VwGH 2008/15/0241

VwGH2008/15/024124.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des RI in L, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 8. Juli 2008, Zl. RV/0310-F/07, betreffend Einkommensteuer 2005, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §30;
EStG 1988 §31;
EStG 1988 §16;
EStG 1988 §27;
EStG 1988 §30;
EStG 1988 §31;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 2005 als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, der Beschwerdeführer habe in der Einkommensteuererklärung 2005 u.a. negative Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von EUR 52.121,10 erklärt. Im Schreiben vom 9. März 2007 habe er dazu erläuternd ausgeführt, er sei Gesellschafter einer mittlerweile liquidierten - näher bezeichneten - GmbH gewesen. Die GmbH habe eine Maschinenbruchversicherung bei einer Versicherungs AG abgeschlossen gehabt. Im September 2000 sei es zum Schadensfall an einer Maschine gekommen, der in diesem Versicherungsvertrag gedeckt geschienen habe. Die Gesamtforderung an die Versicherungs AG habe sich auf EUR 120.782,-- belaufen. Davon seien im Jahr 2001 EUR 14.098,53 ausbezahlt worden. Abzüglich dieser Akontozahlung und des Selbstbehaltes sei eine Forderung von EUR 105.230,01 stehen geblieben.

Über das Vermögen der GmbH sei im Jänner 2002 das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Masseverwalter habe sich geweigert, die Versicherungs AG auf Zahlung dieser restlichen Forderung zu klagen. Nach längerer Diskussion, und einem Einschreiten gegen den Masseverwalter beim Konkursgericht, habe sich der Beschwerdeführer mit dem Masseverwalter geeinigt, die Forderung zu übernehmen. Er habe die Forderung gegen die Versicherungs AG in Höhe von EUR 105.230,01 um EUR 5.000,-- erworben und diese umgehend eingeklagt. Mit Urteil vom 5. August 2005 sei die Klage abgewiesen worden. Bei der Beurteilung dieses Sachverhaltes sei er auf die Subsumierung unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 gekommen. Bei einer Stattgabe der Klage hätte er die Differenz zwischen Forderungskauf in Höhe von EUR 5.000,-- und der noch offenen Forderung an die Versicherungs AG in Höhe von EUR 105.230,01, sohin EUR 100.230,01 als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert. Dass die Klage nicht erfolgreich gewesen sei, habe keinen Einfluss auf die einkommensteuerliche Behandlung der Aufwendungen. Die gesamten Prozesskosten in Höhe von EUR 52.121,10 würden Werbungskosten im Zusammenhang mit nicht endbesteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen. Er habe durch die Aufwendungen positive Einkünfte erzielen wollen. Der objektive Zusammenhang zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen und den verlorenen Aufwendungen sei zwingend gegeben. Er habe sich erst nach Weigerung des Masseverwalters, die Versicherungssumme für die GmbH einzuklagen, entschlossen, die Klage gegen die Versicherungs AG auf eigene Gefahr und eigene Kosten einzubringen. Nach seinem subjektiven Empfinden sei die Versicherungs AG verpflichtet gewesen, für den Maschinenschaden aufzukommen.

Den Erwerb der Forderung in Höhe von EUR 5.000,-- als Substanzverlust habe er nicht angesetzt, sondern lediglich die mit der Sicherung der Einkünfte aus Kapitalvermögen entstandenen Prozesskosten.

Das Finanzamt habe die Prozesskosten im Einkommensteuerbescheid 2005 mit der Begründung, im Falle des Kaufes der Forderung gegen die Versicherungs AG liege ein Spekulationsgeschäft vor, unberücksichtigt gelassen.

Die dagegen erhobene Berufung habe das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen.

