VwGH 2009/06/0215

VwGH2009/06/02158.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der E S in Innsbruck, vertreten durch Dr. Georg Santer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29/III, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 20. August 2009, Zl. I-Präs-00340e/2009, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: R GmbH in Innsbruck, vertreten durch Dr. Harald Rittler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 42; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 2001 §25 Abs3 litc;
BauRallg;
Bebauungsplan Innsbruck Nr HÖ-B1;
ROG Tir 1997 §61 Abs6 idF 1998/021;
ROG Tir 1997 §62 Abs4 idF 1998/021;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litc;
BauRallg;
Bebauungsplan Innsbruck Nr HÖ-B1;
ROG Tir 1997 §61 Abs6 idF 1998/021;
ROG Tir 1997 §62 Abs4 idF 1998/021;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei suchte mit Eingabe vom 15. April 2008 (beim Stadtmagistrat Innsbruck eingelangt am 23. April 2008) um die Änderung der mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22. September 2006 (bestätigt mit Bescheid des Stadtsenates vom 1. März 2007) bewilligten Wohnanlage mit der Adresse R. Gasse 17 an.

Die nunmehr geplante Wohnanlage besteht aus einem an der R. Gasse gelegenen vorderen und einem im hinteren Bereich am Hang gelegenen Gebäudeflügeln mit einem Verbindungsteil im südlichen Bereich des Baugrundstückes. Zwischen diesen beiden Gebäudeflügeln ist ein nach Norden offener Innenhof. Der an die nördliche Grundgrenze reichende Innenhof der geplanten Wohnanlage befindet sich auf der Höhe des ersten Obergeschoßes über dem Erdgeschoß. Die Fußbodenoberkante (FOK) des Erdgeschoßes, in dem der Eingang der Wohnanlage und Kellerabteile vorgesehen sind, liegt nach dem Einreichplan auf der Höhe 590,20 m (üM). Im vorderen Gebäudeflügel sind drei Obergeschoße mit Wohnungen, im hinteren hangseitigen Gebäudeflügel und im südlichen Verbindungsteil sind sechs Obergeschoße mit Wohnungen geplant. Das Baugrundstück steigt nach Westen (also zum hangseitigen Gebäudeflügel) stark an.

Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin des im Norden an das Baugrundstück unmittelbar angrenzenden Grundstückes samt Gebäude mit der Adresse R. Gasse 19. Die beiden auf diesem Grundstück an das Baugrundstück angrenzenden Gebäudeteile sind vorne ca. 8,50 m über 589,00 m hoch (absolute Höhe 597,50 m - das Bauvorhaben ist an dieser Stelle in etwa gleich hoch) und im hinteren Bereich 12,89 m über 590,20 m (absolute Höhe 603,09 m - das Bauvorhaben an dieser Stelle 610,39 m).

In der mündlichen Verhandlung am 12. August 2008 erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch Architekt H., insbesondere Einwendungen dahingehend, dass der hintere, hangseitige Gebäudeflügel an der westseitigen Wandecke die Höchstwandhöhe gemäß dem Bebauungsplan HÖ-B1 vom 18. April 2000 von 14,5 m einhalte, diese Höhe aber ostseitig am Innenhof weit überschreite, nämlich 18,0 m statt 14,5 m, gemessen vom Urgelände, da die Innenhofbebauung keine Aufschüttung sei. Er ging dabei davon aus, dass die Wandhöhe von dem Gelände nach der Bauführung zu messen sei, sonst vom Urgelände (in Bezug auf den Innenhof ging er vom Urgelände aus).

Mit Eingabe vom 11. September 2008 wurden von der Mitbeteiligten geänderte Pläne eingereicht, die den gestalterischen Einwänden des Sachverständigenbeirates in seiner Sitzung vom 23. Juli 2008 entsprechen sollten.

Mit Eingabe vom 10. Februar 2009 stellte die Mitbeteiligte den Antrag, das anhängige Bauverfahren in ein Verfahren zur Genehmigung des Wohngebäudes einerseits und in ein Verfahren zur Genehmigung der Baugrubensicherung andererseits zu trennen.

