Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin vom 1. Jänner bis zum 31. Dezember 2007 gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG der Pflichtversicherung in der Kranken- und in der Pensionsversicherung unterliegt.
Die Beschwerdeführerin habe sich mit K W. mit Gesellschaftsvertrag vom 1. April 2007 zu einer Kommanditgesellschaft unter der Firma W. KG zusammengeschlossen. Gemäß Punkt V. des Gesellschaftsvertrages sei K W. persönlich haftender Gesellschafter. Der Beschwerdeführerin komme die Stellung einer Kommanditistin mit einer Einlage von EUR 5.000,-- zu. Die Haftung der Beschwerdeführerin sei gegenüber den Gesellschaftsgläubigern mit dieser Einlage beschränkt. Gemäß Punkt VI. des Gesellschaftsvertrags obliege die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft dem persönlich haftenden Gesellschafter. Die Befugnis zur Geschäftsführung erstrecke sich auf alle Handlungen, die der Betrieb der Gesellschaft mit sich bringe. Gemäß Punkt VII. bringe die Beschwerdeführerin das bewegliche Inventar (Gästezimmerausstattungen) ein. Nicht eingebracht werde die Liegenschaft G. mit den darauf errichteten Gebäuden. Die Liegenschaft würde der W. KG bestandweise gegen einen ortsüblichen Betrag zur Verfügung gestellt. Unter Punkt X. sei der Beschwerdeführerin als Kommanditistin das jederzeitige Recht auf Einsichtnahme in die Geschäftsbücher, die Zustellung des Jahresabschlusses und die Entnahme des Gewinnanteiles zugestanden worden.
Aus dem Einkommensteuerbescheid vom 10. Juni 2008 für das Jahr 2007 gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 5.688,24 erwirtschaftet und damit die Versicherungsgrenze überschritten habe. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätten - EUR 1.341,50 betragen.
Bei den Einkünften der Beschwerdeführerin handle es sich um Gewinnanteile eines Gesellschafters iSd § 23 Z. 2 Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988. Nach dieser Bestimmung seien Einkünfte aus Gewerbebetrieb Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen seien, sowie die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hätte. Mit der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG seien vom Gesetzgeber ausdrücklich "selbständig erwerbstätige Personen" in die Pflichtversicherung einbezogen worden, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit "Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG" erzielten. Schon allein auf Grund der Vermietung und Verpachtung der Liegenschaften der Beschwerdeführerin und der Schaffung von Sonderbetriebsvermögen könne eine mögliche und wesentliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung der W. KG nicht ausgeschlossen werden.
In ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Gegenschrift (in welcher fehlende Bescheidbegründungen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr nachgeholt werden können - vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 60 AVG, Punkt 9, S. 1064 f wiedergegebene Rechtsprechung, wie z.B. das Erkenntnis dieses Senates vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/08/0167, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 11. April 1983, Slg. Nr. 11496/A) vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der im Sonderbetriebsvermögen stehenden Betriebsliegenschaft samt Betriebsgebäude sehr wohl Einflussmöglichkeiten auf die laufende Geschäftsführung der W. KG zukämen, die einer bloß kapitalbeteiligten Kommanditistin, deren Gesellschaftsverhältnis dem handelsrechtlichen Regelstatut entsprechen würde, nicht zustehen würde. Erhalte eine Kommanditistin für die Überlassung des im Betrieb der KG benötigten Wirtschaftsgutes ein Benützungsentgelt, so sei sie auch verpflichtet, das Wirtschaftsgut in einem für die KG brauchbaren Zustand zu erhalten. Damit müssten ihr aber (als notwendige Auftraggeberin des ja weiterhin zivilrechtlich ihr zuzurechnenden Wirtschaftsgutes) im Zusammenhang mit den dafür notwendigen Wartungs- und Reparaturleistungen bzw. der laufenden Verwaltung des überlassenen Rechts Zustimmungs- bzw. Entscheidungsbefugnisse zukommen. Da die Instandhaltung des zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgutes in diesen Fällen aber ganz regelmäßig gleichzeitig auch zu dem den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der KG betreffenden Geschäftsführungsagenden gehöre (z.B. Instandhaltung von Gebäuden und Zufahrtswegen bei der eine Frühstückspension führenden KG), habe die das Wirtschaftsgut überlassende Kommanditistin als zivilrechtliche Eigentümerin geradezu notwendig eine Rechtsstellung inne, die ihr über ihre Widerspruchsrechte nach § 164 UGB hinausreichende Entscheidungsbefugnisse vermittle. Zusätzlich ergebe sich auch dadurch ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der KG, dass die Beschwerdeführerin die Nutzungsvereinbarung jederzeit kündigen