UFS RV/0365-W/08

UFSRV/0365-W/0822.6.2010

Progressionsvorbehalt

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0135 eingebracht. Mit Erk. v. 23.9.2010 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des X, Y, vertreten durch Dr. Agnes Ivanka, 3413 Unterkirchbach, Unterkirchbacherstraße 13, vom 2. November 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom 2. Oktober 2007 betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

A) Am 1. Oktober 2007 langte die Einkommensteuererklärung des Berufungswerbers (= Bw.) für das Jahr 2006 auf elektronischem Weg beim Finanzamt ein. Darin wurde eine bezugsauszahlende Stelle angegeben. Weiters wurden ausländische Einkünfte mit Progressionsvorbehalt (KZ 440) in der Höhe von € 8.850,17 erklärt. Als Sonderausgaben wurde ein Kirchenbeitrag in Höhe von € 100,00 geltend gemacht.

B) Am 2. Oktober 2007 wurde der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 (OZ 1 ff./2006) erklärungsgemäß erstellt. Dabei betrugen die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und der Gesamtbetrag der Einkünfte € 10.512,00. Davon wurde der Pauschbetrag für Sonderausgaben in Höhe von € 60,00 und der Kirchenbeitrag in Höhe von € 100,00 abgezogen, sodass ein Einkommen von € 10.352,00 ausgewiesen wurde. Zu diesem Betrag wurden zwecks Ermittlung des Durchschnittsteuersatzes die ausländischen Einkünfte in Höhe von € 8.850,17 hinzugerechnet, sodass sich eine Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz in der Höhe von € 19.202,17 ergab. Der Durchschnittssteuersatz wurde mit 16,86% ermittelt. Dieser Durchschnittssteuersatz wurde auf die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von € 10.352,00 angewendet, woraus eine Einkommensteuer von € 1.745,35 resultierte. Davon wurde die bisher festgesetzte Einkommensteuer von € 1.552,67 subtrahiert. Demnach betrug die Abgabennachforderung € 192,68.

C) Mit Schreiben vom 2. November 2007 (OZ 4 f./2006) wurde seitens des Bw. gegen den Einkommensteuerbescheid Berufung erhoben und die Festsetzung der Einkommensteuer mit € 0,00 beantragt. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

Der Bw. beziehe eine Sozialversicherungspension aus den USA, die zwar steuerfrei belassen worden sei, jedoch bei der Ermittlung des Steuersatzes für das österreichische Einkommen als Progressionsvorbehalt berücksichtigt worden sei. Hingegen sei in den Vorjahren die aus Kanada bezogene Sozialversicherungspension gänzlich und ohne Progressionsvorbehalt steuerfrei belassen worden. In einer dieser Berufung beigelegten Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. April 2004 sei dem Bw. die Auskunft erteilt worden, dass Sozialversicherungspensionen, die an in Österreich ansässige natürliche Personen geleistet werden, nach dem österreichisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen ausschließlich der Besteuerung in den USA unterlägen und daher in Österreich steuerfrei seien. Dabei sei ausdrücklich auf die gleich lautende Regelung im österreichisch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommen verwiesen worden.

Seitens des Bundesministeriums für Finanzen wurde in dem Schreiben vom 28. April 2004 an den Bw. Folgendes ausgeführt:

Gemäß Artikel 18 Absatz 2 des österreichisch-kanadischen Doppelbesteuerungsabkommens (BGBl. 1981/77 idF BGBl III 2001/2) dürften aus Kanada stammende Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung, die an eine in Österreich ansässige Person gezahlt werden, nur in Kanada besteuert werden (und seien deshalb in Österreich von der Besteuerung ausgenommen). In welchem Umfang Kanada sein nach dem Abkommen zustehendes Besteuerungsrecht wahrnehme, richte sich ausschließlich nach kanadischem Recht und könne von österreichischer Seite nicht beeinflusst werden. Wenn deshalb Kanada im gegenständlichen Fall nach innerstaatlichem Recht einen Quellensteuersatz von 25% für in Österreich ansässige Personen anwende, so liege eine dem Abkommen entsprechende Besteuerung vor, die von österreichischer Seite nicht beanstandet werden könne. Auch stelle eine solche Besteuerung keine Diskriminierung im Sinne des Artikels 24 dar.

Ebenso dürften gemäß Artikel 18 Absatz 1 lit. b des österreichisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) (BGBl III 1998/6) Zahlungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung, die von den USA an eine in Österreich ansässige natürliche Person geleistet werden, nur in den USA besteuert werden (und seien deshalb ebenfalls in Österreich von der Besteuerung ausgenommen). In Bezug auf die Geltendmachung des amerikanischen Besteuerungsrechtes und die Höhe des amerikanischen Quellensteuersatzes gälten sinngemäß die obigen im Verhältnis zu Kanada getroffenen Aussagen.

D) Mit Berufungsvorentscheidung vom 19. Dezember 2007 (OZ 9 /2006) wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung derselben wurde ausgeführt:

Im gegenständlichen Fall gehe es um eine Sozialversicherungspension aus den USA, das Besteuerungsrecht - gegenständlich für den Kassenstaat - sei in Art. 18 Abs.1 lit. b DBA Österreich-USA geregelt, die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt in Art. 22 Abs. 3 lit. b DBA. Wie bereits in der Bescheidbegründung für 2002 erläutert, sei dies auch in der Anfragebeantwortung vom 24. März 2004 des bundesweiten Fachbereiches eindeutig dokumentiert.

