VwGH 2008/15/0178

VwGH2008/15/017814.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der B GmbH in G, vertreten durch Dr. Richard Benda und Dr. Christoph Benda, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Pestalozzistraße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 11. März 2008, Zl. RV/0137- G/07, betreffend u.a. Körperschaftsteuer 2002 bis 2005, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §28 Abs1 Z2;
KStG §12 Abs1 Z2;
KStG §8 Abs2;
EStG §28 Abs1 Z2;
KStG §12 Abs1 Z2;
KStG §8 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin, einer GmbH, gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Körperschaftsteuer für die Streitjahre als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, strittig sei, ob der Porsche 996 Carrera 4 Cabrio (kurz: Porsche) dem Betriebsvermögen zuzurechnen sei (Ansicht der Beschwerdeführerin) oder nicht (Ansicht des Finanzamtes). Die Beschwerdeführerin betreibe eine Spenglerei. Sie habe am 22. Februar 2002 den Porsche, Baujahr 2000, um den Kaufpreis von EUR 91.568,-- angeschafft, der mit dem bereits vorhandenen Opel Omega (Baujahr 1998) ein Wechselkennzeichen habe. Am 25. Februar 2002 habe der Gesellschaftergeschäftsführer einen Betrag von EUR 50.000,-- in bar auf das Bankkonto der Beschwerdeführerin einbezahlt. Dieser Betrag sei von der Beschwerdeführerin als Gesellschafterdarlehen behandelt worden. Die Zinsen seien als Betriebsausgaben abgesetzt worden.

Am 6. August 2003 sei der Opel Omega verkauft worden, der Porsche habe sich das Wechselkennzeichen mit einem am 31. Juli 2003 angeschafften Chrysler Jeep 4 Cargo (kurz: Chrysler) geteilt.

Am 29. Dezember 2003 sei der zu diesem Zeitpunkt wegen eines Elektronik-Getriebeschadens (laut Kaufvertrag) nicht fahrbereite Porsche um EUR 42.500,-- verkauft worden. Am 3. März 2004 sei der Porsche von der Beschwerdeführerin um den Kaufpreis von EUR 43.100,-- wieder erworben worden. Unbeschadet dieser Veräußerungsvorgänge sei die Zulassung des Porsche nie geändert worden.

Die Beschwerdeführerin habe am 31. August 2004 einen gebrauchten Mercedes ML 270 CDI (kurz: Mercedes) angeschafft.

Die Beschwerdeführerin habe in den Streitjahren im Zusammenhang mit dem Porsche die AfA, und die Aufwendungen für Versicherung, Treibstoff und Service als Betriebsausgaben abgezogen.

Im Zuge einer Außenprüfung habe das Finanzamt festgestellt, dass der Porsche nicht dem Betriebsvermögen zuzurechnen sei. Aus diesem Grunde habe es den im Zusammenhang mit dem Porsche abgesetzten Aufwendungen die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben versagt. Es habe jedoch auf Basis von Kilometergeld im Schätzungswege für die Streitjahre 2002 bis 2004 EUR 712,-- und für 2005 EUR 720,-- für "etwaige betriebliche Fahrten" als Betriebsausgaben anerkannt. Es habe dazu ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei es nicht gelungen, die überwiegende betriebliche Nutzung des Porsche nachzuweisen. Die Beschwerdeführerin habe kein Fahrtenbuch geführt. Beim Porsche handle es sich um ein Fahrzeug, das "durch seine Bauart und äußere Erscheinungsform bei einem Dachdeckerunternehmen nicht von vornherein als notwendiges Betriebsvermögen" angesehen werden könne. Auch wenn die Bauart und äußere Erscheinungsform für die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen nicht maßgebend seien, ließen sie jedoch die Annahme einer privaten (Mit-)Veranlassung eines solchen Ankaufes zu. Die zur Anschaffung des Porsche zeitnahe Darlehensgewährung des Gesellschaftergeschäftsführers an die Beschwerdeführerin deute ebenso wie der Umstand der "nicht gesondert polizeilichen Anmeldung" auf eine private Motivation hin.

