VwGH 2009/22/0340

VwGH2009/22/034026.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Ö, vertreten durch Mag. Salih Sunar, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 11. November 2009, Zl. E1/23215/09, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
EMRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs3 Z2 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2 idF 2009/I/029;
EMRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs3 Z2 idF 2009/I/029;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer am 31. August 2003 eingereist sei und am 1. September 2003 einen Asylantrag gestellt habe. Das Asylverfahren sei "mit 20.8.2009 rechtskräftig negativ, ohne Ausweisung, abgeschlossen worden". Der Beschwerdeführer habe einen Erstantrag gemäß § 44 Abs. 4 NAG gestellt. Er habe am 18. Jänner 2007 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, von der er am 22. Juni 2009 wieder geschieden worden sei. Seit 2007 arbeite er als Hilfsarbeiter und beziehe derzeit Arbeitslosengeld. Er habe eine Einstellungszusage einer Baufirma ab Februar 2010. Eine bis 22. Juni 2010 gültige Beschäftigungsbewilligung liege vor. Er habe in I zwei Deutschkurse besucht.

In der weiteren Bescheidbegründung gelangte die belangte Behörde zur Beurteilung, dass die Ausweisung auch im Grunde des § 66 Abs. 2 FPG zulässig sei. Der Beschwerdeführer halte sich zwar seit 2003 im Bundesgebiet auf, hätte sich in dieser Zeit aber seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein müssen. Er sei geschieden, ein Familienleben im Bundesgebiet bestehe daher nicht mehr. Er sei der Art und Dauer seines Aufenthalts entsprechend integriert und selbsterhaltungsfähig. Er sei von seinem Heimatland nicht so lange abwesend, dass er sich mit den dortigen Gegebenheiten nicht mehr zurechtfinden könnte. Da gemäß § 21 Abs. 1 NAG Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet im Ausland einzubringen seien, müsse der Beschwerdeführer schon aus diesem Grund das Bundesgebiet verlassen. Die Ausweisung stehe dann einer positiven Entscheidung im Aufenthaltsverfahren nicht im Wege. Seine Ausreise aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung sei möglich und zumutbar im Sinn des § 21 Abs. 3 Z 2 NAG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er sich nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und somit der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt ist.

Er bekämpft das Ergebnis der behördlichen Beurteilung nach § 66 Abs. 2 FPG.

§ 66 FPG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 lautet auszugsweise:

"§ 66. (1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

  1. 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
  2. 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
  3. 4. der Grad der Integration;
  4. 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;
  5. 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
  6. 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

    8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

    (3)…"

    Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend gemachten Umstände wurden von der belangten Behörde berücksichtigt, weshalb sie auch einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben angenommen hat. Sie hat aber auch zutreffend auf das große öffentliche Interesse an der Einhaltung eines geordneten Fremdenwesens verwiesen, das dadurch verletzt wird, wenn Fremde nach rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet bleiben.

    Diesem großen öffentlichen Interesse an der Erlassung der Ausweisung steht zwar ein längerer inländischer Aufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber, dessen Rechtmäßigkeit aber nur auf einem letztlich als unbegründet abgewiesenen Asylantrag beruhte. Ins Gewicht fällt, dass der Beschwerdeführer nicht (mehr) über eine Kernfamilie im Bundesgebiet verfügt.

    Soweit der Beschwerdeführer auf eine Verfolgungsgefahr in seinem Heimatland verweist, ist ihm die rechtskräftige Abweisung des Asylantrags entgegenzuhalten. Die lange Dauer des Asylverfahrens allein vermag die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers nicht maßgeblich zu verstärken. Auch wenn die Integration in den türkischen Arbeitsmarkt und der (Wieder-)Aufbau eines sozialen Netzes in der Heimat nicht ohne Schwierigkeiten stattfinden werden, kann doch von einer Entwurzelung von seinem Heimatland keine Rede sein, zumal er unbestritten noch Eltern und Geschwister in der Türkei hat.

    Auch die nur Spekulationen darstellenden Überlegungen in der Beschwerde, dass eine Entscheidung durch den unabhängigen Bundesasylsenat anders ausgefallen wäre als die Entscheidung durch den Asylgerichtshof, verhelfen dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg, weil sie das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich nicht verstärken. Somit kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie habe durch Unterlassung der Einsicht in den Asylakt ein mangelhaftes Verfahren durchgeführt.

    In Gesamtbetrachtung aller Umstände ist es somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu Lasten des Beschwerdeführers vorgenommen wurde. Daran ändert der Umstand nichts, dass die belangte Behörde in unzulässiger Weise in Form eines Zirkelschlusses auf die Erforderlichkeit der Auslandsantragstellung nach § 21 Abs. 1 NAG verwiesen hat. Auch diese ist nämlich ebenso wie die Ausweisung vom Ergebnis der Prüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK abhängig (§ 21 Abs. 3 Z 2 NAG idF BGBl. I Nr. 29/2009).

    Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 26. Jänner 2010

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