VwGH 2010/06/0087

VwGH2010/06/008713.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde

1. der E H in X, 2. des Dr. N M, Rechtsanwalt in Y, und 3. der Dr. P L in X, die Erst- und die Drittbeschwerdeführerin vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 18. August 2008, Zl. I-Präs-00609e/2005, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: R Ges.m.b.H. in X, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 8; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §40 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauRallg;
ROG Tir 2006 §40 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist den hg. Erkenntnissen vom 25. April 2006, Zl. 2005/06/0233, und vom 18. Dezember 2007, Zl. 2007/06/0062, zu entnehmen. Daraus ist festzuhalten:

Die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) ist Eigentümerin eines (als "Kerngebiet" gewidmeten) Grundstückes in Innsbruck. Dieses grenzt teils an die öffentliche Verkehrsfläche Q und im Übrigen an eine Reihe weiterer Grundstücke, darunter im Südosten an ein Grundstück, welches im Eigentum der Erst- bis Zehntbeschwerdeführer der vorangegangenen Beschwerdeverfahren steht (nun kurz: Nachbarn der Gruppe A), und im Nordosten an das Grundstück Nr. 269/1 (mit dem Wohn- und Geschäftshaus Q 15), welches im Eigentum zahlreicher Personen steht (Wohnungseigentumsobjekt mit mehreren Hundert Miteigentumsanteilen), darunter der Bauwerberin selbst, aber auch der Elft- bis Dreizehntbeschwerdeführer in den vorangegangenen Beschwerdeverfahren, das sind die nunmehrigen Beschwerdeführer.

Gegenstand dieses Bauverfahrens ist das von der Bauwerberin bei der Behörde am 3. Juli 2003 eingebrachte (und in der Folge modifizierte) Baugesuch vom 12. Juni 2003 betreffend die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses (Q 17-19) mit einer zweigeschossigen Tiefgarage (mit 126 Stellplätzen), einem Erdgeschoß und bis zu sechs Obergeschoßen mit insgesamt 63 Wohnungen, wobei die Zufahrt zur projektierten zweigeschossigen Tiefgarage vom Q aus über eigene Rampen auf dem Baugrundstück erfolgen soll. Die Nachbarn der Gruppe A und die nunmehrigen Beschwerdeführer erhoben Einwendungen gegen das Vorhaben.

Nach verschiedenen Verfahrensschritten erteilte der Magistrat der Landeshauptstadt Innsbruck mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 22. April 2004 die angestrebte Baubewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen. Dagegen erhoben die Nachbarn der Gruppe A sowie die nunmehrigen Beschwerdeführer (in verschiedenen Schriftsätzen) Berufungen, die mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 10. August 2004 als unbegründet abgewiesen wurden. Dieser Bescheid wurde mit dem eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2005/06/0233, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die belangte Behörde hinsichtlich der geltend gemachten Immissionsbelastung den Regelungsinhalt des § 40 Abs. 1 TROG 2001 verkannt hatte.

Wörtlich wurde ausgeführt:

"Dass die Fahrtbewegungen, die mit einer Garage mit 126 Stellplätzen verbunden sind, geeignet sein könnten, solche Beeinträchtigungen hervorzurufen, ist evident (worauf schon in der Vorbegutachtung vom 6. August 2003 verwiesen wurde). Dabei darf nicht übersehen werden, dass zwar die Abfahrtrampe eingehaust werden soll, nicht aber der zwischen der Abfahrtrampe und dem straßenseitigen 'Hauptgebäude' gelegene, ebenerdig verlaufende Teil der Zufahrt."

Im fortgesetzten Verwaltungsverfahren holte die belangte Behörde verschiedene Gutachten zur Frage der möglichen Beeinträchtigung der Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigung oder Erschütterungen, welche ursächlich auf das gegenständliche Bauvorhaben zurückzuführen seien, ein. Demgemäß erstatteten Amtssachverständige des Magistrates Innsbruck ein Gutachten vom 10. Juli 2006 über die staub- und gasförmigen Immissionen, resultierend aus dem Betrieb der Tiefgarage, ein schalltechnisches Gutachten vom 4. Juli 2006, ein ergänzendes schalltechnisches Gutachten vom 10. August 2006, ein erschütterungstechnisches Gutachten vom 7. Juli 2006 und amtsärztliche Stellungnahmen bzw. Gutachten vom 12. Juli sowie 24. und 30. August 2006.

Mit Erledigung der belangten Behörde vom 6. September 2006 wurden diese Gutachten den nunmehrigen Beschwerdeführern und den Nachbarn der Gruppe A zur Kenntnis zwecks allfälliger Äußerung bis 5. Oktober 2006 gebracht.

Die nunmehrigen Beschwerdeführer und die Nachbarn der Gruppe A äußerten sich (in gesonderten Stellungnahmen) ablehnend und brachten insbesondere vor, die eingeräumte Frist sei viel zu kurz; darüber hinaus erstatteten sie ein Sachvorbringen. Die belangte Behörde holte zu diesem Sachvorbringen ergänzende Stellungnahmen der befassten Amtssachverständigen ein und gab den Beschwerdeführern mit Erledigung vom 8. November 2006 Gelegenheit, hiezu bis längstens 27. November 2006 Stellung zu nehmen. Die nunmehrigen Beschwerdeführer und die Nachbarn der Gruppe A äußerten sich abermals (in gesonderten Schriftsätzen) ablehnend, bemängelten weiterhin, dass die Fristen zu kurz bemessen seien, und erstatteten ein weiteres Vorbringen zur Sache.

