VwGH 2007/04/0077

VwGH2007/04/007720.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X AG in Y, vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 16. Februar 2007, Zl. VwSen-550281/27/Wim/Be, betreffend Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Zuschlagserteilung (mitbeteiligte Partei: S BaugmbH, z. Hd. Rechtsanwälte Grassner, Lenz, Thewanger & Partner in 4020 Linz, Südtirolerstraße 4-6), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG 2002 §20 Z13 litb;
BVergG 2002 §98;
BVergG §129;
BVergG §2 Z16 lita sublitaa;
BVergG §320 Abs1;
BVergG §320;
LVergabenachprüfungsG OÖ 2002 §2 Abs3;
BVergG 2002 §20 Z13 litb;
BVergG 2002 §98;
BVergG §129;
BVergG §2 Z16 lita sublitaa;
BVergG §320 Abs1;
BVergG §320;
LVergabenachprüfungsG OÖ 2002 §2 Abs3;

 

Spruch:

Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit beschwerderelevant - festgestellt, dass die Erteilung des Zuschlages an die Beschwerdeführerin durch eine näher bezeichnete KEG als öffentlicher Auftraggeberin (im Folgenden: Auftraggeberin) im Vergabeverfahren "Baumeister- und Professionistenarbeiten für die Generalsanierung des Schulzentrums P" vom 4. August 2006 auf Grund eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17 (BVergG 2006) rechtswidrig war (Spruchpunkt I.). Diesen Spruchpunkt stützte die belangte Behörde auf § 24 Abs. 2 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006, LGBl. Nr. 130 iVm den §§ 1, 2 Abs. 3, 14 Abs. 1 und 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002 (Oö. VNPG) und die §§ 19 Abs. 1, 96 Abs. 1 und 3 und 98 BVergG 2006.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei habe mit Eingabe vom 27. Juni 2006 als Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren vor der belangten Behörde (im Folgenden: Antragstellerin) unter anderem die Nichtigerklärung des Ausscheidens ihres Angebotes und die Nichtigerklärung der Entscheidung der Auftraggeberin, den Zuschlag an die Beschwerdeführerin zu erteilen, beantragt. Dabei habe die Antragstellerin vorgebracht, mit Schreiben der Auftraggeberin vom 21. Juni 2006 sei ihr bekannt gegeben worden, dass ihr Angebot ausgeschieden werde und beabsichtigt werde, den Zuschlag der Beschwerdeführerin erteilen zu wollen.

Am 4. August 2006 sei der Beschwerdeführerin im vorliegenden Vergabeverfahren der Zuschlag erteilt worden. Daraufhin habe die mitbeteiligte Partei mit Antrag vom 11. August 2006 ihren Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung in einen Feststellungsantrag umgewandelt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das vorliegende Vergabeverfahren unterliege materiell-rechtlich den Vorschriften des BVergG 2006 für den Unterschwellenbereich, bei der Auftraggeberin handle es sich gemäß § 1 Abs. 2 Z 4 Oö. VNPG um einen öffentlichen Auftraggeber.

In den Ausschreibungsunterlagen sei unter Hauptposition 61 festgelegt worden, dass die einschlägigen Richtlinien des österreichischen Institutes für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS) gälten. Weiters seien in der Ausschreibung Prüfzeugnisse nach der neuen ÖISS-Richtlinie aus Oktober 2005 verlangt worden. Allen Bietern wäre es grundsätzlich möglich gewesen, ein entsprechend aktuelles Prüfgutachten erstellen zu lassen. Da auch die Beschwerdeführerin kein derartiges Prüfzeugnis vorgelegt habe, sei die Erteilung des Zuschlages mit § 19 Abs. 1 BVergG 2006 nicht vereinbar.

