VwGH 2010/15/0135

VwGH2010/15/013523.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des A S in S, vertreten durch die Inter-Treuhand Prachner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in 3430 Tulln, Hauptplatz 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 22. Juni 2010, Zl. RV/0365-W/08, betreffend Einkommensteuer 2006, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §114;
B-VG Art18 Abs1;
EStG §2;
EStG 1988;
VwRallg;
BAO §114;
B-VG Art18 Abs1;
EStG §2;
EStG 1988;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer bezog im Streitjahr 2006 eine österreichische Pension, die laut Beschwerdevorbringen "per se unter der Besteuerungsgrenze" liegt, eine Pension aus Kanada von rund 500 EUR jährlich sowie eine Sozialversicherungsrente aus den USA in Höhe von rund 9.500 EUR jährlich.

Bei Festsetzung der Einkommensteuer 2006 wurde zwecks Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes die aus den USA bezogene Pension berücksichtigt und der so errechnete Durchschnittssteuersatz von 16,86 % auf die österreichischen Einkünfte angewandt, woraus eine Einkommensteuer von 1.745,35 EUR resultierte.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung mit der Begründung, dass er eine Sozialversicherungspension aus den USA beziehe, die zwar steuerfrei belassen worden sei, die jedoch bei der Ermittlung des Steuersatzes für das österreichische Einkommen "als Progressionsvorbehalt berücksichtigt" worden sei. Hingegen sei in den Vorjahren die aus Kanada bezogene Sozialversicherungspension gänzlich und ohne Progressionsvorbehalt steuerfrei geblieben. In einer der Berufung beiliegenden Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. April 2004 sei dem Beschwerdeführer die Auskunft erteilt worden, dass Sozialversicherungspensionen, die an in Österreich ansässige natürliche Personen geleistet werden, nach dem österreichischamerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen ausschließlich der Besteuerung in den USA unterlägen und daher in Österreich steuerfrei seien. Dabei sei ausdrücklich auf die gleichlautende Regelung im österreichisch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommen verwiesen worden. Daraus ergäbe sich, dass "US-Pensionen" gleichfalls nicht dem Progressionsvorbehalt unterlägen.

Die der Berufung angeschlossene Anfragebeantwortung vom 28. April 2004 hat folgenden Inhalt:

"Gemäß Artikel 18 Absatz 2 des österreichisch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommens (BGBl. 1981/77 idF BGBl III 2001/2) dürfen aus Kanada stammende Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung, die an eine in Österreich ansässige Person gezahlt werden, nur in Kanada besteuert werden (und sind deshalb in Österreich von der Besteuerung ausgenommen). In welchem Umfang Kanada sein nach dem Abkommen zustehendes Besteuerungsrecht wahrnimmt, richtet sich ausschließlich nach kanadischem Recht und kann von österreichischer Seite nicht beeinflusst werden. Wenn deshalb Kanada im gegenständlichen Fall nach innerstaatlichem Recht einen Quellensteuersatz von 25% für in Österreich ansässige Personen anwendet, so liegt eine dem Abkommen entsprechende Besteuerung vor, die von österreichischer Seite nicht beanstandet werden kann. Auch stellt eine solche Besteuerung keine Diskriminierung im Sinne des Artikels 24 dar.

Ebenso dürfen gemäß Artikel 18 Absatz 1 lit. b des österreichisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen (BGBl. III 1998/6) Zahlungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung, die von den USA an eine in Österreich ansässige natürliche Person geleistet werden, nur in den USA besteuert werden (und seien deshalb ebenfalls in Österreich von der Besteuerung ausgenommen). In Bezug auf die Geltendmachung des amerikanischen Besteuerungsrechtes und die Höhe des amerikanischen Quellensteuersatzes gelten sinngemäß die obigen im Verhältnis zu Kanada getroffenen Aussagen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung unter Hinweis auf die Bestimmung des Art. 22 Abs. 3 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und den USA, BGBl. III Nr. 6/1998 (im Folgenden: DBA USA), als unbegründet abgewiesen. Nach dieser Bestimmung dürften Einkünfte einer in Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in Österreich auszunehmen seien - wie gegenständlich Zahlungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung (Art. 18 Abs. 2 lit. b conv.cit.) - gleichwohl in Österreich bei Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen der Person einbezogen werden.

