VwGH 2011/03/0035

VwGH2011/03/003518.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Rgesellschaft m.b.H. in H, Deutschland, vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 24. September 2007, Zl 611.143/0001-BKS/2007, betreffend Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms (mitbeteiligte Partei: N GmbH in W, vertreten durch Lambert Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Kärntner Ring 12; weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:

Normen

PrivatradioG 2001 §16 Abs6;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs2;
PrivatradioG 2001 §16 Abs6;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 21. März 2006 schrieb die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) die Übertragungskapazität "Funkstelle I 6 (Shof) Frequenz 99,9 MHz" aus, um die sich (ua) die beschwerdeführende und die mitbeteiligte Partei bewarben.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei die Zulassung zur Veranstaltung von Hörfunk für das Versorgungsgebiet "I 99,9 MHz" für die Dauer von zehn Jahren ab Rechtskraft der Entscheidung erteilt; gleichzeitig wurde (ua) der Zulassungsantrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 6 Privatradiogesetz (PrR-G) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die KommAustria sei (im erstinstanzlichen Bescheid) in ihrer Abwägung zwischen Voll- und Spartenprogrammen ausführlich darauf eingegangen, dass sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Wort- und Musikanteil auf die Zielgruppe der Fern- und Berufskraftfahrer konzentriert und als Spartenprogramm mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten zu betrachten sei. Ebenso ausführlich habe die KommAustria dargestellt, dass zwar der Wettbewerb im Versorgungsgebiet groß sei, "aus der Warte der Meinungsvielfalt jedoch eine dichtere Konzentration in bestimmten Segmenten besteht, sodass andere Segmente wie beispielsweise Programme für jugendliche Zielgruppen (…) noch schwach oder gar nicht vertreten" seien. So habe ein erheblicher Teil der Programme den Musikschwerpunkt im Bereich Schlager und Oldies mit einer Alters-Kernzielgruppe der 14- bis 59- Jährigen. Mit Ausnahme des bundesweiten Radios wiesen alle verbreiteten Programme einen deutlichen bis besonders hohen lokalen und regionalen Bezug auf. Alle Programme enthielten auch Serviceteile. Dennoch teile die belangte Behörde die Auffassung der KommAustria, dass von einem besonders vielfältigen Spektrum unterschiedlicher Musikformate in I nicht gesprochen werden könne und - auch was den Wortanteil betreffe - das bestehende Angebot an privaten Vollprogrammen zu einem erheblichen Teil von nicht auf die Stadt I ausgerichteten regionalen Programmen und dem bundesweiten Hörfunkprogramm geprägt sei.

Die KommAustria habe richtigerweise die verwaltungsgerichtliche Judikatur hervorgehoben, wonach einem Spartenprogramm dann der Vorzug gegeben werden soll, wenn im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen vom Spartenprogramm "ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet" zu erwarten sei, etwa, weil im bestehenden Programmangebot des Versorgungsgebietes ein Mangel an Meinungen gegeben wäre, dem durch das Programm der beschwerdeführenden Partei abgeholfen würde. Maßgeblich sei nicht bereits die Unterschiedlichkeit der Programme, sondern vielmehr, ob vor dem Hintergrund des Gesamtangebotes der durch Privatradios im Versorgungsgebiet verbreiteten Programme vom Spartenprogramm ein Beitrag zur Vielfalt der verbreiteten Meinungen zu erwarten sei, der über ein allgemeines Maß hinausgehend als besonderer Beitrag zu werten sei. Läge in diesem Sinne im bestehenden Programmangebot ein Mangel an Meinungen vor, dem durch ein Spartenprogramm abgeholfen würde, könnte wohl von einem besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt durch dieses Programm gesprochen werden.

Die belangte Behörde teile die Einschätzung der KommAustria, dass ein solcher besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt weder alleine aus dem Umstand, dass sich das Programm der beschwerdeführenden Partei in seinem Schwerpunkt an "Country"- Freunde und Fernfahrer richte, noch daraus folge, dass es sich von den übrigen im Versorgungsgebiet empfangbaren Programmen völlig unterscheide. Wie der Beurteilung durch die KommAustria zu entnehmen sei, unterscheide sich nämlich auch das Angebot der mitbeteiligten Partei von den bisher im Versorgungsgebiet empfangbaren privaten Radioprogrammen. Dass eine inhaltliche Identität des Programms der mitbeteiligten Partei mit einem schon bestehenden gegeben sei, sei eine bloße Behauptung. Vielmehr sei das Angebot der mitbeteiligten Partei als "(Young) Urban Contemporary Hitradio" mit Schwerpunkt "Black Music und R'n'B" eindeutig vom "Mainstream Contemporary Hitradio" zu unterscheiden.