Hierauf gab die belangte Behörde mit Bescheid (vom 9. Jänner 2007) den Berufungen abermals keine Folge und bestätigte den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid. Dagegen erhoben die Nachbarn der Gruppe A und die nunmehrigen Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser Bescheid wurde mit dem ebenfalls eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2007, Zl. 2007/06/0062, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil die Lärmimmissionen im Zusammenhang mit der Ladezone zum Geschäft nur unzureichend erfasst wurden, wobei im fortgesetzten Verfahren auch zu klären wäre, ob die (lt. Vorbringen vorhandenen) Kompressoren der Kälteanlage Lärm emittieren.

Dieses Erkenntnis wurde der belangten Behörde am 23. Jänner 2008 zugestellt. Über Vorhalt der belangten Behörde vom 5. Februar 2008 nahm die Bauwerberin mit Eingaben vom 11. und 29. Februar 2008 eine Projektmodifikation im Bereich des Erdgeschoßes (Warenanlieferung) vor und legte einen geänderten Erdgeschoßplan vor. Demnach wurde das Rolltor durch eine Drehtüre ersetzt, die vorgesehene Nachtanlieferung entfiel ebenso wie der Kühlraum in diesem Bereich.

Mit einer behördeninternen Erledigung vom 28. Februar 2008 ersuchte die Berufungsbehörde um eine ergänzende Gutachtenserstellung durch die Amtssachverständigen zur Frage der zu erwartenden Lärmimmissionen im Zusammenhang mit der Ladezone zum Geschäft, wobei im Gutachten auch die möglichen Immissionen durch die Kompressoren der Kälteanlagen zu berücksichtigen wären.

Der lärmtechnische Amtssachverständige erstattete hiezu ein ergänzendes Gutachten vom 4. April 2008, in welchem er zusammenfassend zum Ergebnis kam, die Ladezone des bestehenden Betriebes im Nachbargebäude Q 15 sei im Innenhof dermaßen angeordnet, dass eine Abschirmung von Verkehrsimmissionen des Q gegeben sei. Die für die neuen Betriebe (gemeint: im projektgegenständlichen Gebäude) angeordnete Ladezone liege schalltechnisch betrachtet etwas günstiger im Innenhof (als zuvor geplant), sodass die im hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2007 angesprochene Störwirkung von Einzelereignissen (beispielsweise Pegelspitzen von Ladetätigkeiten) am Tag und am Abend mit jenen des bestehenden Betriebes (Anm.: im Haus Nr. 15) als schalltechnisch gleichwertig anzusehen seien. Nach Berücksichtigung des allgemeines Anpassungswertes (zur Berücksichtigungen impulshaltiger Geräusche) im Ausmaß von 5 dB errechne sich für eine Ladetätigkeit je Stunde (inklusive Zu- und Abfahrt) beim nächstgelegenen Anrainer ein Berurteilungspegel von 51,7 dB. Bei Annahme von einer (einzigen) Ladetätigkeit in den drei Abendstunden (19.00 h - 20.00 h) betrage der Beurteilungspegel 47,9 dB. Die Berechnung der von der Kompressoranlage ausgehenden Schallemissionen ergebe bei den nächsten Anrainern (Q 15) Schallimmissionspegel von bis zu 29 dB. Der Beurteilungspegel dieser Anlage liege dementsprechend für den ungünstigsten Nachtzeitraum (01.30 h - 04.00 h) um ca. 11 dB unter dem ortsüblichen Schallpegel, wodurch eine Pegelerhöhung von maximal 1 dB bei dem am ungünstigsten gelegenen Nachbarn entstehe.

Die schalltechnische Beurteilung einer allfälligen Beeinträchtigung der Wohnqualität könne anhand der Erwartungshaltung an die schalltechnische Wohnqualität erfolgen. Richtwerte könnten hiezu der ÖNORM S 5021-1 "Schalltechnische Grundlagen für die örtliche und überörtliche Raumplanung und Raumordnung" und der Richtlinie ÖAL 36 Blatt 1 entnommen werden. In beiden Richtlinien würden für Kerngebiete Planungsrichtwerte von 60 dB am Tag (06.00 h - 22.00 h) und 50 dB in der Nacht (22.00 h - 06.00 h) empfohlen. Diese Richtwerte würden am Tag bei Betrachtung der ungünstigsten Stunde mit einer Differenz von 8 dB und im ungünstigsten Nachtzeitraum (nämlich im diesbezüglich maßgeblichen Beurteilungszeitraum betreffend die Kompressoranlage von 01.00 h - 04.00 h) um 9 dB unterschritten.

Eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnqualität könne daher aus schalltechnischer Sicht nicht abgeleitet werden.

Mit Erledigung vom 10. April 2008 erfolgte eine Ergänzung des amtsärztlichen Gutachtens, aus der sich zusammenfassend ergab, dass auch aus ärztlicher Sicht keine wesentlichen Beeinträchtigungen der Wohnqualität für das betroffene Wohngebiet zu erwarten seien (wurde näher ausgeführt).

Mit Erledigung vom 15. April 2008 brachte die belangte Behörde den Berufungswerbern (damit auch den nunmehrigen Beschwerdeführern) die Projektmodifikation zur Kenntnis, mit weiterer Erledigung vom 24. April 2008 die ergänzenden Gutachten mit dem Beifügen, dass die Möglichkeit zur Abgabe einer allfälligen Stellungnahme binnen drei Wochen eingeräumt werde.

