Normen
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs3;
EStG 1988 §4 Abs4 Z1 lita;
EStG 1988 §4 Abs5;
GSVG 1978 §25 Abs2 Z2;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs3;
EStG 1988 §4 Abs4 Z1 lita;
EStG 1988 §4 Abs5;
GSVG 1978 §25 Abs2 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt stellte mit Bescheid vom 25. Juni 2009 die monatliche Beitragsgrundlage der Gemeinschuldnerin (in der Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet) in der Pensions- und Krankenversicherung wie folgt fest:
Im Jahr 2006: EUR 3.779,62, im Jahr 2007: EUR 4.163,33, im Jahr 2008: EUR 2.592,69, und vorläufig im Jahr 2009: EUR 4.059,31.
Weiters wurde die monatliche Zahlungspflicht festgestellt:
a) in der Pensionsversicherung: im Jahr 2006: EUR 576,39, im Jahr 2007: EUR 645,35, im Jahr 2008: EUR 408,35, vorläufig im Jahr 2009: EUR 649,49;
b) in der Krankenversicherung: im Jahr 2006: EUR 343,95, im Jahr 2007: EUR 378,87, im Jahr 2008: EUR 198,34, vorläufig im Jahr 2009: EUR 310,54.
Weiters bestehe monatliche Zahlungspflicht als Beitrag zur Selbständigenvorsorge im Jahr 2008 in Höhe von 23,17 EUR und im Jahr 2009 in Höhe von 62,11 EUR.
Begründend führte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt aus, für die Ermittlung der Beitragsgrundlage seien gemäß § 25 Abs. 1 GSVG die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegenden Erwerbstätigkeit heranzuziehen. Als Einkünfte würden die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 gelten. Beitragsgrundlage sei der nach § 25 Abs. 1 GSVG ermittelte Betrag zuzüglich insbesondere der vom jeweiligen Versicherungsträger im jeweiligen Kalenderjahr vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz, letztere nur dann, wenn sie als Betriebsausgaben im Sinn des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG gelten würden. Nicht maßgeblich sei, ob diese Beiträge tatsächlich als Betriebsausgaben geltend gemacht worden seien.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid hinsichtlich der Jahre 2006 und 2009 insoweit Einspruch, als bei der Beitragsgrundlage auch Beträge hinzugerechnet worden seien, die nicht Betriebsausgaben im Sinne des EStG seien und die somit zu einer überhöhten Beitragsgrundlage führten. Sie sei Ein- und Ausgabenrechnerin, was bedeute, dass sie steuermindernd nur jene Betriebsausgaben geltend machen könne, die sie tatsächlich geleistet habe. Eine steuermindernde Geltendmachung von vorgeschriebenen, aber nicht bezahlten Beträgen, wie dies bei einem bilanzierenden Unternehmen der Fall sei, sei für den Ein- und Ausgabenrechner nicht zulässig. Ihr seien im Jahr 2006 Sozialversicherungsbeiträge über 15.671,64 EUR vorgeschrieben worden; tatsächlich habe sie 4.000 EUR bezahlt. Basierend auf der erhöhten Vorschreibung der Sozialversicherungsbemessungsgrundlage 2006 seien für das Jahr 2009 vorläufig überhöhte Beträge vorgeschrieben worden.
Mit dem angefochtenen Teilbescheid wies die belangte Behörde den Einspruch ab. § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG stelle ausdrücklich auf die Vorschreibung der Beiträge im jeweiligen Kalenderjahr ab, nicht aber darauf, ob die Beiträge einkommensmindernd als Betriebsausgabe geltend gemacht werden konnten. Auf die steuerliche Besonderheit bei Einnahmen-Ausgaberechnern sei vom Gesetzgeber keine Rücksicht genommen worden.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 14. Dezember 2009 abgelehnt und sie mit Beschluss vom 23. Februar 2010 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat (Zl. B 1377/09). Die Beschwerdeführerin beantragt - nach Ergänzung der Beschwerde -, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt eine Gegenschrift erstattet und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 GSVG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, unbeschadet einer Ausnahme gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 und 6, unterliegen, heranzuziehen; als Einkünfte gelten die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 25 Abs. 2 GSVG ist Beitragsgrundlage der gemäß § 25 Abs. 1 GSVG ermittelte Betrag, zuzüglich ua. - gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG - der vom Versicherungsträger im Beitragsjahr im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz; letztere nur soweit sie als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 gelten.
2. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ermittelt diese ihren Gewinn als selbständige Einzelunternehmerin (Versicherungsvermittlung) durch Einnahmen-Ausgabenrechnung (Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988). Sie erachtet sich dadurch in ihren Rechten verletzt, dass bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für das Jahr 2006 nicht nur die tatsächlich geleisteten Versicherungsbeiträge dem steuerlichen Ergebnis hinzugerechnet worden sind, sondern alle vorgeschriebenen vorläufigen Sozialversicherungsbeiträge, obwohl diese aufgrund der Insolvenz der Gemeinschuldnerin nicht mehr geleistet worden seien.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 99/08/0152, ausgesprochen, dass es hinsichtlich der gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG hinzuzurechnenden Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge nur darauf ankommt, ob die Beiträge im betreffenden Jahr vorgeschrieben wurden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 95/08/0303, dargelegt hat, diente die Neueinführung der Hinzurechnung der Beiträge zur Pflichtversicherung bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage durch die 19. GSVG-Novelle (BGBl. Nr. 336/1993) der Anpassung der Beitragsgrundlagenbildung nach dem GSVG an jene nach dem ASVG; ebenso wie nach den Bestimmungen des ASVG sollten auch im Anwendungsbereich des GSVG die Beiträge zur Pflichtversicherung, welche das zu versteuernde Einkommen verringern, nicht auch die Beitragsgrundlage für die Bemessung der Beiträge zur Sozialversicherung verringern. Dass dabei auf das Jahr der Beitragsvorschreibung abgestellt wird, wurde vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zu § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG (in der Fassung der 19. GSVG-Novelle und des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995) als nicht unsachlich beurteilt. Das allein praktikable Abstellen auf die Vorschreibungen führt zu keinen nicht sachgerechten Ergebnissen, weil sich die daraus ergebenden Inkongruenzen in der Regel - über einen längeren Zeitraum hinweg - ausgleichen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, Zl. 2005/08/0208, mwN).
4. Bei der Einnahmenüberschussrechnung werden die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung bzw. Verausgabung erfasst. Maßgebend ist also das Zufließen der Betriebseinnahmen und das Abfließen der Betriebsausgaben (vgl. etwa Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 4 Abs. 3 Tz 3). Demnach liegen Betriebsausgaben betreffend Sozialversicherungsbeiträge (und damit eine Verringerung des zu versteuernden Einkommens) nicht bereits dann vor, wenn diese Beiträge vorgeschrieben, sondern erst dann, wenn sie bezahlt werden. Es kommt daher hier - wie in der Beschwerde beschrieben - dann zu Inkongruenzen, wenn die vorgeschriebenen Beiträge nicht im Jahr der Vorschreibung bezahlt werden, insoweit, als die Einkünfte durch die (bloße) Vorschreibung der Beiträge (mangels "Abfließens" von Ausgaben) nicht verringert werden, dennoch aber die vorgeschriebenen Beiträge die Beitragsgrundlage erhöhen. Diese Inkongruenzen werden aber in der Regel über einen längeren Zeitraum ausgeglichen: Werden etwa die im Vorjahr vorgeschriebenen Beiträge im darauf folgenden Jahr bezahlt, so liegen in diesem Jahr - die steuerpflichtigen Einkünfte verringernde - Betriebsausgaben vor, wobei die Beitragsgrundlage aber nicht erneut um die bereits im Vorjahr vorgeschriebenen Beiträge erhöht wird.
5. Entgegen der Beschwerde ist nach § 25 Abs. 2 Z 2 GSVG nicht entscheidend, ob die Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich im jeweiligen Kalenderjahr als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden oder - wegen unterbliebener Zahlung - geltend gemacht werden konnten. Der Umstand, dass die in einem Jahr vorgeschriebenen und daher zu den steuerpflichtigen Einkünften hinzugerechneten Beiträge - aus welchen Gründen immer - von Versicherten trotz gesetzlicher Verpflichtung in der Folge überhaupt nicht entrichtet werden oder infolge einer Insolvenz nicht entrichtet werden können, macht die Norm nicht verfassungswidrig. Überdies stünde es Steuerpflichtigen frei, zur Vermeidung der Nachteile der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG statt dessen zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 bzw 5 EStG überzugehen (vgl. VfSlg. 11260/1987).
6. Die Beschwerdeführerin bestreitet im Übrigen nicht die rechnerische Richtigkeit der ermittelten Beitragsgrundlagen bzw. deren Übereinstimmung mit den maßgeblichen Einkommensteuerbescheiden sowie die Höhe der vorgeschriebenen Beiträge zur Pensionsversicherung, Krankenversicherung und Selbständigenvorsorge.
7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 8. September 2010
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