Normen
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei betreibt das Güterbeförderungsgewerbe und beantragte mit Schreiben vom 26. November 2007 die Genehmigung der Änderung ihrer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage durch eine näher beschriebene Änderung der Zufahrt und eine Änderung der 4 Stellplätze (Stellfläche 1: statt bisher 23 Lkw (Hängerabstellfläche) nunmehr 7 Hängerabstellflächen; Stellfläche 2: anstelle bisher 16 Lkw nunmehr 10 (4+4+2) Lkw und Busse; Stellfläche 3: anstelle bisher 7 Lkw und Busse nunmehr 5 Lkw und Busse; Stellfläche 4: anstelle bisher 40 Lkw und Busse nunmehr 64 Lkw und Busse).
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der mitbeteiligten Partei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 27. Juli 2009 unter Spruchpunkt I. gemäß den §§ 74, 77 und 81 GewO 1994 die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch "Änderung/Situierung der LKW/Bus/PKW-Stellflächen sowie Fahrbewegungen und Vornahme von baulichen Änderungen in Bezug auf die Lärmschutzwände" auf näher bezeichneten Grundstücken nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden vidierten Plan- und Beschreibungsunterlagen "und unter Zugrundelegung der folgenden Beschreibung" erteilt. Sodann folgt (zugehörig zu Spruchpunkt I.) eine 23 Seiten umfassende "Beschreibung", in der zunächst der bestehende Konsens und die nunmehr beantragten Änderungen genannt werden. Sodann wird in dieser Beschreibung wiedergegeben, inwieweit die mitbeteiligte Partei ihren Änderungsantrag in der Verhandlung vom 8. Mai 2008 "weiter abgeändert" hat (so seien z. B. auf Stellfläche 1 "nicht nur diese 23 PKW-Stellplätze einzurichten, … sondern weitere 31 PKW Stellplätze, bei gleichbleibenden Einschränkungen laut Projekt und UVS Bescheid"). Dem folgt die Darstellung, dass die mitbeteiligte Partei am 13. März 2008 die auf Stellfläche 1 geplanten PKW-Fahrbewegungen in den Nachtstunden auf insgesamt 54 PKW-Fahrbewegungen "eingeschränkt" habe sowie mehrere weitere Projektsänderungen betreffend die Stellfläche 1 und (u.a.) betreffend eine Lärmschutzwand vorgenommen habe. Nahtlos anschließend folgen in der genannten "Beschreibung" eine (offenbar einem oder mehreren Gutachten entnommene) bautechnische, schalltechnische und verkehrstechnische Beschreibung und schließlich gegen Ende des Spruchpunktes I. (auf Seite 24) der Hinweis, dass im Falle des Abweichens der mit dem Vidierungsvermerk versehenen "Plan- und Beschreibungsunterlagen von dieser Beschreibung … die Beschreibung maßgebend" sei.
In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vom 27. Juli 2009 werden auf mehr als 30 Seiten die eingeholten Gutachten der Sachverständigen, die zum Teil aufgrund der Projektsänderungen "angepasst" bzw. abgeändert worden seien, wiedergegeben. In der anschließenden rechtlichen Beurteilung werden im Wesentlichen nur die maßgebenden Rechtsvorschriften wiedergegeben und ausgeführt, die dargelegte Beweisaufnahme, insbesondere die eingeholten Gutachten hätten eindeutig ergeben, dass bei Errichtung und Betrieb der geänderten Betriebsanlage mit keinen unzumutbaren Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu rechnen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie einwendete, dass das gegenständliche Änderungsprojekt eine Verkürzung der Lärmschutzwand um neun Meter gegenüber dem bestehenden Konsens vorsehe. Aus dem schalltechnischen Gutachten könne nicht entnommen werden, wie der Amtssachverständige zu dem Schluss gelangen könne, dass diese Verkürzung der Lärmschutzwand keine (negativen) schalltechnischen Auswirkungen auf die Beschwerdeführerin habe.
Abgesehen davon wendete die Beschwerdeführerin ein, dass nach dem Änderungsprojekt eine der Stellflächen anstatt für bislang 23 LKW nunmehr für das Abstellen von 54 PKW Verwendung finden solle und dass diese Fahrbewegungen mittels PKW auch in der Nacht zulässig seien, wohingegen ein bisheriger Nachtverkehr für LKW auf der betroffenen Abstellfläche nicht genehmigt gewesen sei. Daher komme es im Rahmen des nunmehrigen Änderungsprojektes entgegen den Annahmen des Sachverständigen sehr wohl zu zusätzlichen Lärmbelastungen in der Nacht, die mit einer Gesundheitsbeeinträchtigung verbunden seien. Im Übrigen verwies die Beschwerdeführerin sinngemäß auf die mangelhafte Darstellung der geplanten Änderungen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. In der Begründung fasste sie das Verfahrensgeschehen zusammen, gab sodann die maßgebenden Rechtsvorschriften wieder und führte schließlich lediglich wie folgt aus:
"Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen sowie des von der Erstinstanz umfangreich durchgeführten Ermittlungsverfahrens, dass alle im verfahrensgegenständlichen Zusammenhang zu klärenden Fragen durch die umfangreichen und schlüssigen Gutachten der dem erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen insofern geklärt sind, als die gewerberechtlich normierten Genehmigungsvoraussetzungen als gegeben festzustellen sind. Die von der Berufungswerberin vorgebrachten Bedenken erweisen sich auf Grundlage dieser vorliegenden Gutachten als nicht berechtigt, durch das eingereichte Projekt kann auf Grundlage der Amtssachverständigengutachten als sicher festgestellt werden, dass bei konsensgemäßer Ausführung der genehmigten Anlagenänderung sämtliche Nachbarinteressen gewahrt bleiben.
