Normen
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Schreiben vom 6. Juli 2005 suchte die erstmitbeteiligte Bauwerberin um die Erteilung der Baubewilligung für zwei Einfamilienhäuser sowie Geländeveränderung einer Stützmauer auf dem Grundstück Nr. 122/161, EZ 2049, KG Gablitz, an.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. August 2005 Einwendungen u.a. betreffend die Gewährleistung des Versickerns von Oberflächenwasser sowie die Bodenbeschaffenheit.
Nach Durchführung einer Bauverhandlung am 16. September 2005 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde I. Instanz der mitbeteiligten Bauwerberin gemäß § 23 Abs. 1 und 2 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200 (BO), unter Auflagen die beantragte baubehördliche Bewilligung. In der Auflage Nr. 2) wurde vorgeschrieben, dass für die Löffelsteinstützmauern vor Baubeginn ein von einem befugten Ziviltechniker oder Baumeister erstellter Nachweis der Standsicherheit unter Berücksichtung der Anlage und der örtlichen Bodenverhältnisse der Baubehörde vorzulegen sei. Zu den Einwendungen wurde begründend u. a. ausgeführt, dass die mitbeteiligte Bauwerberin schon vor der Bauverhandlung das Vorhaben betreffend die ursprünglich geplanten Stützmauern wesentlich abgeändert habe, sodass den Einwendungen der Anrainer ausreichend Rechnung getragen worden sei.
2. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin eine Berufung ein. Sie machte insbesondere geltend, die Baubehörde I. Instanz habe sich mit dem von ihr vorgelegten Sachverständigengutachten zur Ortsbildfrage nicht begründet auseinandergesetzt. Das vorliegende Projekt widerspreche der festgelegten Bebauungsdichte und beeinflusse den Abfluss von Niederschlagswässern zum Nachteil der gegenüberliegenden Grundstücke; weiters beeinflusse es die Grundwasserströme, sodass eine weitere einseitige Absenkung der Garage der Beschwerdeführerin zu befürchten sei.
Die Berufung wurde vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde aus Baubehörde II. Instanz (ebenso wie die anderen Berufungen) mit Bescheid vom 28. Februar 2006 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
3. In der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung vom 13. März 2006 wurde der Berufungsbescheid aus dem Blickwinkel des Ortsbildschutzes, der Bebauungsdichte, der Benutzbarkeit der planmäßigen PKW-Abstellplätze, der bislang mangelhaften Prüfung des Projektes im Lichte der Bodenbeschaffenheit und des Abflusses von Niederschlagswässern (einschließlich des Aspektes der Trockenheit der Garage der Beschwerdeführerin) kritisiert; ferner wurde eine Beweissicherung betreffend die Standsicherheit der umliegenden Häuser im Zusammenhang mit dem Abbruch des bestehenden Bauwerks verlangt.
Im Vorstellungsverfahren wurde von der belangten Behörde ein vom Geologischen Dienst der Gruppe Baudirektion des Amtes der NÖ Landesregierung erstelltes geologisches Sachverständigengutachten vom 3. August 2006 eingeholt. Dieses Gutachten lautet wie folgt:
"In der Gauermanngasse 17, Gst. 122/161, KG Gablitz, ist die Errichtung von zwei Zweifamilienhäusern geplant. Es ist daher zu begutachten, ob durch diese Bauführungen die Standsicherheit des betreffenden Grundstückes sowie die der bebauten Umgebung beeinträchtigt wird.
Die Gauermanngasse ist eine von mehreren Straßenzügen, die das auf dem nach Norden geneigten Hang bestehende, weitläufige Siedlungsgebiet queren. Das zu bebauende Grundstück im Ausmaß von knapp über 1.000 m2 erstreckt sich hangseitig entlang der Gauermanngasse und besitzt im östlichen Teil eine Neigung von ca. 11 Grad , nach Westen kommt es zunehmend zu einer Versteilung bis 22 Grad . Im östlichen Teil besteht seit vielen Jahren ein Kellergeschoß, das geländebedingt in den Hang hineingebaut wurde, wobei in der rückwärtigen, südwestlichen Ecke die Anschnittshöhe rund 3 m erreicht. Hangseitig grenzen drei Grundstücke an, auf denen bereichsweise in Grenznähe mehrere hohe Waldbäume stocken. Wenige Meter westlich der westlichen Grundstücksgrenze führt ein mit Holzstufen versehener Steig über das relativ steile Gelände zur oberhalb verlaufenden Daniel Gran-Gasse.
