Normen
AVG §19;
SMG 1997 §12 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
AVG §19;
SMG 1997 §12 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerden werden als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.326,40, insgesamt somit EUR 2.652,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen Ladungsbescheiden vom 6. August 2009 wurden die beschwerdeführenden Parteien - Mutter und Sohn, die an derselben Adresse wohnen - für den 28. August 2009 zur belangten Behörde vorgeladen. Es wurde ihnen mitgeteilt, dass sie persönlich zu kommen hätten. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung wurde die zwangsweise Vorführung der beschwerdeführenden Parteien angedroht. Den Gegenstand der Ladung umschrieb die belangte Behörde jeweils wie folgt:
"Anzeige der Polizeiinspektion Wörgl vom 30.07.2009 wegen Verdacht des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz, GZ…
amtsärztliche Untersuchung Ihrer Person zur Frage, ob Sie einer gesundheitsbezogenen Maßnahme im Sinne des Suchtmittelgesetzes (ärztliche Überwachung des Gesundheitszustandes, ärztliche Behandlung, klinischpsychologische Beratung und Betreuung, Psychotherapie, psychosoziale Beratung und Betreuung) bedürfen, da aufgrund der Anzeige der PI anzunehmen ist, dass Sie Suchtgift mißbrauchen".
Diesen Ladungsbescheiden gemäß § 19 AVG lagen Anzeigen der Polizeiinspektion Wörgl vom 30.07.2009 zu Grunde, nach deren Inhalt die beschwerdeführenden Parteien aufgrund zweier Telefonanrufe "einer anonymen Zeugin" vom 7. und 12. Mai 2009 beschuldigt wurden, "Drogenpartys" zu veranstalten, zu "dealen" und Joints zu rauchen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten sämtliche Anschuldigungen bestritten und die Durchführung von Drogentests verweigert; die anonyme Zeugin habe nicht ausgeforscht werden können.
Gegen die genannten Ladungsbescheide der belangten Behörde richten sich die vorliegenden - wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen -
Beschwerden, die am 21. August 2009 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt sind.
Wie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, haben die beschwerdeführenden Parteien den Ladungen am 28. August 2009 Folge geleistet und zwar den Drogentest abgelehnt, sich jedoch der amtsärztlichen Untersuchung unterzogen. Laut den amtsärztlichen Gutachten bestand "objektiv kein Verdacht der Drogenabhängigkeit".
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss nach Einvernahme des Beschwerdeführers als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass dieser klaglos gestellt ist. Diese Bestimmung ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer durch eine Änderung maßgebender Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse an der Entscheidung verliert (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. Juli 2008, Zl. 2007/21/0020).
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Parteien - gegeben. Nachdem sie unbestritten den angefochtenen Ladungen Folge geleistet (und sich sogar der amtsärztlichen Untersuchung unterzogen) haben, können aus den bekämpften Bescheiden nämlich keine Folgen - wie etwa die zwangsweise Vorführung der beschwerdeführenden Parteien - mehr abgeleitet werden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2009/11/0039).
Die Beschwerden waren somit wegen nachträglicher materieller Klaglosstellung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und die Verfahren in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat einzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 58 Abs. 2 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde eine polizeiliche Anzeige, die sich lediglich auf zwei (drei Monate zuvor erfolgte) anonyme Anrufe gestützt hatte, zum Anlass genommen, die beschwerdeführenden Parteien aufgrund des § 12 Suchtmittelgesetz (SMG) vorzuladen, ohne sonstige Hinweise auf einen aktuellen Suchtmittelkonsum gehabt zu haben.
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ladungsbescheides zur Verfolgung der im § 12 Abs. 1 SMG umschriebenen gesundheitspolizeilichen Zwecke ist aber, dass bestimmte Tatsachen zur Annahme zwingen, dass "eine Person Suchtgift missbraucht"; im Hinblick auf den Regelungsgegenstand ist als tatbestandsmäßig anzusehen, dass der Suchtgiftmissbrauch in der Person des Betreffenden selbst gelegen sein muss. Das Vorhandensein derartiger "bestimmter Tatsachen" muss im Zeitpunkt der Ladung (hier: Erlassung des Ladungsbescheides) gegeben sein, wobei der Verdacht eines aktuellen Suchtmittelmissbrauchs in einer bestimmten Dichte vorliegen muss (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2004, Zl. 2002/11/0037, und vom 17. November 2009, Zl. 2009/11/0061, jeweils mwN, sowie implizit auch das Erkenntnis vom 26. Jänner 2010, Zl. 2009/11/0237).
Vom Vorliegen eines genügend dichten Verdachts des Suchtmittelkonsums durch die beschwerdeführenden Parteien konnte jedoch angesichts zweier anonymer Anrufe ohne darüber hinausgehende Hinweise keine Rede sein. Es ist somit davon auszugehen, dass die Beschwerden im Fall ihrer meritorischen Erledigung Erfolg gehabt hätten.
Wien, am 29. März 2011
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