VwGH 2009/03/0178

VwGH2009/03/01788.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des B K in P, vertreten durch Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom 8. Oktober 2009, Zl Senat-MI-08-0017, betreffend Verfall einer vorläufigen Sicherheit in einem Verfahren wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §7 Abs1;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §7 Abs1;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 18. Jänner 2008 wurde der Betrag von EUR 1.453,00, der als vorläufige Sicherheit wegen des Verdachts einer Übertretung nach § 23 Abs 1 Z 8 des Güterbeförderungsgesetzes (GütBefG) eingehoben und vom Beschwerdeführer (Lenker des verfahrensgegenständlichen Lastkraftwagens) bezahlt worden war, gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt. Dieser Bescheid ist gerichtet an

"Herr

K B als Vertreter der Firma CZ K

D 23

5 P

Tschechische Republik"

In seiner Begründung heißt es, die vorläufige Sicherheit sei für verfallen erklärt worden, "weil der begründete Verdacht bestand, dass Sie die in der beiliegenden Anzeige angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben und sich die Strafverfolgung bzw. der Vollzug der Strafe als unmöglich erwiesen hat."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wird der Berufungswerber bezeichnet als "Beschuldigter: B K als Vertreter der Firma CZ K, D 23, CZ-5 P". In der Einleitung der Berufung wird ausgeführt, "der Beschuldigte, B K, als angeblicher Vertreter der Firma CZ K" erhebe gegen den Erstbescheid Berufung. Begründend wird unter anderem ausgeführt, die BH hätte jedenfalls vorweg prüfen müssen, ob der LKW-Lenker, B K, für die Zustellung eines Verfallsbescheides als Vertreter der Firma CZ K überhaupt herangezogen werden könne, zumal lediglich der nach § 9 VStG Verantwortliche dafür zuständig sein könne. Hätte die BH die notwendige Vorgangsweise gewählt, hätte sie den Verfallsbescheid nur dem Geschäftsführer der Firma CZ K, Herrn W. T., zustellen dürfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde, nach einer Wiedergabe des Inhalts des Erstbescheids und der dagegen erhobenen Berufung, sowie einer Darstellung der maßgebenden Bestimmungen des GütbefG und der §§ 37 sowie 37a VStG, zunächst aus, es seien die Verfallsvoraussetzungen im Bezug auf den Unternehmer zu prüfen, weil der Lenker ex lege als Vertreter des Unternehmens gelte. Es stehe fest, dass "von der in Rede stehenden Unternehmung" durch den Lenker B K eine gewerbsmäßige, der Gemeinschaftslizenzpflicht unterliegende Güterbeförderung im Bundesgebiet durchgeführt worden sei und der Lenker auf Verlangen des Kontrollorgans keine Gemeinschaftslizenz vorlegen habe können. Es sei von einer Betretung auf frischer Tat auszugehen, sodass die Zulässigkeit der Einhebung einer vorläufigen Sicherheit gegeben gewesen sei.

§ 24 zweiter Satz GütbefG stütze die Befugnis, die vorläufige Sicherheit bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen vom Lenker als Vertreter des Unternehmens einzuheben. Da bei der Betretung auf frischer Tat der Unternehmer bzw ein von ihm bestellter Vertreter nicht anwesend gewesen sei, erweise sich "die Vorgangsweise, die Sicherheitsleistung vom Lenker als dem Vertreter des Unternehmers einzuheben, ebenso als rechtskonform wie der Verfallsausspruch gegenüber dem ‚Lenker als Vertreter des Unternehmens' (vgl Zustellverfügung im angefochtenen Bescheid)."

Da in Tschechien die zwangsweise Einbringung einer allfälligen wegen des gegenständlichen Deliktes verhängten Verwaltungsstrafe mangels des Bestandes eines entsprechenden Rechtschutzübereinkommens zur relevanten Zeit noch nicht möglich gewesen sei und das Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben habe, die eine allfällige Strafvollstreckung möglich erschienen ließen, lägen sämtliche Voraussetzungen für den Verfallsausspruch vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer sieht sich - so seine Ausführungen unter der Überschrift "Beschwerdepunkte" - in seinem Recht, "ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht als Bescheidadressat hinsichtlich des Verfallsausspruches herangezogen zu werden", als verletzt. In Ausführung des so umrissenen Beschwerdepunktes macht er im Wesentlichen geltend, die Sicherheitsleistung sei nicht wegen einer angeblich von ihm als Lenker zu verantwortenden Verwaltungsübertretung eingehoben worden, sondern wegen einer behaupteten Verletzung der Bestimmungen des GütbefG durch das Beförderungsunternehmen, die Firma K CR s.r.o. Er als Lenker habe die Sicherheitsleistung auch nicht etwa für sich erlegt, er sei auch in keiner Weise Verantwortlicher oder Vertreter des Unternehmens. Die Fiktion des § 24 zweiter Satz GütbefG, wonach bei Verdacht einer Übertretung des Unternehmens der Lenker als Vertreter des Unternehmens gelte, komme nur für die Festsetzung bzw. Einhebung einer vorläufigen Sicherheitsleistung zum Tragen, nicht aber für den Verfallsausspruch. Der Beschwerdeführer habe bereits im Berufungsverfahren geltend gemacht, dass es für einen Verfallsausspruch ihm gegenüber an jeglicher Grundlage mangle. Der UVS hingegen stehe auf den verfehlten Standpunkt, dass sich die Fiktion des § 24 zweiter Satz GütbefG auch auf den Ausspruch des Verfalls beziehe, was aber unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zutreffe.