Der Stadtmagistrat Innsbruck erteilte der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 27. April 2009 die baurechtliche Bewilligung für die Änderung der - wie bereits erwähnt - bewilligten Wohnanlage im Anwesen R. Gasse 17. Die erstinstanzliche Behörde führte insbesondere aus, dass gemäß § 62 Abs. 2 Tir. RaumordnungsG 2006, nach dem dann, wenn das Gelände durch die Bauführung oder im Hinblick auf die beabsichtigte Bauführung verändert wurde, u. a. hinsichtlich der Wandhöhe vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen sei, eine Innenhofverbauung mit Überschüttung - wie im vorliegenden Fall - als Geländeniveauveränderung nach der Bauführung angesehen werden könne. Es müsse nicht ausschließlich eine Aufschüttung durchgeführt werden.

Zur aufgeworfenen Problematik der Baugrubensicherung führte die erstinstanzliche Behörde ins Treffen, dass die Mitbeteiligte mit Eingabe vom 11. Februar 2009 (richtig: 10. Februar 2009) den Antrag auf Trennung des Verfahrens hinsichtlich der Baugrubensicherung gestellt habe und diesbezüglich ein gesondertes Baubewilligungsverfahren durchgeführt werde.

Die belangte Behörde wies die gegen den angeführten Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 27. April 2009 erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab.

Die belangte Behörde verwies zu der aufgeworfenen Problematik der Setzung von "Bodennägeln" am Grundstück der Beschwerdeführerin, wofür ihre Zustimmung nicht vorliege, darauf, dass nach der Einschränkung des Bauansuchens nur noch das Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für die Änderung der genehmigten Wohnanlage verfahrensgegenständlich sei. Zur aufgeworfenen Problematik betreffend die Einhaltung der Festlegungen über die Bauhöhen im anzuwendenden Bebauungsplan Nr. HÖ-B1, 2. Entwurf (in Kraft seit 18. April 2000) gab die belangte Behörde die gutachterliche Stellungnahme des Amtssachverständigen Dipl.Ing. H.P.S. der Magistratsabteilung III, Planung, Baurecht und technische Infrastrukturverwaltung, vom 9. Juli 2009 wieder, in der dieser ausführte:

"In dem gemäß § 56 Abs. 3 erlassenen Bebauungsplan HÖ-B1, 2. Entwurf (in Kraft seit 18.4.2000) ist, wie von RA Dr. S… richtig gestellt, keine Höhenlage festgelegt. Die gezogene Schlussfolgerung, dass dann die Wandhöhe von der Fußbodenoberkante (FOK) unterstes Vollgeschoß aus zu messen ist, kann von ha. Seite nicht beigepflichtet werden. In der angegebenen zweiten TROG-Novelle § 61, (6) TROG werden die Vollgeschoße und nicht die Wandhöhen definiert.

Nach ha. Ansicht ist die Wandhöhe 'hinten am Hang' nicht von FOK Erdgeschoß +/- 0,00 aus zu messen, sondern von der Höhe des Geländes an der Fassade. In diesem Bereich beträgt die Wandhöhe vom ursprünglichen Gelände aus gemessen lt. Schnitt Q 1 ca. 10,50 m und lt. Schnitt Q 2 ca. 11,60 m, vom Gelände nach der Bauführung aus gemessen laut Schnitt Q 1 ca. 9,30 m und laut Schnitt Q 2 ca. 12,70 m (liegen somit innerhalb der Festlegung 14,5 m).

Vom begrünten Innenhof aus gemessen beträgt die Höhe der in den Innenhof des 'hinteren' Gebäudeteiles gerichteten Fassade - sofern diese überhaupt als Wandhöhe zu werten ist - laut Schnitt Q 1 ca. 14,45 m und laut Schnitt Q 2 ca. 11,50 m (liegt somit ebenfalls innerhalb der Festlegung 14,50 m). Die Höhe dieser Fassade beträgt vom Gelände vor der Bauführung aus gemessen lt. Schnitt Q 1 ca. 17,60 m und lt. Schnitt Q 2 ca. 17,20 m. Dazu wird angemerkt, dass das derzeit bestehende Gelände auch nicht das ursprüngliche Gelände darstellt, da an dieser Stelle bis vor ca. 20 Jahren ein Gebäude bestanden hat. Eine Berechnung der Wandhöhe in Bezug auf die Erdoberfläche nach der Bauführung wäre bei den hofseitigen Fassaden absurd, da in diesem Bereich das Niveau unter der Bodenplatte der Tiefgarage läge."