Offensichtlich sei von keinem der Bieter ein derartiges Prüfungszeugnis vorgelegt worden und davon auszugehen, dass den in Bestandskraft erwachsenen Ausschreibungsbestimmungen daher von keinem Bieter entsprochen worden sei. Dies gelte auch für die mitbeteiligte Partei. Dennoch komme ihr, obwohl ihr Angebot auszuscheiden sei, weiterhin Antragslegitimation zu, da sich die Antragslegitimation - einer Entscheidung des Bundesvergabeamtes vom 26. April 2004, 12 n-2/04-55 folgend - für den Fall, dass auch ein letztes verbleibendes Angebot auszuscheiden wäre und somit ein ex lege Widerruf nach Bundesvergabegesetz einträte, "wiederum in einem neuen Licht" darstelle. Daher sei die mitbeteiligte Partei auch weiterhin zur Stellung eines Nachprüfungsantrages und in der Folge auch zur Umwandlung in einen Feststellungsantrag legitimiert. Andernfalls könnte bei einer solchen Konstellation (verschärft auch dann noch, wenn die Auftraggeberin absolut unerfüllbare Bedingungen in einer Ausschreibung festlegen würde) sogar willkürlich jedem beliebigen Bieter der Zuschlag erteilt werden und könnte dies von den anderen Bietern nicht mehr einer Überprüfung zugeführt werden. Dies käme einer Rechtsverweigerung gleich und entspräche nicht den Intentionen des Vergaberechtes.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der unter anderem vorgebracht wird, die Antragstellerin habe den in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Prüfbericht nach der aktuellen ÖISS-Richtlinie 2005 nicht erbringen können und aus diesem Grund sei ihr Angebot mit Schreiben der Auftraggeberin vom 21. Juni 2006 zu Recht ausgeschieden worden. Daher sei die Antragstellerin durch die Zuschlagsentscheidung und die Erteilung des Zuschlages nicht in Rechten verletzt worden (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2005, Zl. 2004/04/0094) und sei ihr kein Schaden entstanden. Darüber hinaus habe die Antragstellerin dadurch, dass sie nicht alle rechtlichen Schritte zur Erlangung des Auftrages ausgeschöpft habe, indem sie auf eine (weitere) einstweilige Verfügung verzichtet habe, dokumentiert, dass sie kein Interesse am Vertragsabschluss gehabt habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Die Auftraggeberin erstattete - unvertreten - ebenso eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde verweist zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei der Beurteilung der Antragslegitimation im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren deutlich zu unterscheiden ist, ob das Angebot des Antragstellers bereits vom Auftraggeber ausgeschieden wurde oder ob das Angebot auszuscheiden gewesen wäre:

Wurde das Angebot der Antragstellerin (bereits) durch den Auftraggeber ausgeschieden, so ist die Rechtmäßigkeit dieser Auftraggeberentscheidung und damit die Frage, ob das Angebot der Antragstellerin zu Recht ausgeschieden wurde, die Hauptfrage und nicht bloß Vorfrage des Nachprüfungsverfahrens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 2009, Zl. 2009/04/0203, mwN). Kommt die Nachprüfungsbehörde zum Ergebnis, dass die Antragstellerin zu Recht ausgeschieden worden ist, so hat sie den Nachprüfungsantrag ungeachtet allfälliger Rechtswidrigkeiten im Rahmen des Verfahrens zur Wahl eines Angebotes für den Zuschlag jedenfalls abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2005/04/0181, mwN). In dem - von der Beschwerde zitierten - hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2005, Zl. 2004/04/0094, führte der Verwaltungsgerichtshof zusätzlich aus, der Systematik des BVergG 2002 folgend könne ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschieden wurde, durch Rechtswidrigkeiten, die das Verfahren betreffend die Wahl eines - nicht ausgeschiedenen - Angebots für den Zuschlag betreffen, nicht in Rechten verletzt werden.

2. Dies gilt umso mehr nach der im Beschwerdefall materiell bereits maßgebenden Rechtslage des BVergG 2006:

Während nach der Rechtslage des § 20 Z. 13 lit b BVerG 2002 der tatsächlich ausgeschiedene Bieter diese Entscheidung des Auftraggebers nur mit der dieser Entscheidung nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Zuschlagsentscheidung anfechten konnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2005/04/0181, mwN), ist nach der neuen Rechtslage des § 2 Z 16 lit. a sublit. aa BVergG 2006 das Ausscheiden eines Angebotes eine gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers und somit eigens durch den tatsächlich ausgeschiedenen Bieter zu bekämpfen. Umso mehr ist daher Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens betreffend diese Entscheidung alleine die Frage, ob der Antragsteller vom Auftraggeber zu Recht ausgeschieden worden ist.

3. Dem angefochtenen Bescheid zufolge hat die mitbeteiligte Partei in ihrem Nachprüfungsantrag vorgebracht, ihr Angebot sei mit Schreiben der Auftraggeberin vom 21. Juni 2006 ausgeschieden worden und ihren Nachprüfungsantrag auch gegen diese Entscheidung der Auftraggeberin gerichtet.

Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid die Auffassung, es sei unbeachtlich, ob das Angebot der mitbeteiligten Partei auszuscheiden gewesen wäre.

Schon damit belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Es ist nämlich nach dem Obgesagten entscheidend, ob das Angebot der mitbeteiligten Partei durch die Auftraggeberin zu Recht ausgeschieden wurde, da ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschieden wurde, durch Rechtswidrigkeiten, die das Verfahren betreffend die Wahl eines - nicht ausgeschiedenen - Angebots für den Zuschlag betreffen, nicht in Rechten verletzt werden kann.

4. Da sich der angefochtene Bescheid aus diesen Gründen als rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. Mai 2010

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