Die nunmehrigen Beschwerdeführer äußerten sich (in zwei gesonderten Stellungnahmen) ablehnend und rügten insbesondere, dass die Frist zur Stellungnahme zu den ergänzenden Gutachten abermals (wie schon im zweiten Rechtsgang) zu kurz bemessen sei. Überdies wurde ein Vorbringen zur Sache erstattet. Die Behörde übermittelte die Stellungnahmen dem lärmtechnischen sowie dem medizinischen Amtssachverständigen, die hiezu in Erledigungen vom 30. Mai 2008 (lärmtechnischer Amtssachverständiger) bzw. 30. Juni 2008 (Amtsarzt) Äußerungen abgaben, welche von der Behörde mit Erledigung vom 2. Juli 2008 allen Berufungswerbern zur Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt wurden. Die nunmehrigen Beschwerdeführer äußerten sich (in zwei gesonderten Stellungnahmen) abermals weiterhin ablehnend.

Während dieses Berufungsverfahrens wurde für das gegenständliche Gebiet ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan, IN-B21/1, erlassen (Beschluss des Gemeinderates vom 24. Juni 2008, kundgemacht vom 26. Juni bis 16. Juli 2008, in Kraft getreten am 10. Juli 2008).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG allen Berufungen keine Folge gegeben und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid (vom 22. April 2004) mit der Maßgabe bestätigt, dass auf Grund der erfolgten Änderung des Antrages im Zeitraum zwischen 22.00 h und 06.00 h überhaupt keine Warenanlieferung für das Geschäftslokal im Erdgeschoß erfolge und weiters, dass sich die Baubewilligung betreffend das Erdgeschoß auf den geänderten Plan vom 29. Februar 2008 beziehe. Darüber hinaus wurde die (weitere) Auflage erteilt, dass im Zeitraum zwischen 19.00 h und 22.00 h täglich maximal eine Warenanlieferung zum Geschäftslokal im Erdgeschoß mit einem Lkw erfolgen dürfe.

Nach Darstellung des Verfahrensganges im ersten und zweiten Rechtsgang verwies die belangte Behörde darauf, dass die Bauwerberin im dritten Rechtsgang ihr Bauansuchen modifiziert habe. Da der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 2007 die Lärmimmissionen tagsüber als unbedenklich für eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnqualität im betreffenden Gebiet eingestuft habe und die Bauwerberin auf Warenanlieferungen in der Nachtzeit verzichtet habe, sei im fortgesetzten Verfahren von der belangten Behörde noch zu prüfen gewesen, ob durch die Warenanlieferungen in den übrigen Abendstunden (von 19.00 h bis 22.00 h) eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnqualität im Sinne des § 40 Abs. 1 TROG 2006 zu erwarten sei. Die belangte Behörde habe dazu Ergänzungsgutachten eingeholt, dazu seien ablehnende Stellungnahmen erstattet worden.

Das Vorhaben, so führte die belangte Behörde weiter aus, entspreche (auch) dem nunmehrigen, seit 10. Juli 2008 in Kraft befindlichen Bebauungsplan.

Nach zusammenfassender Darstellung der Ergebnisse der im zweiten Rechtsgang eingeholten Gutachten heißt es weiter, die belangte Behörde sei in ihrem Bescheid vom 10. Jänner 2007 zum Ergebnis gekommen, dass vom gegenständlichen Bauvorhaben keine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnqualität im Sinne des § 40 Abs. 1 TROG 2006 ausgehe. Auch bestimmte, näher bezeichnete Einwendungen der Berufungswerber seien unberechtigt (wurde näher dargelegt).

Nach Darstellung der im dritten Rechtsgang erfolgten Projektmodifikation und der zusammengefassten Wiedergabe der eingeholten Gutachten, der ablehnenden Stellungnahme hiezu und der ergänzten Äußerungen der Gutachter führte die belangte Behörde weiter aus, mit dem hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2007 sei der Berufungsbescheid vom 10. Jänner 2007 insbesondere deshalb aufgehoben worden, weil die zu erwartenden Lärmimmissionen im Zusammenhang mit der Ladezone zum Geschäft nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Eine Einschränkung solcher Anlieferungen auf bestimmte Tageszeiten sei im Bauverfahren nicht erfolgt, sie wären daher baurechtlich sowohl am Tag als auch in der Nacht zulässig. Im fortgesetzten Verfahren sei daher im Sinne dieses Erkenntnisses nur mehr die mögliche Beeinträchtigung der Wohnqualität im betreffenden Gebiet durch diese Nachtanlieferungen zu prüfen und es habe die Berufungsbehörde zu diesem Fragenkomplex ergänzende Gutachten eingeholt. Zudem habe die Bauwerberin ohnehin ihr Bauansuchen dahingehend abgeändert, dass auf Warenanlieferungen im Nachtzeitraum überhaupt verzichtet werde. Weiters sei für den Erdgeschoßbereich ein neuer Plan vom 29. Februar 2008 zur Bewilligung eingereicht worden, in welchem der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 2007 beanstandete Bereich mit Nachtanlieferung, Rolltor und Laderampe umgeplant sei.

Dass die Beschwerdeführer versuchten, nun auch den Anlieferungszeitraum zwischen 06.00 h und 22.00 h hinsichtlich der Lärmemissionen nochmals ins Spiel zu bringen und auch die im Innenhof bestehenden oberirdischen Parkplätzen nochmals relevierten, sei aus ihrer Sicht verständlich, aber nicht relevant. Die belangte Behörde habe nämlich zu dieser Fragestellung bereits im zweiten Verfahrensgang ausführliche Gutachten der Amtssachverständigen eingeholt und sich mit dieser Problemstellung in ihrem Berufungsbescheid vom 10. Jänner 2007 eingehend auseinander gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich in seinem Erkenntnis vom 18. Dezember 2007 zu diesem Problem der Argumentation der belangten Behörde angeschlossen.