Die belangte Behörde führte im Folgenden aus, sie schließe sich den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Amtssachverständigen an. Ergänzend werde noch ausgeführt, es sei richtig, dass zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des gegenständlichen Bebauungsplanes das Tir. RaumordnungsG 1997 (TROG 1997) gegolten habe, für welches hinsichtlich der maximal zulässigen Wandhöhen das Gelände vor der Bauführung maßgeblich gewesen sei. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung sei allerdings das Tir. RaumordnungsG 2006 (TROG 2006) als derzeit geltende Rechtslage anzuwenden, das eindeutig bestimme, dass die in einem Bebauungsplan festgelegte Wandhöhe nicht vom gewachsenen Gelände (bzw. dem Gelände vor Bauführung) zu messen sei, sondern nach den (projektierten) Verhältnissen nach Abschluss der Bauführung zu beurteilen sei.

Da auch keine anders lautenden Übergangsbestimmungen vorlägen, die die Anwendung des TROG 1997 bestimmten, sei auf Basis des geltenden TROG 2006 das Gelände nach der Bauführung maßgeblich. Aus der Stellungnahme der Magistratsabteilung III vom 18. September 2008 sowie vom 9. Juli 2009 und insbesondere aus den Planunterlagen ergebe sich zweifelsfrei, dass die zulässigen Wandhöhen, bezogen auf das Gelände nach der Bauführung, allesamt - also auch im Innenhof - eingehalten würden. Zudem solle an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass der Beschwerdeführerin kein Mitspracherecht zur Frage zukomme, ob das Bauvorhaben im Innenhof die erforderlichen Wandhöhen einhalte, weil diese Gebäudefronten nicht dem Grundstück der Beschwerdeführerin zugewendet seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. November 2008, Zl. 2007/06/0113).

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94, in der Fassung LGBl. Nr. 40/2009 anzuwenden.

Gemäß § 25 Abs. 3 TBO 2001 sind Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

"c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe".

§ 62 Tir. RaumordnungsG 1997, LGBl. Nr. 10 (TROG 1997), idF LGBl. Nr. 21/1998, das ist jene Fassung, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den im vorliegenden Fall anzuwendenden Bebauungsplan HÖ-B1 gegolten hat, sieht Folgendes vor:

"(1) Die Bauhöhe von Gebäuden kann durch die Wandhöhe der Außenwandhöhe oder durch die Zahl der Vollgeschoße festgelegt werden. Diese Arten der Festlegung von Bauhöhen können auch kombiniert werden. Weiters kann die Höhe des obersten Punktes des Gebäudes festgelegt werden. Für die Wandhöhe können Höchstmaße, Mindest- und Höchstmaße oder zwingende Maße festgelegt werden. Ebenso können für die Zahl der Vollgeschoße Höchstzahlen, Mindest- und Höchstzahlen oder zwingende Zahlen festgelegt werden.

(2) Soweit die Bauhöhe durch die Wandhöhe festgelegt ist, kann weiters festgelegt werden, daß nur die Wandhöhe bestimmter Wände, wie etwa der traufenseitigen, der straßenseitigen oder der talseitigen Wände, maßgebend ist.

(3) Die Bauhöhe sonstiger baulicher Anlagen ist nach der Höhe des obersten Punktes dieser Anlagen über der mittleren Höhenlage des anschließenden Geländes festzulegen.

(4) Die Höhenlage ist jene durch die absolute Höhe bestimmte Ebene, auf der das Fußbodenniveau des untersten Vollgeschoßes eines Gebäudes liegen muß."

