VwGH 2009/16/0109

VwGH2009/16/010922.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Mag. K in L, vertreten durch die Sattlegger Dorninger Steiner & Partner Rechtsanwaltssocietät in 4020 Linz, Harrachstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom 17. November 2008, GZ. RV/0198-L/05, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §198;
BAO §224 Abs1;
BAO §224 Abs3;
BAO §243;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
BAO §198;
BAO §224 Abs1;
BAO §224 Abs3;
BAO §243;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bildung des Vereins F (im Folgenden: Verein) wurde mit Bescheid vom 10. Juni 1998 nicht untersagt. Er bezweckte laut Punkt 2. seiner Statuten die Aus- und Weiterbildung von Finanzdienstleistern, die Erstellung von Studien und Fachgutachten, die Unterstützung der gesetzlichen Interessensvertretungen bei der Entwicklung von Mindeststandards und Höherqualifikationen von und für Finanzdienstleister, Öffentlichkeitsarbeit für den Berufsstand des Finanzdienstleisters sowie die Förderung der Interessen aller Mitglieder. Nach Punkt 3. der Statuten waren die Tätigkeiten des Vereins nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern dienten ausschließlich zur Verwirklichung des Vereinszwecks.

Der Generalversammlung war nach Punkt 9. der Statuten u. a. die Bestellung der Mitglieder des Vorstandes sowie die Beschlussfassung der freiwilligen Auflösung des Vereins vorbehalten.

Nach Punkt 10. der Statuten bestand der Vorstand aus dem Präsidenten, dem stellvertretenden Präsidenten, dem Kassier, dem Schriftführer und "den beiden Rechnungsprüfern". Der Vorstand fasste nach Punkt 10.6 der Statuten seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit gab die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Den Vorsitz führte der Präsident, bei Verhinderung der stellvertretende Präsident (Punkt 10.7).

Gem. Punkt 11. der Statuten oblag dem Vorstand die Leitung des Vereins. Ihm kamen alle Aufgaben zu, die nicht durch die Statuten einem anderen Vereinsorgan zugewiesen waren. Darunter fielen insbesondere die Vorbereitung des Rechenschaftsberichtes und des Rechnungsabschlusses, die Verwaltung des Vereinsvermögens, die Einsetzung eines oder mehrerer Geschäftsführer.

Mit Beschluss der Generalversammlung vom 10. Juli 2000 wurde der Verein mit Stichtag 31. August 2000 aufgelöst.

Mit Bescheid vom 2. April 2003 wurde der Beschwerdeführer für aushaftende Abgabenschuldigkeiten des Vereins (Umsatzsteuer 1998 bis 2000, Körperschaftsteuer 1999 und 2000 sowie Anspruchzinsen für 2000) in Höhe von insgesamt EUR 67.455,79 zur Haftung herangezogen. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf mehrere Beilagen, darunter "Abgabenbescheide betreffend USt 1998-2000, KSt 1999-2000 und Anspruchszinsen 2000" und eine rechnerische Darstellung der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen.

Aus den Beilagen ergibt sich zusammengefasst, dass das Finanzamt davon ausging, dass von der Gründung bis zur Liquidation des Vereins unverändert folgende Personen vertretungsbefugt gewesen seien: Der Beschwerdeführer (Präsident), Dr. S (dessen Stellvertreter), St (Kassier), Mag. L (Schriftführer) und Dr. RS (Rechnungsprüfer). Nach der freiwilligen Auflösung des Vereins sei der Beschwerdeführer zum Liquidator bestellt worden. Laut Statuten habe es sich um einen gemeinnützigen Verein gehandelt. Dieser habe auch die damit verbundenen steuerlichen Begünstigungen in Anspruch genommen und lediglich Lohnabgaben für den Dienstnehmer Dipl. Kfm. P an das Finanzamt abgeführt. Die Kriminalpolizei und die Abgabenbehörde hätten die ehemaligen Vorstandsmitglieder über die Tätigkeit des Vereins, dessen Finanzgebarung und die in großem Umfang getätigten Barauszahlungen vernommen. Daraus habe sich ergeben, dass "Schwarzauszahlungen" auf Grundlage eines fingierten Schriftverkehrs mit den "Reformstaaten" geleistet worden seien. Es erscheine glaubwürdig, dass mit diesen Auszahlungen eine Zuwendung von "Gewinnanteilen" an die Vereinsmitglieder verbunden gewesen sei. Da somit das Merkmal der "Ausschließlichkeit der Förderung" fehle, sei davon auszugehen, dass es sich nicht um einen gemeinnützigen Verein gehandelt habe, was die Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerpflicht seiner Seminareinnahmen zur Folge habe. Darüber hinaus sei der Verein auch mit anderen privatwirtschaftlich geführten Unternehmen in Konkurrenz getreten.