Da auch die im dritten Rechtsgang eingeholten ergänzenden Gutachten der Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar seien, habe sich die belangte Behörde nicht veranlasst gesehen, den von den Beschwerdeführern im Rahmen des Parteiengehörs gestellten Anträgen auf Einholung weiterer Unterlagen, Auskünfte, Stellungnahmen und Ergänzungen stattzugeben. Im Hinblick darauf, dass es sich nur um Ergänzungen zu bereits hinreichend bekannten Gutachten gehandelt habe, sei auch keine Fristerstreckung zu gewähren gewesen. Die Beschwerdeführer hätten bereits mit Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2007 auf ihre Kosten Privatgutachten aus den relevanten Bereichen in Auftrag geben können, um ihre nach wie vor aufrecht erhaltenen Behauptungen, die im zweiten Verfahrensgang erstatteten Gutachten seien unschlüssig und unrichtig, auf fachlicher Ebene zu untermauern. Sie hätten bei dieser Gelegenheit auch jene Fragen klären lassen können, die sie im Zuge des Parteiengehörs im dritten Rechtsgang aufgeworfen hätten. In diesem Zusammenhang sei noch darauf zu verweisen, dass es sich bei den Gutachten im fortgesetzten Verfahren lediglich um Ergänzungen zu bereits bestehenden und bereits seit langem bekannten Gutachten handle und dafür die eingeräumten Fristen von zwei bzw. drei Wochen durchaus ausreichend seien.

In diesem Zusammenhang (Lärmproblematik) sei festzustellen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ein normal empfindender Bewohner in einem Wohnhaus in Innenstadtlage vor 22.00 h keine Nachtruhe erwarte.

Erfahrungsgemäß erfolgten Anlieferungen zu Lebensmittelmärkten hauptsächlich in den Morgenstunden oder während der Betriebszeiten. Die vom Amtssachverständigen angenommene Anzahl von durchschnittlich einer Anlieferung in den Abendstunden ergebe sich aus der Überlegung, dass in den Tagesrandzeiten und insbesondere in den Abendstunden, außerhalb der Betriebszeiten, weniger Anlieferungen zu erwarten seien, und liege demnach "auf der sicheren Seite".

Der von den Amtssachverständigen vorgenommene Vergleich mit dem Nachbarobjekt Q 15 sei als zulässig zu betrachten, zumal es sich (dabei) um den ersten Bauabschnitt der mit dem gegenständlichen Vorhaben verwirklichten Bebauung dieses Areals handle und entsprechende Vorbelastungen vorhanden gewesen seien. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass dann, wenn die Annahmen der Amtssachverständigen zu den Fahrbewegungen von und zur Garage und auch zur Zeit der Anlieferungen nicht zutreffen würden, die Beschwerdeführer, die ja in unmittelbarer Nachbarschaft zum mittlerweile bereits errichteten Objekt wohnten, dies beispielsweise durch Vorlage eigener Zählungen widerlegt hätten, was aber nicht geschehen sei.

Anzumerken sei, dass das Bauverfahren ein Projektverfahren sei und das vorliegende Projekt entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer nur ein Geschäftslokal (und nicht mehrere) vorsehe (der Umstand, dass nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer in dem tatsächlich errichteten Geschäftslokal drei Betriebe tätig seien, sei nicht von der belangten Behörde zu beurteilen). Nach den vorliegenden und einen Bestandteil der Baubewilligung bildenden Plänen sei im Erdgeschoß keine Kompressoranlage vorgesehen. Soweit der Amtssachverständige Geräusche einer tatsächlich offenkundig im Untergeschoß installierten Kompressoranlage beurteile, sei dies insofern eben nicht relevant, als es sich hier um ein Projektverfahren handle.

Im Übrigen habe die belangte Behörde den Bedenken der Beschwerdeführer insoweit Rechnung getragen, als die Auflage erteilt worden sei, es dürfe im Zeitraum zwischen 19.00 h und 22.00 h täglich maximal eine Warenanlieferung zum Geschäftslokal im Erdgeschoß mit einem Lkw erfolgen. Damit sei die Lärmbelastung für die Anrainer in diesen Stunden so gering wie möglich gehalten. Die Immissionsbelastung bei nur einer Lkw-Anlieferung in den Abendstunden sei gemäß dem vorliegenden Gutachten des Amtssachverständigen als unbedenklich anzusehen.

Der neue Bebauungsplan sei rechtskonform beschlossen und kundgemacht worden. Der Vollständigkeit halber sei aber festgehalten, dass sich dieser neue Plan am alten Bebauungsplan orientiere.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass das Vorhaben den Bestimmungen des neu erlassenen Bebauungsplanes entspreche und eine erhebliche Beeinträchtigung der Wohnqualität im betreffenden Gebiet im Sinne des § 40 Abs. 1 TROG 2006 durch das Vorhaben nicht zu erwarten sei.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher sie die Gesetzwidrigkeit des neuen Bebauungsplanes geltend machten. Der Verfassungsgerichtshof lehnte (nach Durchführung eines Vorverfahrens) mit Beschluss vom 22. Februar 2010, B 1674/08-11, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit weiterem Beschluss vom 14. April 2010 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Im Ablehnungsbeschluss heißt es in Erwiderung des Beschwerdevorbringens, der Erlassung des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes lägen sehr wohl sachliche Erwägungen zu Grunde; diese seien insbesondere in der Auseinandersetzung der "Stadtplanung" mit der Stellungnahme der Beschwerdeführer im Erlassungsverfahren dokumentiert.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshof verbesserten (ergänzten) Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall insbesondere maßgebliche Rechtslage wurde bereits im mehrfach genannten Vorerkenntnis vom 18. Dezember 2007 dargestellt. Es kommt insbesondere darauf an, ob das Vorhaben dem § 40 Abs. 1 TROG 2006 entspricht, ob es sich nämlich um ein Gebäude handelt, das unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, nicht wesentlich beeinträchtigt.

