VwGH 2007/13/0069

VwGH2007/13/006920.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 27. Februar 2007, GZ. RV/0560- W/06, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §19 Abs1;
EStG §41 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
EStG §19 Abs1;
EStG §41 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Kalenderjahr 2002 Insolvenz-Ausfallsgeld von der IAF Service GmbH erhalten. Diese Bezüge seien vom Finanzamt mit einem Betrag von 16.201,89 EUR in die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2002 einbezogen und die davon einbehaltene Lohnsteuer sei auf die Einkommensteuer angerechnet worden. Dagegen habe der Beschwerdeführer in der Berufung vorgebracht, dass von der IAF Service GmbH bereits Lohnsteuer einbehalten worden sei und das Einkommen, das die Jahre 2000 und 2001 betroffen habe, dem jeweiligen Jahr zuzurechnen sei. In einem Vorlageantrag, den der Beschwerdeführer auf Grund einer abweisenden Berufungsvorentscheidung eingebracht habe, habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass er sein Einkommen in den Jahren 2000, 2001 und 2002 vollständig versteuert habe, obwohl er nicht die gesamten Auszahlungen erhalten habe. Es könne nicht sein, "dass er sein vollständig versteuertes Einkommen nochmals zu versteuern habe". Als Nachweis für seine Angaben habe der Beschwerdeführer eine Abrechnung vorgelegt, nach der er in den Jahren 2000 bis 2003 insgesamt 58.766,02 EUR ausbezahlt erhalten habe, während die Bescheide für die Jahre 2000 bis 2002 einen Betrag von 67.585,76 EUR ausgewiesen hätten und sich somit eine Differenz von 8.819,74 EUR ergeben habe.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides hielt die belangte Behörde u.a. fest, dass in den Bestimmungen des § 67 EStG 1988 (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) eindeutig geregelt sei, inwieweit Nachzahlungen im Zuge eines Insolvenzverfahrens zu versteuern seien, wobei die vorläufige laufende Lohnsteuer in Höhe von 15 % im Zuge einer Veranlagung anzurechnen sei. Die Frage, welchem Kalenderjahr die Einnahmen zuzuordnen seien, sei nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 zu beantworten. Demnach seien Einnahmen grundsätzlich in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Unabhängig davon, für welche Zeiträume dem Beschwerdeführer das Insolvenz-Ausfallsgeld gezahlt worden sei, sei das Insolvenz-Ausfallsgeld für die Ermittlung des Einkommens jenem Kalenderjahr zuzuordnen, in dem das Insolvenz-Ausfallsgeld zugeflossen sei. Es bestehe "nach der Aktenlage kein Zweifel darüber, dass der Zufluss des in Streit stehenden Insolvenz-Ausfallsgeldes im Kalenderjahr 2002 erfolgte, und dass die Bezüge somit gemäß dem zitierten § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 in die Veranlagung für dieses Kalenderjahr einbezogen werden müssen". Auf dieses Gesamteinkommen sei der Einkommensteuertarif anzuwenden und die von der auszahlenden Stelle vorläufig einbehaltene Lohnsteuer anzurechnen gewesen. Der aus der verspäteten Lohnzahlung resultierende "Steuerschaden" (Progressionserhöhung) werde insofern vom Gesetzgeber berücksichtigt, als dieser "zur Schadensminimierung" 1/5 der sonst nach dem Einkommensteuertarif zu versteuernden Bezüge unversteuert lasse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer u.a. in seinem Recht darauf verletzt, dass eine ihm erst am 13. Jänner 2003 zugeflossene Zahlung von Insolvenz-Ausfallsgeld in Höhe von 8.459,73 EUR (insbesondere gemäß der Bestimmung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) im Jahr 2003 (und damit nicht im Streitjahr) veranlagt werde.

Die belangte Behörde verweist zu diesem Vorbringen in der Gegenschrift auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot, weil "dieser Einwand im abgeschlossenen Verfahren nie erhoben" worden sei und daher nicht habe überprüft werden können. Darin kann der belangten Behörde allerdings nach der Aktenlage nicht gefolgt werden. In der auch im angefochtenen Bescheid erwähnten Beilage zum Vorlageantrag vom 15. Oktober 2005, anhand derer der Beschwerdeführer nochmals ersucht hatte, den Bescheid erster Instanz zu überprüfen, ist nämlich zum in der Beschwerde angesprochenen Teilbetrag von Insolvenz-Ausfallsgeld in Höhe von 8.459,73 EUR der Auszahlungstag (wiederholt) mit 13. Jänner 2003 angeben. Die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach nach der Aktenlage kein Zweifel darüber bestehe, dass der Zufluss des in Streit stehenden Insolvenz-Ausfallsgeldes (zur Gänze) im Kalenderjahr 2002 erfolgt sei, erweist sich somit als aktenwidrig.

Der angefochtene Bescheid war damit schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Oktober 2010

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