VwGH 2008/21/0553

VwGH2008/21/055329.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Ardaggerstraße 14, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 5. August 2008, Zl. 152.067/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein 1970 geborener pakistanischer Staatsangehöriger, reiste am 18. November 2003 auf dem Luftweg nach Österreich ein. Der in der Folge gestellte Asylantrag wurde mit Bescheid vom 3. Juni 2004 erstinstanzlich abgewiesen, seine (insbesondere) Abschiebung nach Pakistan für zulässig erklärt und die Ausweisung des Beschwerdeführers verfügt. Die dagegen erhobene Berufung wurde am 20. Dezember 2006 zurückgewiesen, nachdem der Beschwerdeführer unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe am 12. Dezember 2006 in sein Heimatland ausgereist war.

Davor hatte der Beschwerdeführer am 27. September 2006 vor dem Standesamt Amstetten die 1958 geborene österreichische Staatsbürgerin Anna K. geheiratet. Unter Berufung auf diese Ehe stellte er am 9. Jänner 2007 bei der österreichischen Botschaft in Islamabad einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger".

Diesen Antrag wies die Bezirkshauptmannschaft Amstetten (BH) mit dem im Namen des Landeshauptmannes von Niederösterreich erlassenen Bescheid vom 1. April 2008 wegen des Vorliegens einer Aufenthaltsehe ab.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 5. August 2008 gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 iVm § 30 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG abgewiesen.

In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf die Bestimmung des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG, der zufolge einem Fremden ein Aufenthaltstitel (u.a.) dann nicht erteilt werden darf, wenn eine Aufenthaltsehe (§ 30 Abs. 1 NAG) vorliegt. Nach dem genannten § 30 Abs. 1 NAG dürften sich nämlich Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führen, für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen. Die belangte Behörde kam sodann ausgehend von näher begründeten beweiswürdigenden Überlegungen fallbezogen zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit Anna K. nur zu dem Zweck geschlossen habe, um ein Aufenthaltsrecht für die Republik Österreich von einer österreichischen Staatsangehörigen ableiten zu können. Demnach stehe fest, dass in diesem Fall eine Aufenthaltsehe vorliege, weshalb dem Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG zwingend ein Aufenthaltstitel zu versagen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die für die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" (§ 47 Abs. 1 und 2 NAG) von der belangten Behörde herangezogenen Rechtsgrundlagen - § 11 Abs. 1 Z 4 NAG iVm § 30 Abs. 1 NAG in der hier maßgeblichen Stammfassung - lauten samt Überschriften:

"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

...

4. eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

Aufenthaltsehe und Aufenthaltsadoption

§ 30. (1) Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen."

Aus den zitierten Bestimmungen ergibt sich, dass ein Aufenthaltstitel bei Vorliegen einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs. 1 NAG zwingend nicht zu erteilen ist. Bei § 11 Abs. 1 Z 4 NAG handelt es sich um einen absoluten Versagungsgrund (vgl. aus der letzten Zeit etwa das Erkenntnis vom 27. Jänner 2010, Zl. 2009/21/0385, mwN).

Zunächst kritisiert der Beschwerdeführer die für ihn nach § 21 Abs. 1 NAG bestehende Pflicht, den gegenständlichen Erstantrag vom Ausland aus zu stellen und dessen Erledigung dort abzuwarten, wodurch in unzumutbarer Weise ein gemeinsames Familienleben mit seiner Ehefrau verhindert werde. Der Vorwurf der belangten Behörde, er führe mit seiner Ehefrau kein gemeinsames Familienleben, sei demnach "völlig unberechtigt und unqualifiziert", weil das durch den Gesetzgeber selbst verhindert werde.

