VwGH 2009/09/0242

VwGH2009/09/024218.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der M H in D, vertreten durch Dr. Johann Grasch, Rechtsanwalt in 8430 Kaindorf an der Sulm, Grazerstraße 130, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 17. August 2009, Zl. UVS 33.22-13/2009-13, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1152;
ABGB §879;
ASVG §35 Abs1;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
ABGB §1152;
ABGB §879;
ASVG §35 Abs1;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
EMRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. August 2009 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe fünf näher bezeichnete ungarische Staatsangehörige in im Einzelnen angeführten Tatzeiträumen jeweils bis 2. August 2007 in R beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch fünf Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden fünf Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall sieben Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Hinweis auf die durchgeführte mündliche Verhandlung aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"Die (Beschwerdeführerin) betreibt seit Februar 2000 als Einzelunternehmerin das Bordell 'P' in R. Sie verfügt über eine Gastgewerbeberechtigung in der Betriebsart 'Bar' und über eine Bordellbewilligung für diesen Standort. Einen verantwortlichen Vertreter im Sinne des Steiermärkischen Prostitutionsgesetzes gibt es nicht. Das Lokal hat von 20.00 Uhr bis 04.00 Uhr geöffnet. Montag ist Ruhetag. Das Lokal verfügt im Erdgeschoss über eine Theke, einen Gastraum mit Tischen und eine Bühne mit einer Stange. Im Lokal befindet sich eine Musikanlage, mit welcher vom jeweiligen Kellner Musik gemacht wird. Ebenfalls im Erdgeschoss befinden sich sechs Zimmer, in welchen die Prostitution ausgeübt wird. Die spruchgegenständlichen Ausländerinnen kamen über Mundpropaganda zur (Beschwerdeführerin) und waren in deren Lokal als Prostituierte tätig. Es wurde ihnen während der Öffnungszeiten des Betriebes freigestellt, wann und wie lange sie ihrer Tätigkeit nachgehen. Es gab keinen Dienstplan. Jeder Ausländerin wurde ein verschließbarer Kasten zur Verfügung gestellt, in welchem sie ihre Privatgegenstände aufbewahren konnte. Wenn sich eine Ausländerin bereit erklärte, zu tanzen, wurde ihr dies ermöglicht. Hinsichtlich der Art der Tanzvorführung gab es keine Vorgaben. Wenn Gäste einer Ausländerin Geld für Tanzeinlagen gaben, dann durfte sie dieses behalten. Die Zimmerpreise wurden von der (Beschwerdeführerin) vorgegeben. Der Gast musste für eine halbe Stunde mit einer Ausländerin im Zimmer EUR 85,00 bezahlen, wovon die jeweilige Dame EUR 53,00 behielt. Für eine Stunde musste der Gast EUR 165,00 bezahlen, wovon die jeweilige Dame EUR 103,00 behielt. Die Gäste bezahlten den Zimmerpreis direkt an die Ausländerinnen, welche täglich bevor sie das Lokal verließen mit der (Beschwerdeführerin) das vereinnahmte Geld abrechneten und der (Beschwerdeführerin) den ihr zustehenden Anteil übergaben. Die Ausländerinnen erhielten auch vorab fixierte Getränkeprozente. Bei Verkauf eines Piccolos zum Verkaufspreis von EUR 22,00 an einen Gast erhielt die Ausländerin EUR 6,00, bei Verkauf einer Flasche Henkel zum Verkaufspreis von EUR 60,00 erhielt sie EUR 16,00 und beim Verkauf einer Flasche Schlumberger zum Verkaufspreis von EUR 88,00 erhielt sie EUR 25,00. Die Getränke wurden von den Gästen direkt an der Theke bei der (Beschwerdeführerin) oder beim Kellner bezahlt. Die (Beschwerdeführerin) bzw der Kellner führten eine Liste, wie viel Getränkeprozente die Ausländerinnen zu erhalten hatten. Anhand dieser Liste wurde täglich mit den Ausländerinnen, bevor diese das Lokal verließen, abgerechnet. Die (Beschwerdeführerin) sagte zu den Ausländerinnen, dass diese mit Kondom