In der Berufung habe die Beschwerdeführerin wie bereits im Prüfungsverfahren behauptet, der Porsche werde ausschließlich betrieblich genutzt. Zum Zeitpunkt der Anschaffung des Porsche sei der bereits vier Jahre im Betriebsvermögen befindliche Opel in einem schlechten Allgemeinzustand gewesen. Im Wesentlichen sei nur mehr der Porsche als Betriebsfahrzeug eingesetzt worden, der "zerrüttete" Opel nur mehr zeitweise. Wegen seiner sichtbaren Abnutzung habe sich der Opel als schlecht verkäuflich erwiesen und sei deshalb bis August 2003 im Betriebsvermögen geblieben. Bei dem neu angeschafften Chrysler habe es sich um ein Doppelkabinenfahrzeug mit hinten geschlossenem Aufbau, ohne Seitenfenster sowie Dachgalerie, somit um einen LKW, gehandelt. Das Wechselkennzeichen sei aus Kostengründen auf den Chrysler übernommen worden. Es sei erwiesen, dass der Porsche in der Zeit vom 6. August 2003 bis 29. Dezember 2003 sowie vom 3. März 2004 bis zum 31. August 2004 der einzige PKW im Unternehmen gewesen sei. Die Nutzung durch verschiedene Personen und der massive Einsatz hätten dem Porsche "nicht gut getan". Der nicht mehr fahrbereite Porsche sei deshalb im Dezember 2003 verkauft worden und der Gesellschaftergeschäftsführer habe die betriebsnotwendigen Fahrten mit seinem privaten PKW erledigt. Der Beschwerdeführerin sei der reparierte und fahrtaugliche Porsche zu einem im Vergleich zum Verkaufspreis nur geringfügig höheren Kaufpreis angeboten worden. Dieser sei daher an Stelle des Ankaufes eines Neufahrzeuges wieder "zurückgenommen" worden. Die polizeiliche Nichtabmeldung des Porsche lasse sich damit erklären, dass der Chrysler mit dem Wechselkennzeichen gefahren sei und der Käufer des Porsche diesen erst zu reparieren gehabt habe, weshalb er an einer polizeilichen Anmeldung nicht interessiert gewesen sei.

Bezüglich der Darlehensgewährung für die Anschaffung des Porsche habe es für die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Kosten durchaus Sinn gemacht, kurzfristig Geld nicht von der Bank auszuleihen. Das Darlehen sei nach 18 Monaten zurückbezahlt worden.

Auch andere Mitarbeiter seien dienstlich mit dem Porsche gefahren. Es sei nicht unüblich, dass im höheren Management, auch im Baugewerbe, Geschäftsführer, Generaldirektoren u.a. mit sogenannten Luxusfahrzeugen, die dem Unternehmen zu dienen bestimmt seien, führen, ohne dass die Anschaffung dieses Fahrzeuges gleich zur "unterstellten privaten Motivation" werde. Bei der Prüfung lohnabhängiger Abgaben für die Jahre 2003 bis 2005 sei vom Prüfer keine private Nutzung des Porsche durch einen nichtselbständig tätigen Geschäftsführer oder sonstigen Beschäftigten festgestellt worden. Da der Porsche von allen Personen ausschließlich betrieblich genutzt worden sei, sei kein Fahrtenbuch geführt worden.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, Voraussetzung für die Zugehörigkeit eines Personenkraftwagens zum notwendigen Betriebsvermögen sei, dass das Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt werde. Außer einem Fahrtenbuch kämen auch andere Beweismittel zur Führung dieses Nachweises in Betracht. Rekonstruierte Aufzeichnungen hätten jedoch eine geringere Beweiskraft als laufend geführte Aufzeichnungen. Habe der Abgabepflichtige kein Fahrtenbuch geführt, so habe die Abgabenbehörde den betrieblich veranlassten Teil der Kraftfahrzeugkosten gemäß § 184 BAO zu schätzen.

Die Beschwerdeführerin habe nach Rekonstruktion der betrieblichen Fahrten die Kilometeranzahl für das Jahr 2002 mit

7.738 km, für das Jahr 2003 mit 7.890 km, für das Jahr 2004 mit

7.849 km und für das Jahr 2005 mit 8.675 km angegeben.

Der Prüfer habe auf Grund der durch den Kaufvertrag und Wartungsrechnungen bekannten Kilometerstände die Fahrleistung zwischen dem Erwerb und der ersten Wartung mit 12.187 km errechnet. Die Beschwerdeführerin habe dem gegenüber für diesen Zeitraum eine Fahrleistung von 10.287 km behauptet. Daraus ergebe sich eine unaufgeklärte Kilometerdifferenz von 1.900. Der Prüfer habe die Fahrleistung zwischen der ersten Wartung und der großen Wartung mit 15.475 km errechnet. Die Beschwerdeführerin habe dem gegenüber für diesen Zeitraum eine Fahrleistung von 20.144 km behauptet.

