VwGH 2008/16/0120

VwGH2008/16/01208.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der PGmbH & Co KEG in W, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 18. Juli 2008, Zl. RV/3349- W/07, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §293b;
BAO §93 Abs2;
GrEStG 1987 §5 Abs1 Z1;
BAO §293b;
BAO §93 Abs2;
GrEStG 1987 §5 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 26. Mai 2003 schlossen RA Dr. P S als Masseverwalter im Konkurs der K GmbH als Verkäufer und die Beschwerdeführerin als Käuferin einen Kaufvertrag über die Liegenschaften X und Y zum Kaufpreis von EUR 1,400.000,--, wobei vereinbart wurde, dass eine (einvernehmlich mit EUR 1,000.000,-- bewertete) Leibrentenverpflichtung in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen und der Betrag von EUR 400.000,-- bar bezahlt wird.

Punkt 3 des Kaufvertrages lautet:

"III.

Stichtag der Übergabe

1. Stichtag der Übergabe ist der 1. (erste) Juni 2003 (zweitausenddrei), Null Uhr.

2. Verrechnungen und Abgeltungen für die Nutzung der Liegenschaft in der Zeit vom 1. Juli 2002 bis 31.5.2003 finden in keine Richtung statt. Der Käuferin ist das mit der KBGmbH mit Wirkung vom 1. Mai 2003 geschlossene Mietverhältnis gemäß Mietanbot (Beilage ./1) bekannt."

Der vom verkaufenden Masseverwalter mit der KBGmbH geschlossenen Mietvertrag enthält einen Punkt "III. Mietzins", der - auszugsweise - folgenden Wortlaut hat:

"1. Der Mietzins beträgt EUR 17.500,-- (Euro siebzehntausendfünfhundert) monatlich netto zuzüglich der auf das Mietobjekt entfallenden anteiligen Betriebskosten, jedoch ohne Umsatzsteuer (§ 6 Abs 1 Z 16 UStG).

...

6. Der Mieter verpflichtet sich, dem Vermieter bei Vertragsbeginn eine Mietzinsvorauszahlung von EUR 1.893.000,-

(Euro eine Million achthundertdreiundneunzigtausend) zu bezahlen, die - unter Berücksichtigung der vereinbarten Abzinsung - die einen Teil der Mietzinszahlungen, entsprechend EUR 10.000,-

pro Monat, für die Zeit ab 1.5.2003 bis 30.4.2023 darstellt. Dieser Mietzinsvorauszahlungsbetrag kann vom Mieter gegenüber der Konkursmasse der K Gesellschaft m.b.H. auch für den Fall, dass das Bestandsverhältnis nicht zwanzig Jahre dauern sollte, nicht zurückgefordert werden.

7. Festgehalten wird, dass der andere Teil des monatlichen Mietzinses von EUR 7.500,- (Euro siebentausendfünfhundert) in dieser Zeit monatlich und wertgesichert an den Vermieter zu bezahlen ist, und dass ab 1.4.2023 wiederum der volle Mietzins von EUR 17.500,- monatlich, wertgesichert, an den Vermieter zu zahlen sein wird."

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 24. Juli 2007 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern (im Folgenden kurz: Finanzamt) für einen "Kaufvertrag vom 16. Juni 2003 mit S" gegenüber der PGmbH (das ist die Komplementärin der Beschwerdeführerin) Grunderwerbsteuer gem. § 201 BAO ausgehend von einer Gegenleistung von EUR 3,293.000,-- mit 3,5 % (= EUR 115.255,-

-) fest. Ausgehend von einem selbstberechneten Betrag in der Höhe von EUR 49.000,-- ergab sich daraus eine Nachforderung von EUR 66.255,--.

Dagegen berief die Bescheidadressatin (nämlich die Komplementärin der nunmehrigen Beschwerdeführerin) worauf der Bescheid vom 24. Juli 2007 vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 10. September 2007 mit der Begründung aufgehoben wurde, die Bescheidadressatin sei gar nicht Vertragspartnerin gewesen.

Diese Berufungsvorentscheidung wiederum wurde mit Aufhebungsbescheid vom 7. Jänner 2008 gem. § 299 BAO wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufhoben. Noch am gleichen Tag erging eine neuerliche Berufungsvorentscheidung des Finanzsamtes, mit der in Abänderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 24. Juli 2007 die Grunderwerbsteuer mit EUR 0,00 festgesetzt wurde, und zwar wiederum mit der Begründung, die Bescheidadressatin (nämlich die Komplementärin der Beschwerdeführerin) sei nicht Vertragspartnerin gewesen. Diese Berufungsvorentscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 24. September 2007 hatte inzwischen das Finanzamt der nunmehrigen Beschwerdeführerin gegenüber für den Kaufvertrag vom 26. Mai 2003 Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 3,293.000,-- (Kaufpreis EUR 1,400.000,-- + Mietzinsvorauszahlung in Höhe von EUR 1,893.000,--) mit 3,5 % (= EUR 115.255,--) vorgeschrieben.