Die Bemessungsgrundlagen für die Abgabenerhebung seien mit Hilfe von Unterlagen des Vereins, welche von der Bundespolizeidirektion Wels übermittelt worden seien, festgestellt worden.

Der Beschwerdeführer sei auf dem Vereinskonto uneingeschränkt zeichnungsberechtigt gewesen. Er habe auch Barentnahmen getätigt. Die Unmöglichkeit der Heranziehung des Primärschuldners, die mangelnde Obsorge betreffend die abgabenrechtlichen Pflichten seitens des Beschwerdeführers, die Entnahme von Vereinsvermögen durch die Vereinsmitglieder und die dadurch verursachte Uneinbringlichkeit rechtfertigten die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Im Berufungsverfahren brachte er - zusammengefasst - vor, die Idee des Vereins sei gewesen, eine postgraduale Aus- und Weiterbildung im Bereich der Finanzdienstleistungen anzubieten. Diese Tätigkeit habe einem unentbehrlichen Hilfsbetrieb entsprochen, womit die Umsatzsteuer- sowie Körperschaftsteuerpflicht ausgeschlossen sei. Die Organe des Vereins hätten "klingende Namen" gehabt. Es habe Tätigkeiten an der renommierten D Universität K sowie vielversprechende Auslandskontakte gegeben. Der Verein habe immer über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, sodass der Beschwerdeführer "keinen unmittelbaren Handlungsbedarf" gesehen habe. Die im Verein tätigen Personen hätten zunächst einen untadeligen Ruf genossen. Dies sei beim Beschwerdeführer auch weiterhin der Fall. Er habe "keine strafrechtlichen Belastungen". Der "von allen Mitgliedern des Vorstandes bestimmte, unbestrittene und absolut vertrauenswürdige Motor der Vereinsgeschäfte" sei Mag. Sch gewesen, der dem Vereinsvorstand zwar nicht angehört, aber die Geschäfte geführt habe. Die Rolle des Beschwerdeführers sei eine "dekorative, die sich außer einer zeitweiligen Lehrtätigkeit an der D Universität K nur auf Repräsentationsaufgaben beschränkt" habe, gewesen. Dr. RS sei für ihn als Rechnungsprüfer ein Garant gewesen, dass alles korrekt abgelaufen sei. Es könne nicht die Rolle eines Vereinspräsidenten sein, die Bestätigungsvermerke eines Wirtschaftsakademikers und Juristen sowie anerkannten Wirtschaftsanwaltes zu überprüfen, zumal sich kein wie immer gearteter Anhaltspunkt der Notwendigkeit dafür ergeben habe. Wenn die handelnden Personen Mag. Sch, Dr. S und St zugegeben hätten, Honorare "schwarz" erhalten zu haben, so sei dies ohne seine Kenntnis erfolgt. Die sog. "Gewinnabschöpfungen" nach außen seien durch Mag. Sch so "wasserdicht" erfolgt, dass selbst der fachlich höchstqualifizierte Rechnungsprüfer Dr. RS düpiert worden sei. Dr. S und St hätten die "Involvierung" zugegeben. Festzuhalten sei, dass Mag. Sch den Verein "wasserdicht für seine kriminellen Aktivitäten benützt" habe. St habe offensichtlich für nicht erbrachte Leistungen erhebliche Honorare erhalten. Dr. S habe offensichtlich versteckte Honorare erhalten, die durch einen perfekten Schriftwechsel ebenfalls verschleiert worden seien. Die kriminellen Aktivitäten von Mag. Sch, Dr. S und St seien perfekt gewesen. Wäre nicht die absolute Korrektheit der Gebarung auf Grund der Prüfungen von Dr. RS bestätigt worden, wäre es auf Grund des Vereinsvermögens ein Leichtes gewesen, die entsprechenden Abgaben zu leisten. Dass die Gemeinnützigkeit im Nachhinein widerrufen werde, könne nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen.

