VwGH 2009/09/0159

VwGH2009/09/015930.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie Senatspräsidentin Dr. Händschke und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, in den Beschwerdesachen der M Kft. in B, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/6, gegen die Bescheide des Arbeitsmarktservice Salzburg, Landesgeschäftsstelle, jeweils vom 25. Mai 2009, 1.) Zl. LGS/SBG/4/08/2009, ABB.: Nr. 3167694, 3167699, 3167701, 3167704, 3167705, 3167721, 3167727 (protokolliert zu hg. Zl. 2009/09/0159), und

2.) Zl. LGS/SBG/4/08/2009, ABB.: 3171752 (protokolliert zu hg. Zl. 2009/09/0160), betreffend Untersagung von Entsendungen nach § 18 AuslBG, den Beschluss gefasst:

Normen

11997E049 EG Art49;
11997E050 EG Art50;
12003TN10/01 Beitrittsvertrag Ungarn - 1/Freizügigkeit Art24;
12010E267 AEUV Art267;
31996L0071 Entsende-RL Art1 Abs3 litc;
AÜG §4 Abs2;
AuslBG §18 Abs12;
AVG §38;
VwGG §38b;
VwGG §62;
11997E049 EG Art49;
11997E050 EG Art50;
12003TN10/01 Beitrittsvertrag Ungarn - 1/Freizügigkeit Art24;
12010E267 AEUV Art267;
31996L0071 Entsende-RL Art1 Abs3 litc;
AÜG §4 Abs2;
AuslBG §18 Abs12;
AVG §38;
VwGG §38b;
VwGG §62;

 

Spruch:

Die Beschwerdeverfahren werden bis zur Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union über die Ersuchen des Raad van State in den verbundenen Rechtssachen C-307/09 bis C-309/09 sowie des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg in der Rechtssache C-241/10 ausgesetzt.

Begründung

Die Beschwerdeführerin zeigte der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung des Bundesministeriums für Finanzen auf Grund eines zwischen ihr und einem namentlich genannten inländischen Unternehmen geschlossenen "Werkvertrages" die Entsendung von mehreren ungarischen Staatsangehörigen zur Erfüllung eines der Beschwerdeführerin von dem inländischen Unternehmen erteilten Auftrages für Fleischzerlegungsarbeiten in deren Betrieb an.

Die Behörde erster Instanz untersagte mit Bescheiden vom 16. April 2009 (betreffend die hg. Zl. 2009/09/0159) und vom 20. April 2009 (betreffend die hg. Zl. 2009/09/0160) die Entsendung.

Die dagegen erhobenen Berufungen wurden mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es handle sich bei den angezeigten Arbeitsleistungen infolge gänzlicher Kongruenz der Unternehmensgegenstände des entsendenden Unternehmens und des Empfängerunternehmens nicht um die Erfüllung eines Werkvertrages, sondern um Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des § 4 Abs. 2 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), diese sei nicht von § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) erfasst.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden.

In den verbundenen Rechtssachen C-307/09 bis C-309/09 hat der Raad van State dem Gerichtshof der Europäischen Union die Fragen vorgelegt, ob Art. 49 und 50 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung, wonach für die Entsendung von Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG eine Beschäftigungserlaubnis erforderlich ist, entgegenstehen (Pkt. 1.), sowie, anhand welcher Kriterien zu bestimmen sei, ob eine Entsendung von Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG vorliegt (Pkt. 2.).

In der Rechtssache C-241/10 lautete die vom Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg an den Gerichtshof der Europäischen Union herangetragene Frage:

"Ist Anhang X der Liste nach Art. 24 der Beitrittsakte der Republik Ungarn zur Europäischen Union (1. Freizügigkeit) so zu verstehen, dass Arbeitskräfteüberlassung von Ungarn nach Österreich nicht als Entsendung von Arbeitnehmern anzusehen ist und nationale Beschränkungen für die Beschäftigung von ungarischen Arbeitnehmern in Österreich in ebensolcher Weise auch für von ungarischen Unternehmen überlassene (und dort ordnungsgemäß beschäftigte) ungarische Arbeitnehmer in Österreich gelten?"

Der Präsident des Gerichtshofes der Europäischen Union hat im Verfahren C-241/10 mit Entscheidung vom 2. Juli 2010 das Verfahren gemäß Art. 82a Abs. 1 Buchstabe b der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen Union bis nach der Urteilsverkündung in den verbundenen Rechtssachen C-307/09 bis C- 309/09 ausgesetzt.

Die dem Gerichtshof der Europäischen Union in den angeführten Verfahren vorgelegten, oben wiedergegebenen Fragen sind auch für die gegenständlichen Beschwerdeverfahren von entscheidender Bedeutung, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Union in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Unionsrechtes von diesem zu entscheiden sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in den gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor einer Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union daher noch keine Entscheidung getroffen und nunmehr die Entscheidung über die vorliegenden Beschwerdeverfahren gemäß § 62 VwGG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union über diese Fragen ausgesetzt.

Wien, am 30. September 2010

Stichworte