Normen
StVO 1960 §1 Abs1;
StVO 1960 §1;
StVO 1960 §2 Abs1 Z1;
StVO 1960 §1 Abs1;
StVO 1960 §1;
StVO 1960 §2 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom 15. April 2009 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Betreuung der Hälfte der Stiegenanlage entlang einer näher genannten Liegenschaft des Beschwerdeführers in Wien (17) gemäß § 93 Abs. 4 StVO 1960 nicht stattgegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 2010 wurde die Berufung abgewiesen und der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin abgeändert, dass der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen wurde.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, aufgrund der durchgeführten Erhebungen und aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers sehe es die belangte Behörde als erwiesen an, dass es sich bei der gegenständlichen Stiegenanlage um eine ohne Einschränkung zugängliche, an einen öffentlichen Gehsteig angrenzende Stiege handle, die grundsätzlich von jedermann benutzt werden könne. Die Stiegenanlage stelle die einzige Zugangsmöglichkeit zu den Grundstücken B.-Gasse 9 und 11A dar. Ursprünglich sei eine Fortführung des betreffenden Weges geplant gewesen. Ein entsprechender Ausbau des Weges sei aber in der Folge nicht vorgenommen worden, sodass die Stiege derzeit nur zu den Grundstücken B.-Gasse 9 und 11A führe. Für die Hälfte der Stiegenanlage sei im Jahre 2008 eine Befreiung von der winterlichen Gehsteigbetreuungspflicht genehmigt worden.
Die Stiegenanlage diene zweifellos dem öffentlichen Verkehr im Sinne der StVO 1960. Der Umstand, dass ein Gehsteig oder eine Stiege nur zu zwei Häusern führe und daher vorwiegend von Anrainern dieser Liegenschaften genutzt werde, trenne diese Verkehrsfläche nicht vom öffentlichen Verkehr ab, sofern es jedermann offen bleibe, diese Fläche zu nützen. Somit habe die StVO 1960 und insbesondere § 93 Abs. 4 leg. cit. in dieser Angelegenheit Anwendung zu finden.
Es sei insbesondere festgestellt worden, dass die betreffende Stiegenanlage von Fußgängern frequentiert werde und die Fläche dementsprechend tatsächlich benützt werde. Für die Anrainer der beiden Liegenschaften gebe es keine Alternative zur Erreichung der beiden Grundstücke, weil ein anderer Gehsteig oder Gehweg zu diesen Liegenschaften nicht zur Verfügung stehe.
Es stimme, dass der Nachbar des Beschwerdeführers von der Betreuungspflicht hinsichtlich der Hälfte der Stiege befreit worden sei. Allein die Tatsache, dass diese Befreiung erteilt worden sei, der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung hinsichtlich der anderen Hälfte der Stiege aber abgewiesen worden sei, begründe keine Verletzung des Gleichheitssatzes. Die Behörde habe nämlich bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den aktuellen örtlichen Verhältnissen auszugehen.
In Abwägung der Interessen der Allgemeinheit gegenüber den Interessen des Beschwerdeführers habe die belangte Behörde den ersteren den Vorzug gegeben und den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 93 Abs. 1 erster Satz StVO 1960 haben die Eigentümer von Liegenschaften in Ortsgebieten, ausgenommen die Eigentümer von unverbauten land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften, dafür zu sorgen, dass die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige und Gehwege einschließlich der in ihrem Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert sowie bei Schnee und Glatteis bestreut sind.
Gemäß § 93 Abs. 4 StVO 1960 hat die Behörde nach Maßgabe des Erfordernisses des Fußgängerverkehrs sowie der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des übrigen Verkehrs im Einzelfall durch Bescheid u.a. Einschränkungen der Verpflichtung nach Abs. 1 auszusprechen.
In der Beschwerde wird u.a. eingewendet, die gegenständliche Stiegenanlage sei niemals ihrer ursprünglichen Widmung als öffentliches Gut entsprechend verwendet worden und es entspreche daher nicht den Erfordernissen des Fußgängerverkehrs, dass diese Stiegenanlage vom Beschwerdeführer winterlich betreut werden müsse. Da auf der gegenständlichen Stiegenanlage "kein öffentlicher Verkehr" stattfinde, sondern sie lediglich von zwei privaten Anrainern genützt werde, sei die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers unter Bezugnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des übrigen Verkehrs unzulässig und sohin rechtswidrig.