Unberechtigt sind die Einwände der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem neuen Bebauungsplan. Die Beschwerdeführer haben ihre Bedenken bereits erfolglos an den Verfassungsgerichtshof herangetragen, neue Argumente bringen sie nicht und vermögen auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken an der Gesetzmäßigkeit dieses Bebauungsplanes zu erwecken.

Dem Argument, dass die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung bis zum Inkrafttreten des neuen Bebauungsplanes zugewartet habe, ist zu entgegen, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der neue Bebauungsplan galt. Das ist maßgeblich; es kann daher dahingestellt bleiben, ob vor dem Inkrafttreten des neuen Bebauungsplanes das Baugesuch ohne weiteres Verfahren abzuweisen gewesen wäre, wie die Beschwerdeführer meinen. Das Vorbringen, es liege kein Energieausweis vor, betrifft keine Verletzung eines Nachbarrechtes im Sinne des § 25 Abs. 3 TBO 2001.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im mehrfach genannten Vorerkenntnis vom 18. Dezember 2007 eine mögliche Beeinträchtigung durch Erschütterungen im Sinne des § 40 Abs. 1 TROG 2006 verneint; hiezu wird auch nichts mehr vorgebracht.

Soweit allerdings die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Meinung vertrat, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 18. Dezember 2007, von der Frage der Nachtanlieferung abgesehen, die Auffassung der belangten Behörde im zweiten Rechtsgang geteilt, dass keine weiteren Immissionen im Sinne des § 40 Abs. 1 TROG 2006 zu erwarten seien, ist dies unzutreffend, weil diese Frage offen blieb, heißt es doch ausdrücklich im bezogenen Erkenntnis:

"Damit bedarf es keines weiteren Eingehens mehr auf die Einwände der Beschwerdeführer, die Fristen zu den Äußerungen zu den Gutachten seien zu knapp bemessen gewesen und die negativen Beeinträchtigungen, die vom Projekt zu erwarten seien, seien noch schlimmer, als von den Sachverständigen angenommen, zumal nicht absehbar ist, was sich im fortzusetzenden Verwaltungsverfahren ergeben wird."

Die belangte Behörde hat sich aber im angefochtenen Bescheid mit diesen Fragen (ohnedies) dadurch befasst, dass sie auf die entsprechenden Ergebnisse des zweiten Rechtsganges und ihre Erwägungen im zweiten Berufungsbescheid vom 10. Jänner 2007 verwies.

Die Beschwerdeführer rügen (wie schon im vorangegangenen Beschwerdeverfahren), es sei ihnen im zweiten Rechtsgang vor der Verwaltungsbehörde keine ausreichende Gelegenheit gegeben worden, zu den Gutachten gehörig Stellung zu nehmen (die eingeräumten Fristen seien zu kurz gewesen), und bringen vor, es könne ihnen entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht zugesonnen werden, zwischenzeitig (zumindest nach Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2007) gleichsam auf Vorrat Privatgutachten einzuholen, denn sie hätten davon ausgehen dürfen, dass die von ihnen "von Anfang an monierten Punkte nunmehr untersucht und von der Behörde einer Sachverständigenbeurteilung zugeführt" würden; die belangte Behörde habe sie jedoch nicht über ihr weiteres Vorgehen in Kenntnis gesetzt.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Die Beschwerdeführer haben im zweiten Rechtsgang vor der belangten Behörde (nicht nur gerügt, die Fristen zur Stellungnahme seien zu kurz, sondern auch) ein inhaltliches Vorbringen zu den Gutachten erstattet. Die belangte Behörde hat sich in ihrem zweiten Berufungsbescheid mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt. Vom gegebenen Verfahrensablauf her gesehen ist im Beschwerdefall nicht erkennbar, weshalb die Beschwerdeführer davon hätten ausgehen können, dass die belangte Behörde ohne ein weiteres, ergänzendes Vorbringen zu den bisherigen Gutachten von sich aus weitere Gutachtensergänzungen in Auftrag geben werde, sieht man von der Frage der Nachtanlieferung bzw. Anlieferung ab. Ein solches weiteres, ergänzendes Vorbringen wurde allerdings im dritten Rechtsgang vor der belangten Behörde nicht erstattet. Davon zu unterscheiden ist (auch in Bezug auf die nunmehr im dritten Rechtsgang eingeholten ergänzenden Gutachten) die Frage, ob die Annahme der belangten Behörde zutrifft, sich mit den Einwänden der Beschwerdeführer ausreichend und gehörig auseinander gesetzt zu haben.

Wie im Vorerkenntnis vom 18. Dezember 2007 dargelegt (S 22/23), ist projektgegenständlich

"die Errichtung eines mehrgeschossigen Wohn- und Geschäftshauses an einer stark befahrenen Straße (Q) in einer zentralen innerstädtischen Lage, wobei eine Tiefgarage für 126 Pkw-Abstellplätze vorgesehen ist. Das geplante Objekt ist zwar fraglos groß, aber keineswegs geradezu exorbitant groß, sollte diese Tendenz den Ausführungen der Beschwerdeführer zu unterlegen sein. Straßenseits ist es, wie sich aus den vorliegenden Unterlagen ergibt, auch nicht höher als die angrenzenden Gebäude, wobei das angrenzende Objekt Q 15 (das im Miteigentum der Elft- bis Dreizehntbeschwerdeführer steht) sichtlich flächenmäßig größer ist und über eine wesentlich größere Tiefgarage, nämlich für 297 Pkw-Abstellplätze, verfügt. Auch sonst ist aus dem Blickwinkel der projektgemäßen Ausgestaltung ein wesentlicher Unterschied zu anderen Wohn- und Geschäftshäusern dieser Dimension an einem innerstädtischen Standort nicht erkennbar; ein typischerweise besonders immissionsträchtiger Verwendungszweck (wie, drastisch formuliert, bei einer Fabriksanlage mit lärmenden oder mächtigen Maschinen oder dergleichen) ist nicht ersichtlich."