Dagegen hatte die Beschwerdeführerin berufen, wobei sie sich darauf stützte, der sich aus der Selbstberechnung ergebende Betrag von EUR 49.000,-- sei bereits entrichtet worden und hätte daher berücksichtigt werden müssen; im Übrigen sei die Erlassung eines Bescheides gemäß § 201 BAO unzulässig gewesen, weil es an den Voraussetzungen dafür gefehlt habe; schließlich dürfe die Mietzinsvorauszahlung der Bemessungsgrundlage nicht hinzugerechnet werden, weil das Mietanbot nicht an die Beschwerdeführerin, sondern an den verkaufenden Masseverwalter ergangen sei. Mieterin sei die KBGmbH geworden; der Mietvertrag habe mit dem Erwerb durch die Beschwerdeführerin nichts zu tun und sei daher die Mietzinsvorauszahlung in die Gegenleistung nicht einzubeziehen.

Die belangte Behörde gab der Berufung nur teilweise Folge, in dem sie ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 3,283.000,-

- die Grunderwerbsteuer mit EUR 114.905,-- festsetzte; im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde stellt in ihrem Bescheid zunächst fest, dass die Komplementärin der Beschwerdeführerin die für den zunächst durch sie durchgeführten Grundstückserwerb angefallene Grunderwerbsteuer bezahlt hat, indem der betreffende Betrag auf das Abgabenkonto der Komplementärin überwiesen wurde. Ein Antrag auf Umbuchung dieses Betrages auf das Steuerkonto der nunmehrigen Beschwerdeführerin sei nie erfolgt; schon deshalb hätte eine Umbuchung und Anrechnung dieses Betrages auf die Steuer der Beschwerdeführerin nicht erfolgen dürfen.

Für die Beschwerdeführerin selbst sei nie eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer erfolgt. Ihr gegenüber sei Grunderwerbsteuer mit Bescheid gemäß § 92 BAO festgesetzt worden. Die von der Mieterin an die Veräußerin geleistete Mietzinsvorauszahlung sei in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil sie eine Nutzung (und zwar Früchte) des Grundstückes darstelle, die an sich auf den Erwerber übergehe. Behalte sich der Veräußerer die Nutzung bzw. die Früchte der Nutzung durch einen Dritten vor, so sei darin ein Vorteil gelegen, der das Entgeld für die Hingabe des Grundstücks erhöhe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterlassung der Festsetzung und Vorschreibung von Grunderwerbsteuer sowie auf Gutschrift der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 49.000,-- auf ihr Abgabenkonto verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Was zunächst die Argumentation der Beschwerdeführerin dahin anlangt, die von ihrer Komplementärin im Wege der Selbstberechnung entrichtete Grunderwerbsteuer (in Höhe von EUR 49.000,--) hätte zu einer Berichtigung der Parteibezeichnung gemäß § 293 b BAO auf die Beschwerdeführerin und daher zur Zurechnung an die Beschwerdeführerin führen müssen, ist auf Folgendes zu verweisen:

In dem mit Erkenntnis vom heutigen Tag abgeschlossenen Verfahren Zl. 2008/16/0141 wurde die Frage, ob gegenüber der Komplementärin der Beschwerdeführerin für den zunächst von ihr durchgeführten Erwerb derselben Grundstücke in Anwendung des § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG keine Grunderwerbsteuer festzusetzen war (was die dortige Beschwerdeführerin anstrebte) verneint. Damit ist aber der Argumentation der Beschwerde hier von vornherein der Boden entzogen, weil eben die Komplementärin der Beschwerdeführerin für den zunächst von ihr selbst durchgeführten Erwerb selbst jedenfalls Grunderwerbsteuer zu bezahlen hatte und der im Wege der Selbstberechnung entrichtete Betrag dort anzurechnen war. Betreffend die angestrebte "Richtigstellung" der Parteibezeichnung von der Komplementärin auf die Beschwerdeführerin selbst, ist die Beschwerde darauf zu verweisen, dass nach ständiger hg. Judikatur für eine Richtigstellung immer dann kein Raum ist, wenn dadurch das jeweilige Rechtssubjekt des Verfahrens ausgetauscht werden sollte (siehe dazu zB das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2006/16/0199 mwN).

In zweiter Linie wendet sich die Rechtsrüge der Beschwerde gegen die Einbeziehung der von der Mieterin an den Masseverwalter als Verkäufer geleisteten Mietzinsvorauszahlung in die Bemessungsgrundlage.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Nach § 5 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

In diesem Sinn ist die Beschwerde darauf zu verweisen, dass nach dem (schon von der belangten Behörde zutreffend zitierten) hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1996, Zl. 93/16/0127 unter anderem eine vom Mieter an den Veräußerer geleistete Mietzinsvorauszahlung eine "vorbehaltene Nutzung" darstellt, wenn sie dem Veräußerer verbleibt (siehe dazu insbesondere die im zitierten hg. Erkenntnis angeführte Literatur). Der vorliegende Beschwerdefall bietet keinerlei Anlass, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden und braucht auf die übrigen Beschwerdeargumente, die sich ausgehend von der im angefochtenen Bescheid zu Recht vertretenen Rechtsmeinung insgesamt als irrelevant erweisen, gar nicht mehr weiter eingegangen zu werden. Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang nur bleiben, dass der Vorwurf der Beschwerde, der angefochtene Bescheid sei nicht gesetzmäßig begründet, jeder Rechtsgrundlage entbehrt. Ganz im Gegenteil, der angefochtene Bescheid ist in jeder Richtung so begründet, dass er einer nachprüfenden Kontrolle zugänglich war.

Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG), wobei aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung Abstand zu nehmen war, zumal der vorliegende Fall nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK (civil rights) fällt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 8. September 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte