VwGH 2009/15/0002

VwGH2009/15/000216.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des H Z in G, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 18. März 2008, Zl. RV/0263-I/06, betreffend Einkommensteuer 1995 bis 2000, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §96;
BAO §96;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt ein Hotel.

Mit Bescheiden vom 12. März 2004 verfügte das Finanzamt Innsbruck die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 1995 bis 2000 und setzte die Einkommensteuer für die Jahre 1995 und 2000 fest. Dabei erhöhte es die vom Beschwerdeführer erklärten Einkommensteuerbemessungsgrundlagen, indem es bei der Ermittlung des Ergebnisses des Hotelbetriebes die Betriebseinnahmen mit höheren Beträgen schätzte und zudem davon ausging, dass der Beschwerdeführer bisher noch nicht erklärte Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel und aus Spekulationsgeschäften iSd § 30 EStG 1988 (mit Wertpapieren) erzielt habe.

Mit Schreiben vom 13. April 2004 brachte der Beschwerdeführer Berufung ein.

Mit Schreiben vom 5. März 2008 wurde die Berufung vom 13. April 2004, soweit sie die Wiederaufnahme der Verfahren betraf, zurückgenommen.

Im Hinblick auf die Berufungszurücknahme sprach die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. März 2008, RV/0032-I/06, bescheidmäßig aus, dass die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren (Einkommensteuer 1995 bis 2000) als gegenstandslos erklärt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufung betreffend Einkommensteuer 1995 bis 2000, indem sie der Berufung teilweise Folge gab.

Mit Beschluss vom 2. Dezember 2008, B 816/08, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab. Er trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 2009 wurde der Beschwerdeführer u.a. aufgefordert, das Recht, in dem er verletzt zu sein behauptet, bestimmt zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG).

Der Beschwerdeführer teilte daraufhin mit Eingabe vom 30. Juni 2009 mit, er sei verletzt im Recht, nicht zu viel Einkommensteuer bezahlen zu müssen (a), im Recht auf Besteuerung (nur) auf Basis dem Gesetz entsprechend ordnungsgemäß ermittelter Bemessungsgrundlagen, bei denen der Vermögenseinsatz nicht zu kurz komme (b), sowie schließlich im Recht darauf, dass weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid hätten ergehen dürfen (c).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem durch § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG angeordneten Bestimmtheitsgebot (vgl. Steiner, Beschwerdepunkt und Beschwerdegründe unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Einflüsse, in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 61, 70) können die unter a) und b) angeführten Beschwerdepunkte nicht entsprechen.

Soweit sich der zu c) angeführte Beschwerdepunkt auf erstinstanzliche Bescheide bezieht, ist darauf zu verweisen, dass Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Prüfung des angefochtenen Berufungsbescheides der belangten Behörde ist (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2010, 2006/13/0015). Soweit sich dieser Beschwerdepunkt darauf bezieht, dass der angefochtene Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wird in der Beschwerde vorgebracht, die erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheide seien "Nicht-Bescheide" gewesen, die ins Leere gingen, weshalb die dagegen erhobene Berufung mangels tauglicher Anfechtungsobjekte als unzulässig hätte zurückgewiesen werden müssen. Die belangte Behörde habe jedoch in der Sache selbst entschieden und dadurch eine Kompetenz in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zustehe. Der Beschwerdeführer erachtet sich sohin im Recht verletzt, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid in der Sache selbst (über Einkommensteuer 1995 bis 2000) entschieden hat.

Der Beschwerdeführer begründet dieses Vorbringen einerseits damit, dass die erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheide "unter dem Titel der an und für sich zuständigen Behörde", nämlich des Finanzamtes Innsbruck, vom Finanzbeamten F. B., dem Beamten eines anderen Finanzamtes, erlassen worden seien.

Gemäß § 96 erster Satz BAO müssen schriftliche Ausfertigungen, auch Bescheidausfertigungen, die Bezeichnung der Behörde enthalten und mit Datum und Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. § 96 erster Satz BAO setzt voraus, dass ein Bescheid vom jeweiligen Organwalter zu genehmigen ist. Die BAO geht damit grundsätzlich vom Verständnis aus, dass ein wirksamer Bescheid nur zustande kommt, wenn er auf die Genehmigung eines Organwalters der Behörde und somit auf dessen Willen zurückzuführen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2006, 2005/14/0014).