arbeiten müssen, führte aber keine Kontrollen durch, ob dies auch tatsächlich von den Ausländerinnen so gehandhabt wurde. Die Kondome wurden von der (Beschwerdeführerin) bestellt, mussten aber von den Ausländerinnen selbst bezahlt werden. Die Prostituierten wurden entweder von der (Beschwerdeführerin) oder von ihrem Mann gemeinsam zur wöchentlichen Gesundenuntersuchung gebracht. Die Gesundheitszeugnisse bewahrten die Ausländerinnen selbst auf. Welche Ausländerinnen zur Untersuchung kamen, gab die (Beschwerdeführerin) ein- bis eineinhalb Stunden zuvor dem Arzt bekannt. Den Ausländerinnen, die in der 'P' tätig waren, wurde von der (Beschwerdeführerin) angeboten, kostenlos am Standort des Lokals in R zu wohnen. Wenn eine Ausländerin nicht am Standort des Lokals wohnte, musste sie selbst von und zur 'P' fahren. Einzelne Kunden konnten von den Ausländerinnen abgelehnt werden. Die Ausländerinnen kauften ihr Make-up, ihre Dessous und ihre Schuhe selbst. Im Lokal gab es keine Bekleidungsvorschriften. Die Ausländerinnen erhielten von der (Beschwerdeführerin) Leintücher und Handtücher, welche, wenn sie benutzt waren, vom Putzpersonal der (Beschwerdeführerin) gewaschen wurden. Die Zimmer wurden ebenfalls vom Reinigungspersonal der (Beschwerdeführerin) geputzt. Wenn im Lokal über längere Zeit nur wenige Ausländerinnen tätig waren, war dies nicht gut fürs Geschäft. Es kam nicht vor, dass die Ausländerinnen mit Gästen das Lokal verlassen haben. Frau KG war vom 31.07.2007 bis 02.08.2007 in der 'P' als Prostituierte tätig. Frau TH war vom 14.11.2006 bis 02.08.2007 in der 'P' als Prostituierte tätig, und zwar in der Regel an sechs Tagen in der Woche. Frau KL war vom 17.09.2006 bis 02.08.2007 in der 'P' als Prostituierte tätig, und zwar in der Regel an sechs Tagen in der Woche. Frau JO war vom 17.09.2006 bis 02.08.2007 in der 'P' als Prostituierte tätig, und zwar in der Regel an drei Tagen in der Woche. Frau MO war vom 17.07.2007 bis 02.08.2007 in der 'P' als Prostituierte tätig, und zwar in der Regel an sechs Tagen in der Woche. Bei Frau JO konnte es auch vorkommen, dass diese in einzelnen Wochen gar nicht tätig war, es kann aber nicht festgestellt werden, wann dies genau gewesen ist. Sämtliche spruchgegenständlichen Ausländerinnen verfügten in den Tatzeiträumen über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung. Alle Ausländerinnen waren krankenversichert und bezahlten ihre Krankenversicherungsbeiträge selbst. Nach dem EU-Beitritt Ungarns im Mai 2004 verweigerte man der (Beschwerdeführerin) seitens der Behörde die Ausgabe von Steuernummern für Prostituierte. Daraufhin ging die (Beschwerdeführerin) zum Arbeitsmarktservice und erkundigte sich nach der Möglichkeit, Arbeitsbewilligungen für die Ausländerinnen zu bekommen. Sie erhielt die Auskunft, dass solche nicht erteilt werden, weil Prostituierte 'selbstständig' seien. Seitens des Finanzamtes bot man der (Beschwerdeführerin) an, eine sogenannte 'Abzugssteuer' für die Ausländerinnen zu bezahlen, dies lehnte die (Beschwerdeführerin) jedoch ab. Am 02.08.2007 führten die Kontrollorgane des Finanzamtes Ing. CR, SD, HP und MT eine Kontrolle im Lokal 'P' durch. Im Zuge der Kontrolle wurden die fünf spruchgegenständlichen Ausländerinnen im Lokal angetroffen. Alle fünf Ausländerinnen füllten freiwillig und selbständig ein Personenblatt, welches auch in ungarischer Sprache abgefasst war, aus und unterfertigten dieses. Zusätzliche wurde mit jeder Ausländerin eine Niederschrift nach Angaben der Ausländerin aufgenommen, welche von den gegenständlichen Ausländerinnen ebenfalls unterfertigt wurde. Sämtliche Niederschriften wurden der entsprechenden Ausländerin entweder von einer sprachkundigen Person übersetzt und vorgelesen oder die Ausländerin war in der Lage ausreichend gut Deutsch zu verstehen.

