Normen
SHG Stmk 1998 §1 Abs1;
SHG Stmk 1998 §1 Abs2;
SHG Stmk 1998 §28a Abs1;
SHG Stmk 1998 §4 Abs1;
SHG Stmk 1998 §5 Abs1;
SHG Stmk 1998 §7 Abs1 litb;
SHG Stmk 1998 §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
SHG Stmk 1998 §1 Abs1;
SHG Stmk 1998 §1 Abs2;
SHG Stmk 1998 §28a Abs1;
SHG Stmk 1998 §4 Abs1;
SHG Stmk 1998 §5 Abs1;
SHG Stmk 1998 §7 Abs1 litb;
SHG Stmk 1998 §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 21. Oktober 2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der Übernahme der Restkosten seiner Unterbringung in einem bestimmt bezeichneten Pflegeheim abgewiesen.
In der Begründung ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus (Schreibung im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Der Beschwerdeführer befindet bereits seit 18.04.2002 im Pflegeheim T. und begehrt die Übernahme der Restkosten der auf Grund seines Gesundheitszustandes erforderlichen Unterbringung ab 6.11.2007.
Der Beschwerdeführer hatte bereits im Zeitraum 18.04.2002 bis Juni 2006 zur Finanzierung seines Heimaufenthaltes Sozialhilfemittel in Anspruch genommen.
Mit Schenkungsvertrag vom 12.07.2002 hat der Beschwerdeführer die jeweils ihm gehörigen Hälfteanteile an den Grundstücken Nr. 1346 und 1347, 1348/1, 1348/2, 1349, .10, .126 EZ 3 KG 60046 R. unter Vorbehalt eines lediglich obligatorischen unentgeltlichen, höchstpersönlichen, lebenslangen Fruchtgenussrechtes an diesen Hälfteanteilen, an J. verschenkt. Im Jahr 2002 bezog der Beschwerdeführer eine Pension der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in der Höhe von EUR 477,31 monatlich netto und Bundespflegegeld der Stufe 4.
Die durchschnittlichen monatlichen Pflegeheimkosten betrugen EUR 1.883,70.
Mit Schenkungsvertrag vom 26.02.2003 hat der Beschwerdeführer seinen Hälfteanteil an den Grundstücken Nr. 889 und 1345 EZ 3 KG 60046 R. und seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 90 KG 60017 G. unter Vorbehalt eines lediglich obligatorischen unentgeltlichen, höchstpersönlichen, lebenslangen Fruchtgenussrechtes an den Hälfteanteilen dieser Grundstücke bzw. an dem Hälftenanteil dieser Liegenschaft an J. verschenkt. Im Jahr 2003 bezog der Beschwerdeführer eine Pension der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in der Höhe von EUR 486,87 monatlich netto und Bundespflegegeld der Stufe 4. Die durchschnittlichen monatlichen Pflegeheimkosten betrugen EUR 2.072,07.
In beiden Schenkungsverträgen wurde hinsichtlich der verschenkten Hälfteanteile ein lediglich obligatorisches Belastungs- und Veräußerungsverbot mit der Maßgabe vereinbart, dass die Geschenknehmerin dennoch die Real- oder Zivilteilung des gemeinschaftlichen Besitzes mit der Ehefrau des Beschwerdeführers anstreben könne.
Tatsächlich ist es in der Folge zu einer wertäquivalenten Realteilung zwischen J. und der Hälfteeigentümerin (Ehefrau des Beschwerdeführers) gekommen. Von dem ursprünglich 26.241 m2 umfassenden Grundstück Nr. 1345 wurde ein 8.704 m2 großes Trennstück dem Grundstück Nr. 1347 zugeschrieben, von welchem wiederum ein 1.209 m2 großes Trennstück dem Grundstück Nr. 1345 zugeschrieben wurde. Vom Grundstück Nr. 1346 wurde ein 733 m2 umfassendes Trennstück dem Grundstück Nr. 1345 zugeschrieben. J. wurde Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. 1345 im Ausmaß von
19.479 m2.
Mit Kaufvertrag vom 23.02.2005 hat J. dieses gemäß dem Teilungsplan des D. I. N. vom 25.03.2004 GZ.: 2728/05 neu vermessene Grundstück Nr. 1345 im Ausmaß von 19.479 m2 um EUR 660.000 an die W. GmbH & Co KG verkauft.
