VwGH 2010/08/0086

VwGH2010/08/008630.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des M P in Wien, vertreten durch Dr. Sebastian Lenz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Laurenzerberg 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Dezember 2009, Zl. MA 40 - SR 7085/09, betreffend Beitragsvorschreibung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art7 Abs1;
GSVG 1978 §25 Abs2 Z2;
GSVGNov 19te;
B-VG Art7 Abs1;
GSVG 1978 §25 Abs2 Z2;
GSVGNov 19te;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (der belangten Behörde) vom 3. Dezember 2009 wurde gemäß § 194 GSVG iVm § 410 ASVG sowie §§ 25, 25a, 27, 27a und 35 Abs. 7 GSVG gegenüber dem Beschwerdeführer festgestellt dass,

"die monatliche Beitragsgrundlage in der Pensions- und Krankenversicherung wie folgt beträgt:

im Jahr 2001: 3.764,45 EUR

im Jahr 2002: 3.815,00 EUR

im Jahr 2003: 3.920,00 EUR

im Jahr 2004: 3.661,97 EUR

im Jahr 2005: 2.813,98 EUR

im Jahr 2006: 2.785,80 EUR

die vorläufige Beitragsgrundlage im Jahr 2007: 3.661,97 EUR die vorläufige Beitragsgrundlage im Jahr 2008: 2.813,98 EUR

Es besteht daher die monatliche Zahlungspflicht a.) in der Pensionsversicherung:

im Jahr 2001: 564,66 EUR

im Jahr 2002: 572,25 EUR

im Jahr 2003: 588,00 EUR

im Jahr 2004: 549,29 EUR

im Jahr 2005: 422,09 EUR

im Jahr 2006: 424,84 EUR

vorläufig im Jahr 2007: 245,41 EUR

vorläufig im Jahr 2008: 262,50 EUR

b.) in der Krankenversicherung:

im Jahr 2001: 335,03 EUR

im Jahr 2002: 339,54 EUR

im Jahr 2003: 348,88 EUR

im Jahr 2004: 329,57 EUR

im Jahr 2005: 256,07 EUR

im Jahr 2006: 253,50 EUR

vorläufig im Jahr 2007: 144,08 EUR

vorläufig im Jahr 2008: 127,50 EUR"

Der Beschwerdeführer unterliege auf Grund eines auf "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik" lautenden Gewerbescheines seit 5. September 1996 (mit einer Unterbrechung vom 1. Jänner 1999 bis zum 3. Mai 1999 auf Grund einer Ruhendmeldung) der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe aus den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2001 bis 2006 unter Hinzurechnung der im jeweiligen Jahr vorgeschriebenen Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge die Beitragsgrundlagen und Beitragspflicht des Beschwerdeführers ermittelt. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 lägen noch nicht vor. In den Jahren 2001 bis 2003 sei jeweils die Höchstbeitragsgrundlage heranzuziehen gewesen. Auf Grund eines Stundungsantrages des Beschwerdeführers sei gemäß § 35 Abs. 7 GSVG die Beitragsschuld für die Jahre 2007 und 2008 auf Grund der vorläufigen Beitragsgrundlage gestundet worden.

Bei den gemäß § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG hinzuzurechnenden Krankenversicherungs- und Pensionsversicherungsbeiträgen komme es darauf an, ob die genannten Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben worden seien, nicht aber darauf, für welche Kalenderjahre sie vorgeschrieben oder in welcher Höhe sie tatsächlich entrichtet worden seien. Eine mit 22. Jänner 2004 datierte Berichtigung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2001 habe dazu geführt, dass die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - neben der vierteljährlichen Vorschreibung von EUR 1.115,25 - im dritten Quartal 2004 eine Nachbelastung mit Pensions- und Krankenversicherungsbeiträgen im Gesamtbetrag von EUR 23.115,88 vorgenommen und dem Beschwerdeführer im Kalenderjahr 2004 insgesamt EUR 27.576,88 vorgeschrieben habe. Die Hinzurechnungsbeiträge für das Jahr 2005 würden sich laut den von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vorgelegten Kontoauszügen aus den in diesem Jahr 2005 vierteljährlich vorgeschriebenen Pensions- und Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 1.905,75 und EUR 1.156,17 ergeben und insgesamt EUR 12.247,68 betragen. Die die Beitragsschuld des Beschwerdeführers ausweisenden Kontoauszüge seien diesem vierteljährlich übermittelt worden. Zum Zeitpunkt der Vorschreibung sei daher noch keine Verjährung der nachverrechneten Beiträge eingetreten.

