Normen
BauO Tir 2001 §2 Abs16;
VwRallg;
BauO Tir 2001 §2 Abs16;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer zeigte mit Eingabe vom 2. Juli 2008 Balkonüberdachungen im Erdgeschoß und Obergeschoß des verfahrensgegenständlichen Doppelwohnhauses auf dem Grundstück Nr. 1472, KG. P., und eine Überdachung aus Glas der beiden zwischen den Doppelwohnhäusern befindlichen, ins Obergeschoß führenden Freitreppen an. Das geplante Glasdach über den beiden Freitreppen stellt sich als eine Ergänzung bzw. Verbindung der beiden Dächer der beiden Einzelhäuser (Top 1 und Top 2) des Doppelwohnhauses dar. Aus den dazu erstatteten Bauanzeigen ergibt sich, dass das Glasdach eine Fläche von 6,99 m x 2,8 m ausmacht.
In einer Vorbegutachtung stellte Architekt Dipl. Ing. E. O. die Bewilligungspflicht für das gesamte Bauvorhaben ohne nähere Begründung fest.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde stellte mit Bescheid vom 1. August 2008 gemäß § 22 Abs. 3 Tir. Bauordnung 2001 (TBO 2001) fest, dass die Ausführung des angeführten Bauvorhabens gemäß § 20 Abs. 1 TBO 2001 einer Bewilligung bedürfe.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde gab mit Bescheid vom 3. Februar 2009 der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass
"1. Hinsichtlich der beabsichtigten Balkonüberdachungen werden diese als nur anzeigepflichtig gemäß TBO § 20 angesehen.
2. Hinsichtlich der Überdachung des Stiegenhauses handelt es sich eindeutig um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben (Zubau) und wird diesbezüglich der Bescheid des Bürgermeisters vom 1.8.2008 bestätigt."
Die Berufungsbehörde führte dazu insbesondere aus, im konkreten Fall sei beabsichtigt, diverse Überdachungen betreffend die nordseitigen Balkone sowie das Stiegenhaus am bestehenden Doppelwohnhaus auszuführen. Folge man der Chronologie, wonach u. a. die Anbringung und Änderung von untergeordneten Bauteilen (wozu nach den Erkenntnissen auch Vordächer gehörten) eindeutig als anzeigepflichtig zu bewerten sei, so wäre die Eingabe als Bauanzeige zu Recht erfolgt. Allerdings ergebe eine genauere Betrachtung, dass die Überdachung des Stiegenhauses eine Baumasse entstehen lasse, da damit in diesem Bereich eine überwiegend umschlossene bauliche Anlage definiert werde. Damit sei dieser Teil als Zubau und damit als bewilligungspflichtiges Bauvorhaben zu beurteilen.
Die belangte Behörde wies die gegen Spruchpunkt 2. des Berufungsbescheides erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Errichtung eines Glasdaches eindeutig wesentliche bautechnische Erfordernisse hinsichtlich der Statik, der Nutzungssicherheit, der Festigkeit und Standsicherheit berühren würde und daher auch nach Ansicht der belangten Behörde von einer Bewilligungspflicht gemäß § 20 Abs. 1 lit. e TBO 2001 zur Errichtung des Glasdaches über Top 1 und Top 2 auf dem angeführten Grundstück auszugehen sei.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung), in der Fassung LGBl. Nr. 73/2007 anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 16 TBO 2001 sind untergeordnete Bauteile Vordächer, Dachkapfer, Kamine, Windfänge, Freitreppen, offene Balkone, Sonnenschutzeinrichtungen und dergleichen, fassadengestaltende Bauteile wie Erker, Gesimse, Lisenen, Rahmen und dergleichen, unmittelbar über dem Erdgeschoß angebrachte offene Schutzdächer sowie an baulichen Anlagen angebrachte Werbeeinrichtungen und Solaranlagen.
Gemäß § 16 Abs. 1 TBO 2001 müssen bauliche Anlagen und alle ihre Teile so geplant und ausgeführt sein, dass sie unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit gebrauchstauglich sind und entsprechend dem Stand der Technik die bautechnischen Erfordernisse insbesondere
"a) der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit,
- b) des Brandschutzes,
- c) der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes,
- d) der Nutzungssicherheit und der Barrierefreiheit,
- e) des Schallschutzes und
- f) der Gesamtenergieeffizienz, der Energieeinsparung und des Wärmeschutzes
erfüllen."
Gemäß § 20 Abs. 1 bedürfen, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt, folgende Bauvorhaben einer Baubewilligung:
"a) der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;
b) die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden;
…
e) die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden."
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind die sonstige Änderung von Gebäuden sowie die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen, sofern sie nicht nach Abs. 1 lit. b oder e einer Baubewilligung bedürfen, der Behörde anzuzeigen. Jedenfalls sind der Behörde anzuzeigen:
"a) Die Anbringung und Änderung von untergeordneten Bauteilen und von Balkonverglasungen bei bestehenden baulichen Anlagen;
- b) …
- c) die Errichtung und Änderung von Terrassen, Pergolen und
dergleichen sowie von Geräteschuppen, Holzschuppen und dergleichen bis zu einer Grundfläche von 10 m2 und einer Höhe von 2,80 m
… ."
