Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Berufungsbescheid vom 7. April 2009 erließ die im Devolutionsweg zuständig gewordene Bundesministerin für Inneres (die belangte Behörde) - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Juni 2008 - gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, ein auf § 60 Abs. 1 und 2 Z 9 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG gestütztes Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren.
In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, der im Besitz eines Visums im Frühjahr 2004 eingereiste Beschwerdeführer habe am 20. Jänner 2005 die österreichische Staatsbürgerin Zorica W. geheiratet. In der Folge (am 25. Jänner 2005) habe er unter Berufung auf diese Ehe einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gestellt. Dem Beschwerdeführer sei sodann antragsgemäß eine vom 3. Februar 2006 bis 3. Februar 2007 befristete Niederlassungsbewilligung - nach der Aktenlage auch bereits für die Zeit vom 2. Februar 2005 bis 2. Februar 2006 - erteilt worden, die danach zweimal um jeweils ein Jahr verlängert worden sei. Im Jänner 2008 (richtig: 2009) habe er einen weiteren, noch unerledigten Verlängerungsantrag eingebracht.
Aufgrund einer anonymen Information vom 15. November 2006 sei der Verdacht des Bestehens einer Scheinehe aufgekommen, die zu umfangreichen, im angefochtenen Bescheid aufgelisteten Ermittlungen der Erstbehörde - insbesondere zu mehreren Hauserhebungen und zur Vernehmung des Beschwerdeführers und von Zorica W. am 16. Februar 2007 - geführt hätten. Nach zusammengefasster Darstellung des weiteren Verfahrensganges verwies die belangte Behörde zunächst auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, der sie sich "vollinhaltlich" anschloss und die sie zum Inhalt ihres eigenen Bescheides erklärte. Bezugnehmend auf die Beweiswürdigung der Erstbehörde wurde der Versuch in der Berufung, in den Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau aufgetretene Widersprüche mit Erinnerungslücken zu rechtfertigen, als "Schutzbehauptung" qualifiziert. Die Aussagen mehrerer unbeteiligter Hausparteien, denen zufolge der Beschwerdeführer einerseits mit seiner Lebensgefährtin zusammenwohne und andererseits am Wohnsitz seiner Ehefrau nicht bekannt sei, habe der Beschwerdeführer nicht entkräften können. Der diesbezüglichen Behauptung des Beschwerdeführers, er sei der Hauspartei aufgrund seines Auszuges aus der Ehewohnung Anfang 2007 nicht mehr in Erinnerung gewesen, hielt die belangte Behörde entgegen, dass dieser Zeuge eindeutig angegeben habe, in der Wohnung von Zorica W. noch nie eine männliche Person gesehen zu haben. Davon ausgehend kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführer habe mit Zorica W. ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt, sondern diese Ehe offensichtlich zu dem Zweck geschlossen, um fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligungen zu erlangen.
Hinsichtlich des durch das Aufenthaltsverbot bedingten Eingriffs in das Privatleben des Beschwerdeführers - so begründete die belangte Behörde weiter - sei im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu bemerken, dass der Beschwerdeführer neben seiner Berufstätigkeit keine besonderen Bindungen an Österreich behauptet habe. Die aus der Berufstätigkeit ableitbare Integration sei jedoch als erheblich geschmälert anzusehen, weil der Beschwerdeführer nur aufgrund der Scheinehe mit einer Österreicherin keine Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz benötigt habe. Der insgesamt ca. fünfjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers stütze sich auf die Stellung als Angehöriger einer Österreicherin, die jedoch missbräuchlich erlangt worden sei. Das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Ehe zur Verschaffung fremdenrechtlicher Vorteile stelle aber eine tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Insgesamt sei somit vom Überwiegen des öffentlichen Interesses auszugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit Zorica W. nach der Aktenlage im Februar 2007 geschieden wurde. Der Beschwerdeführer war daher nicht mehr als Familienangehöriger einer Österreicherin anzusehen und für ihn galten demzufolge auch nicht die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach § 86 iVm § 87 FPG. Gemäß dem - von den Fremdenpolizeibehörden demnach zu Recht als Rechtsgrundlage herangezogenen - § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ( Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte - die erwähnte Gefährdungsprognose rechtfertigende - Tatsache hat (u.a.) zu gelten, wenn der Fremde im Sinne des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG eine sogenannte Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt und sich trotzdem für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf diese Ehe berufen hat.
In der Beschwerde wird in Bezug auf die behördliche Annahme, die genannten Voraussetzungen seien erfüllt, nur die Unrichtigkeit der Sachverhaltsfeststellungen und der Beweiswürdigung geltend gemacht. Wie schon in der Berufung meint der Beschwerdeführer, die geringfügigen Widersprüche zwischen seiner Aussage und jener von Zorica W. reichten keinesfalls aus, um den Verdacht einer Scheinehe zu erhärten. Wenn es bezüglich der Örtlichkeit der Hochzeitsfeier und der Anzahl der dort anwesenden Gäste sowie bezüglich der Namen der Trauzeugen zu Widersprüchen gekommen sei, so seien diese "schon aus logischen Überlegungen" nur auf Erinnerungslücken zurückzuführen. Zweifellos seien der Beschwerdeführer und Zorica W. bei der Eheschließung anwesend gewesen, sodass diesbezüglich widersprüchliche Angaben lediglich auf Gedächtnislücken und auf Schwierigkeiten bei der Wiedergabe erlebter Ereignisse schließen ließen.