Bezogen auf den (sogenannten) Innenhofbereich sind als Emissionsquellen im Wesentlichen der Fahrzeugverkehr zu und von der Tiefgarage anzusehen (ein Teil der Strecke verläuft oberirdisch im Freien), dann der Verkehr im Zusammenhang mit der Warenanlieferung zum Geschäftsbereich im Erdgeschoß; dazu gibt es noch einige oberirdische Parkplätze.

Die umwelttechnische Begutachtung im zweiten Rechtsgang vor der belangten Behörde hat sich mit den zu erwartenden staub- und gasförmigen Immissionen befasst, dabei wurde ergänzend auf die Einwände der damaligen Beschwerdeführer eingegangen (und ua. ausgeführt, dass der gewählte Messpunkt an einer bestimmten Kreuzung entgegen den Einwänden repräsentativ sei). Angesichts der zuvor beschriebenen Beschaffenheit des Vorhabens kann darin, dass die belangte Behörde, der Begutachtung folgend, zum Ergebnis kam, durch das Vorhaben seien keine im Sinne des § 40 Abs. 1 TROG 2006 relevanten Zusatzbelastungen zu erwarten, keine Rechtswidrigkeit erblickt werden (zur Frage der Erheblichkeit solcher Zusatzbelastungen vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2005/06/0255).

Hinsichtlich der Schallimmissionen sind in Bezug auf die Beschwerdeführer jene Immissionen von Bedeutung, die ihre Liegenschaft betreffen; weshalb daher die belangte Behörde Untersuchungen zu anderen Bereichen in der Umgebung hätte anstrengen sollen, ist nicht ersichtlich.

Das zu bebauende Grundstück ist als "Kerngebiet" gewidmet. Soweit sich die Beschwerdeführer nun auf einen Schallpegel von 45 dB tags und 35 dB nachts für ein "städtisches Wohngebiet" beziehen, sind dies Richtwerte für den Grundgeräuschpegel in einer früheren Fassung der ÖAL-Richtlinie Nr. 3, Blatt 1. Vom Grundgeräuschpegel war nach der Richtlinie die "Grenze der zumutbaren Störung" zu unterscheiden (beurteilt nach der Überschreitung des Grundgeräuschpegels durch den Beurteilungspegel). Zutreffend haben die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer in ihrer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 16. Juli 2008 darauf verwiesen, dass die ÖAL-Richtlinie 3, Blatt 1, als Ersatz für die Ausgabe vom 1. Oktober 2006 mit 1. März 2008 neu herausgegeben wurde. Sie nimmt nun in ihrem Pkt. 2. Bezug unter anderem auf die ÖNORM S 5021-1 (Schalltechnische Grundlagen für die örtliche und überörtliche Raumplanung und Raumordnung vom 1. März 1998) und darin sind die Planungsrichtwerte in der Kategorie "Kerngebiet" tagsüber mit 50 dB für den Grundgeräuschpegel und 60 dB für den energieäquivalenten Dauerschallpegel bzw. 40 dB/50 dB nachts angeführt; in der Kategorie "städtisches Wohngebiet" betragen diese Werte 45 dB/55 dB tags und 35 dB/45 dB nachts. Das entspricht auch den Zuordnungsvorschlägen in der Tabelle C.7 betreffend die Widmungen "Kerngebiet" und "gemischtes Wohngebiet" Tirol in der ÖAL-Richtlinie Nr. 36 Blatt 1 (Seite 40). Es trifft daher nicht zu, dass im Ergänzungsgutachten vom 2. April 2008 die fachliche Prämisse abgeändert worden sei (von geänderten Werten ausgegangen wurde). In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die ÖAL-Richtlinie Nr. 3, Blatt 1, Ausgabe vom 1. März 2008, auf die sich die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer im Verwaltungsverfahren bezogen haben, dem Grundgeräuschpegel als solchem mangels verlässlicher Erfassbarkeit keine wesentliche Bedeutung mehr zumisst (siehe S IX und VI der Einleitung dieser Richtlinie; siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 23. September 2010, Zl. 2009/06/0196).

Davon zu unterscheiden ist die von den Beschwerdeführern thematisierte Frage, ob der sogenannte Innenhofbereich ungeachtet der maßgeblichen Widmung Kerngebiet durch eine relativ geringe Lärmbelastung gekennzeichnet ist, sodass das sogenannte Widmungsmaß nicht auszuschöpfen sei; dieser Gedanke findet sich in der ÖAL-Richtlinie Nr. 3, Blatt 1, 5. Ausgabe vom Dezember 1986, in Tafel 1, wo in der tabellarischen Auflistung der Richtwerte für den Grundgeräuschpegel nach den verschiedenen Gebieten zur Kategorie 4, Kerngebiet, angemerkt ist, "Bei Lage in geschlossenem Hof gilt die vorhergehende Zeile", das wäre Kategorie 3, städtisches Wohngebiet, worauf sich die Beschwerdeführer beziehen. Allerdings ist im Beschwerdefall der Ist-Zustand schon durch Fahrzeugbewegungen (auch Zulieferungen zu einem Gewerbebetrieb im Haus 15) gekennzeichnet.