Zur Abdeckung der im Zeitraum vom 18.04.2002 bis 31.10.2005 in Anspruch genommenen Sozialhilfeaufwendungen wurde von der Geschenknehmerin am 24.11.2005 ein Betrag von EUR 49.024,16 an den Sozialhilfeverband Bruck an der Mur überwiesen.
Da Js Eigentumsrecht an dem hypothekarisch belasteten Hälfteanteil des Beschwerdeführers mit Beschluss des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 2.02.2004 verbüchert worden war, fertigte der Sozialhilfeverband Bruck an der Mur, irrigerweise von der Richtigkeit des Grundbuchstandes ausgehend, daraufhin eine verbücherungsfähige Löschungsquittung aus.
Zum Zeitpunkt der Schenkungen war der Beschwerdeführer bereits unter Kostenbeteiligung des Sozialhilfeverbandes Bruck an der Mur im Pflegeheim untergebracht. Abgesehen von den verschenkten Liegenschaftsanteilen verfügte er lediglich über einen Hälfteanteil am Grundstück Nr. 1363 EZ 3 KG 60046. Der Wert dieses Hälfteanteils betrug EUR 10.000. Der Beschwerdeführer führt selbst an, einen wesentlichen Teil seines Vermögens verschenkt zu haben.
Der Beschwerdeführer bezieht Bundespflegegeld der Stufe 3 und eine Eigen- und eine Witwerpension der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in folgender Nettohöhe:
2007: | 2008: |
EUR 510,88 Eigenpension | EUR 522,13 Eigenpension |
EUR 328,32 Witwerpension | EUR 335,56 Witwerpension |
Der Beschwerdeführer ist Hälfteeigentümer des Grundstückes Nr. 1363 KG 60046. Der Wert des Hälfteanteils beläuft sich auf EUR 10.000.
Der Beschwerdeführer war von Juli 2006 bis Oktober 2007 Selbstzahler. Die Heimkosten betrugen in diesem Zeitraum EUR 37.614,32 und wurden im Ausmaß von EUR 27.220,58 aus seinen Pflichtteilsansprüchen nach seiner im Herbst 2007 verstorbenen Ehefrau bestritten.
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2006 eine Eigen- und eine Witwerpension der Sozialversicherungsanstalt der Bauern. Die monatliche Nettoauszahlungssumme betrug EUR 825,98. Zusätzlich bezog der Beschwerdeführer Bundespflegegeld der Stufe 3. Die Pensions- und Pflegegeldeinkünfte des Beschwerdeführers während des Selbstzahlerzeitraums betrugen in Summe EUR 22.601,06."
Die belangte Behörde führte rechtlich aus, mit den Schenkungsverträgen vom 12. Juli 2002 und vom 26. Februar 2003 habe der Beschwerdeführer wesentliche Teile seines Vermögens verschenkt. Abgesehen von den Schenkungsgegenständen habe er zum Zeitpunkt der Schenkungen lediglich über einen Hälfteanteil am Grundstück Nr. 1363 EZ 3 KG 60046 R. verfügt. Der Wert dieses Hälfteanteiles betrage EUR 10.000,--.
Der Vorbehalt eines obligatorischen Fruchtgenussrechtes an einem Hälfteanteil gebe dem Fruchtnießer das Recht auf Ausübung der dem Anteilseigentümer zustehenden Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse. Insbesondere seien weder Vermietung oder Verpachtung noch die Einräumung eines Baurechtes ohne Zustimmung des Eigentümers der anderen ideellen Hälfte möglich. Die Ansprüche auf die auf seine Miteigentumsquote entfallenden Erträgnisse der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften versetzten den Beschwerdeführer auch zusammen mit den Pensions- und Pflegegeldeinkünften selbst unter Einsatz des Wertes des ihm verbliebenen Hälfteanteiles am Grundstück Nr. 1363 EZ 3 KG 60046 nicht einmal mittelfristig in die Lage, den erforderlichen Pflegebedarf zu finanzieren. Dies sei dem Beschwerdeführer schon aus dem Umstand seines pflegebedingten Sozialhilfebezuges bekannt gewesen, als er seine Hälfteanteile an den Liegenschaften verschenkt habe. Die Schenkungen vom 12. Juli 2002 und vom 26. Februar 2003 seien gemäß § 879 ABGB sittenwidrig und damit nichtig. Sittenwidrigkeit stelle einen Wurzelmangel dar, der auch durch die nachträgliche Begleichung des vom 18. April 2002 bis 31. Oktober 2005 erbrachten Sozialhilfeaufwandes durch die Geschenknehmerin nicht geheilt worden sei. Zum Eigentumserwerb sei jedoch ein gültiger Titel erforderlich.