Zur Feststellung der Untergrundverhältnisse wurden nach
Mitteilung der (mitbeteiligten Partei) .... (mündliche Mitteilung
und Fotodokumentation) am 18. Mai 2006 mit einem Künettenbagger zwei Schürfe ausgehoben, wobei der erste neben der Nordostecke des alten Kellergeschosses situiert war. Es steht dort bereits in 20 bis 30 cm Tiefe der flach gelagerte, gebankte (Ø 10 cm dick), mergelige Sandstein an, der durch Verwitterungseinflüsse im Schichtverband eine stückelige Zerlegung aufweist. Der zweite Schurf wurde ca. 10 m westlich des Hydranten (s. Lageplan), an der Böschung, wenige Meter oberhalb der Straße plaziert. Das Gestein ist dort, wie dies bei einem Lokalaugenschein im Juli 2006 noch zu erkennen war, etwas dickbankiger (ca. 10 bis 20 cm) entwickelt und reicht bis auf wenige Zentimeter unter die dünne Humusdecke, wobei die oberen Dezimeter verwitterungsbedingt stark zerlegt sind und einen deutlich lehmigen Anteil aufweisen. In beiden Aufschlüssen konnten keine Anzeichen einer Vernässung sowie von Bodenbewegungen festgestellt werden.
Zusammenfassend weist der Untergrund des Grundstückes unter Berücksichtigung
- der Schürfe,
- der bereits schon länger bestehenden Kellergeschosses,
- der glatten und ungestörten Geländeausbildung (zumindest im Bereich der Grundstücksgrenzen), da sonst große Teile mit einem dichten Strauch- und Staudenbestand bedeckt sind,
- des durchwegs geradlinigen Wuchses der benachbarten Waldbäume,
- der hangseitig vorhandenen Begrenzungs- bzw. Sockelmauern
keine Anzeichen von Bodenbewegungen auf. Darüberhinaus konnte nachgewiesen werden, daß die im Untergrund anstehende Sandsteinabfolge bis nahe an die Geländeoberfläche reicht, wobei naturgemäß örtliche Schwankungen der lehmig-humosen Überlagerung bis zu 0,5 m durchaus zu erwarten sind. Aus geologischer Sicht weist der Untergrund demnach eine hohe Standsicherheit auf, sodaß keine Hangrutschungen sowohl für das gegenständliche Bauvorhaben als auch für die angrenzenden Grundstücke zu befürchten sind. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß wegen der Dichtheit des Untergrundes eine Versickerung nur äußerst verzögert stattfinden kann. Um daher künftig Staunässen durch einsickernde Oberflächenwässer in den aufgefüllten Baugruben zu vermeiden, ist auf Höhe der Bodenplatten jeweils eine umlaufende Drainage einzubauen und diese in den Regenwasserkanal einzuleiten. Sollte außerdem an der hangseitigen Grundgrenze eine Betonmauer errichtet werden, die deutlich über das Gelände ragt, so sind unbedingt Öffnungen vorzusehen, um einen niederschlagsbedingten Aufstau auf den anschließenden Grundstücken zu verhindern. Bei der ev. Errichtung einer Löffelsteinmauer o.ä. ist jedoch mit keinem Aufstau zu rechnen, da das Wasser zwischen den Steinen abfließen kann. Abschließend ist noch zu bemerken, daß durch die Errichtung einer derartigen Mauer an der hangseitigen Grundgrenze, wie im
Einreichplan ... dargestellt, keine Gefährdung der dort
angrenzenden Nachbarhäuser hinsichtlich Standsicherheit und Trockenheit besteht, noch dazu, wo die Häuser über 15 m von der Grundgrenze entfernt sind und außerdem zwischen Grundgrenze und Häuser ein Niveauunterschied von mindestens 5 m gegeben ist."
