VwGH 2009/03/0146

VwGH2009/03/014630.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M A in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Muchitsch, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 29/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. Juli 2008, Zl A14-30/1675/2008-2, betreffend Entziehung von Gewerbeberechtigungen, zu Recht erkannt:

Normen

BetriebsO 1994 §4 Abs2;
GelVerkG §5 Abs3 Z3;
GelVerkG §5 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
BetriebsO 1994 §4 Abs2;
GelVerkG §5 Abs3 Z3;
GelVerkG §5 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (BH) vom 7. April 2008 wurden dem Beschwerdeführer "gemäß § 87 Abs 1 Z 1 und 3 iVm § 13 Abs 1 der GewO 1994" folgende Gewerbeberechtigungen entzogen:

a) Mietwagengewerbe mit einem PKW (Konzessionsbescheid der BH vom 23. Juni 1981),

b) Mietwagengewerbe mit einem neunsitzigen PKW (Konzessionsbescheid der BH vom 15. September 1981),

c) Taxigewerbe mit einem PKW (Konzessionsbescheid der BH vom 19. Februar 1976).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde auf Grund zahlreicher Beschwerden wegen nicht ordnungsgemäßer Gewerbeausübung eine Prüfung der erforderlichen Zuverlässigkeit durchgeführt habe. Im Strafregister der Bundespolizeidirektion Wien schienen zwei strafgerichtliche Verurteilungen auf. Der Vorstrafenausdruck der BH habe folgende Verwaltungsstrafverfahren ergeben (es folgt eine Auflistung von zwölf gegen den Beschwerdeführer geführten Verfahren, jeweils mit Angabe der Geschäftszahl, Datum des Bescheides, Angabe der übertretenen Rechtsvorschriften und der verhängten Strafe). Nach Wiedergabe des § 87 Abs 1 Z 1 und 3 GewO 1994 führte die BH aus, sie sei auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer die für die Ausübung des Mietwagen- und Taxigewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze, weshalb die Gewerbeberechtigungen zu entziehen gewesen seien.

2. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er - soweit für das nunmehrige Beschwerdeverfahren relevant - im Wesentlichen vorbrachte, bei den von der BH aufgelisteten Verwaltungsstrafen handle es sich vor allem um Übertretungen gegen § 4 Abs 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO), wobei die Bekämpfung der gegenständlichen Strafverfügungen in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen unterblieben sei. Die Verwaltungsstrafen seien nicht so schwerwiegend, dass sie die Entziehung der Gewerbeberechtigungen tragen könnten. Zudem habe die BH in keinerlei Hinsicht Bezug auf die verhängten Strafen genommen und mit keinem Satz begründet, aus welchen Gründen sie zur Auffassung gelange, dass der Beschwerdeführer die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs 4 AVG ab. Begründend verwies sie zunächst auf den Bescheid der BH und folgerte, es sei unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführer zahlreiche Verwaltungsübertretungen begangen habe, die in der Summe gesehen seine Zuverlässigkeit in Zweifel ziehen ließen, weil er sich durch die verhängten Strafen nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten habe lassen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1.1. Die maßgebenden Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrsgesetzes 1996, BGBl Nr 112/1996 idF BGBl I Nr 153/2006 (GelVerkG), lauten - auszugsweise - wie folgt:

"Geltungsbereich

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, ausgenommen die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl. I Nr. 203/1999.

(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als reglementierte Gewerbe gelten, auf die § 95 Abs. 2 der GewO 1994 anzuwenden ist.

Besondere Bestimmungen über die Konzession

Konzessionspflicht

§ 2. (1) Die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Umfang des § 1 Abs. 1 darf nur auf Grund einer Konzession ausgeübt werden.

Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession

§ 5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes

1.

die Zuverlässigkeit,

2.

die finanzielle Leistungsfähigkeit und

3.

die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis)

vorliegen. … Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§ 87 bis 91 GewO 1994 bleiben hiervon unberührt. …

(3) Die Zuverlässigkeit ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn

1.

der Antragsteller oder Gewerbeberechtigte von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt wurde, solange die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt (§§ 1 bis 6 Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68), oder

 

3.

der Antragsteller oder Gewerbeberechtigte wegen schwerer Verstöße gegen die Vorschriften über

 

a)

die für den Berufszweig geltenden Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen oder

 

b)

die Personenbeförderung, insbesondere die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, die Gewichte und Abmessungen der Kraftfahrzeuge und die Sicherheit im Straßenverkehr und der Kraftfahrzeuge, den Umweltschutz sowie die sonstigen Vorschriften in Bezug auf die Berufspflichten,

rechtskräftig bestraft wurde."