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde die Bewilligungspflicht für das verfahrensgegenständliche Glasdach ganz anders als die Baubehörden begründet habe. Die belangte Behörde habe zu den von den Vorinstanzen vertretenen rechtlichen Auffassungen nicht Stellung genommen, sie habe auch nicht geklärt, ob das vom Beschwerdeführer als untergeordneter Bauteil bezeichnete Vordach (von der belangten Behörde als "Glasdach" benannt) anzeigepflichtig sei oder nicht. Die im angefochtenen Bescheid angeführten wesentlichen bautechnischen Erfordernisse lägen nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht vor und diese Annahme widerspräche den bereits von der Berufungsbehörde als lediglich anzeigepflichtig rechtskräftig festgestellten Balkonüberdachungen. Es könne sein, dass bei Flachdachkonstruktionen allenfalls besondere statische und nutzungssicherheitstechnische Überlegungen in Frage stehen könnten. Das sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das gegenständliche Flach- bzw. Vordach habe lediglich allgemeinen Witterungsverhältnissen standzuhalten, eine weitere Nutzungs- bzw. Widmungsänderung des Daches in Richtung einer Terrasse sei nie Gegenstand der Bauanzeige gewesen. Damit unterliege dieses Glasdach auch keinen besonderen statischen oder sonstigen baulichen Anforderungen. Folgte man der Auslegung im angefochtenen Bescheid, so wären die einschlägigen Bestimmungen in der TBO 2001 zu den untergeordneten Bauteilen, zu denen unzweifelhaft Vordächer zählten, und die explizit normierte Anzeigepflicht bei Balkonverglasungen obsolet, weil kein Anwendungsbereich mehr für diese Bauteile bestehen bliebe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Anbringung der "einfachen Überdachung der Außentreppen" lediglich als ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben (nämlich als untergeordneter Bauteil) qualifiziert werden müssen.
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
Zunächst ist klarzustellen, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides nur Spruchpunkt 2. des Berufungsbescheides vom 3. Februar 2009 war, der die Anbringung eines Glasdaches über den bestehenden Freitreppen zwischen den beiden Häusern betraf. Aus dem Umstand, dass sich die belangte Behörde mit den anderen rechtlichen Begründungen für eine Bewilligungspflicht des verfahrensgegenständlichen Glasdaches nicht auseinandergesetzt hat, kann für den Beschwerdeführer nichts abgeleitet werden. Maßgeblich ist die von der belangten Behörde vertretene Ansicht betreffend die Bewilligungspflicht des in Frage stehenden Glasdaches. Wenn die belangte Behörde dieses Glasdach, das über dem ersten Obergeschoß der beiden nahe nebeneinander stehenden Häuser zwischen den beiden Dächern dieser Häuser angebracht werden soll, nicht als untergeordneten Bauteil im Sinne des § 2 Abs. 16 TBO 2001 verstanden hat, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Es kann bei dem verfahrensgegenständlichen Glasdach, dass sich wie eine Ergänzung der beiden nebeneinander liegenden Dächer der beiden verfahrensgegenständlichen Wohnhäuser darstellt, nicht davon gesprochen werden, dass es sich dabei um ein Vordach und also einen untergeordneten Bauteil im Sinne des § 2 Abs. 16 TBO 2001 oder um ein über dem Erdgeschoß angebrachtes offenes Schutzdach im Sinne dieser Bestimmung handelt. Aber selbst wenn man dieses Glasdach über den beiden Freitreppen als Vordach qualifizieren würde, könnte dieses Vordach niemals dahin beurteilt werden, dass es von seiner Dimension her (rund 20 m2 Gesamtfläche) einen untergeordneten Bauteil im Sinne der angeführten Bestimmung darstellt. So hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 2 Abs. 16 TBO 2001 die Ansicht vertreten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2009, Zl. 2005/06/0362, und die dazu verwiesene hg. Vorjudikatur), dass "offene Balkone" nicht schon allein deshalb, weil dieser Begriff in § 2 Abs. 16 TBO 2001 genannt ist, ohne Rücksicht auf ihre Dimensionierung im Verhältnis zum restlichen Bauwerk jedenfalls als "untergeordneter Bauteil" anzusehen sind, was gleichermaßen auch für Vordächer zu gelten hat. Es kann auch die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Glasdaches allgemeine bautechnische Erfordernisse hinsichtlich der Statik, der Nutzungssicherheit, der Festigkeit und der Standsicherheit wesentlich berührte. Dafür spricht insbesondere die geplante Lage und Größe dieses Glasdaches. Die Subsumtion des verfahrensgegenständlichen Glasdaches unter § 20 Abs. 1 lit. e TBO 2001 ist daher nicht zu beanstanden.
Wenn der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Kriterium, dass die Errichtung einer Anlage allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berühre, die Begründung der belangten Behörde rügt, liegt in dieser Hinsicht kein wesentlicher Begründungsmangel vor, weil die wesentliche Berührung allgemeiner bautechnischer Erfordernisse hinsichtlich der Statik, der Nutzungssicherheit, der Festigkeit und der Standsicherheit des verfahrensgegenständlichen Glasdaches bei einem Glasdach in dieser Höhe (als Dachergänzung) und in dieser Dimension offenkundig erscheint. Im vorliegenden Fall war nicht darauf einzugehen, ob die von der Anzeige auch erfassten Balkonüberdachungen zu Recht als bloß anzeigepflichtig angesehen wurden. Im vorliegenden Fall geht es nur um das angeführte Glasdach.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 27. April 2011
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