Im Vorlageantrag habe der Beschwerdeführer vorgetragen, beim Erwerb der gegenständlichen Forderung habe es sich weder um einen Schuldner mit zweifelhafter Bonität gehandelt, noch sei die Forderung aus seiner Sicht vom Bestand oder vom Umfang her zweifelhaft gewesen. Der Umstand, dass der Prozess schlussendlich doch nicht zum Erfolg geführt habe, sei dadurch veranlasst gewesen, dass vom Geschäftsführer der in Konkurs verfallenen GmbH gegenüber der Versicherungs AG vorvertragliche Pflichten nicht eingehalten worden seien. Dieser Umstand sei ihm zum Zeitpunkt des Erwerbes der Forderung nicht bekannt gewesen. Erst im Verlauf des Prozesses sei dieser Umstand hervorgekommen. Somit habe es sich zum Zeitpunkt des Erwerbes nicht um den Erwerb einer vom Bestand oder vom Umfang her ungewissen Forderung gehandelt.

In Beantwortung eines Vorhaltes der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer vorgetragen, er habe EUR 5.000,-- für den Kapitalstamm aufgewendet. Die eingeklagte Schadenersatzleistung hätte EUR 100.230,02 Vermögensvermehrung bedeutet. Diese sei gemäß § 27 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 als Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art einkommensteuerpflichtig. 4,77 % der eingeklagten Schadenersatzleistung fielen auf die Anschaffungskosten (EUR 5.000,--) der Forderung, sodass 4,77 % der Prozesskosten, sohin EUR 2.486,18 nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Die restlichen Prozesskosten stünden eindeutig im Zusammenhang mit der vergeblichen Einziehung von Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2008 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Kaufpreis der Forderung EUR 2.500,-- und nicht wie irrtümlich bisher angegeben EUR 5.000,-- betragen habe.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, strittig sei, ob die im Zusammenhang mit der klagsweise Geltendmachung der vom Beschwerdeführer gekauften Forderung gegen die Versicherungs AG aufgelaufenen Prozesskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 (Beschwerdeführer) in Abzug gebracht werden können oder ob es sich um "vergebliche Werbungskosten" im Rahmen der Einkünfte aus Spekulation im Sinne des § 30 EStG 1988 (Finanzamt) handle, die nicht in Abzug gebracht werden könnten.

Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gehörten gemäß § 29 Z. 2 EStG 1988 zu den sonstigen Einkünften. Grundsätzlich würden nur Gewinne der Spekulationsbesteuerung unterworfen; Verluste könnten nur innerhalb der Spekulationseinkünfte ausgeglichen werden. Dem Finanzamt sei darin zu folgen, dass "vergebliche Werbungskosten" bei Spekulationsgeschäften nicht abzugsfähig seien. Da das Spekulationsgeschäft erst vorliege, wenn alle Tatbestandselemente erfüllt seien, insbesondere das Veräußerungsgeschäft vorliege, seien Werbungskosten dann nicht abzugsfähig, wenn ein Spekulationsgeschäft zwar beabsichtigt gewesen, tatsächlich aber nicht durchgeführt worden sei. Die belangte Behörde schließe sich der Ansicht des Beschwerdeführers an, wonach die Einziehung einer Forderung einer Veräußerung nicht gleichzuhalten sei, zumal die Veräußerung eine beabsichtigte Änderung in der Person des wirtschaftlichen Eigentümers voraussetze bzw. die Vereinbarung auf die Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut gerichtet sein müsse. Selbst wenn man aber die Einziehung einer Forderung der Veräußerung gleichhalten würde, könnte mangels tatsächlicher Einziehung - die Klage gegen die Versicherungs AG sei abgewiesen worden - im gegenständlichen Fall nicht von einem Spekulationsgeschäft ausgegangen werde.

Ein Abzug der Prozesskosten als Werbungskosten im Rahmen von Einkünften aus Kapitalvermögen sei aber zu verneinen. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen werde der Begriff der Werbungskosten am engsten gefasst. Darunter fielen ausschließlich die mit der Erzielung der Erträge zusammenhängenden Aufwendungen, nicht aber die den Vermögensstand betreffenden Ausgaben.