...

Die getroffenen Feststellungen gründeten sich zum einen auf die großteils glaubwürdige und widerspruchsfreie Aussage der (Beschwerdeführerin), welche angibt, dass sie den Zimmerpreis vorgab, die Ausländerinnen fixe Getränkeprozente erhielten, den Ausländerinnen ein Kasten für ihre persönlichen Gegenstände, Leintücher und Handtücher zur Verfügung gestellt wurden, ihr Putzpersonal die Reinigung der Zimmers übernahm, die Ausländerinnen von ihr oder ihrem Gatten zur Gesundenuntersuchung geführt wurden und sie die Ausländerinnen auf Wunsch kostenlos am Standort der 'P' beherbergte. Sie gab unverhohlen zu, den Ausländerinnen gesagt zu haben, dass diese Geschlechtsverkehr nur mit Kondom ausüben dürften, sowie, dass die Ausländerinnen in ihrem Lokal die Prostitution nur während der Öffnungszeiten ausüben konnten. Ebenfalls gab sie zu, dass, wenn sie in dem Lokal über längere Zeit nur wenige Ausländerinnen zur Verfügung hatte, dies nicht gut fürs Geschäft sei. Sie gab an, die Angaben der Ausländerinnen in den Niederschriften, an welchen Tagen und Zeiten sie die Prostitution ausgeübt haben, 'würden schon stimmen'. Die Aussage der (Beschwerdeführerin) ist auch deshalb glaubwürdig, weil sie in wesentlichen Teilen mit den Aussagen der ebenfalls äußerst glaubwürdigen Zeugin JO und den verlesenen Personenblättern und Niederschriften übereinstimmt. Zusammenfassend konnten die Feststellungen zur Organisation des Bordells und zur Tätigkeit der spruchgegenständlichen Ausländerinnen aus der Aussage der (Beschwerdeführerin), aus der Aussage der Zeugin JO und den verlesenen Personenblättern und Niederschriften entnommen werden. Auch die Angaben des Zeugen Ing. CR waren äußerst glaubwürdig und so konnte diese betreffend die Kontrolle und der Aufnahme der Personenblätter und

Niederschriften verwertet werden. ... Ebenfalls konnte der

Behauptung der (Beschwerdeführerin), keine der spruchgegenständlichen Ausländerinnen hätte bei ihr im Lokal getanzt, nicht gefolgt werden, zumal diese Aussage durch die Angaben der Ausländerinnen in den mit diesen aufgenommenen Niederschriften widerlegt ist und zudem nicht der Lebenserfahrung entspricht, wenngleich durchaus glaubwürdig ist, dass nicht sämtliche Ausländerinnen getanzt haben. Nicht glaubhaft war auch die Behauptung, die Getränkeprozente seien immer sofort nach dem Kassieren an die Ausländerinnen ausbezahlt worden. Diese Aussage deckt sich mit keiner Angabe einer Ausländerin und widerspricht zudem der mit der (Beschwerdeführerin) aufgenommenen Niederschrift vom 02.08.2008, wo diese selbst angab, die Getränkeprozente seien an Hand einer Liste einmal täglich abgerechnet worden. Dieser früheren Aussage in Verbindung mit den Angaben der Ausländerinnen war letztendlich Glaube zu schenken. Die Tatzeiträume konnten den von den Ausländerinnen ausgefüllten und verlesenen Personenblättern entnommen werden und werden von der (Beschwerdeführerin) im Übrigen auch nicht konkret bestritten. Die Zeugin JO hat im Übrigen im Zuge ihrer Einvernahme den von ihr angegebenen Beschäftigungszeitraum bestätigt, sodass es auch keinen Grund gab an der Richtigkeit der übrigen Tatzeiträume zu zweifeln.

...