In der Begründung für den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom 13. Mai 2004 ist Folgendes ausgeführt:

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen seien die Steuerbescheide abgeändert worden. Aus der Anfragenbeantwortung vom 24. März 2004 gehe hervor, dass für die US-amerikanische Sozialversicherungspension gemäß Art. 22 Abs. 3 lit. b DBA Österreich - USA ein Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen sei. Aus der Beantwortung vom 28. April 2004 gehe dies zwar nicht eindeutig hervor, laut Rücksprache mit dem Bundesministerium für Finanzen, Herrn Z, sei gemäß der oben genannten Bestimmung aber ein Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.

Diese Berufungsvorentscheidung wurde am 24. Dezember 2007 mittels Rückscheinbrief zugestellt (OZ 9a/2006).

E) Mit Schreiben vom 21. Jänner 2007 wurde seitens des Bw. der Vorlageantrag (OZ 10/2006) gestellt, in dem das Berufungsvorbringen wiederholt wurde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist die Einbeziehung der Sozialversicherungspension, die der Bw. aus den USA bezieht, in die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes, der auf die österreichischen Einkünfte angewendet wird (Progressionsvorbehalt).

I) Der Sachverhalt ist dadurch bestimmt, dass der Bw. zum einen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von der Pensionsversicherungsanstalt bezieht; zum anderen bezieht er Sozialversicherungspensionen aus Kanada und den USA.

II) einkommensteuerliche Beurteilung:

§ 1 Abs. 2 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung bestimmt: "Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte."

Eine Doppelbesteuerung im Bereich der Einkommensteuer kann aufgrund einer Kollision von unbeschränkter Steuerpflicht im Wohnsitzstaat und beschränkter Steuerpflicht im Quellenstaat oder aufgrund eines Doppelwohnsitzes und der damit verbundenen unbeschränkten Steuerpflicht in zwei Staaten entstehen (vgl. Doralt, EStG (9), Kommentar, Bd. I, Tz 45 zu § 1). Beim Bw. trifft die erstangeführte Variante zu.

In den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) wird die Doppelbelastung entweder nach der Befreiungsmethode (in der Regel mit Progressionsvorbehalt) oder nach der Anrechnungsmethode vermieden. Nach der Befreiungsmethode scheidet der Wohnsitzstaat jene Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage aus, die dem anderen Staat zur Besteuerung aufgrund des DBA zugeteilt worden sind. Mit der Befreiungsmethode ist regelmäßig ein Progressionsvorbehalt für den Wohnsitzstaat verbunden, d.h. der Steuersatz wird für die inländischen Einkunftsquellen nach dem Welteinkommen bestimmt. Dies führt bei positiven ausländischen Einkünften zu einer Progressionsverschärfung und bei negativen ausländischen Einkünften (Verlusten) zu einer Progressionsentlastung (vgl. Doralt, EStG (9), Kommentar, Bd. I, Tz 47 ff. zu § 1).

Bei der Anrechnungsmethode hat der Wohnsitzstaat das Recht sämtliche Einkünfte der Besteuerung zu unterwerfen. Die im anderen Staat tatsächlich gezahlte Steuer wird bei diesem Verfahren auf die inländische Steuerschuld angerechnet und mindert so die Steuerbelastung (vgl. Doralt, EStG (9), Kommentar, Bd. I, Tz 51 zu § 1).

1) Im DBA Österreich - Kanada (BGBl 1981/77 idF BGBl III 2001/2) sind im Fall des Bw. folgende Regelungen relevant:

Art. 18 Abs. 2 bestimmt: "Ungeachtet anderer Bestimmungen dieses Abkommens dürfen aus einem Vertragsstaat stammende Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung, ... , die an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, nur im erstgenannten Staat besteuert werden."

2) Im DBA Österreich - USA (BGBl III 1998/6) sind im Fall des Bw. folgende Regelungen relevant:

Art. 18 Abs. 2 lit. b bestimmt: "Vorbehaltlich des Artikels 19 (Öffentlicher Dienst) dürfen Zahlungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung ... , die von einem Vertragsstaat an eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige natürliche Person ... geleistet werden, nur in dem erstgenannten Vertragsstaat besteuert werden."

Art. 22 Abs. 3 normiert: "In Österreich wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:

b) Einkünfte einer in Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen der Person einbezogen werden."

Damit wird klar, dass im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich des DBA Österreich - USA die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt angewendet wird. Diese zweitangeführte Abkommensbestimmung wurde im Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 28. April 2008 nicht erwähnt. Demnach wird die vom Bw. aus den USA bezogene Sozialversicherungsrente in den USA einkommenbesteuert und in Österreich zur Ermittlung des auf die inländischen Einkünfte des Bw. anzuwendenden Durchschnittssteuersatzes der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 22. Juni 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

ausländische Sozialversicherungspensionen, Befreiungsmethode, Anrechnungsmethode

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