Dagegen wendet sich die Beschwerde mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe im Vertrauen auf die Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Finanzen vom 22. April 2004 "finanziell disponiert, sodass die nunmehrige Nachforderung von ca EUR 1500 p. a. aus dem Progressionsvorbehalt auf eine inländische Pension von ca EUR 10.000 p.a. (den Beschwerdeführer) in seiner Substanz belastet". Das BMF habe in seiner Anfragebeantwortung durch die Analogie auf die Pension aus Kanada beim Beschwerdeführer den Eindruck erweckt, dass auch die US-Pension steuerlich gleich zu behandeln sei: "Steuerfreiheit in Österreich, KEIN Progressionsvorbehalt." Das Bundesministerium für Finanzen (im Folgenden: BMF) habe in keinem Satz auf einen Progressionsvorbehalt hingewiesen und auch die belangte Behörde habe einen solchen erst nach einer telefonischen Rückfrage im BMF "als gesichert angenommen." Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer im Vertrauen auf diese Anfragebeantwortung des BMF entsprechend finanziell disponiert habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass der Beschwerdeführer im Streitjahr eine US Pension bezogen hat, an der Österreich gemäß Art. 18 Abs. 2 lit. b DBA USA kein Besteuerungsrecht zukommt. Diese Einkünfte unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt im Sinn des Art. 22 Abs. 3 conv. cit. Die innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung ausländischer Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes für die der österreichischen Besteuerung unterliegenden Einkünfte findet sich im § 2 EStG 1988, wonach das gesamte in- und ausländische Einkommen der Einkommensteuer unterliegt (vgl. mit weiterführenden Hinweisen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 2007, 2004/15/0051).

Mit dem wiedergegebenen Vorbringen bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass der angefochtene Bescheid der Rechtslage entspricht. Er beruft sich vielmehr auf die der Beschwerde angeschlossene Anfragebeantwortung vom 28. April 2004, der der Beschwerdeführer entnommen haben will, dass seine aus den USA bezogene Sozialversicherungspension gleich wie die aus Kanada bezogene Rente in Österreich nicht zum Progressionsvorbehalt herangezogen werden dürfe.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass das streitgegenständliche Schreiben des BMF keine Aussage zur Frage des Progressionsvorbehaltes enthält. Welche konkrete Anfrage diesem (vom Beschwerdeführer an das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gerichtete und dem BMF zuständigkeitshalber weitergeleitete) Schreiben zu Grunde liegt, wurde vom Beschwerdeführer nicht offen gelegt. Die in der Anfragebeantwortung gewählte Formulierung lässt jedenfalls darauf schließen, dass die Anfrage vornehmlich Art und Umfang der ausländischen Besteuerung betroffen hat.

Abgesehen davon, dass im Beschwerdefall nach dem Gesagten schon keine unrichtige Rechtsauskunft einer Abgabenbehörde vorliegt, kommt der vom Beschwerdeführer offenbar angesprochene Grundsatz von Treu und Glauben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nur unter ganz bestimmten - im Beschwerdefall nicht gegebenen Voraussetzungen - zum Tragen (vgl. zusammenfassend die bei Ritz, BAO3, § 114 Tz. 7ff, referierte Rechtsprechung).

Es müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Abgabenbehörde unbillig erscheinen lassen, wie dies z.B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der (zuständigen) Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit derselben herausstellt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1996, 93/15/0076, und vom 22. September 1999, 94/15/0104).

Derartige besondere Umstände sind im Beschwerdefall nicht zu erkennen. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er im Vertrauen auf die Auskunft bestimmte Besteuerungstatbestände verwirklicht hat, die er ohne die gegenständliche Auskunft nicht verwirklicht hätte (z.B. in Österreich einen Wohnsitz begründet habe, den er ohne Vertrauen auf die erteilte Auskunft nicht begründet hätte); die Beschwerde spricht lediglich von einer finanziellen Disposition und meint damit offenbar, dass die im Streitjahr erzielten Einkünfte bereits anderweitig verbraucht wurden und nun nicht mehr zur Steuerentrichtung zur Verfügung stehen. Derartige lediglich die Abgabeneinhebung betreffende Umstände können aber von vornherein nicht im Rahmen der Abgabenfestsetzung Berücksichtigung finden.

Überdies kann der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2006, 2004/14/0076). Ein solcher Vollzugsspielraum bestand bei Festsetzung der Einkommensteuer (der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes) nicht.

Auch deswegen vermag der angesprochene Grundsatz der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 23. September 2010

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