Mag. Sch sei im Übrigen durch Zufall als Konsument übelster Kinderpornographie im Internet "aufgeflogen", was zu den Ermittlungen gegen ihn und seine Komplizen geführt habe. Mag. Sch, St, Dr. RS und Dr. S seien mittlerweile rechtskräftig wegen schweren Betrugs und anderer Delikte zu Haft- bzw. Finanzstrafen verurteilt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Haftungsbetrag auf EUR 49.515,70 (Umsatzsteuer 1998 bis 2000) eingeschränkt. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, es gehöre zu den Pflichten des Präsidenten eines Vereins, durch geeignete Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen, insbesondere durch Einrichtung von Kontrollmechanismen, dafür zu sorgen, dass die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten tatsächlich erfolge. Der zur Vertretung berufene Präsident habe die Tätigkeit der beauftragten Personen in solchen Abständen zu überprüfen, die es ausschließen würden, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten verborgen bleibe. Das (stillschweigende) Einverständnis des Beschwerdeführers, keinen Einfluss auf die operative Tätigkeit des Vereins auszuüben, befreie ihn nicht von der Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten. Seine Untätigkeit habe zu einem Verschulden an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten geführt. Dabei komme es nicht darauf an, ob er Grund gehabt habe, zu zweifeln, dass der faktische Geschäftsführer (offensichtlich Mag. Sch) ordnungsgemäß vorgehe. Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben stehe fest, weil der Verein per 31. August 2000 aufgelöst worden sei und der am Vereinskonto verbleibende Überschuss zwischen dem Beschwerdeführer, Dr. S, St und Mag. Sch aufgeteilt worden sei. In der Folge habe der Primärschuldner weiterhin Einnahmen erzielt, verfüge jetzt aber über keine finanziellen Mittel mehr.

Der Beschwerdeführer bestreite die Höhe der haftungsgegenständlichen Abgaben, weil er die Meinung vertrete, der Verein sei entgegen der Ansicht der Abgabenbehörde erster Instanz sehr wohl als Weiterbildungsverein gemeinnützig tätig gewesen. Dem sei entgegen zu halten, dass die Höhe der berufungsgegenständlichen Abgaben nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Der Beschwerdeführer hätte unbeschadet der Einbringung der gegenständlichen Berufung gegen den Haftungsbescheid innerhalb der gleichen Frist auch gegen die Bescheide über die einzelnen Abgabenansprüche berufen können. Dies habe er aber nicht getan. In der Berufung gegen den Haftungsbescheid könne die Höhe des Abgabenanspruches nicht wirksam angefochten werden. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Verein gemeinnützig gewesen sei oder nicht, sei daher in diesem Verfahren entbehrlich.

Wenn der Beschwerdeführer angegeben habe, der Verein habe immer über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, so liege dadurch, dass keine Abgaben abgeführt worden seien, eine deutliche Ungleichbehandlung des Abgabengläubigers vor. Bei Fälligkeit der Umsatzsteuer 1998 und 1999 seien jedenfalls ausreichende Geldmittel vorhanden gewesen.

Bei der Ermessensübung könne dem Beschwerdeführer zu Gute gehalten werden, dass er sich blindlings auf den guten Ruf der handelnden Personen verlassen habe. Vorzuwerfen sei ihm allerdings, dass er deshalb jegliche Kontrolle unterlassen habe und dabei abgabenrechtliche Pflichten verletzt habe. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die faktische Einschränkung seiner Einflussnahme in Kauf genommen habe, spricht nicht gegen eine Heranziehung zur Haftung. Dass mit der Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben beim Beschwerdeführer zu rechnen sei, stehe außer Streit. Da der Abgabenausfall auf ein Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen sei, sei den Zweckmäßigkeitsgründen gegenüber den berechtigten Interessen des Beschwerdeführers der Vorrang einzuräumen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht für Abgabenschuldigkeiten des Vereins zur Haftung herangezogen zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben u.a. die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Geltendmachung der Haftung setzt die Erlassung eines Abgabenbescheides gegenüber dem Primärschuldner nicht voraus. Dies folgt u.a. aus § 224 Abs. 3 BAO, der die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Abgabenbescheides bis zur Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe zulässt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2004, 99/14/0242). Ob und in welchem Ausmaß ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist in dem Fall, in dem kein Haftungsbescheid ergangen ist, als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden. Diese Beurteilung kann mit Berufung und im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden, womit dem zur Haftung Herangezogenen der Rechtsschutz gewahrt bleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, 2008/15/0085, mwN).