Mit dem in Doralt/Kempf, EStG7, § 30 Tz. 36c beschriebenen Fall, wonach dann, wenn eine Forderung unter ihrem Nennwert gekauft und sodann zu ihrem Nennwert eingezogen werde, Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen, sei der vorliegende Fall in keiner Weise vergleichbar. Der Abtretungspreis von EUR 2.500,-- sei nicht deshalb in dieser Höhe bemessen worden, um "Zwischenzinsen" wegen späterer Fälligkeit zu berücksichtigen. Fallbezogen hätten die Prozesskosten daher auch für den Fall einer erfolgreichen Klagsführung und Einziehung (Erfüllung der Schuld) des Klagsbetrages nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Abzug gebracht werden können. Dies deshalb, weil im Unterschiedsbetrag zwischen dem vom Beschwerdeführer für den Erwerb der Forderung gegen die Versicherungs AG aufgewendeten Betrag und dem von ihm eingeklagten Betrag kein Entgelt für die Nutzungsüberlassung von Kapital erblickt werden könne und es damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen fehle. Für eine Berücksichtigung der strittigen Prozesskosten als "vergebliche Werbungskosten" bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sei sohin kein Raum.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer hält den im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Standpunkt aufrecht. Damit zeigt er jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Im Bereich der außerbetrieblichen Einkunftsarten werden Vorgänge der Vermögenssphäre - soweit sie nicht unter die §§ 30 und 31 EStG 1988 fallen - steuerlich nicht erfasst. Es ist daher stets zu unterscheiden, ob Einnahmen durch die Veräußerung von Vermögen oder durch die für eine Einkunftsquelle eigentümliche Betätigung entstehen. Bezüglich der Einkünfte aus Kapitalvermögen bedeutet das, dass nur die Erträgnisse des Kapitalstammes von Bedeutung sind, nicht hingegen der Kapitalstamm selbst, seine Wertsteigerungen und Wertminderungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 2008, 2006/13/0088, 0091). Diesem zitierten Erkenntnis lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer eine notleidende Forderung in Höhe von S 6 Mio. um S 900.000,-- gekauft und weitgehend bis zum vollen Nominale eingebracht hatte. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis zu Recht erkannt, dass dieser Vorgang keinem Einkünftetatbestand zu subsumieren sei. Werde eine Forderung deshalb unter dem Nominale gekauft, weil sie notleidend sei, und gehe sie dann im Privatvermögen zur Gänze ein, werde dieser wirtschaftliche Vorteil nicht von der Einkommensteuer erfasst. Ein anderer Fall läge vor, wenn die Forderung bloß im Hinblick auf ihre spätere Fälligkeit um einen Abzinsungsbetrag billiger erworben würde; in einem solchen Fall erzielte der Zessionar Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Abtretungspreis von EUR 2.500,-- nicht deshalb in dieser Höhe bemessen worden sei, um "Zwischenzinsen" wegen späterer Fälligkeit zu berücksichtigen. Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, die Höhe des Abzinsungsbetrages ergebe sich aus den Marktverhältnissen für die konkrete Forderung und werde sich im Allgemeinen aus dem Entgelt für die verspätete Einziehung des Kapitals zuzüglich einer Risikoprämie zusammensetzen, entfernt sie sich von diesen - in der Beschwerde nicht konkret bestrittenen - Feststellungen des angefochtenen Bescheides. Ist aber eine Forderung deshalb unter dem Nominale verkauft worden, weil sie notleidend oder - wie im Beschwerdefall - aus anderen Gründen risikobehaftet war, ist jeder Eingang auf diese Forderung nicht von der Einkommensteuer erfasst. Auch allfällige Kosten einer solchen Einbringlichmachung können daher - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - nicht als Werbungskosten angesehen werden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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