Soweit in diesem Zusammenhang in der Beschwerde auch verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen werden, ist darauf nicht weiter einzugehen, weil der Beschwerdeführer der Pflicht nach § 21 Abs. 1 NAG ohnehin entsprochen hat und demzufolge die Abweisung des gegenständlichen Antrages auch nicht auf die genannte Bestimmung gestützt wurde, sodass es schon an der für einen entsprechenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof erforderlichen Präjudizialität fehlt. Anzumerken ist allerdings, dass die Beschwerdebehauptung, der Verfassungsgerichtshof habe "die Bestimmung der Auslandsantragstellung aufgehoben", nicht zutrifft.

Das erwähnte Beschwerdevorbringen wird aber erkennbar auch zur Bekämpfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde erstattet und dazu ergänzt, es sei eine Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin "zusammen bleiben möchte" und dies die aktuelle Gesetzeslage derzeit verhindere. In diesem Zusammenhang führt der Beschwerdeführer noch aus, es sei darüber hinaus "diskriminierend", seiner Gattin die Anzahl der von ihr eingegangenen Ehen vorzuwerfen. Es gebe zahlreiche Österreicher, die öfter verheiratet seien. Es komme nicht auf die Anzahl, sondern allein auf die Beurteilung der gegenständlichen Ehe an, wozu die belangte Behörde "bestenfalls Vermutungen und Verdachtsmomente beisteuern kann". Dass die Ehegattin des Beschwerdeführers "gewisse Daten" nicht "auswendig sagen" könne, sei lediglich ein Scheinargument. "Wirkliche Beweisergebnisse" zur Begründung der Versagung der "Niederlassungsbewilligung" lägen nicht vor.

Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat nämlich nicht nur darauf verwiesen, dass es sich für Anna K. bei der Ehe mit dem Beschwerdeführer um ihre insgesamt 7. Ehe handelt, sondern diesbezüglich auch ins Treffen geführt, dass sie (zuletzt) dreimal mit ausländischen Staatsangehörigen verheiratet gewesen sei und zu diesen Ehen nur wenige Angaben habe machen können. Letzteres wird aber in der Beschwerde nicht bestritten. Im Zusammenhalt mit der von Anna K. bei ihrer Vernehmung am 17. Oktober 2007 auch gezeigten und von der belangten Behörde hervorgehobenen Unkenntnis hinsichtlich wesentlicher Daten betreffend den Beschwerdeführer (z.B. Vornamen, Geburtsjahr, persönliche Verhältnisse) konnten diese Umstände daher insgesamt durchaus als ausreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe gewertet werden. So konnte die Ehefrau des Beschwerdeführers beispielsweise auch dessen Wohnadresse, wo sie ihn ihren Angaben zufolge vor der Eheschließung etwa zehnmal besucht habe, nicht angeben. Weiters wusste sie nicht, ob es sich bei dem Trauzeugen des Beschwerdeführers um einen Arbeitskollegen oder Freund handle und sie konnte dessen Namen nicht nennen. Zu Recht hat die belangte Behörde aber vor allem darauf verwiesen, dass Anna K. den Vornamen ihres Mannes unrichtig mit "Tarip" und auch das Geburtsjahr falsch mit "1974" angegeben hat.

Vor diesem Hintergrund bestehen somit - im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof insoweit nur eingeschränkt zukommenden Prüfungsbefugnis - keine Bedenken gegen die behördliche Beweiswürdigung, sodass von den im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zur Schließung einer Aufenthaltsehe auszugehen ist. Auf dieser Basis hat die belangte Behörde aber zu Recht angenommen, dass der Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG vorliegend gegeben ist, und sie hat somit zutreffend die von der BH vorgenommene Antragsabweisung bestätigt.

Zur Vollständigkeit sei aber noch angemerkt, dass das gegen den Beschwerdeführer im Instanzenzug ergangene und am 12. Jänner 2009 erlassene Aufenthaltsverbot, dem ebenfalls die Annahme des Bestehens einer Aufenthaltsehe mit Anna K. zugrunde liegt, in Rechtskraft erwachsen ist und somit der Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels nunmehr auch der zwingende Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 1 NAG entgegen stünde.

Die Beschwerde war aber schon aus den vorgenannten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 29. April 2010

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