VwGH 2011/09/0148

VwGH2011/09/014815.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des B, vertreten durch Mag. Brunner, Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Opernring 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 20. Juni 2011, Zl. UVS 333.15-3/2011-48, UVS 33.15-4/2011-29, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

61999CJ0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
61999CJ0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Unterlagen (angefochtener Bescheid, Straferkenntnis der Behörde erster Instanz, Verhandlungsschriften der mündlichen Verhandlungen vom 3. Mai und 20. Mai 2011) steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. August 2009 wurde der Beschwerdeführer in seiner Funktion als unbeschränkt haftender Gesellschafter der V KG mit Sitz in V schuldig erkannt, er habe acht näher bezeichnete Staatsangehörige von Nigeria, der Slowakei, von Bulgarien und Rumänien in im Einzelnen angeführten Tatzeiträumen jeweils bis 8. November 2009 beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch acht Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden je nach Tatzeitraum gestaffelt acht Geldstrafen in der Höhe zwischen EUR 2.000,-- und EUR 3.500,-- (im Nichteinbringungsfall acht Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde nach Hinweis auf die durchgeführten mündlichen Verhandlungen vom 3. Mai 2011 und 20. Mai 2011, in der der Beschwerdeführer und die Zeugen GS, PM (Bedienstete des Beschwerdeführers), MW, MB, UP (Kontrollorgane), ZP, VC und AP (Prostituierte) einvernommen worden waren und auf die in der Verhandlung vorgekommenen verlesenen Niederschriften sowie Urkunden folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Das Bordell war täglich geöffnet von 14.00 bis 05.00 Uhr in der Früh, sonntags erst ab 20.00 Uhr. Der (Beschwerdeführer) war während der Öffnungszeiten so gut wie immer selbst anwesend. Lediglich während des Tagesbetriebes wurde er im Falle kurzer Abwesenheiten von dem als Hausmeister angestellten GS vertreten. Im Erdgeschoss gab es einen Barbetrieb. Der Getränkeausschank wurde vom (Beschwerdeführer), der Kellnerin Frau PM, und in seltenen Fällen von Herrn GS durchgeführt. Wenn die Prostituierten von den Gästen auf ein Getränk eingeladen wurden, bekamen sie einen bestimmten Animationsanteil, der vom (Beschwerdeführer) festgelegt wurde und für alle Frauen gleich war. Wenn etwa ein Gast eine Prostituierte auf einen Piccolo-Sekt einlud, zahlte der Gast EUR 23,00. Hievon bekam die Prostituierte einen Animationsanteil von EUR 6,00. Die Gäste mussten bei der Kellnerin bezahlen, welche den Frauen täglich nach Dienstende ihre Animationsanteile ausbezahlte. Wenn die Prostituierten mit den Gästen aufs Zimmer gingen, hatten die Gäste bestimmte Fixpreise zu bezahlen, die vom (Beschwerdeführer) vorgegeben wurden. Während des Tatzeitraums waren dies EUR 85,00 für eine halbe Stunde bzw. EUR 75,00 tagsüber und EUR 178,00 für eine Stunde. Der Gast musste immer im Vorhinein beim (Beschwerdeführer) oder bei der Kellnerin bezahlen. Davon erhielten die Prostituierten einen fixen Anteil, der ebenfalls vom (Beschwerdeführer) bestimmt wurde und für alle Frauen gleich war. Damals waren dies EUR 45,00 für eine halbe Stunde und EUR 90,00 für eine ganze Stunde. Wenn ein Gast mit einer der Frauen länger als die im Vorhinein bezahlte Zeit auf dem Zimmer blieb, kam es auch vor, dass der (Beschwerdeführer) bzw. die Kellnerin nachschauen gingen und vom Gast einen 'Aufpreis' kassierten. Die Prostitutionsanteile wurden zusammen mit den Animationsanteilen täglich abgerechnet. Auf Wunsch der Gäste wurden auch Striptease-Vorführungen zu einem vom (Beschwerdeführer) festgesetzten Preis von EUR 30,00 durchgeführt, davon bekamen die Frauen EUR 20,00. Für die Prostitutionsausübung stehen insgesamt drei Zimmer im Obergeschoss zur Verfügung, wobei die Schlüssel vom (Beschwerdeführer) bzw. der Kellnerin ausgegeben wurden. Die Bettwäsche wurde von den Frauen selbst gewechselt, wobei die Wäsche vom Unternehmen zur Verfügung gestellt wurde und auch von einer vom Unternehmen bezahlten Reinigungskraft gereinigt und gebügelt wurde. Neben den für die Prostitutionsausübung bestimmten Zimmern befanden sich im Obergeschoss auch noch Zimmer, welche von den Prostituierten als Unterkunft zu einem Tagespreis von EUR 10,00 gemietet werden konnten, wobei die Mehrzahl der spruchgegenständlichen Ausländerinnen von dieser Möglichkeit Gebrauch machte. Die tägliche Zimmermiete wurde im Zuge der Tagesabrechnung mit den Animationsanteilen und Prostitutionsanteilen gegenverrechnet. Der (Beschwerdeführer) hatte mit dem zuständigen Finanzamt eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass er von den Umsätzen der Prostituierten pauschal 20 % als sogenannte 'Abzugssteuer' abführt. Diese Steuer wurde den Prostituierten von ihrem Prostitutionsanteil abgezogen, d.h. eine Prostituierte erhielt z.B. nicht EUR 45,00 für eine halbe Stunde mit dem Gast, sondern lediglich EUR 36,00 ausbezahlt. Für den Einkauf von Kondomen und die Durchführung der vorgeschriebenen amtsärztlichen Untersuchungen mussten die Frauen selbst sorgen. Die Prostituierten waren in der Regel während der Öffnungszeiten, zumindest während der Hauptgeschäftszeit, ab 20.00 Uhr im Lokal anwesend oder hielten sich zumindest in ihren Unterkünften auf Abruf bereit. Wenn eine Prostituierte auf Urlaub gehen wollte, wurde dies dem (Beschwerdeführer) mitgeteilt.