Die Beschwerdeführer rügen in diesem Zusammenhang insbesondere, es seien nicht alle Einwände gegen die Gutachten berücksichtigt worden, die Messpunkte seien nicht repräsentativ, weil hiedurch der Grundgeräuschpegel zu hoch angenommen worden sei, und es sei auch die Gesamtbelastung nicht ausreichend ermittelt worden. Der Messpunkt 1 sei im Gutachten vom 4. Juli 2006 wegen des Lärmes einer Lüftungsanlage (im Hofbereich des Hauses 15) als nicht repräsentativ angesehen worden, beim Messpunkt 2 hingegen, der herangezogen worden sei, bestehe eine hohe Belastung durch den Straßenlärm, der aus der Durchfahrt vom Q zum Innenhof in diesen einwirke. (Die Tendenz des Vorbringens geht dahin, dass sich der durch die Durchfahrt in den Innenhof einwirkende Straßenlärm nur in gewissen Bereichen des Innenhofes auswirke, es daher außerhalb dieser Bereiche, somit vor allem im Bereich des Grundstückes der Beschwerdeführer, ruhiger sei, sich daher die projektbedingte Lärmbelastung viel störender auswirke). Überdies sei der nun gewählte Platz für die Zulieferungen zum Geschäftsbereich insoweit ungünstiger als vor der Projektmodifikation, als es zu Schallreflexionen komme, die sich insbesondere auch in den oberen Geschoßen ihres Gebäudes auswirkten.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Im schalltechnischen Ergänzungsgutachten vom 10. August 2006 heißt es unter Punkt 2., die Berechnung der Maximalschallpegel werde, wie vom Amtsarzt gewünscht, für die der Fahrtrasse (Zufahrt von der Straße zur Tiefgarage) am nächsten gelegenen Wohnung, Q 15, im 2. Obergeschoß, berechnet. Dazu gibt es ein Bild, in welchem ein Fenster mit einer roten Ellipse gekennzeichnet ist. Damit korrespondiert in diesem Ergänzungsgutachten der Immissionspunkt 2b, wie auf einer Planskizze dargestellt (es handelt sich hier um einen nach oben hin offenen Bereich nach der Durchfahrt von der Straße und vor der Abfahrtsrampe zur Garage). Dazu wurden bestimmte Schallpegelspitzen ermittelt. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben hiezu in ihrer Stellungnahme vom 5. Oktober 2006 unter anderem zu diesem Gutachten eingewendet, die nächstgelegene Wohnung Q 15 im zweiten Obergeschoß sei eine jener Wohnungen, die durch die vorstehende Terrasse samt Begrünung baulich vor den zu erwartenden Lärmimmissionen geschützt seien, weil auf Grund der vorgenannten baulichen Gegebenheiten keine direkte Sichtverbindung vom Boden aus bestehe. Das sei auf dem Lichtbild im ergänzenden Gutachten ersichtlich, wo allerdings die Wohnung im dritten Obergeschoß markiert sei (und nicht jene im zweiten Obergeschoß). Damit sei mangels einer direkten Sicht- und Schallübertragungsverbindung (gemeint: von der Fahrtrasse zur angegebenen Wohnung im zweiten Obergeschoß) ein für das Bauvorhaben günstigerer Maximalpegel ermittelt worden. Unverständlich und unbegründet sei zudem, weshalb nicht die Räumlichkeiten im ersten Obergeschoß des Wohnhauses Q 15 für die Schallpegelbemessung herangezogen worden seien, zumal sich dort die Immissionslage auf der Nachbarliegenschaft am deutlichsten feststellen lasse. Aber auch die Wohnung im dritten Obergeschoß, die auf dem Lichtbild bezeichnet sei, wäre für die Messung der Maximalpegel geeigneter gewesen (gemeint: wegen der direkten Sichtverbindung).

In der ergänzenden Stellungnahme des lärmtechnischen Amtssachverständigen vom 6. November 2006 wird auf diesen Einwand nicht eingegangen (mangels Auftrages auch nicht im nunmehrigen dritten Rechtsgang vor der Verwaltungsbehörde), die belangte Behörde hat diesen Einwand weder im zweiten Berufungsbescheid noch im nunmehr angefochtenen Bescheid behandelt. Damit bleibt offen, ob die im Lichtbild im Gutachten durch eine rote Ellipse gekennzeichnete Wohnung jene ist, auf welche sich die Ermittlung der Lärmpegelspitzen bezieht, und, sollte sie sich im dritten Obergeschoß befinden, nur ein Schreibfehler (zweites Obergeschoß) vorliegt, oder ob, wie behauptet, ein Fenster im falschen Geschoß bezeichnet wurde und tatsächlich die Lärmeinwirkungen auf eine im Geschoß darunter befindliche, allerdings durch eine vorgelagerte Terrasse und Begrünung (wie auf dem Lichtbild ersichtlich) vor Lärmeinwirkungen besonders geschützte Wohnung ermittelt wurden.

Sollte das Vorbringen der Beschwerdeführer zutreffend sein und tatsächlich die Lärmpegelspitzen bei einer vom Lärm relativ abgeschirmten Wohnung ermittelt worden sein, kann, vor allem angesichts des Umstandes, dass der Amtsarzt eine entsprechende Erfassung dieser Spitzen für wesentlich hielt, ein für die Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis nicht von vornherein verneint werden; damit liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, weil die Auswirkung auf die Gesamtimmissionsbelastung für die Liegenschaft der Beschwerdeführer damit offen ist.