Die belangte Behörde könne auch keinen Mangel in der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung erkennen, wenn die Behörde erster Instanz beim Kriterium der Meinungsvielfalt von der Schaffung eines Gleichgewichts für ältere und jüngere Hörerschichten ausgegangen sei und eine einseitige Ausrichtung zu vermeiden getrachtet habe. Es bestehe kein Zweifel, dass die Zulassung der mitbeteiligten Partei in dieser Hinsicht zur weiteren Ausdifferenzierung des Gesamtangebots beitrage. Worin die beschwerdeführende Partei zu erkennen meine, dass sich das Programm der mitbeteiligten Partei "themen- und inhaltsmäßig mit zumindest einem weiteren Programm überschneidet und daher hinsichtlich des Vielfaltsbeitrages hinter unserem Programm zurückbleibt", lege sie nicht näher dar. Die Begründung der KommAustria zeige auch, dass ein Kriterium in der Beurteilung gewesen sei, dass sich die beschwerdeführende Partei künftige Programmzulieferungen von moderierten Sendungen mit dem Hinweis, "die Grenzen des § 17 PrR-G beachten" zu wollen, vorbehalten habe. Der Schluss der KommAustria, dass durch diesen wenig konkreten Vorbehalt die Prognose über das Ausmaß, aber auch den "geplanten Inhalt der eigen gestalteten Beiträge, insbesondere des Wortprogramms, in welchem sich u.a. der geplante 'lokale Content' bzw. die kolportierten Meinungen hauptsächlich finden werden, weiter erschwert wird", sei nach Auffassung der belangten Behörde nicht zu beanstanden. Schließlich habe die KommAustria noch dargetan, dass das Konzept der beschwerdeführenden Partei in seinem Wort- und Musikanteil nur wenig auf die Bevölkerung im Versorgungsgebiet, sondern primär auf den Durchfahrverkehr bzw auf Berufskraftfahrer und Fernfahrer abziele. Dies zeige sich beim Nachrichten-, Service- und Informationsangebot ebenso wie bei den Sendeschienen, mittels derer besonders "truckerspezifischen" Hörgewohnheiten im Tagesverlauf Rechnung getragen werden soll. Es handle sich bei dem vorgesehenen Programmkonzept insgesamt also um eines, welches auf Fernfahrer und Berufskraftfahrer ausgerichtet sei, sowohl durch die Musikrichtung, als auch durch die in den Wortprogrammen transportierte Information. Die Interessen der im Versorgungsgebiet ansässigen Bevölkerung würden im Vergleich zur mitbeteiligten Partei deswegen in den Hintergrund treten, weil das Konzept der beschwerdeführenden Partei eher einen international einheitlichen Fokus verfolge. Die Begründung der Auswahl durch die KommAustria sei daher nicht zu beanstanden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 6 Abs 1 Privatradiogesetz, BGBl I Nr 20/2001 idF BGBl I Nr 97/2004 (PrR-G), hat die Regulierungsbehörde bei mehreren Antragstellern um eine Zulassung, die die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 5 Abs 2 und 3 leg cit) erfüllen, dem Antragsteller den Vorrang einzuräumen, bei dem die Zielsetzungen dieses Gesetzes am besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist oder im Fall von Spartenprogrammen im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen von dem geplanten Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet zu erwarten ist (Z 1) und von dem zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist (Z 2).

Gemäß § 6 Abs 2 PrR-G ist auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat und bei dieser Beurteilung insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit sich daraus verlässlichere Prognosen für die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung ableiten lassen.

Zu dieser Bestimmung erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass damit für die Auswahlentscheidung der Behörde Auswahlkriterien festgelegt werden, die ihr Ermessen determinieren. Vorgegeben ist ein variables Beurteilungsschema, das eine Quantifizierung und einen Vergleich der einzelnen Bewerber im Hinblick auf die Zielsetzung zulässt, einen leistungsfähigen und in seinem Bestand kontinuierlichen Privatradiobetrieb sicherzustellen, der Gewähr für größtmögliche Meinungsvielfalt, eines der wesentlichsten Ziele des Privatrundfunkrechtes, bietet (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 26. April 2011, Zlen 2011/03/0013, 0016, 0051 und 0052, jeweils mwN).

In Bezug auf Spartenprogramme, die in § 16 Abs 6 PrR-G als Programme umschrieben werden, "die auf im Wesentlichen gleichartige Inhalte … beschränkt sind", wurde in der hg Rechtsprechung bereits erkannt, dass allein der Umstand, dass sich das von einem Bewerber geplante Programm von anderen im Versorgungsgebiet unterscheidet, noch nichts über die Bedeutung dieses Programms für die Vielfalt der im Versorgungsgebiet verbreiteten Meinungen aussagt. Entscheidend ist hingegen, inwieweit das geplante neue Programm vor dem Hintergrund der im Versorgungsgebiet durch Privatradios bereits verbreiteten Programme einen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet erwarten lässt, der über das im Allgemeinen zu erwartende Ausmaß erheblich hinausgeht (vgl auch dazu das oben zitierte hg Erkenntnis Zl 2011/03/0016, mwN).

2. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt.

2.1. Die beschwerdeführende Partei macht - zusammengefasst - geltend, dass im Versorgungsgebiet ein Überangebot an lokalen Programmen vorhanden sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass nach Auffassung der belangten Behörde keine inhaltliche Identität des Programms der mitbeteiligten Partei mit einem - näher präzisierten - bereits vorhandenen Hörfunkveranstalter bestehe. Bei den herausgestrichenen Unterschieden handle es sich um Nuancen hinsichtlich der "Musikfarbe", ohne dass damit aber eine deutliche Abgrenzung verbunden wäre. Auch die Zielgruppe (junge Hörerschaft) würde sich zwischen diesen Veranstaltern decken. Die belangte Behörde lasse außer Acht, dass im Versorgungsgebiet schon ein extrem hohes Maß an lokalen Inhalten durch andere Programme verbreitet werde und gerade dieser Umstand dazu führe, dass die von der beschwerdeführenden Partei verbreiteten Inhalte, zB über die Verkehrs- und Umweltproblematik, gerade im Großraum I von besonderer Bedeutung und daher auch von lokalem Interesse seien und dass gerade durch diese von der beschwerdeführenden Partei beabsichtigten Inhalte ein hoher Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet geschaffen würde. Wenn sich die belangte Behörde darauf berufe, dass die beschwerdeführende Partei sich vorbehalten habe, allenfalls Programmzulieferungen vorzunehmen, so sei ihr zu entgegnen, dass hier keine konkreten Absichten bestünden. Umgekehrt weise aber der Antrag der beschwerdeführenden Partei ausreichend konkretes Vorbringen über die tatsächliche Programmgestaltung auf, um ein Übermaß an Zulieferungen auszuschließen.

2.2. Auf der Grundlage der unter Punkt 1. dargestellten Rechtslage und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die beschwerdeführende Partei unstrittig ein Spartenprogramm beabsichtigt, könnte einem solchen überhaupt nur dann der Vorzug gegenüber einem Bewerber mit Vollprogramm (wie jenem der mitbeteiligten Partei) gegeben werden, wenn im Hinblick auf das bereits bestehende Programmangebot an nach dem PrR-G verbreiteten Programmen von dem von ihr geplanten Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt zu erwarten wäre, etwa, weil im bestehenden Programmangebot des Versorgungsgebietes ein Mangel an Meinungen gegeben wäre, dem durch das Programm der beschwerdeführenden Partei abgeholfen würde (vgl dazu auch die - ebenfalls die beschwerdeführende Partei betreffenden - hg Erkenntnisse vom 21. April 2004, Zlen 2002/04/0006, 2002/04/0034 und 2002/04/0145, und vom heutigen Tag, Zlen 2011/03/0020 und 0034).

Schon die KommAustria hatte in ihrem erstinstanzlichen Bescheid argumentiert, dass vom Programm der beschwerdeführenden Partei kein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt zu erwarten sei, dies angesichts der von anderen Programmen in eigenen (zum Teil detaillierten) Sendungen präsentierten Serviceinformationen und des im vorherrschenden Gesamtangebot bereits großteils mitvertretenen Themen- und Musikangebotes, sowie schließlich angesichts der Kürze des Aufenthalts von Berufsfahrern in lokalen Versorgungsgebieten in Verbindung mit dem Vorliegen einer sehr eingeschränkten Zielgruppe. Ein besonderer Beitrag folge auch nicht aus dem Umstand, dass sich das Programm in seinem Schwerpunkt etwa an "Country"-Freunde und Berufskraftfahrer richte, aber auch nicht alleine daraus, dass es sich von den übrigen im Versorgungsgebiet empfangbaren Programmen völlig unterscheide. Dieser Einschätzung schloss sich die belangte Behörde - wie in der Wiedergabe ihrer Bescheidbegründung dargestellt wurde - im Ergebnis an. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass der belangten Behörde insoweit eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre. Ihr Vorbringen, die von der beschwerdeführenden Partei verbreiteten Inhalte ("zB über die Verkehrs- und Umweltproblematik") seien im Großraum I von besonderer Bedeutung und daher auch von lokalem Interesse, reicht schon aufgrund des - unwiderlegten - Gegenarguments der KommAustria, es gebe im Versorgungsgebiet bereits genügend Serviceinformationen, nicht aus, um einen besonderen Beitrag des Programms der beschwerdeführenden Partei zur Meinungsvielfalt darzustellen.

Da die beschwerdeführende Partei somit schon diese Voraussetzung für eine Auswahlentscheidung zu ihrer Gunsten nicht dargetan hat, braucht auf ihr weiteres Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 18. Mai 2011

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