In der Berufung habe die Beschwerdeführerin dazu ausgeführt, dass Kilometer im Zweifel dem Opel zugeordnet worden seien, was zu einem "Abgang" beim Porsche führen könne. Im Übrigen gebe es nur in untergeordnetem Ausmaß Unklarheiten über die "Zuordnung des KFZ", weshalb dies ohne Bedeutung sei. Wesentlich sei das Überwiegen der betrieblichen Nutzung und dieses sei klar erkennbar. Den Überhang der behaupteten betrieblichen Fahrleistung habe die Beschwerdeführerin damit erklärt, dass auch mit dem Privatfahrzeug des Gesellschaftergeschäftsführers durchgeführte betriebliche Fahrten dem Porsche zugeordnet worden seien.

Die Rekonstruktion der betrieblichen Fahrten stelle für sich weder Beweis noch Glaubhaftmachung der Tatsache, dass diese Fahrten mit dem Porsche durchgeführt worden seien, dar. Die Glaubwürdigkeit ihrer Rekonstruktion habe die Beschwerdeführerin selbst erschüttert, indem sie eingestanden habe, dass die Differenzen zwischen rekonstruierter und tatsächlicher Fahrleistung anderen Fahrzeugen zuzurechnen seien. Auch die Behauptung, der Porsche sei zeitweise der einzige PKW im Unternehmen gewesen, habe sich als unrichtig erwiesen. Der Gesellschaftergeschäftsführer habe zugestanden, dass der Opel Omega bis zu seinem Verkauf für betriebliche Fahrten verwendet worden sei. Sowohl beim Chrysler als auch beim Mercedes handle es sich um hochwertige Geländewagen, deren Nutzung an Stelle des Porsche nicht ausgeschlossen sei.

Die belangte Behörde habe im Zuge der durchgeführten Erörterung der Sach- und Rechtslage auf all diese Umstände hingewiesen und deutlich gemacht, dass der Beschwerdeführerin der Beweis oder die Glaubhaftmachung nicht gelungen sei. Es sei darauf hingewiesen worden, dass weitere "Impulse" von der Beschwerdeführerin ausgehen müssten. Die Abgabenbehörden müssten nicht auf ein unbestimmtes Angebot der Benennung von Zeugen eingehen, vielmehr hätte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Einvernahme der Zeugen zu stellen.

Die Beschwerdeführerin habe die Ansicht vertreten, mit der "Rekonstruktion" ausreichend ihrer Verpflichtung zum Nachweis bzw. zur Glaubhaftmachung des Ausmaßes der betrieblichen Nutzung des Porsche nachgekommen zu sein und habe keine weiteren Schritte gesetzt. Vor diesem Hintergrund seien die Abgabenbehörden zur Annahme berechtigt, dass der Porsche nicht überwiegend betrieblich genutzt worden und deshalb nicht Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin sei. Es fehle aber jeder Anhaltspunkt für die betriebliche Fahrleistung des Porsche. Das Finanzamt habe die betrieblichen Fahrten mit jährlich 2.000 km geschätzt. Dies könne bei gegebener Beweislage nicht als offenkundig zu niedrig erkannt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde hat den Porsche deshalb nicht als Betriebsvermögen, sondern als außerbetriebliches Vermögen der Beschwerdeführerin angesehen, weil sie eine überwiegende betriebliche Nutzung nicht habe nachweisen können. Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Im Beschwerdefall wäre außerbetriebliches Vermögen der Kapitalgesellschaft nur anzunehmen, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Voraussetzungen einer verdeckten Ausschüttung an der Wurzel (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2007, 2005/14/0083, und Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, § 8 Anm 18) vorliegen. Sollte hingegen keine verdeckte Ausschüttung an der Wurzel vorliegen, stellt die Überlassung des Porsche an den Gesellschafter-Geschäftsführer für dessen private Zwecke, soweit darin nicht eine angemessene fremdübliche Entlohnung für die Geschäftsführertätigkeit zu erblicken ist (vgl. Quantschnigg/Renner/Schellmann/ Stöger, Die Körperschaftsteuer-KStG 1988, Kommentar, § 8-Anhang, Stichwort "Kraftfahrzeug"), eine laufende verdeckte Ausschüttung dar, die bei der Beschwerdeführerin zum Ansatz fremdüblicher Mieteinnahmen für die Überlassung der Nutzung des (diesfalls als Betriebsvermögen anzuerkennenden) Porsche führt, wobei für die Wertermittlung auch auf das Ergebnis der Angemessenheitsprüfung nach § 12 Abs. 1 Z 2 KStG 1988 Bedacht zu nehmen ist.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Ein Ersatz für nicht entrichtete Eingabegebühr findet nicht statt.

Wien, am 14. Oktober 2010

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