Aus den getroffenen Feststellung ergibt sich, dass gegenständlich sämtliche Voraussetzungen für das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses gegeben sind:

Sämtliche Ausländerinnen arbeiteten als Prostituierte im Bar- und Bordellbetrieb der (Beschwerdeführerin). Die Arbeitszeiten waren durch die Öffnungszeiten des Betriebes vorgegeben. Die Prostituierten erhielten einen fixen Anteil des vom Gast bezahlten Zimmerpreises, welcher von der (Beschwerdeführerin) vorgegeben war. Ebenso waren die Prostituierten zu fixen Sätzen am Getränkeumsatz beteiligt. Die Ausländerinnen konnten kostenlos am Standort des Betriebes wohnen. Die Ausländerinnen erhielten die Anweisung, keinen Geschlechtsverkehr ohne Kondom zu haben und wurden wöchentlich von der (Beschwerdeführerin) oder deren Gatten zum Amtsarzt geführt. Sie verfügten im Betrieb über einen eigenen versperrbaren Kasten, in dem sie ihre persönlichen Gegenstände aufbewahren konnten. Wenn sie tanzten, standen ihnen die Musikanlage sowie die Bühne und eine Tanzstange zur Verfügung. Den Ausländerinnen wurden Hand- und Leintücher zur Verfügung gestellt und die (Beschwerdeführerin) sorgte für die Reinigung der Zimmer. All dies spricht für eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb der (Beschwerdeführerin). Es liegt eine starke wirtschaftliche und organisatorische Verknüpfung der Tätigkeit der Ausländerinnen mit dem Betrieb der (Beschwerdeführerin) vor.

Auch der Europäische Gerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung RsC-268/19 99, vom 20.11.2001, mit der Frage zu beschäftigen, ob Prostitution als Dienstleistung bzw selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne der Assoziierungsabkommen der Gemeinschaft mit Polen und Tschechien anzusehen ist und kam zum Ergebnis (RZ 71), dass die Prostitution unter die selbstständig ausgeübten Erwerbstätigkeiten fällt, wenn die Dienstleistung in eigener Verantwortung, gegen vollständig und unmittelbar Bezahlung des Entgelts und nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses in Bezug auf die Wahl dieser Tätigkeit, die Arbeitsbedingungen und das Entgelt ausgeübt wird. Diese vom Europäischen Gerichtshof vertretene Rechtsauffassung deckt sich vollinhaltlich mit der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die steuerrechtliche Behandlung der Ausländerinnen ist für die Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht von Bedeutung, eine steuerliche Behandlung der Ausländerinnen als Selbständige, was im gegenständlichen Fall jedoch nicht der Fall ist, könnte allenfalls ein Indiz für deren Selbständigkeit sein.

...

Der (Beschwerdeführerin) ist es im Verfahren nicht gelungen, ein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Das Verschulden der (Beschwerdeführerin) kann auch nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die (Beschwerdeführerin) hat zwar nach dem EU-Beitritt Ungarns, sohin offensichtlich im Jahr 2004, beim AMS betreffend die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für die Ausländerinnen Erkundigungen eingeholt. Im angefochtenen Straferkenntnis werden der (Beschwerdeführerin) Tatzeiträume ab 17.07.2006 vorgeworfen, es kann sich bei den Erkundigungen durch die (Beschwerdeführerin) nicht einmal um Erkundigungen betreffend eine spruchgegenständliche Ausländerin gehandelt haben, zumal diese sämtlich im Jahr 2004 noch nicht in der 'P' tätig waren. Selbst sollte die (Beschwerdeführerin) im Jahr 2004 nach dem EU-Beitritt Ungarns vom AMS eine falsche Rechtsauskunft erhalten haben, was sich im Verfahren jedoch nicht herausgestellt hat, könnte sie diese falsche Rechtsauskunft nicht als Rechtfertigung für eine Tatbegehung ab dem 17.07.2006 heranziehen, zumal die Frage der grundsätzlichen Beschäftigungsbewilligungspflicht von Animierdamen, Prostituierten und Tänzerinnen zumindest seit dem Erkenntnis vom 17.11.1994, Zl. 94/09/0195, von der Rechtsprechung des VwGH beantwortet ist. Selbst eine falsche Rechtsauskunft im Jahr 2004 würde keinen zeitlich unbegrenzten 'Freibrief' für die unerlaubte Beschäftigung von Ausländerinnen bedeuten. Ein nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum liegt daher keinesfalls vor. Somit muss sich die (Beschwerdeführerin) die spruchgegenständlichen Verwaltungsübertretungen zumindest in der Schuldform der Fahrlässigkeit zurechnen lassen."

Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erachtete die belangte Behörde die objektive Tatseite somit als erwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

Die Beschwerdeführerin wendet unter Hinweis auf andere Normen (NAG, ASRÄG, EStG, ASVG) und das bereits von der belangten Behörde zitierte Urteil des EuGH vom 20. November 2001, Rs C-268/19 99, ein, dass Prostituierte selbständig seien. Damit verkennt sie, dass die rechtliche Beurteilung, ob es sich bei einer ausgeübten Tätigkeit um eine selb- oder unselbständige Tätigkeit handelt, generell (auch nach den von der Beschwerdeführerin gestreiften Normen) nie allein davon abhängt, welche Art von Tätigkeit ausgeübt wird, sondern immer davon, unter welchen Umständen diese Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird, wobei vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des festgestellten Sachverhalts auszugehen ist.

Sollte die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen in Richtung einer auf europarechtlichen Normen zulässigen Beschäftigung deuten, ist ihr zu antworten, dass dies nur für Dienstleistungen als Selbständige gilt. Es besteht hinsichtlich der Merkmale etwa des AuslBG, des AÜG, der GewO, des EStG etc. und der hg. Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht kein Unterschied, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0163). Ein Unterordnungsverhältnis liegt aber nach den Feststellungen der belangten Behörde jedenfalls vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt die Ansicht vertreten, dass die Ausübung der Prostitution von Ausländerinnen in einem Nachtklub oder ähnlichen Lokalitäten (wie hier in einem Bordell) unter Beteiligung am Umsatz auf Grund der wirtschaftlichen Gestaltung des abgeschlossenen Vertrages als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0002, mwN).

Die Frage, ob ein wie hier vorliegender, durch Zeugenaussagen belegter Sachverhalt als unselbständige Beschäftigung zu qualifizieren ist, eine reine Rechtsfrage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2008/09/0281) darstellt.

Die belangte Behörde durfte - entgegen der konkrete Sachverhaltsbehauptungen nicht aufweisenden Bestreitung der Beschwerdeführerin - auf Grund schlüssiger Beweiswürdigung davon ausgehen, dass die nach Zeiteinheiten gestaffelten Preise für die "Zimmerbenützung" als die Preise anzusehen sind, die von den Freiern für die von den Prostituierten zu erbringenden Leistungen zu zahlen sind, und dass diese Preise von der Beschwerdeführerin festgesetzt waren. Weiters durfte sie schlüssig feststellen, dass die von den Ausländerinnen abzuliefernde "Zimmermiete" die anteilige Provision am erzielten Umsatz der Kundenzahlungen darstellte, Betriebszeiten des Lokals festgesetzt waren, von der Beschwerdeführerin wesentliche "Betriebsmittel" stammten (zur Verfügung Stellung von Räumlichkeiten zur Anbahnung und Ausübung der Prostitution sowie sonstiger Infrastruktur, sowie Bettwäsche samt Reinigung), eine (unentgeltliche) Wohnmöglichkeit beigestellt wurde, die Ausländerinnen (wenn auch unkontrolliert) dazu angehalten wurden, Kondome zu verwenden und bei Behördenangelegenheiten (amtsärztliche Kontrollen) unterstützt wurden. Daher durfte die belangte Behörde die Tätigkeit der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin zu Recht als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG werten (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. November 2002, Zl. 99/09/0167, und vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0002).

