VwGH 2010/15/0181

VwGH2010/15/018121.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der M Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1020 Wien, Franzensbrücke 5/DG, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 15. April 2009, Zl. 3-WO 143-210/1-2009, betreffend Kommunalsteuer u.a. für die Jahre 2006 und 2007, (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Wolfsberg in 9400 Wolfsberg, Rathausplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs7;
EStG §3 Abs1 Z10;
KommStG 1993 §5 Abs2 litc;
VwGG §42 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
EStG §3 Abs1 Z10;
KommStG 1993 §5 Abs2 litc;
VwGG §42 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beschäftigte in den Streitjahren 2006 und 2007 Dienstnehmer, die sie ihrem deutschen Mutterunternehmen projektbezogen zur Errichtung von Anlagen im Ausland zur Verfügung stellte (Personalgestellung).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung gegen die im Instanzenzug durch den Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde erfolgte Vorschreibung von Kommunalsteuer für die Jahre 2006 und 2007 ab.

Die belangte Behörde hält im angefochtenen Bescheid fest, dass gegenständlich nur mehr strittig sei, ob die Bezüge der an die deutsche Muttergesellschaft überlassenen Arbeitskräfte dem § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zu subsumieren seien und daher gemäß § 5 Abs. 1 lit. c KommStG 1993 nicht der Kommunalsteuer unterlägen. Dies sei nicht der Fall, weil der Gesetzgeber mit dem Abgabenänderungsgesetz 2005 seinen Willen klargestellt habe, ausschließlich Personalgestellungen an andere INLÄNDISCHE Betriebe steuerlich zu begünstigen. Die Bezüge der einem ausländischen Betrieb überlassenen Arbeitskräfte seien daher in die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe die "einschlägige Befreiungsvorschrift (§ 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 iVm § 2 Abs. 5 lit. c KommStG 1993) (zu Unrecht) für unanwendbar erachtet".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Mit Beschluss vom 29. April 2010, A 2010/0017, stellte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof hegte Bedenken gegen die Sachlichkeit der genannten Befreiungsbestimmung, insbesondere im Lichte deren Ausweitung auf Fälle, die ihre sachliche Rechtfertigung auch nicht mehr in Gründen der Exportförderung zu finden vermögen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des zitierten Beschlusses verwiesen.

In Entsprechung des vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. September 2010, G 50/10-6 u.a., § 3 Abs. 1 Z 10 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der (im Beschwerdefall einschlägigen) Fassung BGBl. I Nr. 161/2005 als verfassungswidrig auf. Hiebei sprach er aus, dass frühere Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob von der Beschwerdeführerin ihren Dienstnehmern gewährte Bezüge gemäß § 5 Abs. 2 lit. c KommStG 1993 deshalb nicht zur Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer gehören, weil sie unter die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 fallen.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, gegen die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2005 bestünden sowohl gemeinschafts- wie auch verfassungsrechtliche Bedenken. Der Gesetzgeber verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn er eine Maßnahme zur Ankurbelung des Exportgeschäftes von ihrer technischen Ausgestaltung abhängig mache. Die Beschwerdeführerin habe ihrer deutschen Muttergesellschaft Monteure zur Dienstleistung überlassen, um gemeinsam mit der Muttergesellschaft Auslandsaufträge abzuwickeln. Dabei seien ihre Monteure direkt am ausländischen "Bestimmungsort" tätig geworden. Der Umstand, dass der Konzern, dem die Beschwerdeführerin angehöre, nach außen hin als Einheit aufgetreten sei, dürfe nicht zur Versagung der genannten Steuerbegünstigung führen.

Der Beschwerdefall bildete einen der Anlassfälle für die Aufhebung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 durch den Verfassungsgerichtshof.

Art. 140 Abs. 7 erster und zweiter Satz B-VG lauten:

"Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht mit seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist nach ständiger Rechtsprechung daher so vorzugehen, als ob bei dessen Erlassung die aufgehobene Bestimmung nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, 93/17/0401).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Befreiungsbestimmung nicht angewendet. Unabhängig von der Frage, welche Auslegung der genannten Bestimmung vor deren Aufhebung beizulegen gewesen wäre, ergibt sich auf Grund der durch das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bereinigten Gesetzeslage, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im Ergebnis nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Anders als im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis des VfGH vom 20. Juni 1997, B 2202/95, VfSlg.Nr. 14.870), in dem ein Beschwerdeführer - ungeachtet der Abweisung seiner Beschwerde - insoweit als erfolgreich angesehen wird, als die Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG zur Aufhebung einer im Beschwerdefall präjudiziellen Gesetzesbestimmung geführt hat, kommt es gemäß § 48 Abs. 1 VwGG ausschließlich darauf an, ob der Beschwerdeführer obsiegende Partei ist. Davon kann im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren hinsichtlich der vorzunehmenden Abweisung der Beschwerde als unbegründet aber keine Rede sein.

Wien, am 21. Dezember 2010

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