In § 61 Abs. 6 TROG 1997 in der angeführten Fassung wurde Folgendes angeordnet:

"(6) Vollgeschoße sind Geschoße, die zur Gänze über dem anschließenden Geländeniveau liegen oder deren Deckenoberkante zumindest an einer Seite zum überwiegenden Teil mehr als 2 m über dem anschließenden Geländeniveau liegt und die wenigstens über der Hälfte ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m aufweisen. Geschoße, in denen ausgebaute oder nicht ausgebaute Räume liegen, die das Dach berühren (Dachgeschoße), gelten auch dann als Vollgeschoße, wenn über mehr als der Hälfte der Grundfläche eines solchen Geschoßes der Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut mehr als 2,70 m beträgt. Wurde die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist von der Höhenlage vor dieser Veränderung auszugehen."

§ 62 TROG 1997 in der Fassung LGBl. Nr. 73/2001, der am 1. Oktober 2001 in Kraft getreten ist, lautet wie folgt:

"(1) Die Bauhöhe von Gebäuden kann durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt oder durch die Anzahl der oberirdischen Geschosse festgelegt werden. Diese Arten der Festlegung können auch kombiniert werden. Weiters kann die Wandhöhe der Außenwände festgelegt werden. Dabei kann bestimmt werden, dass nur die Wandhöhe bestimmter Wände, wie etwa der traufenseitigen, der straßenseitigen oder der talseitigen Wände, maßgebend ist.

(2) Der oberste Punkt kann als Obergrenze, als Unter- und Obergrenze oder zwingend festgelegt werden. Ebenso können für die Anzahl der oberirdischen Geschosse Höchstzahlen, Mindest- und Höchstzahlen oder zwingende Zahlen festgelegt werden. Weizens können für die Wandhöhe Höchstmaße, Mindest- und Höchstmaße oder zwingende Maße festgelegt werden. Wurde das Gelände durch die Bauführung oder im Hinblick auf die beabsichtigte Bauführung verändert, so ist hinsichtlich der Anzahl der oberirdischen Geschosse und der Wandhöhe vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen.

(3) Oberirdische Geschosse sind jene Geschosse, bei denen zumindest die Hälfte der Grundfläche mindestens 1 m über dem angrenzenden Gelände liegt. Geschosse, die das Dach berühren (Dachgeschosse), sind zu berücksichtigen, wenn über mehr als der Hälfte der Grundfläche eines solchen Geschosses der Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut mehr als 2,70 m beträgt.

(4) Die Bauhöhe sonstiger baulicher Anlagen ist durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt festzulegen. Abs. 2 erster Satz ist anzuwenden.

(5) Bei der Bestimmung des obersten Punktes von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen bleiben untergeordnete Bauteile außer Betracht. Weiters gelten Festlegungen über den obersten Punkt nicht für Gebäude und sonstige bauliche Anlagen, die aus zwingenden technischen Gründen nur mit einer größeren als der danach zulässigen Höhe errichtet werden können.

(6) Die Höhenlage ist eine durch die absolute Höhe oder durch einen sonstigen Fixpunkt bestimmte horizontale Ebene."

Die zuletzt genannte Fassung des § 62 war Teil der Wiederverlautbarung des TROG 1997 im Tir. RaumordnungsG 2001, LGBl. Nr. 93 (TROG 2001).

Mit der Novelle LGBl. Nr. 35/2005 wurde § 62 Abs. 1 und 3 erster Satz TROG 2001 wie folgt geändert:

"(1) Die Bauhöhe von Gebäuden ist durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt festzulegen. Weiters können die Anzahl der oberirdischen Geschoße und die Wandhöhe der Außenwände festgelegt werden. Dabei kann bestimmt werden, dass nur die Wandhöhe bestimmter Wände, wie etwa der traufenseitigen, der straßenseitigen oder der teilseitigen Wände, maßgebenden ist.

(2) …

(3) Oberirdische Geschoße sind jene Geschoße, bei denen mehr als die Hälfte der Gesamtfläche der Außenwände über das angrenzende Gelände ragt.

…"

Diese Fassung des § 62 TROG 2001 ist nunmehr Inhalt des Tir. RaumordnungsG 2006, das wiederum eine Wiederverlautbarung des TROG 2001 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 35/2005 und der Kundmachung LGBl. Nr. 60/2005 ist.