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, somit arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde daher von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch - sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist - im Zweifel aus § 1152 ABGB. Angesichts der planmäßigen Eingliederung der betreffenden Damen in die von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Betriebsorganisation ist ihre Tätigkeit der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Gegen das Bestehen eines Entgeltanspruchs gegenüber dem Beschwerdeführer als Dienstgeber kann nicht ins Treffen geführt werden, dass die betreffenden Damen von dem von ihnen kassierten Liebeslohn Anteile für die Miete des Zimmers abzuführen haben: Durch diese faktisch geübten Praktiken wird auf der einen Seite die Zurechnung der Tätigkeiten zum Betrieb der Beschwerdeführerin geradezu unterstrichen, im Übrigen aber weder ein bestehender Entgeltanspruch in Frage gestellt, noch vermochte es etwas am Charakter von Zahlungen als Entgelt zu ändern, wenn dieses - oder wesentliche Teile desselben - faktisch unmittelbar durch Dritte (z.B. durch die jeweiligen Freier) geleistet würde (zur Dienstgebereigenschaft trotz Verweisung auf eine Entgeltleistung Dritter vgl. z.B. § 35 Abs. 1 ASVG). Dabei kommt es im Hinblick auf die festgestellten wechselseitigen Ansprüche auch nicht darauf an, ob und inwieweit die betroffenen Ausländerinnen daneben auch in anderen Lokalitäten ihre (entgeltlichen) Dienste anboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0086).

Insoweit die Beschwerdeführerin als Verfahrensmangel rügt, die beiden Ausländerinnen TH und MO seien von der Behörde erster Instanz nicht einvernommen worden (zum Zeitpunkt der Durchführung der mündlichen Verhandlung war von TH und MO keine aktuelle Anschrift bekannt), übersieht sie zunächst, dass die belangte Behörde ihre Feststellungen in Wesentlichen auf die Angaben der Beschwerdeführerin und die in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen stützte. Zudem führt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht aus, welchen davon abweichenden Sachverhalt TH und MO ausgesagt hätten, weshalb dem Vorbringen schon deshalb die Relevanz fehlt. Zudem zeigt die Beschwerdeführerin keine ladungsfähige Adresse auf und damit keine Möglichkeit, wie die belangte Behörde hätte mit den Zeugen in Kontakt treten können.

Insoweit die Beschwerdeführerin vorbringt, aus dem Beweisverfahren hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die einzelnen Freier "direkt das Geld an die Prostituierten bezahlten und in weiterer Folge die Prostituierte davon einen Teil an die Beschwerdeführerin zur Zurverfügungstellung der Zimmer abführte", so ist die Beschwerdeführerin auf die oben wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen zu verweisen, in denen gerade dieser Sachverhalt festgestellt wurde.

Die Beschwerdeführerin rügt als unrichtig, dass JO ab "17.9.2006 in der P als Prostituierte tätig" war, diese habe aber angegeben, bereits am "27.7.2006 dort gearbeitet" zu haben. Durch die Bestrafung für einen kürzeren als den tatsächlichen Tatzeitraum kann die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt sein.

Die Beschwerdeführerin rügt als "unrichtige" Feststellung, dass KL (und weitere zwei Ausländerinnen) an sechs Tagen die Woche gearbeitet hätte; KL habe angegeben, manchmal vier Tage und manchmal sechs Tage die Woche gearbeitet zu haben. Die Beschwerdeführerin lässt mit diesem Vorbringen außer Acht, dass die belangte Behörde nicht absolut festgestellt hat, dass KL (und weitere zwei Ausländerinnen) an sechs Tagen gearbeitet hätten, sondern bloß, dass dies "in der Regel" so gewesen sei. Der Umstand "sechs Tage" steht einerseits mit den Angaben der KL, MO und TH in den am 2. August 2007 aufgenommenen, in der mündlichen Verhandlung verlesenen Personenblättern im Einklang und wäre andererseits eine derart geringe Unschärfe in der Sachverhaltsfeststellung, dass daraus keine andere rechtliche Beurteilung resultierte.

Die Beschwerdeführerin rügt, basierend auf in der Beschwerde genannten Sachverhaltsteilen (betreffend Weisung Kondomverwendung und Kontrolle), die auszugsweise ohnehin in den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde enthalten sind, hätte sich ein anderer Sachverhalt als der von der belangten Behörde festgestellte ergeben. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde kann nicht mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden, dass aus den Angaben des YB auch ein anderes Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich nicht befugt, an die Stelle einer schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde eine andere, wenngleich ebenso schlüssige Beweiswürdigung zu setzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 2008, Zl. 2007/09/0300).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. Mai 2010

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