Die in der Berufung vorgebrachten bzw. behaupteten Rechtswidrigkeiten bzw. Verfahrensmängel und Begutachtungsfehler erweisen sich nach Beurteilung der Berufungsbehörde nicht als geeignet, die abgegebenen gutachterlichen Äußerungen in Zweifel ziehen zu müssen, die jeweiligen Begutachtungen sind als vollständig, schlüssig und klar nachvollziehbar zu bewerten, auch wurde ihnen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegnet (vgl. VwGH 08.04.1988, 88/18/0046)."
Daher, so die belangte Behörde abschließend, sei auf Grund der Klarheit und Schlüssigkeit der vorhandenen Gutachten spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In ihrer Beschwerde wiederholt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen, mit dem sich die belangte Behörde rechtswidriger Weise inhaltlich nicht auseinander gesetzt habe. So sei dem schalltechnischen Gutachten, auf das sich nun auch der angefochtene Bescheid stütze, nicht zu entnehmen, weshalb die Verkürzung der Lärmschutzwand um 9 Meter keine schalltechnischen Auswirkungen auf die Beschwerdeführerin haben solle. In diesem Gutachten werde auch übergangen, dass die Lärmsituation für die Beschwerdeführerin ungünstiger werde, als durch die genehmigte Änderung der Betriebsanlage nunmehr auch Fahrbewegungen von Pkw in der Nacht zulässig seien.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
1. Eine Überprüfung der erteilten Änderungsgenehmigung auf ihre Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof setzt voraus, dass der Genehmigungsgegenstand (hier: die von der vorliegenden Genehmigung erfassten Änderungen der Betriebsanlage) klar umschrieben ist: Nach ständiger hg. Rechtsprechung sind der Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 zugrundeliegende, Projektbestandteile enthaltende Pläne und Beschreibungen im Spruch des Bescheides so eindeutig zu bezeichnen, dass eine Nachprüfung in Ansehung eines eindeutigen normativen Abspruches möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1998, Zl. 97/04/0217, mwN, und darauf Bezug nehmend etwa das Erkenntnis vom 17. April 2012, Zl. 2009/04/0285).
Diesen Anspruch erfüllt der angefochtene Bescheid und der durch diesen bestätigte erstinstanzliche Bescheid nicht annähernd, weil sich darin, wie aufgezeigt, lediglich eine ungeordnete Wiedergabe aufeinander folgender Projektänderungen
u. a. hinsichtlich der verschiedenen Stellplätze und deren beabsichtigter Betriebsweisen findet, ohne dass die Behörde im Anschluss an die verschiedenen Projektänderungen die letztlich von ihr genehmigten Änderungen klar aufgelistet hat. Eine entsprechende Klarstellung des Genehmigungsgegenstandes ist auch Voraussetzung für die Überprüfung der Einhaltung des Konsenses beispielsweise in einem Strafverfahren.
2. Abgesehen davon übersieht die belangte Behörde, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten nur auf gleicher fachlicher Ebene durch ein gleichwertiges Gutachten oder durch fachlich fundierte Argumente tauglich bekämpft werden kann, dass jedoch ein Widerspruch eines Sachverständigengutachtens zu den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung auch ohne fachkundige Stütze erfolgreich eingewendet werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 98/07/0126, mwN).
Im vorliegenden Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin einen solchen Widerspruch des schalltechnischen Sachverständigengutachtens zu den Denkgesetzen und zur allgemeinen Lebenserfahrung in der Berufung behauptet, weil in diesem Gutachten trotz beabsichtigter Verkürzung der Schallschutzwand und trotz nunmehr genehmigter nächtlicher Fahrbewegungen auf dem Betriebsgelände der mitbeteiligten Partei keine schalltechnischen Auswirkungen für die Beschwerdeführerin gesehen worden seien. Die belangte Behörde hätte daher nicht bloß auf die mangelnde fachliche Eignung des Einwandes der Beschwerdeführerin verweisen dürfen, sondern sich im angefochtenen Bescheid inhaltlich mit dem Vorbringen auseinander setzen müssen. Die nunmehrigen Ausführungen in der Gegenschrift können diese fehlende Bescheidbegründung nicht mehr ersetzen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, E 140ff zu § 60 AVG, referierte hg. Judikatur).
3. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 18. Oktober 2012
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