Gemäß dem für das Baugrundstück im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Bebauungsplan HÖ-B1 Innsbruck St. Nikolaus (2. Entwurf; beschlossen vom Gemeinderat am 23. März 2000, in Kraft getreten nach entsprechender Kundmachung am 18. April 2000) ist in dem vorderen, an der R. Gasse gelegenen Teil des Baugrundstückes eine Wandhöhe von 8,5 m, im hinteren Bereich des Grundstückes eine Wandhöhe von 14,5 m festgelegt. Eine Höhenlage in Form einer mittels absoluter Höhe bestimmten Ebene im Sinne des § 62 Abs. 4 TROG 1997 ist in diesem Bebauungsplan nicht festgelegt.

Die Beschwerdeführerin macht zur Einhaltung der Wandhöhe des verfahrensgegenständlichen Projektes im hinteren Bereich des Baugrundstückes geltend, dass gemäß § 62 Abs. 4 TROG die Höhenlage jene durch die absolute Höhe bestimmte Ebene sei, auf der das Fußbodenniveau des untersten Vollgeschoßes eines Gebäudes liegen müsse. Von dieser Höhenlage seien alle im Bebauungsplan angegebenen Höhen zu messen. Damit sei für jede betroffene Parzelle der Bezugspunkt der Wandhöhen festgelegt. Es gebe im Plan keine zwingenden Höhenfestlegungen wie einen obersten Gebäude- oder Wandpunkt oder einen absoluten Bezugspunkt oder Ähnliches, wie sie in späteren Bebauungsplänen nach dem TROG 2001 erforderlich seien, in dem die Höhenlage nicht mehr herangezogen werde. Seit dem TROG 2001 würden die Wandhöhen vom Gelände nach der Bauführung aus gemessen, jedoch mit zwingenden Festlegungen für die Bauhöhe im Bebauungsplan. Gemäß § 62 Abs. 4 TROG 2001 sei die Bauhöhe sonstiger baulicher Anlagen (also all jener, die nicht durch Fixpunkte, oberste Punkte, Höchst- und Mindestmaße festgelegt seien) durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt festzulegen.

Dies sei im Bebauungsplan HÖ-B1 noch nicht geschehen, da bei diesem die Höhenlage als eindeutiger Bezugspunkt gelte. Dieser Bebauungsplan sei nie an die neue Rechtslage angepasst worden. Es gebe auch keine Übergangsbestimmungen. Es gelte nach wie vor das TROG 1997 und nicht das TROG 2001. Die vorgeschriebenen Wandhöhen bezögen sich demzufolge im Bebauungsplan HÖ-B1 alle auf die Höhenlage, das bedeute, die Wandhöhe sei von der Fußbodenoberkante (FOK) des untersten Vollgeschoßes (üblicherweise das Erdgeschoß mit +/- 0,00 mit festgelegten üNN) zu messen. In der zweiten Raumordnungsnovelle zu § 61 Abs. 6 TROG 1997 sei der Begriff des Vollgeschoßes definiert worden. Die Wandhöhe von 14,5 m beim Baugrundstück hinten am Hang sei also von der Fußbodenoberkante des untersten Vollgeschoßes, das sei + 590,20 m (üM), was in etwa die Höhe des Gehsteiges der R. Gasse sei, zu messen und nicht etwa vom natürlichen oder gar aufgeschütteten Gelände (Hang), das an dieser Stelle schon etwa 7,0 m höher liege.