Nach der mit der Eigentümerin der anderen Hälfteanteile durchgeführten wertäquivalenten Realteilung habe die Geschenknehmerin das neuvermessene Grundstück Nr. 1345 verkauft. Die Käuferin habe gutgläubig Eigentum an dem Grundstück erworben. Der Geschenkgeber (Beschwerdeführer) habe keinen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Grundbuchstandes.
Allerdings habe der Beschwerdeführer einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des auf den Wert seiner Hälfteanteile entfallenden Kaufpreisanteiles von EUR 330.000,-- abzüglich des von der Geschenknehmerin ersetzten Sozialhilfeaufwandes, der für den Zeitraum vom 18. April 2002 bis 31. Oktober 2005 erbracht worden sei. Die Durchsetzung dieses Anspruches von EUR 280.975,84 sei möglich und zumutbar. Er sei somit zu den eigenen Mitteln zu zählen.
Das Vorhandensein solcher Ansprüche mindere den Anspruch auf Sozialhilfe. Mache der Hilfsbedürftige demnach einen derartigen Anspruch nicht geltend, so habe er die sich aus dieser Unterlassung ergebenden nachteiligen Folgen selbst zu tragen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (Stmk SHG) soll durch die Sozialhilfe jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht werden, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
Die Sozialhilfe umfasst gemäß § 1 Abs. 2 Stmk SHG
- a) Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes,
- b) Hilfe in besonderen Lebenslagen,
- c) Soziale Dienste.
Zum Lebensbedarf gehört gemäß § 7 Abs. 1 lit. b Stmk SHG die erforderliche Pflege iSd § 9 Stmk SHG, die u.a. die Pflege in geeigneten stationären Einrichtungen umfasst (§ 9 Abs. 2 lit. b Stmk SHG).
Auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes besteht für Personen, die den Lebensbedarf für sich (und ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen) nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten, gemäß § 4 Abs. 1 Stmk SHG ein Rechtsanspruch nach Maßgabe des 2. Abschnittes des Stmk SHG.
Hilfe ist gemäß § 5 Abs. 1 Stmk SHG nur soweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.
Gemäß § 28a Abs. 1 Stmk SHG ist der Geschenknehmer (Erwerber), wenn ein Hilfeempfänger innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Hilfeleistung, während oder drei Jahre nach der Hilfeleistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung an andere Personen übertragen hat, zum Kostenersatz verpflichtet, soweit der Wert des Vermögens das Fünffache des Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die über die Liegenschaftshälfteanteile des Beschwerdeführers abgeschlossenen Schenkungsverträge seien nichtig und der Beschwerdeführer habe einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des entsprechenden Kaufpreisanteiles (abzüglich der bezahlten Sozialhilfekosten) gegenüber der Geschenknehmerin. Die Durchsetzung dieses Anspruches in Höhe von EUR 280.975,84 sei dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar.
Die belangte Behörde übersieht dabei, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Hilfsbedürftigkeit eines Hilfesuchenden im Sinne der sozialhilferechtlichen Regelungen nicht bereits mit dem Hinweis verneint werden kann, dieser könne seinen Lebensbedarf ohnedies aus ihm angeblich zustehenden Ansprüchen decken. Entscheidend ist vielmehr, ob der Hilfesuchende die erforderliche Leistung auf Grund solcher Ansprüche auch so rechtzeitig erhalten kann, dass sein Bedarf nicht gefährdet wird. Andernfalls hat der Sozialhilfeträger - mit der allfälligen Möglichkeit eines Ersatzanspruches gegen den primär Verpflichteten - in Vorlage zu treten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2009, Zl. 2007/10/0209, mwN).
Die belangte Behörde hat sohin im angefochtenen Bescheid weder dargelegt, dass dem Beschwerdeführer (auf Grund der Sittenwidrigkeit der Schenkungsverträge) ein bereicherungsrechtlicher Rückabwicklungsanspruch gegenüber der Geschenknehmerin zusteht noch dass er über die auf diesem Weg erzielbaren Mittel so rechtzeitig verfügen könnte, dass eine Gefährdung des - unbestrittenermaßen bestehenden - Pflegebedarfs des Beschwerdeführers nicht eintritt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesen Gründen als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Umsatzsteuer ist nach § 47 Abs. 1 VwGG nicht gesondert zuzusprechen, weil diese bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.
Wien, am 16. Juni 2011
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