Normen
AVG §34 Abs1;
AVG §34 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §34 Abs1;
AVG §34 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von Euro 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde von der belangten Behörde gemäß § 34 Abs 2 AVG über den Beschwerdeführer wegen seines Verhaltens anlässlich der Verkündung eines - ihn betreffenden - Berufungsbescheides der belangten Behörde in einem Verfahren betreffend Übertretung des GGBG am 1. Juli 2010 eine Ordnungsstrafe in der Höhe von EUR 500,-- verhängt.
Die belangte Behörde führte aus, der Beschwerdeführer habe an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teilgenommen und sei trotz Zuwartens erst nach Unterbrechung der Verhandlung zur Spruchfassung erschienen; er sei gebeten worden, auf die mündliche Verkündung zu warten. Aus dem Verhandlungsprotokoll ergebe sich Folgendes:
"Der Verhandlungsleiter bittet um 9.45 Uhr den (Beschwerdeführer) in das Verhandlungszimmer und verliest den gesamten Verwaltungsakt, er entschuldigt sich beim (Beschwerdeführer), dass dieser nur noch an der mündlichen Verkündigung teilnehmen kann und rekapituliert aus dem VH-Protokoll die ordnungsgemäße Zustellung der Ladungen, das unentschuldigte Fernbleiben des (Beschwerdeführers), das Nichtvorliegen der behaupteten Bestellurkunde und schließlich Spruch und Begründung. Gegen Ende der Begründung packt der (Beschwerdeführer) seinen mitgebrachten Ordner auffallend laut zusammen, schreit Verhandlungsleiter und Schriftführerin an, das seien Zustände wie in Peking. Er begibt sich zur Tür. Der Verhandlungsleiter ersucht dennoch den (Beschwerdeführer) sich zu setzen und bietet ihm eine Verhandlungsschrift an. Der (Beschwerdeführer) wiederholt sein 'Peking-Zitat' und sagt zum Verhandlungsleiter und Schriftführerin: 'Sie können mich mal'.
Danach wirft er ungehemmt und sehr laut die Türe ins Schloss."
Die belangte Behörde führte weiter aus, es seien der Vertretung eines Rechtsstandpunktes bei aller zulässigen und erforderlichen Kritik dort Grenzen gesetzt, wo der Anstand verletzt werde. Die vom Beschwerdeführer gesetzten Äußerungen und Tathandlungen ließen bei weitem jegliche Grundsätze betreffend ein geziemendes Verhalten gegenüber anderen Personen, insbesondere der Behörde, außer Acht. Auf Grund der festgestellten Verhaltensweisen des Beschwerdeführers sei die ausgesprochene Ordnungsstrafe zu verhängen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Die Beschwerde macht zunächst geltend, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde vor Verhängung der Ordnungsstrafe nicht das in § 34 Abs 2 AVG umschriebene Vorgehen, nämlich zuerst eine Ermahnung auszusprechen und weitergehende Sanktionen anzudrohen, eingehalten habe. Weder sei eine Ermahnung ausgesprochen worden, noch weitere Sanktionen angedroht worden.
2. Schon damit ist die Beschwerde im Recht.
2.1. Gemäß § 34 Abs 1 AVG hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.
Gemäß § 34 Abs 2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgehender Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis EUR 726,-
- verhängt werden.
2.2. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe nach § 34 Abs 2 AVG setzt daher voraus, dass die betreffende Person zunächst ermahnt wurde, dass die Verhängung einer Ordnungsstrafe angedroht wurde, und dass diese Maßnahmen erfolglos blieben (vgl dazu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 34, Rz 3 ff).
2.3. Weder den Feststellungen des angefochtenen Bescheides noch dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde die beschriebene Vorgangsweise eingehalten hätte.
3. Der angefochtene Bescheid war daher, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden müsste, gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 29. Februar 2012
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