Der (Beschwerdeführer) hatte keine Erkundigungen beim AMS eingeholt, da er aufgrund der mit dem Finanzamt getroffenen Vereinbarung bezüglich der Abzugssteuer sowie der von seinem Steuerberater und dem Fremdenpolizeireferenten der Behörde erster Instanz erhaltenen Auskünfte der Auffassung war, dass die in seinem Bordell tätigen Prostituierten als 'Selbstständige' anzusehen seien.

Die neun spruchgegenständlichen Ausländerinnen haben zumindest in den im Straferkenntnis angeführten Zeiträumen im Lokal 'H' als Prostituierte und Animierdamen gearbeitet. Der (Beschwerdeführer) verfügte für keine der Frauen über eine Bewilligung nach dem AuslBG. Sämtliche spruchgegenständlichen Ausländerinnen waren während der verfahrensrelevanten Tatzeiträume auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet."

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ging die belangte Behörde davon aus, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, die Ausländerinnen seien nach dem wirtschaftlichen Gehalt ihrer Tätigkeit nicht unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmerinnen verwendet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer stützt sein Vorbringen, es habe sich um selbständige Prostituierte gehandelt, im Wesentlichen darauf, dass diese hinsichtlich ihrer Arbeitszeit- und Urlaubseinteilung frei gewesen seien.

Sollte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in Bezug auf die im angefochtenen Bescheid zitierte "Entscheidung" des EuGH Rechtssache C-268/19 99 Jany u.a. in Richtung einer auf europarechtlichen Normen zulässigen Beschäftigung deuten, ist ihm zu antworten, dass dies nur für Dienstleistungen als Selbständige gilt. Es besteht hinsichtlich der Merkmale der hg. Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit im Sinne des AuslBG zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht kein Unterschied, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0163). Ein Unterordnungsverhältnis liegt aber nach den Feststellungen der belangten Behörde jedenfalls vor.

Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Tätigkeit als "Prostituierte und Animierdame" in einem Barbetrieb oder Nachtclub unter Beteiligung am Umsatz (wie hier in einem Bordell) in der Regel in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erbracht. In solchen Fällen ist die Behörde berechtigt, zumindest von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2010, Zl. 2010/09/0190).

Angesichts der planmäßigen Eingliederung der betreffenden Ausländerinnen in die vom Beschwerdeführer zu verantwortende Betriebsorganisation (wie etwa Festsetzung der Öffnungszeiten, der Preise für die Prostitutionsausübung gestaffelt nach der Verweildauer in einem der für die Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellten Zimmer, der Höhe der Provision für Getränkeanimation, die Zurverfügungstellung des Barraumes für die Anbahnung und der drei Zimmer für die Ausübung der Prostitution, die Ausstattung der Zimmer mit Bettwäsche und die Reinigung derselben durch den Betrieb, die Verpflichtung der Ausländerinnen zum Wechsel der Bettwäsche und das Anbot einer günstigen Wohnmöglichkeit für die Ausländerinnen im gleichen Haus), ist ihre Tätigkeit diesem Unternehmen zuzurechnen. Die festgestellten Tätigkeiten der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit stellten auch im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung ihrer Aspekte mit dem Betrieb des Beschwerdeführers eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2009/09/0242).

Dagegen fiele es nicht entscheidend ins Gewicht, wären die Ausländerinnen in der Gestaltung ihrer innerhalb der Öffnungszeiten des Lokals liegenden Anwesenheitszeiten frei gewesen.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 2011

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