VwGH 2011/08/0358

VwGH2011/08/035816.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über den Antrag des A T in F, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in 6500 Landeck, Malser Straße 13, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 20. Juni 2011, Zl. uvs-2010/12/3256-9, betreffend Übertretungen des § 111 ASVG und über die gleichzeitig erhobene Beschwerde gegen diesen Bescheid, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Dienstgeber zu verantworten, dass er zu näher angeführten Zeiten in F fünf namentlich genannte Personen beschäftigt habe, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt als vollversicherte Arbeitnehmer beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden seien. Wegen Übertretung des § 33 Abs. 1 iVm § 111 ASVG wurden über den Beschwerdeführer fünf Geldstrafen von je EUR 1.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit fünf Ersatzfreiheitsstrafen von je sechs Tagen) verhängt (hinsichtlich des Vorwurfes der Beschäftigung einer weiteren Person wurde das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt).

Mit dem vorliegenden, am 4. November 2011 zur Post gegebenen Antrag begehrte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2011 und legte gleichzeitig die Beschwerde vor (diese richtet sich inhaltlich gegen die Schuld- und Strafaussprüche).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wird - unter Anschluss einer eidesstattlichen Erklärung des Beschwerdeführers - damit begründet, dass dem Beschwerdeführer der angefochtene Bescheid von Dr. S ( nach dem vorgelegten Bescheid sein Rechtsvertreter im Berufungsverfahren) zugestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe beabsichtigt, innerhalb der ihm bekannten Frist von sechs Wochen eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einzubringen, weshalb er den Bescheid zu den Unterlagen, die besonders vordringlich zu bearbeiten gewesen seien, gelegt habe. Es habe "nun Mitte Juli 2011" für ihn ein außerordentlicher Arbeitsanfall und auch ein erhöhter Arbeitsdruck im Betrieb bestanden. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen sei der zwischen zwei Akten abgelegte Bescheid in einen Akt "hineingerutscht". Dadurch dass dieses Schriftstück in einen anderen Akt bzw. eine Mappe gelegt worden sei, sei es "sozusagen nicht mehr evident" gewesen und leider der Vormerk im Kalender unterlassen und die Frist von ihm infolge Arbeitsüberlastung vergessen worden, sodass es zur Fristversäumnis gekommen sei. Erst nach Zustellung der Verständigung der erstinstanzlichen Behörde über die Einleitung des Exekutionsverfahrens am 21. Oktober 2011 sei der Bescheid wieder aufgetaucht.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist auf Antrag der Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, d.h. die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 97/08/0405, 0406).

Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/08/0259).

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass der Bescheid auf Grund eines erhöhten Arbeitsdruckes im Betrieb "verlegt" worden und deshalb ein Kalendervormerk unterblieben sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass er es unterlässt darzutun, wieso im Rahmen seiner Betriebsorganisation auch bei der von ihm behaupteten Trennung von Geschäftsstücken nach ihrer Dringlichkeit angesichts der bekannten laufenden (behördlichen) Frist nicht unmittelbar nach dem Einlangen ein Kalendervormerk oder andere fristwahrende Schritte gesetzt wurden. Allein mit der ins Treffen geführten höheren Arbeitsbelastung kann ohne nähere Angaben keine unerwartete oder plötzlich auftretende Situation dargetan werden, die als ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis angesehen werden könnte, welches entsprechenden, einen reibungsfreien Geschäftsablauf sicherstellenden organisatorischen Vorkehrungen entgegenstehen konnte.

Auch die bloße Behauptung, der Beschwerdeführer habe wegen Arbeitsüberlastung anschließend die Frist vergessen, stellt im Hinblick auf die unterlassenen Vorkehrungen keinen Hinderungsgrund dar, der bei Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigte (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 2003, Zl. 2002/15/0132, und vom 25. September 1991, Zl. 91/16/0046).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist war daher schon aus diesen Gründen gemäß § 46 VwGG nicht stattzugeben.

Die mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene und nach Ablauf der sechswöchigen Frist des § 26 Abs. 1 VwGG zur Post gegebene Beschwerde ist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als verspätet zurückzuweisen.

Wien, am 16. November 2011

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