VwGH 2008/22/0150

VwGH2008/22/015014.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/30, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Jänner 2008, Zl. 317.270/2- III/4/2007, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den noch während der Geltung des (am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines mazedonischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 21 Abs. 1 und 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer strebe die Familienzusammenführung mit seiner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehefrau an. Er sei am 11. November 2003 unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag habe er einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei in erster Instanz rechtskräftig (Datum des Eintritts der Rechtskraft: 4. Jänner 2005) abgewiesen worden.

Die Eheschließung mit der österreichischen Staatsbürgerin S sei am 23. Juni 2004 im Inland erfolgt. Daraufhin sei vom Beschwerdeführer am 30. Juni 2004 der gegenständliche Antrag gestellt worden. Er habe sich zu dieser Zeit im Bundesgebiet aufgehalten und sei auch danach hier geblieben. Der durchgehende Aufenthalt im Inland sei auch durch seine "dokumentierte unerlaubte Erwerbstätigkeit (...) bekräftig(t)".

Da der Beschwerdeführer keine der in § 21 Abs. 2 NAG genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Antragstellung in Inland erfülle, stehe der Bewilligung seines Antrages § 21 Abs. 1 NAG, wonach der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und die Entscheidung im Ausland abzuwarten gewesen wäre, entgegen.

Bei der nach den §§ 72, 74 NAG vorzunehmenden Überprüfung, ob die Inlandsantragstellung von Amts wegen zuzulassen sei, stellte die belangte Behörde darauf ab, das Bundesasylamt habe rechtskräftig festgestellt, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevanten Gründe aufzuweisen habe und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung (in sein Heimatland) zulässig sei. Seine Einreise sei unrechtmäßig erfolgt, sein Aufenthalt jedenfalls ab Rechtskraft des Bescheides des Bundesasylamtes unrechtmäßig. Da weder eine Gefährdung noch eine Bedrohung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland gegeben sei, seien keine humanitären Gründe im Sinn des § 72 NAG zu erkennen gewesen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Inlandsantragstellung lägen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer hat unbestritten den Erstantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels im Inland gestellt und die Entscheidung über den Antrag hier abgewartet. Soweit er die Ansicht vertritt, auf seinen noch während der Geltung des FrG gestellten Antrag wäre § 21 Abs. 1 NAG nicht anwendbar und er wäre auch im Verfahren insoweit anzuleiten gewesen, als ihm die Möglichkeit eingeräumt hätte werden müssen, das der Bewilligung entgegenstehende Hindernis durch Ausreise zu beseitigen, wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 27. September 2010, 2008/22/0807, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof näher dargelegt hat, dass diese Rechtsansichten nicht der Rechtslage entsprechen.

Im vorliegenden Fall kommt sohin das Recht, die Entscheidung über den Antrag im Inland abwarten zu dürfen, nur gemäß § 74 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG (ebenfalls in der Stammfassung) vor, ist ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland - einschließlich des Abwartens der Entscheidung über den Antrag im Inland - zuzulassen, wobei die Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbewilligung zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch (etwa auf Familiennachzug) besteht (vgl. auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis 2008/22/0807, mwN).

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Begründung des angefochtenen Bescheides lasse jegliche Interessenabwägung vermissen. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass durch Teile der Bescheidbegründung dieser Eindruck entstehen könnte. Dennoch ist der belangten Behörde anhand des Bescheidinhaltes zuzubilligen, dass sie eine - zwar bloß kursorische, letztlich aber hinreichende - Interessenabwägung vorgenommen hat. Sie verwies nämlich in ihrer Bescheidbegründung zum mangelnden Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe iSd § 72 NAG auf die unrechtmäßige Einreise des Beschwerdeführers und seinen seit Abschluss des Asylverfahrens unrechtmäßigen Aufenthalt. Auch die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin und die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers im Inland wurden von der belangten Behörde ausdrücklich festgestellt. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Jänner 2010, 2009/22/0022, ausgesprochen, der Bescheidbegründung, "ein weiteres Eingehen" auf die persönlichen Verhältnisse im Hinblick auf Art. 8 EMRK sei "entbehrlich", komme in solchen Fällen - wenn ansonsten eine Interessenabwägung erkennbar ist - kein eigenständiger Begründungswert zu (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2008/22/0688).

Angesichts des bis Bescheiderlassung bloß etwas mehr als vierjährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers und seines in dieser Zeit unsicheren Aufenthaltsstatus, kann aber auch der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin sowie der bisherigen Beschäftigung des Beschwerdeführers nicht ein solches Gewicht beigemessen werden, dass ihm im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung infolge Art. 8 EMRK das Recht auf Zulassung der Inlandsantragstellung einzuräumen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer im Übrigen auf seine eigenen Ausführungen in der Beschwerde (ein gleichlautendes Vorbringen enthielt auch bereits die im Verwaltungsverfahren eingebrachte Berufung) hinzuweisen, wonach er, hätte er das Erfordernis der Antragstellung bzw. des Abwartens der Entscheidung im Ausland gekannt oder wäre er darüber belehrt worden, ohnedies ausgereist wäre und den Antrag im Ausland gestellt hätte.

Sohin kann dem behaupteten Begründungsmangel im vorliegenden Fall keine Relevanz für den Ausgang des Verfahrens zukommen, weshalb der Ansicht der belangten Behörde, einer Bewilligung des gegenständlichen Antrages stehe das Nichterfüllen des Erfordernisses des § 21 Abs. 1 NAG entgegen, fallbezogen nicht als rechtswidrig erkannt werden kann.

Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 14. Dezember 2010

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