VwGH 2007/18/0236

VwGH2007/18/023615.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold, als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des M Z, geboren am 27. August 1974, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. März 2007, Zl. SD 1199/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. März 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß den §§ 87 und 86 Abs. 1 sowie § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer habe am 24. Juli 2001 über die österreichische Botschaft in Belgrad einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Schüler, Student" gestellt. Er habe vorgegeben, am Konservatorium für Musik und dramatische Kunst in W studieren zu wollen. Diesem Antrag wie auch den Folgeanträgen sei stattgegeben worden. Die Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels habe am 31. Oktober 2003 geendet.

Am 19. März 2004 sei bei der österreichischen Botschaft in Belgrad ein Antrag (des Beschwerdeführers) auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - § 49 Abs. 1 FrG" eingelangt, der sich von der von ihm am 10. März 2004 in Serbien geheirateten österreichischen Staatsbürgerin K. abgeleitet habe. Dieser Aufenthaltstitel sei mit Gültigkeit bis 8. April 2005 erteilt worden. Dem folgenden Antrag auf Ausstellung eines Niederlassungsnachweises sei stattgegeben worden, und es sei dessen Gültigkeit bis 13. März 2015 festgesetzt worden.

In der Folge seien der Erstbehörde Bedenken gekommen, ob nicht eine Scheinehe vorläge, weshalb sie entsprechende Erhebungen an der ehelichen Wohnanschrift in W eingeleitet habe. An dieser Wohnanschrift sei der Beschwerdeführer mit Hauptwohnsitz, seine Ehefrau jedoch nur mit Nebenwohnsitz behördlich gemeldet gewesen. Eine Befragung von Nachbarn habe ergeben, dass K. dort überhaupt nicht bekannt gewesen sei. Ein anderes Bild habe sich an der Anschrift in W gezeigt, wo K. mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei. Dort sei sie der Hausmeisterin M. gut bekannt gewesen, welche angegeben habe, dass K. bereits seit mindestens 18 Monaten dort wohnte und sie diese fast täglich sähe. Der Beschwerdeführer, von welchem der Hausmeisterin ein Lichtbild gezeigt worden sei, sei dieser hingegen unbekannt gewesen. Auch eine unmittelbare Nachbarin von K. habe angegeben, dass diese in ihrer Wohnung allein wohnhaft wäre.

Nach Darstellung der Aussagen der Ehegattin des Beschwerdeführers bei deren Vernehmungen am 12. Jänner 2006 und 14. Februar 2007, der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 2. Februar 2006 und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass sie auf Grund der behördlichen Erhebungsergebnisse und der (wiederholten) Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers davon ausgehe, dass eine Aufenthaltsehe vorliege, für deren Abschluss die Ehegattin bezahlt worden sei. Die belangte Behörde sehe keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit der unter der Strafsanktion einer falschen Zeugenaussage gemachten Angaben zu zweifeln. Die sonstigen Verfahrensergebnisse, insbesondere die Aussagen der zwei vom Beschwerdeführer (in seiner Berufung) genannten Zeugen, hätten keine widerlegenden Aspekte ergeben, zumal er bloß lapidar das Eingehen der Scheinehe bestritten habe.

Das Verhalten des Beschwerdeführers, eine Scheinehe zwecks Erlangung aufenthalts- und beschäftigungsrechtlicher Vorteile einzugehen, laufe den öffentlichen Interessen zuwider und stelle eine grobe Verletzung der öffentlichen Ordnung, insbesondere auf dem Gebiet eines geordneten Ehe- und Fremdenwesens dar, sodass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht nur zulässig, sondern dringend geboten sei. Das im Eingehen einer Aufenthaltsehe liegende Verhalten stelle eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die das Grundinteresse der Gesellschaft an einer gesetzlich gesteuerten Zuwanderung, an der Einhaltung der hiefür maßgeblichen Rechtsvorschriften und am Recht auf wahrheitsgetreue Angaben gegenüber den Staatsorganen berühre.

Bei der Interessenabwägung nach § 66 Abs. 1 und 2 FPG falle nur der über fünfjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers ins Gewicht. Eine davon ausgehende Integration in Österreich werde in ihrer Bedeutung dadurch entscheidend gemindert, dass die (späteren) Niederlassungs- und Aufenthaltsbewilligungen nur auf Grund des Eingehens der Scheinehe erteilt worden seien. Im Bundesgebiet lebten außer der "Scheinehefrau" keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers. Das Aufenthaltsverbot sei zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten, und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Da besonders berücksichtigungswerte Gründe nicht erkannt und vorgebracht worden seien, habe auch im Rahmen einer behördlichen Ermessensübung von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht Abstand genommen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde wendet sich gegen die die Annahme einer Scheinehe tragenden Feststellungen und die diesbezügliche

Beweiswürdigung der belangten Behörde mit folgendem Vorbringen:

"Wie bereits in meiner Berufung gegen den Bescheid der Fremdenpolizei W angeführt, ist es unrichtig, dass eine Scheinehe vorliegt. Ich habe die Einvernahme zweier Zeugen beantragt, wobei diese Zeugen auch tatsächlich einvernommen wurden, aus den Zeugenaussagen sich aber durchaus ergibt, dass ein Eheleben stattgefunden hat und keine Scheinehe vorliegt.

Weiters habe ich in der Berufung beantragt, mich einzuvernehmen. Diesem Antrag ist die belangte Behörde nicht nachgekommen. Das Verfahren der belangten Behörde ist daher mangelhaft geblieben."

1.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Entgegen der Beschwerdeansicht war die belangte Behörde nicht verpflichtet, den Beschwerdeführer persönlich zu befragen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. November 2009, Zl. 2006/18/0024, mwN). Abgesehen davon hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung keinen einzigen konkreten Lebenssachverhalt behauptet, der für die Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK spräche. Im Übrigen geht die Beschwerde auf die im angefochtenen Bescheid detailliert angeführten Ergebnisse der polizeilichen Erhebungen an den genannten Wohnanschriften und auf die Aussagen der Ehegattin des Beschwerdeführers nicht näher ein. Wenn die Beschwerde die Aussagen der im Berufungsverfahren vernommenen Zeugen P. und T. vom 14. Februar 2007 anspricht, so gab der Zeuge P. an, dass er den Beschwerdeführer und dessen Ehegattin nur bei zwei Besuchen zusammen gesehen habe und nicht sagen könne, ob es sich bei deren Ehe um eine Scheinehe handle. Auch der Zeuge T. hat insoweit lediglich angegeben, die beiden einmal ca. drei Jahre zuvor und einmal ca. zwei Jahre zuvor gesehen zu haben, ohne eine konkrete Situation zu nennen, die auf ein tatsächlich geführtes Familienleben hätte schließen lassen. Die Beschwerde führt auch nicht aus, auf Grund welcher konkreten Angaben der beiden Zeugen auf ein tatsächliches Eheleben hätte geschlossen werden müssen.

Das genannte Beschwerdevorbringen vermag daher die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht zu erschüttern.

2. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen unbedenklichen Sachverhaltsannahmen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 15. September 2010

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