Bei den im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit im Erdgeschoß zu erwartenden Lärmimmissionen durch Warenanlieferungen ist vorweg zu bemerken, dass ein bestimmter Verwendungszweck dieser "Geschäftsfläche" (also etwa eine Einschränkung auf Lebensmittelmarkt oder dergleichen) nicht bestimmt wurde; aus baurechtlicher Sicht sind daher dort alle in einem Kerngebiet (§ 40 Abs. 2 TROG 2006) vorgesehenen Arten von "Geschäften" zulässig. Im Verwaltungsverfahren wurden die für die Nachbarschaft zu erwartenden Lärmimmissionen durch eine Zuliefertätigkeit mit LKW zum gegenwärtig dort untergebrachten Lebensmittelmarkt untersucht. Dabei bleibt aber die Frage offen, ob sich bei anderen zulässigen Verwendungen dieses Geschäftsbereiches und daraus resultierenden anderen Zuliefertätigkeiten in Bezug auf solche Lärmeinwirkungen auf die Nachbarschaft andere Aspekte ergeben könnten. Soweit sich Schallimmissionen aus bereits bisher rechtmäßigen und nun weiter bestehenden Abstellflächen im sogenannten Innenhof auf der projektgegenständlichen Liegenschaft ergeben, sind diese zur Ist-Situation zu rechnen.

In einer Stellungnahme vom 16. Juli 2008 haben die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer unter anderem vorgetragen, bei nochmaliger Durchsicht des Befundes im schalltechnischen Ergänzungsgutachten vom 4. April 2008 falle auf Seite 2, Bild 1, auf, dass (bei der Ermittlung der Emissionen durch die Ladetätigkeit) für die Erfassung der Emissionen der Lkw mit dem Ladeheck Richtung Süden und daher vom Messpunkt MP 4 abgewandt stehe. Tatsächlich sei von den Nachbarn noch nie beobachtet worden, dass die Ladetätigkeit auf diese Weise erfolge. Die bisher ausschließlich geübte Art der Ladetätigkeit erfolge mit dem Ladeheck zum Messpunkt, wodurch sich für die "nördlichen Nachbarn" der angrenzenden Liegenschaft wesentlich höhere Messwerte aus der Ladetätigkeit ergäben (verwiesen wird auf eine Lichtbildbeilage vom 31. Mai 2008, die eine Warenanlieferung zeigt, wobei das Ladeheck des Lkws in Richtung Norden zeigt). Die Art der Erfassung der Emissionen der Ladetätigkeiten sei daher nicht repräsentativ und das Ergebnis für ein Gutachten nicht verwertbar.

Die belangte Behörde hat zu diesem weiteren Einwand keine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen eingeholt und ist auch sonst im angefochtenen Bescheid darauf nicht eingegangen (dem lärmtechnischen Gutachten vom 4. April 2008 und der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen ist dazu nichts zu entnehmen, zumal dieser Einwand damals noch nicht aktuell war).

Offen ist daher, ob die Richtung, in welcher der Lkw beim Abladen aufgestellt ist, von Relevanz für die Messergebnisse und damit für die sich aus dem ergänzenden schalltechnischen Gutachten vom 4. April 2008 ergebenden Beurteilung von Bedeutung war oder nicht. Auch insofern kann ein für die Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen werden, sodass auch diesbezüglich ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, weil die Auswirkung auf die Gesamtimmissionsbelastung für die Liegenschaft der Beschwerdeführer noch nicht feststeht.

In diesem Zusammenhang soll angesichts des Lichtbildes vom 31. Mai 2008 nicht unbemerkt bleiben, dass das Gebäude in diesem (abgebildeten) Bereich anders ausgeführt worden sein könnte, als es projektiert und sodann genehmigt wurde (vgl. den im Erdgeschoßplan vom 29. Februar 2008 dargestellten Gebäudevorsprung an der Ecke des Gebäudes mit Räumen für "Personal" und "Büro"; Lage des Tores für die Zulieferung; auf dem Lichtbild ersichtlicher Balkon). Für die schalltechnische Beurteilung ist aber das Projekt maßgeblich und nicht eine allenfalls davon abweichende Ausführung.

Die belangte Behörde belastete somit durch die aufgezeigten Mängel den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im fortgesetzten Verfahren wäre auch auf den Einwand der Beschwerdeführer in Bezug auf die behaupteten Schallreflexionen einzugehen, darunter, dass sich die projektbedingten Lärmimmissionen durch die Ladetätigkeit und die Fahrbewegungen zur Abfahrt der Tiefgarage nicht nur in den unteren, sondern vor allem auch in den oberen Bereichen ihres Gebäudes besonders störend auswirkten, weil dort der durch die Durchfahrt auf den sogenannten Innenhof einwirkende Lärm (Straßenlärm, denkbar ist aber auch der Lärm, der sich im Zusammenhang mit der Auffahrtrampe aus der Tiefgarage ergibt) weniger wahrnehmbar sei. Auch wäre der Einwand zu behandeln, es mangle an einer abschließenden zusammenfassenden Darstellung der Lärmbelastung (dieser Mangel hafte dem lärmtechnischen Ergänzungsgutachten im dritten Rechtsgang an).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 455/2008. Das Kostenmehrbegehren (gerichtet auf Zuspruch von Umsatzsteuer) war abzuweisen, weil, wie schon im Vorerkenntnis vom 18. Dezember 2007 ausgeführt, der pauschalierte Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthält (siehe dazu schon die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 697 angeführte hg. Judikatur).

Wien, am 13. Oktober 2010

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