§ 96 letzter Satz BAO enthält eine unwiderlegliche Genehmigungsvermutung. Durch diese Bestimmung wird für in Abgabenverfahren automationsunterstützt erlassene Erledigungen unwiderleglich vermutet, dass die Genehmigung durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde vorliegt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in den hg. Erkenntnissen vom 14. Dezember 2006, 2005/14/0014 und 2005/14/0015, zum Ausdruck gebracht hat, setzt auch diese gesetzliche Regelung - vorbehaltlich der in diesen Erkenntnissen formulierten Einschränkungen - voraus, dass der einzelne Bescheid tatsächlich durch den Organwalter der Behörde veranlasst wird.

Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift darauf, dass die - gegenständlich mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten - erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheide durch den approbationsbefugten Beamten des Finanzamtes Innsbruck, Mag. B. K., im Namen des Finanzamtes erlassen worden seien. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich die elektronische Genehmigung ("Freigabe") der Einkommensteuerbescheide durch Mag. B. K. Der Beschwerdeführer führt hiezu in seiner Replik vom 14. Juli 2010 zur Gegenschrift aus, die Einrede, dass bei der Bescheiderlassung ein fremdes Organ tätig geworden sei, halte er auf Grund der schlüssigen Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde nicht mehr aufrecht.

Der Beschwerdeführer begründet sein Vorbringen, dass keine erstinstanzlichen Bescheide im Rechtsbestand gewesen seien, andererseits damit, dass das Finanzamt die Bescheide unmittelbar dem Beschwerdeführer zugestellt habe, obwohl es bereits vorher - die Beschwerde verweist auf die Niederschrift vom 18. Juli 2003 - "klare Hinweise" auf die W-GmbH gegeben habe. Somit habe das Finanzamt von der bestehenden Steuervollmacht der W-GmbH gewusst. Die einem Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder erteilte allgemeine Vollmacht enthalte aber auch die Zustellvollmacht. Diese Zustellvollmacht habe das Finanzamt nicht beachtet.

Die erwähnte Niederschrift vom 18. Juli 2003 über eine vom Finanzamt mit dem Beschwerdeführer als Abgabepflichtigem geführte Besprechung ist der Beschwerde beigelegt. In dieser Niederschrift ist folgende Aussage des Beschwerdeführers festgehalten: "Herr Dr. (S.) ist Steuerberater und zuständig für die Prüfung sämtlicher Steuernummern."

Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift darauf, dass im gegenständlichen Fall von einer Zustellvollmacht nicht auszugehen gewesen sei. In der in der Beschwerde genannten Niederschrift vom 18. Juli 2003 spreche der Beschwerdeführer zwar davon, dass Dr. S. für das Prüfungsverfahren zuständig sei. Damit sei aber keine Zustellvollmacht angezeigt worden.

Mit diesem Vorbringen ist die belangte Behörde im Recht. Der in der Niederschrift festgehaltenen Aussage ist eine Vollmachtserteilung nicht zu entnehmen. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die erste Seite des Betriebsprüfungsberichtes vom 11. März 2004 die ausdrückliche Feststellung enthält, dass eine Zustellvollmacht nicht ausgewiesen ist. Diese klare Feststellung hat der Beschwerdeführer im weiteren Verfahren nicht bekämpft.

Der belangten Behörde kann sohin nicht entgegen getreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer mit seiner Berufung in Rechtsbestand befindliche erstinstanzliche Bescheide betreffend Einkommensteuer 1995 bis 2000 bekämpft hat. Solcherart hat sie den Beschwerdeführer nicht dadurch in Rechten verletzt, dass sie gemäß § 289 Abs. 2 BAO meritorisch über die Berufung abgesprochen hat.

Die Beschwerde vermag sohin nicht aufzuzeigen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in Rechten verletzt worden ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 16. Dezember 2010

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