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde insbesondere festgehalten, dass der einzige im Hinblick auf die gemäß § 6 Abs. 2 BO eingeschränkten Nachbarrechte von der belangten Behörde zu berücksichtigende Einwand der Beschwerdeführerin jener sei, dass weitere Schäden an ihrer Garage zu befürchten wären. Dazu sei festzustellen, dass eine Planänderung dahingehend erfolgt sei, wonach die ursprünglich geplante Betonmauer durch eine Löffelsteinmauer ersetzt werde, für welche auch statische Berechnungen vorlägen. Nach dem eingeholten geologischen Gutachten seien auch keine Schäden an Bauwerken der Anrainer im Hinblick auf die Standsicherheit und die Trockenheit zu befürchten. Das geologische Gutachten sei von der Beschwerdeführerin nicht angezweifelt worden. Sofern Befürchtungen geäußert würden, dass das geplante Objekt an sich oder die geplanten Stützmauern in ihrer Standsicherheit gefährdet wären, sei festzuhalten, dass sich das Mitspracherecht der Nachbarn auf die Standsicherheit und Trockenheit ihrer eigenen Bauwerke beschränke. Bezüglich der Einhaltungen der Bestimmungen betreffend das Orts- und Landschaftsbild komme den Nachbarn - und damit auch der Beschwerdeführerin - kein Mitspracherecht zu. Auch in Bezug auf die Bebauungsdichte sei ein Nachbarrecht nicht gegeben. Bezüglich der Einwände bei der Bauverhandlung betreffend die Beeinträchtigung der Lebensqualität auf Grund der dichten Bebauungsweise und der damit zusammenhängenden Lärmentwicklung sei darauf hinzuweisen, dass auf dem Boden des § 6 Abs. 2 Z. 2 BO kein Schutz vor solchen Immissionen bestehe, welche sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken ergeben würden. Bezüglich der Anordnung der Abstellplätze sei festzuhalten, dass im Projektgenehmigungsverfahren (für welches der in den Einreichplänen und in der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend sei) allfällige Wünsche der Anrainer, dass das eingereichte Projekt abgeändert werden solle, nicht zu prüfen sei.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die durch einen Rechtsanwalt vertretene erstmitbeteiligte Partei beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift ebenfalls die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
6. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6.1. Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 BO haben in Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 BO die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind Parteistellung (Nachbarn).
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiven öffentlichen Rechten berührt sind. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.
§ 6 Abs. 2 BO hat folgenden Wortlaut:
"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."
6.2. Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass ihr (wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich) das besagte geologische Gutachten von der belangten Behörde übermittelt und ihr die Möglichkeit eingeräumt wurde, dazu Stellung zu nehmen.
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten stand der Beschwerdeführerin nach dem Schreiben der belangten Behörde vom 7. August 2006 u.a. eine Stellungnahmefrist von drei Wochen zur Verfügung. Angesichts dessen kann entgegen der Beschwerde keine Rede davon sein, dass es der Beschwerdeführerin nicht zumutbar gewesen sei, eine Stellungnahme "binnen weniger Tage" abzugeben.
Die Beschwerdeführern räumt auch ein, dass sie zu diesem Gutachten keine Stellungnahme abgab. Wenn sie nun in der Beschwerde die Schlüssigkeit des Gutachtens zu den Fragen der Standsicherheit in Zweifel zieht und ferner (zusammengefasst) kritisiert, dass die belangte Behörde die Fragen der Trockenheit ohne das Gutachten eines Sachverständigen beurteilt habe, ist für sie nichts gewonnen.
Nach der hg. Rechtsprechung ist nämlich die Rüge einer Partei abzulehnen, die in einem Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen um das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen, in dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 11. Dezember 1996, Zl. 96/03/0249, vom 12. September 2006, Zl. 2002/03/0107, und vom 13. März 2007, Zl. 2004/18/0405).
Damit kann es dahinstehen, ob der diesbezügliche Einwand subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin im Grunde des § 6 Abs. 2 BO betrifft. Ferner ist ungeachtet dessen (entgegen der Beschwerde) dem Gutachten ohnehin entnehmbar, dass zur Feststellung der Untergrundverhältnisse zwei Schürfe ausgehoben wurden, im Gutachten sind auch die sich daraus ergebenden Beurteilungen (samt den von der Beschwerde vermissten Messungen) festgehalten. Zudem enthält das Gutachten eine Beurteilung bezüglich der Fragen der Trockenheit. Diese Ausführungen können nicht als unschlüssig angesehen werden.
Vor diesem Hintergrund erweist sich weiters das Vorbringen verfehlt, aus der "Nichtstellungnahme" der Beschwerdeführerin könnte nicht abgeleitet werden, dass Schweigen als Zustimmung zu werten wäre oder dass dem Sachverständigengutachten nichts entgegenzusetzen gewesen wäre.
6.3. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 28. September 2010
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