Den Kontoauszügen für das Jahr 2006 zufolge seien dem Beschwerdeführer vierteljährlich Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 2.001,57 und EUR 1.194,39 vorgeschrieben worden. Im dritten und vierten Quartal 2006 sei außerdem auf Grund der berichtigten Einkommensteuerbescheide vom 25. Jänner 2006 für die Jahre 2002 und 2003 eine Nachbemessung der Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 670,65 und EUR 393,60 (inklusive Stundung von Pensions- und Krankenversicherungsbeiträgen für das Jahr 2006) erfolgt. Im dritten Quartal 2006 seien aber auch auf Grund der berichtigten Einkommensteuerbescheide vom 17. Jänner 2006 für die Jahre 1998 und 2000 Gutschriften in Höhe von EUR 2.696,70 und EUR 1.613,52 (inklusive Stundung von Pensions- und Krankenversicherungsbeiträgen für das Jahr 2006) erfolgt. Insgesamt ergäben sich aus den Kontoauszügen des Jahres 2006 vorgeschriebene Beiträge in Höhe von insgesamt EUR 10.602,12, die gemäß § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG den Einkünften dieses Jahres hinzuzurechnen seien. Aus den Kontoauszügen sei auch ersichtlich, dass nur Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge, aber keine Verzugszinsen in die Hinzurechnungsbeiträge eingeflossen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde macht geltend, dass die gemäß § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Pensionsversicherung "nur betreffend das jeweilige Kalenderjahr" zu berücksichtigen seien. Würde man § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG (im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) dahin auslegen, dass es nur darauf ankomme, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben worden seien, nicht aber darauf, für welche Kalenderjahre diese Beiträge vorgeschrieben würden, so wäre diese Bestimmung verfassungswidrig. Für das Jahr 2004 sei bei einem festgestellten Einkommen von EUR 16.239,13 eine Beitragsvorschreibung von EUR 8.137,92 erfolgt. Damit werde gegen das Gleichheitsgebot verstoßen. Der Normadressat werde geradezu mit einer existenziell bedrohenden Situation konfrontiert.

Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 GSVG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z. 5 und 6 GSVG, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988.

Gemäß § 25 Abs. 2 GSVG ist Beitragsgrundlage der gemäß § 25 Abs. 1 GSVG ermittelte Betrag, zuzüglich u.a. - gemäß § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG - der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur, soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a EStG 1988 gelten.

Es ist unstrittig, dass es sich bei den Beiträgen, welche (nachträglich) in den Jahren 2004 und 2006 vorgeschrieben wurden, um Beiträge zur Pflichtversicherung handelt, die Betriebsausgaben des Beschwerdeführers darstellen.

Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es hinsichtlich der gemäß § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG hinzuzurechnenden Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge nur darauf ankommt, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben wurden, nicht aber darauf, für welche Kalenderjahre sie vorgeschrieben wurden. Die Neueinführung der Hinzurechnung der Beiträge zur Pflichtversicherung bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage durch die 19. GSVG-Novelle diente der Anpassung der Beitragsgrundlagenbildung nach dem GSVG an jene nach dem ASVG; ebenso wie nach den Bestimmungen des ASVG sollten auch im Anwendungsbereich des GSVG die Beiträge zur Pflichtversicherung, welche das zu versteuernde Einkommen verringern, nicht auch die Beitragsgrundlage für die Bemessung der Beiträge zur Sozialversicherung verringern. Das allein praktikable Abstellen auf die Vorschreibungen führt zu sachgerechten Ergebnissen, weil sich die sich daraus ergebenden Inkongruenzen in der Regel - über einen längeren Zeitraum hinweg - ausgleichen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/08/0208, vom 23. Februar 2000, Zl. 99/08/0152, und vom 26. November 2008, Zl. 2008/08/0015). Die vom Beschwerdeführer für eine Verfassungswidrigkeit der genannte Bestimmung vorgebrachten Argumente bieten keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzugehen.

Der Beschwerdeführer macht darüber hinaus geltend, die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2001 seien erst im Laufe des Jahres 2008 rechtskräftig geworden. Mangels Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide sei eine Vorschreibung der Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge iSd § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG rechtswidrig gewesen. Eine Vorschreibung hätte erst im Jahr 2008 und nicht schon im Jahr 2004 erfolgen dürfen. Dem ist zu erwidern, dass eine Vorschreibung von Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen im Jahr 2004 nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, dass seinem Verjährungseinwand nicht ausreichend Rechnung getragen worden sei. Durch die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Pensions- und Krankenversicherungsbeiträgen durch den angefochtenen Bescheid würden über den "Umweg" der Hinzurechnungsbeiträge für das dritte Quartal 2004 Beiträge nachverrechnet, die bis in das Jahr 1998 zurückreichten und längst verjährt seien.

Dem ist entgegen zu halten, dass die Beitragshinzurechnung gemäß § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Beschwerdeführers durch die Finanzbehörden im dritten Quartal 2004 erfolgte, sodass die Fälligkeit dieser Beiträge gemäß § 35 Abs. 2 zweiter Satz GSVG erst mit dem Letzten des zweiten Monats des Kalendervierteljahres, in dem die Vorschreibung erfolgte, eingetreten ist. Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt gemäß § 40 Abs. 1 GSVG binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vierteljährlich Kontoauszüge, die seine Beitragsschuld ausgewiesen haben, übermittelt worden sind. Diese die Verjährung jeweils unterbrechenden Maßnahmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1991, Zl. 89/08/0147, VwSlg. 13.398/A) hatten zur Folge, dass die Verjährung nach dem Wegfall der Unterbrechungsgründe immer wieder neu zu laufen begonnen hat und daher zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im März 2009 noch nicht abgelaufen sein konnte (vgl. § 40 Abs. 1 letzter Satz GSVG).

Der Beschwerdeführer bestreitet im Übrigen nicht die rechnerische Richtigkeit der ermittelten Beitragsgrundlagen bzw. deren Übereinstimmung mit den maßgeblichen Einkommensteuerbescheiden sowie die Höhe der vorgeschriebenen Beiträge zur Pensionsversicherung und zur Krankenversicherung in den Jahren 2001 bis 2008.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 30. Juni 2010

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