1.2. § 87 der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 42/2008 (GewO 1994), lautet - auszugsweise - wie folgt:

"§ 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn

1.

auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist oder

2.

einer der im § 13 Abs. 3 bis 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt oder

3.

der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt oder

 

Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. IX Abs. 1 Z 3 EGVG)."

2. Die belangte Behörde hat die Entziehung der Konzession auf den Wegfall der Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers gestützt und dabei als Rechtsgrundlage § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 angeführt.

Der Gesetzgeber hat allerdings mit den Regelungen des § 5 Abs 3 GelVerkG gegenüber § 87 Abs 1 Z 1 und 3 GewO 1994 - abschließend - besondere Bestimmungen getroffen (vgl das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0136, mwN), weshalb die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eine unzutreffende Rechtsnorm angeführt hat.

Diesem Begründungsmangel kommt vorliegend aber keine Relevanz zu, weil auf Grund der im angefochtenen Bescheid getroffenen und in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen die Voraussetzungen für die Entziehung der Konzession wegen mangelnder Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs 3 Z 3 lit b GelVerkG vorliegen:

3. Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde sei ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen, weil sie zwar auf die Feststellungen des Bescheides der BH verwiesen, sich aber nicht damit auseinander gesetzt habe, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlungen und nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei der Ausübung des Gewerbes zu befürchten und die Zuverlässigkeit deshalb nicht mehr gegeben sei. Die belangte Behörde sei auf die einzelnen Verwaltungsübertretungen nicht näher eingegangen, obwohl eine nähere Auseinandersetzung mit den einzelnen Tatbeständen zum Schluss hätte führen können, dass die Voraussetzungen für die Entziehung der Konzession wegen mangelnder Zuverlässigkeit nicht vorlägen.

4. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde - durch Übernahme der erstinstanzlichen Feststellungen - im Einzelnen angeführt hat, wegen welcher Übertretungen der Beschwerdeführer (rechtskräftig) bestraft wurde. Damit steht bindend fest, dass er die ihm zur Last gelegten Handlungen rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Unter diesen Übertretungen sind insgesamt sechs Bestrafungen wegen Verletzung des § 4 Abs 2 BO 1994, wegen derer der Beschwerdeführer im Zeitraum von 19. April 2005 bis 28. April 2006 bestraft wurde, wobei diese Bestrafungen rechtskräftig und nicht getilgt sind (§ 55 VStG).

5. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Jänner 2010, Zl 2007/03/0131, ausgesprochen hat, handelt es sich bei Übertretungen des § 4 Abs 2 BO 1994 nicht um Übertretungen einer reinen Formvorschrift; werden nämlich im Fahrdienst Lenker verwendet, die keinen Taxilenkerausweis besitzen, ist in keiner Weise sichergestellt, dass diese den an Taxilenker gestellten Anforderungen entsprechen. Solche Übertretungen stellen daher jeweils für sich genommen einen schweren Verstoß im Sinne des § 5 Abs 3 Z 3 GelVerkG dar.

Schon diese Bestrafungen rechtfertigten daher die Entziehung der Konzession wegen mangelnder Zuverlässigkeit gemäß § 5 Abs 3 Z 3 lit b GelVerkG.

6. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob und wann die Tilgung der Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. November 1999, auf das die BH weiter Bezug genommen hat, eingetreten ist.

Weiters bedarf es entgegen den Beschwerdeannahmen auch keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers, weil nach der Regelung des § 5 Abs 3 Z 3 GelVerkG sich die mangelnde Zuverlässigkeit als zwingende Rechtsvermutung aus den in dieser Bestimmung genannten schwerwiegenden Verstößen ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zl 97/03/0374).

7. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid daher nicht in Rechten verletzt.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 30. Juni 2011

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