VwGH 2008/13/0233

VwGH2008/13/023325.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. Friedrich Schubert, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 40, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 30. November 2007, Zl. RV/2078-W/05, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2002, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt als Einzelunternehmerin eine Tabaktrafik in Wien und bewohnt als Hauptmieterin ein Reihenhaus in Gerasdorf. Strittig ist die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für den ausgebauten, als Arbeitsraum genutzten Dachboden dieses Reihenhauses als Betriebsausgaben.

Die Beschwerdeführerin machte dazu im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen geltend, auf Grund der räumlichen Verhältnisse am Trafikstandort fehle ihr die Möglichkeit, dort den vom Gesetz vorgeschriebenen und aus unternehmerischer Sicht erforderlichen administrativen Tätigkeiten nachzukommen, weshalb sie gezwungen sei, für Ersatz zu sorgen. Dieser zur Aufrechterhaltung des geordneten Betriebes der Trafik unbedingten Notwendigkeit hätte sie mangels Nutzung des Dachgeschoßes des von ihr bewohnten Reihenhauses nur durch Anmietung anderer Räumlichkeiten entsprechen können, was mit höheren Kosten verbunden gewesen wäre.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass der gesamte Dachboden des Reihenhauses als Arbeitszimmer ausgestaltet worden sei und von der Beschwerdeführerin für näher beschriebene administrative Tätigkeiten im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit genutzt werde. Dass die in Rede stehende Räumlichkeit, die im Streitzeitraum - wie die belangte Behörde ausführte - ausschließlich als Arbeitszimmer genutzt worden sei, im Dachgeschoß des Privathauses und damit im Wohnungsverband der Beschwerdeführerin gelegen sei, sei nicht strittig. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer wie in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 vorgesehen auch davon abhängig zu machen, dass es den Mittelpunkt der entsprechenden Betätigung des Steuerpflichtigen darstelle, bestünden nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht. Diese Voraussetzung sei bei der Beschwerdeführerin jedoch nicht erfüllt, weil der Schwerpunkt der Tätigkeit des Betreibers einer Tabaktrafik nicht im häuslichen Arbeitszimmer liege. Die von der Beschwerdeführerin hervorgehobene unabdingbare Notwendigkeit eines zusätzlichen Arbeitsraumes ändere daran nichts.

Dagegen richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, die von diesem mit Beschluss vom 26. Februar 2008, B 91/08-3, unter Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde. Der Verfassungsgerichtshof führte aus, die Beschwerdeführerin übersehe, "dass es dem Gesetzgeber freisteht, im Bereich möglicher privater Mitverwendung die Anerkennung von Betriebsausgaben und Werbungskosten an strenge Voraussetzungen zu binden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dieser auf das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, zurückzuführenden Rechtslage im Erkenntnis vom 27. Mai 1999, 98/15/0100, VwSlg 7407/F, ausführlich auseinandergesetzt und dabei in verfassungskonformer Interpretation die Auffassung vertreten, die Frage des Mittelpunktes der Tätigkeit müsse einkunftsquellenbezogen beurteilt werden. Für die Beschwerdeführerin, bei der nicht zwischen verschiedenen Einkunftsquellen zu unterscheiden ist, ergeben sich daraus aber keine Konsequenzen. Ihren Fall betreffende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die anzuwendende Regelung hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss verneint und werden auch in der ergänzten Beschwerde nicht mehr ausdrücklich verfolgt.

Die Beschwerde macht auch nicht geltend, dass sich die Räumlichkeit nicht im Wohnungsverband befinde oder dass sie den Mittelpunkt der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Trafikantin bilde. Argumentiert wird, der Gesetzgeber habe nur Fälle erfassen wollen, in denen auf Grund der örtlichen Nähe zum Privatbereich der Verdacht naheliege, dass die Räumlichkeiten überwiegend oder ausschließlich privat genutzt würden, sich dies aber nur schwer beweisen lasse. Fälle wie der vorliegende, in denen die Anmietung einer weiteren Räumlichkeit zur betrieblichen Tätigkeit aus Platzgründen zwingend erforderlich sei, könnten darunter bei sinnvoller Auslegung des Gesetzes nicht subsumiert werden. In diesem Zusammenhang stützt sich die Beschwerde auch darauf, dass Räumlichkeiten, die auf Grund ihrer Ausstattung für eine Berufsausübung typisch seien und eine Nutzung im Rahmen der privaten Lebensführung üblicherweise nicht gestatteten, vom Begriff des "Arbeitszimmers" ausgenommen seien. Im gegenständlichen Fall verhalte es sich ähnlich, weil die Räumlichkeit aus den dargestellten Gründen auch hier "offensichtlich zur betrieblichen Nutzung" bestehe. Es handle sich daher nicht um ein "Arbeitszimmer" im Sinne der zitierten Bestimmung.

Diesen Ausführungen hält die belangte Behörde in der Gegenschrift nicht zu Unrecht entgegen, aus der unbedingten Notwendigkeit eines weiteren Raumes ergebe sich noch nicht die Unmöglichkeit seiner privaten Mitbenützung. Aus dem angefochtenen Bescheid geht allerdings hervor, dass die belangte Behörde von einer solchen Mitbenützung nicht ausgegangen ist. Dieser Umstand ist aber nicht ausschlaggebend. Ein "Arbeitszimmer" liegt auch dann vor, wenn es ausschließlich als solches genutzt wird, und für die Ansicht, die Vorschrift sei nur dann anzuwenden, wenn kein Nachweis einer solchen ausschließlichen Nutzung erbracht werde, findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt. Hätte der Gesetzgeber eine solche Alternative zu der von ihm normierten, im vorliegenden Fall unstrittig nicht erfüllten Voraussetzung des "Mittelpunkts" der Tätigkeit im Einzelfall zulassen wollen, so hätte er die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen und Ausgaben nicht ohne jede Einschränkung an diese Voraussetzung gebunden. Die in der Beschwerde vorgeschlagene Auslegung des Begriffs des "Arbeitszimmers" in dem Sinn, dass ein solches nur vorliege, wenn das Fehlen einer privaten Mitbenutzung nicht erwiesen sei, ist kein gangbarer Weg zur Ausschaltung der im Gesetz normierten Voraussetzung.

Der verbleibende und der Sache nach im Vordergrund stehende Hinweis auf die unabdingbare, im Fall der Beschwerdeführerin ihren Behauptungen zufolge besonders ausgeprägte betriebliche Notwendigkeit eines weiteren Raumes stellt in Wahrheit die Sachlichkeit der Regelung in Frage, wozu die Beschwerdeführerin aber auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen ist. Geht man von der einfachgesetzlichen Regelung aus, auf die sich die belangte Behörde gestützt hat, so kommt auch dem unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dazu erstatteten Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte feststellen müssen, dass es aus betrieblichen Gründen einer weiteren Räumlichkeit bedurft habe, keine Berechtigung zu.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 25. September 2012

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