Die Wandhöhen im Innenhof seien vom Gelände vor der Bauführung zu messen und nicht von dem über zwei "Untergeschoßen" errichteten Innenhof mit 10 cm Humusschicht auf der Geschoßdecke, die keine Verbindung zum anschließenden Gelände habe. Dies sei nicht das Gelände nach Bauführung. Beim Begriff Urgelände gehe man maximal 10 Jahre zurück, also gelte in dem Fall das "jetzige Gelände". Bei Berücksichtigung des anzuwendenden Bebauungsplanes HÖ-B1 durch die belangte Behörde hätte die Baubewilligung auf Grund der Bauhöhe der geplanten Wohnanlage nicht erteilt werden dürfen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass einem Nachbarn, wie im vorliegenden Fall der Beschwerdeführerin, dessen Grundstück unmittelbar an das Baugrundstück angrenzt, gemäß § 25 Abs. 3 lit. c) TBO 2001 ein Nachbarrecht in Bezug auf die Einhaltung der Festlegung des anzuwendenden Bebauungsplanes hinsichtlich der Bauhöhe zukommt. Dieses Nachbarrecht kommt einem Nachbarn nur in Bezug auf die seinem Grundstück zugewendete Gebäudefront des geplanten Vorhabens zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 2008, Zl. 2007/06/0113). Dieses Nachbarrecht steht der Beschwerdeführerin somit in Bezug auf die beiden nordseitigen, an der Grundgrenze zu ihrem Grundstück gelegenen Gebäudefronten zu. Dieses Nachbarrecht steht ihr nicht in Bezug auf die ostseitige, dem geplanten Innenhof zugewandte Gebäudefront des hinteren Gebäudeflügels des Bauvorhabens zu.

Weiters ist festzustellen, dass für die Festlegungen in einem Bebauungsplan grundsätzlich jene Rechtslage maßgeblich ist, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan gegolten hat, es sei denn, der Gesetzgeber legt dazu Abweichendes fest (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2010, Zl. 2010/06/0074). Eine gesetzliche Regelung, die diesbezüglich anderes vorsieht, besteht nicht. Es ist somit für die Auslegung der im angeführten Bebauungsplan HÖ-B1 festgelegten Wandhöhe von 14,5 m im hinteren Bereich des Baugrundstückes das TROG 1997 in der bereits angeführten Fassung LGBl. Nr. 21/1998 maßgeblich.

Nach dieser Rechtslage ist in § 61 Abs. 6 TROG 1997 im Zusammenhang mit der Regelung über Vollgeschoße vorgesehen, dass dann, wenn die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert wurde, von der Höhenlage vor dieser Veränderung auszugehen ist. Im § 62 Abs. 4 TROG 1997 war im Zusammenhang mit der Regelung über die Bauhöhe in Bebauungsplänen angeordnet, dass die Höhenlage jene durch die absolute Höhe bestimmte Ebene ist, auf der das Fußbodenniveau des untersten Vollgeschoßes eines Gebäudes liegen muss.

Im Zusammenhang mit dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Bebauungsplan stellt sich die Frage, von welchem Bezugspunkt aus die für das Baugrundstück angeordneten einzuhaltenden Wandhöhen aus zu messen sind. Es kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, dass sich aus der Regelung des § 62 Abs. 4 TROG 1997 in der Stammfassung für den vorliegenden Bebauungsplan ergibt, dass die sich aus den Einreichplänen ergebende Fußbodenoberkante des untersten Vollgeschoßes die für den Bebauungsplan maßgebliche Höhenlage sei. Wenn ein Bebauungsplan, der im Geltungszeitraum des TROG 1997 in der Fassung LGBl. Nr. 21/1998, erlassen wurde, keine Festlegung über die Höhenlage gemäß § 62 Abs. 4 TROG 1997 als Bezugspunkt für festgelegte Wandhöhen enthält, muss vielmehr aus der für diesen Bebauungsplan maßgeblichen Rechtslage diese Frage des relevanten unteren Bezugspunktes für die Ermittlung der Wandhöhe beantwortet werden.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist dafür die in § 61 Abs. 6 letzter Satz TROG 1997 vorgesehene Regelung maßgeblich, die anordnet, dass für den Fall, dass die Höhenlage des Geländes durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert wurde, von der Höhenlage vor dieser Veränderung auszugehen ist. Diese Regelung des TROG 1997 in der angeführten Fassung (LGBl. Nr. 21/1998) muss auch in dem Fall herangezogen werden, dass - wie im vorliegenden Fall - im Bebauungsplan Wandhöhen (und nicht die zulässige Anzahl von Vollgeschoßen) festgelegt wurden, aber keine maßgebliche Höhenlage gemäß § 62 Abs. 4 TROG 1997 bestimmt wurde. Die belangte Behörde ist demgegenüber bei der Ermittlung der Wandhöhen insbesondere für den hinteren Gebäudeflügel zu Unrecht von dem Gelände nach der Bauführung ausgegangen, indem sie zur Auslegung des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplanes aus dem Jahre 2000 zu Unrecht das TROG 2006 herangezogen hat. Die vorliegenden Einreichpläne enthalten keine Nordansicht des Bauvorhabens, in der das vor der Bauführung bestehende Gelände an dieser Front und die sich von diesem Gelände aus ergebenden Wandhöhen an dieser Front entsprechend ersichtlich gemacht sind. Aus dem Plan betreffend Q1 (Querschnitt des hinteren Gebäudeflügels Richtung Ost - West nahe der nördlichen Grundgrenze) wie auch aus dem Plan über die Ansichten (West, Süd und Ost) können gewisse Rückschlüsse auf die höhenmäßige Situation an der fraglichen Gebäudefront an der nördlichen Grundgrenze auch in Bezug auf das anzunehmende Gelände vor der Bauführung gezogen werden, die aber für eine abschließende Beurteilung der geplanten Wandhöhe an dieser Gebäudefront und die Einhaltung der festgelegten Wandhöhe nicht ausreichen. (Anzumerken ist weiters, dass sich der bautechnische Amtssachverständige bei seiner Beurteilung offensichtlich nur auf die westseitige Gebäudefront des hinteren Gebäudeflügels und auf die ostseitige Gebäudefront zum Innenhof bezogen hat.) Der angefochtene Bescheid erweist sich daher aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig.