Mit diesen Ausführungen wird die behördliche Argumentationslinie verkannt. In der von der belangten Behörde übernommen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass der Ort der Hochzeitsfeier einerseits mit einem Lokal in der S-straße und andererseits mit einem Lokal in der M-straße und die Zahl der Hochzeitsgäste einmal mit acht Personen und einmal mit zehn bis fünfzehn Personen angegeben wurde. Diese Divergenzen in den jeweiligen Aussagen ließen aber durchaus darauf schließen, dass entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers und von Zorica W. - anders als sonst üblich - gar keine Hochzeitsfeier stattgefunden hatte. Gleiches gilt für die unterschiedlichen Angaben zum Kennlernen (in einem Kaffeehaus bzw. beim Baden), die den Schluss rechtfertigen, dass die Art, wie der Kontakt tatsächlich zustande gekommen ist, nicht offen gelegt werden sollte. Es war somit nicht unschlüssig, beides (in Zusammenschau mit den übrigen Beweisergebnissen) als Indiz für das Vorliegen einer Scheinehe zu werten.
Zutreffend hat die belangte Behörde weiters darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer die Frage nach "besonderen Kennzeichen (Narben, Tätowierungen etc.)" seiner Ehefrau verneint hat, während sie angab, eine Tätowierung am Fuß zu haben. Der Einwand in der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe dabei nur an körperliche Missbildungen, Narben oder krankhafte Veränderungen gedacht, verstößt nicht nur gegen das Neuerungsverbot, sondern widerspricht auch dem Inhalt des Protokolls, in dem bei der Fragestellung unter anderem als Bespiel ausdrücklich Tätowierungen genannt sind.
Weiters meint der Beschwerdeführer - ebenfalls wie in der Berufung -, dass er seit Anfang 2007 nicht mehr in der Ehewohnung (in der R-gasse) wohne, weshalb es möglich sei, dass sich ein Nachbar nicht mehr an ihn erinnern könnte. Dem hat aber schon die belangte Behörde zutreffend entgegnet, dass diese Hauspartei - nach der Aktenlage handelt es sich um den namentlich ausdrücklich angeführten unmittelbaren Wohnungsnachbarn - im Zuge der Erhebungen Mitte Juli 2007 dezidiert angegeben hatte, wenn er Zorica W. sehe, dann immer nur alleine, eine zweite Person, einen Mann, habe er hier noch nie gesehen.
Damit stehen überdies die von den Behörden auch verwerteten Hauserhebungen an der (im ersten Niederlassungsbewilligungsantrag auch noch angegebenen) Adresse L-gasse am 20. Dezember 2006 im Einklang, wonach der Beschwerdeführer dort seit etwa zwei Jahren wohne. Seit Mitte 2006 lebe er in dieser Wohnung zusammen mit seiner aus Serbien mit einem (mittlerweile abgelaufenen) Visum nachgereisten geschiedenen Ehefrau Julijana S., die er auch als solche gegenüber anderen Hausparteien vorgestellt habe. Das Zusammenleben mit dem Beschwerdeführer sei von Julijana S. gegenüber den erhebenden Beamten auch zugestanden worden. In der Wohnung hätten sich nicht nur zahlreiche Kleidungsstücke eines Mannes, sondern auch Kontoauszüge und Meldezettelkopien betreffend den Beschwerdeführer befunden. Die Richtigkeit dieser Ermittlungsergebnisse wird in der Beschwerde nicht bestritten und überdies durch einen weiteren Erhebungsbericht vom 16. April 2007 bestätigt. Damit geht aber die Argumentation in der Beschwerde zur Aufklärung von angeblich unterschiedlichen Angaben zum Zeitpunkt der Beendigung des Zusammenlebens zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau (Dezember 2006 oder Jänner 2007) jedenfalls ins Leere.
Angesichts der erwähnten Ermittlungsergebnisse bestehen gegen die auf einer schlüssigen Beweiswürdigung beruhende zusammenfassende Einschätzung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe mit Zorica W. ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt, sondern diese Ehe offensichtlich zu dem Zweck geschlossen, um fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligungen zu erlangen, somit keine Bedenken.
Auf Basis der getroffenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Schließung einer Aufenthaltsehe und zur Stellung von Anträgen auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung unter Berufung auf diese Ehe durfte die belangte Behörde aber - wie erwähnt - davon ausgehen, dass die Gefährdungsannahme im Sinne des § 60 Abs. 1 FPG gerechtfertigt ist. Das wird von der Beschwerde auch nicht in Abrede gestellt. In der Beschwerde wird auch die nach § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung und die Ermessensübung zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht bekämpft und insbesondere nicht behauptet, durch das Aufenthaltsverbot werde ein unzulässiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers vorgenommen. Das ist im vorliegenden Fall auch nicht zu erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 27. Mai 2010
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