2. Dieses Vorbringen ist zielführend.

2.1. Gemäß § 7 Abs 1 GütBefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesland hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 leg cit auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

  1. 1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92,
  2. 2. Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14. Juni 1973,

    3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

    4. auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

    Gemäß § 9 Abs 1 GütBefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 leg cit angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

    Gemäß § 24 GütbefG kann als vorläufige Sicherheit im Sinne des § 37a VStG bei Verdacht einer Übertretung der Vorschriften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen (§§ 7 bis 9 GütbefG) ein Betrag von 1 453 Euro festgesetzt werden. Bei Verdacht einer Übertretung des Unternehmers gilt dabei der Lenker als Vertreter des Unternehmers, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist.

    Gemäß § 37a Abs 1 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrag von EUR 180,-- festzusetzen und einzuheben. Besondere Ermächtigungen in anderen Verwaltungsvorschriften bleiben unberührt.

    Gemäß § 37a Abs 2 Z 2 VStG kann sich die Ermächtigung darauf beziehen, dass das Organ von Personen, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, die vorläufige Sicherheit einhebt.

    Gemäß § 37a Abs 5 VStG wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs 5 VStG der Verfall ausgesprochen wird.

    Gemäß § 37 Abs 5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist. § 17 VStG ist sinngemäß anzuwenden.

2.2. Wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt, wurde die gegenständliche Sicherheitsleistung wegen des Verdachts einer Übertretung nach § 23 Abs 1 Z 8 iVm § 9 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 Z 1 GütbefG eingehoben. Nach dieser Bestimmung trifft den Unternehmer die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 GütbefG angeführten Berechtigungen (im Beschwerdefall: Gemeinschaftslizenz) mitgeführt werden.

Vor dem Hintergrund der (diesbezüglich unstrittigen) Feststellungen des UVS, wonach der Lenker des Lastkraftwagens bei der durchgeführten Kontrolle die Gemeinschaftslizenz nicht vorweisen konnte, durfte das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit Grund annehmen, dass seitens des Unternehmens nicht dafür gesorgt worden war, dass die Gemeinschaftslizenz mitgeführt werde, weshalb zulässigerweise eine vorläufige Sicherheit eingehoben wurde.

2.3. Während der Lenker gemäß § 24 GütbefG als Vertreter des Beförderers bei Festsetzung und Einhebung der Sicherheitsleistung gilt (falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist), gilt dies nicht auch für das Verfallsverfahren (vgl das hg Erkenntnis vom 17. April 2009, Zl 2006/03/0129, mwN). Der Verfallsausspruch hat daher nicht gegenüber dem Lenker zu erfolgen, sondern gegenüber dem Unternehmen bzw dessen Vertreter.

Die - im Übrigen nicht näher begründete - Auffassung der belangten Behörde, auch der Verfallsausspruch sei gegenüber dem Lenker als Vertreter des Unternehmens zu erlassen, ist daher unzutreffend.

2.4. Der Beschwerdeführer macht daher zu Recht geltend, dass er nicht in das Verfallsverfahren hätte einbezogen werden dürfen.

Anders als die belangte Behörde - in der Gegenschrift - meint, ist der vorliegende Beschwerdefall auch nicht mit jenem zu vergleichen, der dem hg Erkenntnis vom 8. Juni 2006, Zl 2004/03/0220, zu Grunde lag: In jenem war seitens der Rechtsvertreter des beschwerdeführenden Unternehmens bereits gegenüber der Erstbehörde bekanntgegeben worden, dass sie vom beschwerdeführenden Unternehmen bevollmächtigt worden seien und wurde der daraufhin ergangene Verfallsbescheid auf Grund dieser Vollmachtsbekanntgabe zu Handen der rechtsanwaltlichen Vertreter zugestellt. Zudem erfolgte seitens der damaligen beschwerdeführenden Partei eine Klarstellung dahin, dass die beschwerdeführende Partei das Unternehmen sei.

Im vorliegenden Beschwerdefall hingegen erfolgte die Zustellung des erstinstanzlichen Verfallsbescheides an den (wie dargestellt, zu Unrecht als Vertreter des Unternehmens bezeichneten) Lenker und nicht etwa zu Handen der als Vertreter des Unternehmens einschreitenden Rechtsvertreter. Bereits in der Berufung hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, nicht Vertreter des Unternehmens zu sein und zu Unrecht in das Verfallsverfahren einbezogen worden zu sein. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verfallsbescheid gegenüber dem Unternehmen ergangen ist.

2.5. Im Übrigen kann zu den Voraussetzungen der Erlassung eines Verfallsausspruchs im gegebenen Zusammenhang auf die hg Erkenntnisse vom 17. April 2009, Zlen 2006/03/0129 und 2007/03/0174, verwiesen werden.

3. Aus dem Gesagten folgt, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Wien, am 8. September 2011

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