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass der Verein mit Wirkung vom 31. August 2000 aufgelöst wurde. Strittig ist, ob der Verein vor diesem Zeitpunkt mangels Gemeinnützigkeit Tatbestände verwirklicht hat, die zu einer Umsatzsteuerschuld geführt haben und ob der Beschwerdeführer zu Recht dafür zur Haftung herangezogen wurde.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die verfahrensgegenständlichen abgabenbehördlichen Erhebungen erst 2002 durchgeführt wurden und die daraus resultierenden Erledigungen über die Umsatzsteuer 1998 bis 2000 jeweils mit Datum 20. März 2003 an den Beschwerdeführer gerichtet wurden. Damit ist aber davon auszugehen, dass hinsichtlich der in Haftung gezogenen Umsatzsteuer ein an den Verein gerichtetes Leistungsgebot nicht wirksam erlassen wurde. Dass die Umsatzsteuer durch einen anderen behördlichen Akt wirksam festgesetzt worden wäre, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Solches ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

Die belangte Behörde hat offensichtlich verkannt, dass dem Verein gegenüber keine wirksamen Umsatzsteuerbescheide erlassen wurden, und hat unter Hinweis auf eine (vermeintliche) Berechtigung des Beschwerdeführers, gegen - nicht wirksame - Abgabenbescheide zu berufen, jede Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Gemeinnützigkeit des Vereins und damit zu dessen Steuerpflicht verweigert. Damit hat sie aber ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Sollte die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren die Vorfrage der Umsatzsteuerpflicht des Vereins bejahen, wird sie Folgendes zu beachten haben:

Der Beschwerdeführer hat im Haftungsverfahren vorgebracht, lediglich mit repräsentativen Aufgaben und Lehrtätigkeiten betraut gewesen zu sein. Damit hat er aber eine Aufgabenaufteilung innerhalb des Vorstandes behauptet, welche ihn allenfalls von der Haftung für den Abgabenausfall befreien könnte. Bei der Aufteilung der Vertreteragenden besteht nämlich eine Überwachungs- und Kontrollpflicht nur insoweit, als Anhaltspunkte für das pflichtwidrige Verhalten der anderen Vorstandsmitglieder bestehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, Zln. 91/13/0037, 38, mwN).

Der Beschwerdeführer hat im Berufungsverfahren auch vorgebracht, die faktische Führung der Geschäfte des Vereines dem (nicht dem Vorstand angehörenden) Mag. Sch. überlassen zu haben - was wohl nur möglich wäre, wenn ihm mehr als repräsentative Aufgaben und Lehrtätigkeiten zugekommen wären -, wobei dieser und St. "Gelder mit gefälschten Belegen ergaunerten".

Auch bei vorsätzlich begangenen Straftaten der mit den abgabenrechtlichen Pflichten betrauten Dritten besteht die Haftung des Vertreters im Falle von Verletzung von Auswahl- und Überwachungspflichten. Der Vertreter hat diese Dritten in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten verborgen bleiben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. September 2003, 2000/14/0106). Wäre es dem Beschwerdeführer aber trotz ordnungsgemäßer Überwachung aufgrund des betrügerischen Zusammenwirkens des faktischen Geschäftsführers mit anderen Vorstandsmitgliedern nicht möglich gewesen, die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten zu entdecken, dann könnte seine Pflichtverletzung nicht als ursächlich für den Abgabenausfall angesehen werden.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde daher gegebenenfalls mit dem genannten Vorbingen auseinander setzen und entsprechende Feststellungen treffen müssen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. Dezember 2011

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