwerde und den vorgelegten Akten nicht der Fall.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 3. Mai 2012
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