VwGH 2009/16/0044

VwGH2009/16/004417.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der Marktgemeinde R, vertreten durch die Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 6. Februar 2009, Zl. OW-02-04- 63-2, betreffend Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: P in R), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §201;
BAO §207;
BAO §209 Abs3;
BAO §209a Abs2;
BAO §209a;
LAO Bgld 1963 §153;
LAO Bgld 1963 §156 Abs2;
LAO Bgld 1963 §156;
LAO Bgld 1963 §158 Abs3;
LAO Bgld 1963 §158a Abs2;
BAO §201;
BAO §207;
BAO §209 Abs3;
BAO §209a Abs2;
BAO §209a;
LAO Bgld 1963 §153;
LAO Bgld 1963 §156 Abs2;
LAO Bgld 1963 §156;
LAO Bgld 1963 §158 Abs3;
LAO Bgld 1963 §158a Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei betreibt im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Marktgemeinde ein Gasthaus.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2000 beantragte die mitbeteiligte Partei die Rückzahlung der Getränkesteuer ab dem Jahr 1995 und begründete dies mit der "bevorstehenden Rechtsprechung" durch den Europäischen Gerichtshof.

Mit Vorhalt vom 2. Dezember 2004 übermittelte die beschwerdeführende Marktgemeinde der mitbeteiligten Partei einen Fragebogen, den diese am 20. Dezember 2004 ausgefüllt retournierte (Eingangsstempel am 23. Dezember 2004).

Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 14. Juli 2008 schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde der mitbeteiligten Partei für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 2000 Getränkesteuer von insgesamt EUR 12.519,30 vor. Abzüglich der bisher entrichteten Steuer von EUR 7.490,30 verbleibe ein noch zu entrichtender Betrag von EUR 5.029,00. Mit Spruchpunkt II. wies der Bürgermeister den Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer ab. Die Bemessungsgrundlagen seien in den Getränkesteuerprüfungen vom 28. Oktober 1998 und 24. Oktober 2001 ermittelt worden. Die Getränkesteuer bei Restaurationsumsätzen sei nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 10. März 2005, Rs. C-491/03 , und dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2006, 2005/16/0217, nicht gemeinschaftsrechtswidrig.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung wandte die mitbeteiligte Partei Verjährung ein.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2008 gab der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde der Berufung keine Folge. Er führte begründend aus, die Abgabenbehörde habe mit ihrem Vorhalt vom 2. Dezember 2004 eine Unterbrechung der Verjährungsfrist bewirkt. Gemäß § 158a Bgld. LAO stehe einer Abgabenfestsetzung, die in der Berufungsentscheidung erfolge, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung Folge und hob den angefochtenen Bescheid auf. Begründend führte die belangte Behörde aus, die von der beschwerdeführenden Marktgemeinde vorgelegten Unterlagen böten keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass in der Zeit vom 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2003 Amtshandlungen mit Unterbrechungswirkung gesetzt worden wären.

Die Zusendung der Erhebungsbögen sei erst am 3. Dezember 2004 erfolgt. Von da bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 14. Juli 2008 liege ebenfalls ein längerer Zeitraum als die dreijährige Verjährungsfrist. Da es sich bei diesem Bescheid um keine Berufungsentscheidung handle, habe § 158a Bgld LAO unangewendet zu bleiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Marktgemeinde inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und stellte den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 156 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Burgenländischen Landesabgabenordnung (Bgld LAO) unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 156 Abs. 2 leg. cit. drei Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.

Die Verjährung beginnt nach § 157 lit. a Bgld LAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Die Verjährung wird gemäß § 158 Abs. 1 Bgld LAO durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung mit der Wirkung unterbrochen, dass mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt.

Sind seit der Entstehung des Abgabenanspruches (§ 3) fünfzehn Jahre verstrichen, darf gem. § 158 Abs. 3 Bgld LAO der Abgabenanspruch nicht mehr geltend gemacht werden.

Gemäß § 158a Abs. 1 Bgld LAO steht einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabevorschriften vorgesehenen Antrages ab, so steht gemäß § 158a Abs. 2 Bgld LAO der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt eingebracht wurde.

Unmittelbar hängt eine Abgabenfestsetzung etwa von einem Antrag auf Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe ab. Zweck der letztgenannten Bestimmung ist es, die Partei vor Rechtsnachteilen (durch Eintritt der Bemessungsverjährung) zu schützen, die lediglich dadurch entstehen, dass die Abgabenbehörde Anbringen nicht unverzüglich erledigt (vgl. Ritz, BAO4, Tz 10f zur im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 209a BAO).

Im Beschwerdefall wurde der Lauf der Verjährung durch die in der Beschwerde erwähnte aktenkundige Getränkesteuerprüfung im Jahr 1998 unterbrochen und hat die mitbeteiligte Partei mit ihrem Schreiben vom 14. Februar 2000 die Rückzahlung der Getränkesteuer ab dem Jahr 1995 beantragt.

Stellt der Abgabenpflichtige nach der durch Selbstbemessung erfolgten Festsetzung der Abgabe einen Antrag auf Rückerstattung und setzt die Entscheidung eines solchen Antrages voraus, dass die Behörde die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet, dann ist der Antrag auch als Begehren auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten. In einem solchen Fall hat die Abgabenbehörde zuerst über die Frage der Abgabenfestsetzung und danach über das Rückerstattungsbegehren zu entscheiden (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, 2010/16/0039, mwN).

Das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 14. Februar 2000 war somit auch als Antrag auf Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre ab 1995 anzusehen. Daraus folgt aber für den Beschwerdefall, dass die Festsetzung der Getränkesteuer durch den Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 14. Juli 2008 unmittelbar in Erledigung eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages erfolgte, sodass dieser Festsetzung ein Eintritt der Verjährung nach § 156 Abs. 2 Bgld LAO jedenfalls nicht entgegenstand. Dies gilt auch für die absolute Verjährung nach § 158 Abs. 3 Bgld LAO (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, E 15. zu § 209a, mwN).

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 17. Oktober 2012

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