Normen
AVG §66 Abs2;
GVG Tir 1996 §2 Abs5 litb;
GVG Tir 1996 §23;
GVG Tir 1996 §6 Abs1 ;
GVG Tir 1996 §6 Abs1 lita;
GVG Tir 1996 §6 Abs2;
GVG Tir 1996 §7 Abs1 litd;
GVG Tir 1996 §7a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs2;
GVG Tir 1996 §2 Abs5 litb;
GVG Tir 1996 §23;
GVG Tir 1996 §6 Abs1 ;
GVG Tir 1996 §6 Abs1 lita;
GVG Tir 1996 §6 Abs2;
GVG Tir 1996 §7 Abs1 litd;
GVG Tir 1996 §7a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 22. März 2007 hat der Beschwerdeführer eine näher genannte Liegenschaft im Gesamtausmaß von 4,1026 ha zu einem angegebenen Kaufpreis von EUR 100.017,60 von Dr. U. M. erworben. Entsprechend der Vorschrift des § 23 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (kurz: TGVG) wurde dieses Rechtsgeschäft der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (kurz: BH) angezeigt.
Mit Bescheid der bei der BH eingerichteten Bezirks-Grundverkehrskommission als Grundverkehrsbehörde erster Instanz vom 6. November 2009 wurde diesem Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Landesgrundverkehrsreferent Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juni 2010 wurde der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten Folge gegeben, der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die bei der BH eingerichtete Bezirks-Grundverkehrskommission zurückverwiesen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, die gegenständliche Liegenschaft habe ein Gesamtausmaß von 4,1026 ha. Davon entfielen 0,58 ha auf landwirtschaftlich nutzbare Flächen und ca. 3,5 ha auf Wald. Entsprechend dem geltenden Flächenwidmungsplan seien die gegenständlichen Grundstücke im Freiland gelegen. Die Waldgrundstücke seien vom Verkäufer gemeinsam mit dem Waldaufseher der Gemeinde K. bewirtschaftet worden. Die landwirtschaftlichen Grundflächen seien seit dem Jahre 1990 an den benachbarten Bauern J. T. verpachtet und von diesem in einer für die Landwirtschaft typischen Weise bewirtschaftet worden. Daher handle es sich bei den gegenständlichen Grundstücken um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke i.S. des TGVG.
Die Erstinstanz habe die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt, weil sie der Ansicht gewesen sei, dass im Hinblick auf die Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 5 lit. b TGVG davon auszugehen sei, dass der Käufer (Beschwerdeführer) Landwirt sei, und sie habe im Hinblick auf die Genehmigungskriterien in § 6 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 TGVG die Genehmigung erteilt.
Der Landesgrundverkehrsreferent habe die Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass dem Käufer (Beschwerdeführer) die Landwirtseigenschaft nicht zuzusprechen sei und das sogenannte Interessentenmodell (§ 2 Abs. 6 TGVG) zur Anwendung gelangen müsse.
Nach Ansicht der belangten Behörde handle es sich bei der kaufgegenständlichen Liegenschaft nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Erwerb den Genehmigungsvoraussetzungen im Sinne des § 6 Abs. 1 TGVG entspreche.
Der Kaufpreis der gegenständlichen Liegenschaft habe gemäß dem vorgelegten Kaufvertrag EUR 100.017,60 betragen. Gemäß dem vorgelegten Bewirtschaftungskonzept seien Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von EUR 947,00 jährlich zu erzielen. Daraus ergebe sich, dass nicht einmal ein Prozent der Kaufsumme jährlich aus der Bewirtschaftung der gegenständlichen Liegenschaft erwirtschaftet werden könnten. Daraus erhelle auch, dass es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des TGVG handle und der Erwerb durch den Käufer (Beschwerdeführer) nur als Liebhaberei bzw. Hobby diene.
Offen bleibe, ob im vorliegenden Fall der Versagungsgrund des § 7 Abs. 1 lit. d TGVG zur Anwendung gelange. Da es sich nach Ansicht der belangten Behörde beim Käufer um einen Nicht-Landwirt handle, sei solchen Rechtserwerbern gemäß § 7 Abs. 1 lit. d TGVG grundsätzlich immer dann die Genehmigung zu versagen, wenn zumindest ein Interessent vorhanden sei. Nur dann, wenn das Interessentenverfahren nach § 7a TGVG zu keinem Interessenten führe, solle auch einem Nicht-Landwirt der Rechtserwerb an einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück mit Genehmigung der Grundverkehrsbehörde ermöglicht werden.
Die Voraussetzungen nach § 66 Abs. 2 AVG seien gegeben, weil im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob der Versagungstatbestand des § 7 Abs. 1 lit. d TGVG vorliegend zum Tragen komme, das Interessentenverfahren im Sinne des § 7a TGVG durchzuführen sei. Der Gesetzgeber sei offenkundig selbst davon ausgegangen, dass diese Interessentensuche im erstinstanzlichen Verfahren und nicht (erst) auf Berufungsebene zu erfolgen habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung derselben mit Beschluss vom 6. Oktober 2010, B 1098/10-3, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Mit hg. Beschluss vom 19. Mai 2011 gab der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Gelegenheit sich zur Frage zu äußern, dass die in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnte Notwendigkeit der Durchführung eines Interessentenverfahrens nach § 7a TGVG nicht ausreichend sein dürfte, um die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG darzulegen.
Ferner teilte der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde mit, dass nach einer Information des Landesgerichtes Innsbruck (Schreiben vom 30. Dezember 2010) im Zuge einer Zeugeneinvernahme hervorgekommen sei, dass die verfahrensgegenständliche Liegenschaft nicht zu einem Kaufpreis von EUR 100.017,60, sondern von EUR 600.000,-- verkauft worden sei.
Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2011 teilte die belangte Behörde u. a. mit, sie sei aufgrund der Notwendigkeit der Betrauung der Bezirks-Grundverkehrskommission als Kollegialbehörde, welche vor Ort eingerichtet worden sei, davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG vorlägen. Sollte die Beschlussfassung durch das vorgesehene Kollegialorgan vor Ort durch die belangte Behörde ersetzt werden müssen, würden die Verfahrensparteien um einen Instanzenzug verkürzt werden.
Die beschwerdeführende Partei gab zur gegenständlichen Anfrage keine Stellungnahme ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 66 Abs. 2 AVG lautet:
"(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, darf die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung "unvermeidlich erscheint" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2010, Zl. 2008/07/0150, m.w.N.).
Die von der belangten Behörde aufgezeigte Notwendigkeit der Durchführung eines Interessentenverfahrens nach § 7a TGVG vermag jedoch für sich allein noch nicht die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung darzulegen. Eine darüber hinausgehende Rechtfertigung zur Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung lässt sich jedoch der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen und ist auch nicht erkennbar. Es liegen daher die Voraussetzungen für eine Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides nach § 66 Abs. 2 AVG nicht vor.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 18. Oktober 2011
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