könne. Damit würde sie zwar gegen ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen, allerdings habe sie insbesondere dann, wenn die KG - wie vorliegend - für ihren Betrieb auf das überlassene Wirtschaftsgut angewiesen sei, eine wirtschaftlich gesehen sehr dominante Rolle. Daher werde auch im Übrigen häufig ein entsprechender Einfluss auf den Gesellschafter, der den Betrieb der KG führe (etwa in der Form dienstgeberähnlicher Kontrollrechte) bestehen. Diese Möglichkeit gehe über das gemäß Regelstatut vorgesehene Widerspruchsrecht einer Kommanditistin hinaus. Insofern könne die Nutzungsüberlassung nicht getrennt von der Kommanditistinnenstellung betrachtet werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde, Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Partei sowie Gegenäußerung der Beschwerdeführerin erwogen hat:
1. § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 139/1998 lautet wie folgt:
"§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
4. selbständig erwerbstätigte Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z. 5 oder Z. 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Einritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2006/08/0041, mit der Pflichtversicherung von Kommanditisten nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der hier ebenfalls maßgebenden Fassung der 23. GSVG-Novelle, BGBl. I Nr. 139/1998, auseinandergesetzt. Er hat dabei ausgesprochen, dass Kommanditisten einer KG nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein sollen, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", d.h. sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse und zwar auf Grund rechtlicher - und nicht bloß faktischer - Gegebenheiten abhängen.
Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht. Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2011, Zl. 2007/08/0099).
2. Die Beschwerde bringt vor, aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Liegenschaft als Sonderbetriebsvermögen der
W. KG zur Verfügung gestellt habe, könne nicht auf eine wesentliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung geschlossen werden. Der Beschwerdeführerin sei es nicht möglich, Maßnahmen, die die Geschäftsführung betreffen, zu beschließen oder zu verhindern. Auch wenn die Beschwerdeführerin im äußersten Fall die Möglichkeit hätte, die Nutzungsvereinbarung als Dauerschuldverhältnis zu kündigen und damit der Gesellschaft die Betriebsgrundlage zu entziehen, könne für sich nicht auf einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung geschlossen werden.
Die Beschwerde kommt Berechtigung zu:
Soweit sich die belangte Behörde zur Stützung ihrer Rechtsansicht auf das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2009, Zl. 2006/08/0341, beruft, übersieht sie, dass diesem ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag: In jenem Fall erfolgte in der Konstellation einer GesmbH & Co KG nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung und Vertretung der KG durch die Komplementär-GmbH bzw. durch deren Geschäftsführer. Für die (beschwerdeführende) Kommanditistin der GmbH & Co KG wurde auf Grund des Umstandes, dass sie an der Komplementär-GmbH über einen Kapitalanteil von 75 %, damit auch über die für Beschlüsse der Generalversammlung nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Mehrheit allein verfügt hat und somit bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH und mittelbar der GmbH & Co KG nehmen konnte, das Vorliegen einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG bejaht.
Dagegen können im vorliegenden Fall einer ausschließlich aus natürlichen Personen bestehenden Kommanditgesellschaft alleine aus den (unstrittigen) Feststellungen über die Regelungen im Gesellschaftsvertrag bzw. der zwischen der Beschwerdeführerin und der KG vereinbarten (und umgesetzten) Nutzungsüberlassung keine über die in den §§ 161 ff UGB geregelten Befugnisse eines Kommanditisten hinausgehenden Einflussmöglichkeiten auf den (gewöhnlichen) Geschäftsbetrieb abgeleitet werden (die Risikotragung der Beschwerdeführerin war durch § 171 Abs. 1 UGB beschränkt).
Die allfällige Möglichkeit der Beschwerdeführerin, den Bestandvertrag betreffend die genannte Liegenschaft zu beenden, betrifft ihre rechtliche Einflussmöglichkeit auf das Bestandverhältnis, eröffnet aber keine solche rechtliche Einflussmöglichkeit auf den (gewöhnlichen) Geschäftsbetrieb der W. KG. Auf rein faktische Einflussmöglichkeiten (die in vergleichbarer Lage jedem Vermieter zukämen) kommt es hingegen nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2006/08/0041).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Ein Ersatz für Eingabengebühren war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 46 GSVG) nicht zuzusprechen.
Wien, am 28. März 2012
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