In Anbetracht der in § 93 Abs. 4 StVO 1960 angeführten Möglichkeit der Einschränkung der winterlichen Betreuungspflicht habe die Behörde weiters die Möglichkeit gehabt, die in Abs. 1 leg. cit. bezeichneten Zeiten bzw. Verrichtungen entsprechend einzuschränken, was zumindest zu einer teilweisen Stattgebung des Antrages geführt hätte.
Nach der hg. Rechtsprechung ist für die Wertung "Straße mit öffentlichem Verkehr" lediglich das Merkmal des Fußgänger- oder Fahrzeugverkehrs entscheidend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 2008, Zl. 2008/02/228, m.w.N.).
Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen. Maßgeblich sind somit nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisses am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benutzbarkeit der Verkehrsfläche (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 28. November 2008).
Unter diesen Gesichtspunkten vermag der Beschwerdeführer nichts Wesentliches gegen die im Rahmen einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung getroffenen Feststellung der belangten Behörde, dass es sich bei der gegenständlichen Stiege im Hinblick auf die Benutzbarkeit durch jedermann unter den gleichen Bedingungen um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, vorzubringen, zumal es insbesondere nicht auf das Eigentum an dieser Fläche ankommt. Da es aufgrund der vorzitierten Judikatur auf die tatsächliche Benutzbarkeit dieser Verkehrsfläche von jedermann unter den gleichen Bedingungen ankommt und auch keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, dass diese Stiege nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung nicht freisteht, vermag die Behauptung, es finde auf dieser Stiege "kein öffentlicher Verkehr" statt, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Da die "nicht widmungsgemäße Verwendung der Stiegenanlage als öffentliches Gut" im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur kein Kriterium für die Beurteilung als "Straße mit öffentlichem Verkehr" im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO 1960 ist, brauchte sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen auch nicht näher auseinanderzusetzen und war es auch nicht erforderlich, weitere Verwaltungsakten zum Beleg dieser Behauptung der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens beizuschaffen. Es wird daher von der Beschwerde diesbezüglich auch nicht das Vorliegen eines relevanten Verfahrensmangels aufgezeigt.
Insoweit der Beschwerdeführer einwendet, es hätte seinem Antrag durch Einschränkung der winterlichen Betreuungspflicht zumindest teilweise stattgegeben werden müssen, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich in den Verwaltungsakten kein Hinweis darauf findet, dass er seinen Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur winterlichen Betreuung der Stiegenanlage auf eine allfällige Teilräumung des von ihm zu betreuenden Teils der Stiegenanlage eingeschränkt hätte.
Wenn der Beschwerdeführer sich auch vor dem Verwaltungsgerichtshof darauf beruft, dass dem Eigentümer eines benachbarten Grundstücks eine Ausnahme von der Verpflichtung zur winterlichen Betreuung eines Teils der gegenständlichen Stiegenanlage bewilligt worden sei, genügt es darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid einschlussweise ausführt, dass die der Nachbarin auf der gegenüberliegenden Seite der Stiege gewährte Befreiung von der winterlichen Räumpflicht für die dortige Hälfte der Stiegenbreite im selben Umfang auch für den Beschwerdeführer gilt, zumal die belangte Behörde vom Entfall der Räumpflicht im Winter für diesen Teil der Stiege schlechthin ausgeht. Ergänzend wird angemerkt, dass nach der Aktenlage hinsichtlich der zweiten Hälfte der Stiegenbreite die Nachbarin ebenso wie der Beschwerdeführer nicht von der Räumpflicht befreit wurde. Es ist daher angesichts der im Sinne des § 93 StVO 1960 dargelegten Notwendigkeit der Beibehaltung der Räumpflicht hinsichtlich eines Teils der Stiege im Winter für die an das Grundstück des Beschwerdeführer angrenzende Hälfte der Stiegenbreite keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 27. Mai 2011
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