VwGH 2009/09/0149

VwGH2009/09/014915.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der B GmbH, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Schlögelgasse 1, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 14. Mai 2009, Zl. LGS/600/AUS/2009/08114/ ABB-Nr. 3164145, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (in der Folge: AMS) die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die rumänische Staatsangehörige F. für die Tätigkeit einer Reinigungskraft bei einer monatlichen Entlohnung von brutto EUR 548,60 und 20 Wochenarbeitsstunden. Die Vermittlung einer Ersatzarbeitskraft lehnte die beschwerdeführende Partei mit der Begründung ab, dass die Arbeit "im Verhinderungsfall durch ein Reinigungsunternehmen oder eine andere Teilzeitkraft verrichtet" werde.

Mit Bescheid vom 23. März 2009 lehnte das AMS die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Reinigungskraft gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. Begründend wurde auf die Überschreitung der Landeshöchstzahl Bezug genommen und festgestellt, dass der Regionalbeirat die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe und "nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 6 genannten Voraussetzungen" vorlägen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei zusammengefasst vor, sie habe sich auf Grund qualitativer Überlegungen entschlossen, "von Fremdreinigung auf Eigenreinigung umzusteigen und zu diesem Zwecke eine Reinigungskraft anzustellen". Für die Stelle habe kein ausreichend qualifizierter und verlässlicher Inländer bzw. Ausländer mit Beschäftigungsbewilligung gefunden werden können. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei F. die einzige, die für die in Aussicht genommene Arbeitsstelle geeignet sei. Es liege die im § 4b Abs. 1 AuslBG genannte Situation vor, dass für die zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung stehe, der bereit und fähig sei, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Der Ehemann von F. halte sich rechtmäßig in Österreich auf und gehe rechtmäßig einer Arbeit nach. F. sei Ehegattin eines auf Dauer rechtmäßig niedergelassenen beschäftigten Ausländers iSd § 4 Abs. 6 Z. 4a AuslBG. Darüber hinaus erscheine deren Beschäftigung im Hinblick auf ihre fortgeschrittene Integration geboten.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung mit der Begründung keine Folge, dass gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft nur dann zu erteilen sei, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes dies zulasse und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstünden. Auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Hilfskräfte/Haushaltshilfen seien Arbeitssuchende vorgemerkt, die für eine Vermittlung in Frage kämen. Da die beschwerdeführende Partei von vornherein ausdrücklich und ohne Angabe von rechtlich relevanten Gründen die Zuweisung von Ersatzkräften abgelehnt habe, habe nicht festgestellt werden können, ob der Arbeitsplatz mit einer bevorzugt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Weiters sei gemäß § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG kein fortgeschrittener Integrationsstand feststellbar. Darüber hinaus liege keine der im § 4 Abs. 6 Z. 3 bis 6 AuslBG genannten Voraussetzungen vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass nach Anhang VII Z. 2 der Beitrittsakte Rumäniens zur Europäischen Union die früheren Mitgliedstaaten berechtigt sind, während eines - im vorliegenden Fall des am 1. Jänner 2007 erfolgten Beitritts noch nicht abgelaufenen - Übergangszeitraumes bis zu sieben Jahren (Z. 5) den Zugang rumänischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Österreich hat von dieser Möglichkeit durch § 32a Abs. 1 iVm Abs. 10 AuslBG Gebrauch gemacht, wonach rumänische Staatsangehörige den Bestimmungen des AuslBG unterfallen.

Die Beschwerde macht im Grund des § 4 Abs. 6 Z. 2 bzw. Z. 4a AuslBG geltend, dass sich der Ehemann der F. rechtmäßig in Österreich aufhalte und rechtmäßig einer Arbeit nachgehe. F. erwecke das Vertrauen, das die Reinigungstätigkeit in einer Wirtschaftsprüfungskanzlei voraussetze. Eine Vermittlung von Ersatzkräften sei bewusst verweigert worden, weil die beschwerdeführende Partei selbst beurteilen könne, welche Arbeitskraft für die hier in Frage stehenden Zwecke am besten geeignet sei. F. sei "vor geraumer Zeit mit ihrem Ehegatten nach Österreich gekommen". Sie verfüge über passable Deutschkenntnisse, sei in Österreich gemeldet und mit ihrem Mann versichert. Es liege daher eine fortgeschrittene Integration iSd § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG vor. Dazu habe die belangte Behörde "Sachverhaltsermittlungen ... gar nicht erst angestellt". Außerdem sei im Hinblick auf den rechtmäßig niedergelassenen und beschäftigten Ehemann der F. eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 Z. 4a AuslBG zu erteilen.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen. Gemäß § 4b Abs. 1 AuslBG lässt Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, bezweckt § 4b Abs. 1 AuslBG einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne (ausländische) Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen auch immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluss auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Die Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft begründungslos abgelehnt wird. Das AuslBG eröffnet dem Arbeitgeber grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung für den individuell von ihm gewünschten Ausländer, solange die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung aus gegenüber diesem gemäß § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Arbeitskräften besteht. Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht, dass sie in ihrem Antrag ausdrücklich die Vermittlung von Ersatzkräften mit dem Hinweis darauf abgelehnt hat, dass "im Verhinderungsfall durch ein Reinigungsunternehmen oder eine andere Teilzeitkraft verrichtet" werde. Auch die - durchaus von der Antragstellerin festzulegenden -

Besonderheiten des Arbeitsplatzes und damit auch der an eine Ersatzkraft gestellten besonderen Anforderungen entbindet aber die antragstellende Partei nicht von ihrer Obliegenheit, an einem Ersatzkraftstellungsverfahren im Sinne des § 4b Abs. 1 AuslBG teilzunehmen. Auch im vorliegenden Fall sind daher - wie der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen wiederholt dargelegt hat - keine Feststellungen darüber zu treffen, zu welchem Ergebnis ein Ersatzkraftstellungsverfahren - hätte die Beschwerdeführerin ein solches zugelassen - tatsächlich geführt hätte. Es konnte auch im vorliegenden Fall nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass der beschwerdeführenden Partei auf diese Weise eine in den österreichischen Arbeitsmarkt integrierte, dem Anforderungsprofil entsprechende Arbeitskraft hätte vermittelt werden können. Hat der antragstellende Arbeitgeber offensichtlich nur an der Einstellung eines(r) bestimmten Ausländers(in) - wie im Beschwerdefall - Interesse und lehnt deshalb die Stellung von Ersatzkräften ab, so hindert dies die Behörde, konkrete Feststellungen über das Vorhandensein entsprechender Ersatzkräfte zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2008, Zl. 2005/09/0106, mwN).

Es war somit nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG verneint hat und demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass die beantragte Beschäftigungsbewilligung nicht zu erteilen ist. Aus diesem Grund war nicht weiter zu beurteilen, ob die belangte Behörde zu Recht auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG verneint hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 15. September 2011

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