Normen
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) der ihm am 5. Juni 1997 ausgestellte Waffenpass entzogen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:
Anlässlich einer im Wohnhaus der Eltern des Beschwerdeführers durchgeführten Hausdurchsuchung habe sich herausgestellt, dass der Beschwerdeführer seine beiden genehmigungspflichtigen Faustfeuerwaffen anlässlich seiner Übersiedlung nach Wien im Haus seiner Eltern in Salzburg zurückgelassen und keine Kenntnis davon gehabt habe, dass sein Vater - der nicht über ein waffenrechtliches Dokument verfüge - die Waffen ohne Wissen des Beschwerdeführers in einem Tresor aufbewahrt habe, zu dem nur der Vater über den Schlüssel verfüge. Dies stelle jedenfalls keine sorgfältige Verwahrung der Waffen im Sinne des § 8 Abs 1 Z 2 WaffG dar, weil durch das Verhalten des Beschwerdeführers gerade jenes Sicherheitsrisiko verwirklicht worden sei, dem durch eine ordnungsgemäße Verwahrung entgegengewirkt werden solle, nämlich der Zugriff Unbefugter auf die Waffe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens - die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand - erwogen:
1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.
Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.
Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn der Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.
Gemäß § 3 Abs 2 2. WaffV sind für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen und Munition ua maßgeblich der Schutz vor Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3) sowie der Schutz von Waffen und Munition vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass waffenrechtliche Urkunden insbesondere dann zu entziehen sind, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab.
Die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Waffen besteht auch gegenüber im gleichen Haushalt lebenden Angehörigen. Der Inhaber eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte erfüllt seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung gegenüber Personen im privaten Nahebereich nicht, wenn diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben. Daher erfordert die sorgfältige Verwahrung im Sinne des Gesetzes grundsätzlich auch gegenüber einem Angehörigen, die Waffe versperrt zu verwahren, wobei in Bezug auf Personen im privaten Nahbereich des Berechtigten die Anlegung eines überspitzten Maßstabes für die erforderliche Sicherung der Waffe gegen einen möglichen Zugriff aber nicht in Betracht kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Mai 2009, Zl 2006/03/0140, mwN).
3. Die belangte Behörde legte ihrer Beurteilung die Angaben des Vaters des Beschwerdeführers zu Grunde, wonach der Beschwerdeführer "während der Übersiedlungsphase kurzfristig bei seinen Eltern gewohnt und seine beiden Waffen in einem verschlossenen Kasten verwahrt" habe. Ohne Wissen des Beschwerdeführers habe sein Vater "die beiden Waffen und die Munition aus dem versperrten Kasten entnommen und im Tresor deponiert".
Die gegenteiligen Aussagen des Beschwerdeführers, er selbst habe die Waffen in dem Tresor, der nur ihm zur Verfügung stehe, verwahrt, wertete die belangte Behörde als Schutzbehauptung.
4. Die Beschwerde macht unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhalts im Wesentlichen geltend, selbst ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde könne die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers nicht verneint werden. Würden die Waffen nämlich in einem versperrten Kasten verwahrt, zu dem Mitbewohner ohne Überwindung eines Hindernisses nicht Zugang hätten, genüge der Besitzer einer Schusswaffe den Verwahrungspflichten gegenüber Personen in seinem Nahebereich.
5. Dieses Vorbringen ist zielführend.
Die belangte Behörde hat sich damit begnügt, aus dem Umstand, dass der Vater des Beschwerdeführers Zugang zu den Waffen erlangt und sie in einem nur ihm zugänglichen Tresor verwahrt hat, auf einen Verstoß gegen die Verwahrungspflichten und damit die Unzuverlässlichkeit des Beschwerdeführers zu schließen. Dabei blieb aber offen, wie der Vater des Beschwerdeführers Zugriff zu den Waffen, die doch in einem versperrten Kasten deponiert gewesen seien, erlangen konnte. Das Unterbleiben näherer Feststellungen zu diesem Thema begründet einen relevanten Verfahrensmangel. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage zu den Verwahrungspflichten gegenüber Angehörigen kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei dessen Unterbleiben zu einem anderen Bescheid gelangt wäre (wenn sich etwa herausstellt, dass sich der Vater gewaltsam Zugang zu den Waffen verschafft hatte).
6. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 27. Jänner 2010
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