Weiters meint die Beschwerdeführerin, dass das Verfahren hinsichtlich der Baugrubensicherung vom Baubewilligungsverfahren nicht trennbar sei. Ihrer Ansicht nach sei die Art der Sicherung der Baugrube nicht nur eine Frage der Ausführung des Bauvorhabens, sondern auch eine solche der Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens. Es müssten zur Absicherung der Baugrube sogenannte Bodennägel im nördlich unmittelbar angrenzenden Grundstück verankert werden. Dieser Vorgang sei zustimmungsbedürftig und müsse auch im Rahmen der Baubewilligung beurteilt und berücksichtigt werden.

Dem genügt es entgegenzuhalten, dass Bewilligungsgegenstand jener ist, der Gegenstand des betreffenden Bauansuchens ist. Das Bauansuchen ist unbestritten im Hinblick auf die Baugrubensicherung des Bauvorhabens eingeschränkt worden. Das bedeutet keinesfalls, dass eine Ausführung des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens allein auf Grund des Vorliegens der rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Baubewilligungsverfahren zulässig wäre. § 29 Abs. 1 TBO 2001 schreibt ausdrücklich vor, dass zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und der Sicherheit von Sachen in der Baubewilligung oder mit gesondertem schriftlichen Bescheid entsprechende Maßnahmen, wie die Aufstellung von Bauplanken, die Absicherung von Baugruben, die Kennzeichnung von Verkehrshindernissen udgl. vorgeschrieben werden kann. Darüber hinaus sieht § 34 Abs. 1 TBO 2001 Regelungen für die vorübergehende Benützung von Nachbargrundstücken vor, abgesehen von weiteren Erfordernissen zivilrechtlicher Natur, die sich im Falle der erforderlichen Verankerung eines Gebäudes in einem benachbarten Grundstück ergeben. Die Ausführung des vorliegenden Bauvorhabens wäre baurechtlich immer erst dann zulässig, wenn alle erforderlichen Bewilligungen gemäß der TBO 2001 rechtskräftig vorliegen.

Die Beschwerdeführerin wurde daher dadurch, dass die Frage der Baugrubensicherung und der allenfalls erforderlichen vorübergehenden Benützung des Nachbargrundstückes entsprechend der Einschränkung des Bauansuchens im vorliegenden Bauverfahren nicht behandelt wurde, in keinen Rechten verletzt.

Der angefochtene Bescheid war im Hinblick auf die unzutreffende Beurteilung der gemäß dem anzuwendenden Bebauungsplan einzuhaltenden Wandhöhe durch die belangte Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 8. Juni 2011

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