VwGH 2007/03/0073

VwGH2007/03/007327.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J K in W, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, gegen den Bescheid des Berufungssenats der Steirischen Landesjägerschaft vom 2. Februar 2007, Zl BS 4/2006 zu DV 13/2005, betreffend Vergehen gegen die Standespflichten nach dem Steiermärkischen Jagdgesetz 1986, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Stmk 1986 §56 Abs2;
JagdRallg;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs2;
JagdRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Steirischen Landesjägerschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Eigenjagdberechtigter einer näher bezeichneten Eigenjagd entgegen dem Abschussplan am 31. Jänner 2005 einen Rehbock der Klasse III erlegt.

Er habe dadurch gegen die Bestimmung des § 56 Abs 2 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986 (JG) sowie die ihm als Mitglied der Steirischen Landesjägerschaft gemäß § 8 Abs 6 lit a der Satzungen der Steirischen Landesjägerschaft auferlegten Verpflichtungen, das Ansehen der Jägerschaft hochzuhalten, die Jägertradition zu wahren und die Jagd im Sinne der Bestimmungen des Gesetzes weidgerecht auszuüben, verstoßen.

Hiefür wurde ihm gemäß § 1 iVm § 2 lit a der Disziplinarordnung der Steirischen Landesjägerschaft eine Rüge erteilt.

Begründend führte die belangte Behörde - nach einer Darlegung des Verfahrensgangs - im Wesentlichen Folgendes aus:

Es bestehe die grundsätzliche Verpflichtung, einen genehmigten Abschussplan einzuhalten und auch zu erfüllen. Zuwiderhandlungen dagegen stellten ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei für die Strafbarkeit bloße Fahrlässigkeit genüge. Vor dem Erlegen eines Wildstücks sei stets ein sorgfältiges Ansprechen notwendig und zwar auch dann, wenn schlechte Sichtverhältnisse oder andere Erschwernisse bestünden. Fehlabschüsse auf Grund mangelhaften Ansprechens ließen auf fehlende Sorgfalt und damit auf Fahrlässigkeit schließen. Im gesamten Verfahren seien keine Umstände aufgezeigt worden, die objektiv das gehörige sorgfältige Ansprechen unmöglich gemacht hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen von Bedeutung:

1.1. Steiermärkisches Jagdgesetz 1986, LGBl Nr 23/1986 (JG):

"§ 43

Die Steirische Landesjägerschaft

(1) Die Gesamtheit aller im Lande Steiermark nach den bestehenden Vorschriften auf Grund einer Jagdkarte zur Jagdausübung berechtigten Personen, mit Ausnahme der Inhaber von Jagdgastkarten, bildet die Steirische Landesjägerschaft. Sie ist eine Einrichtung öffentlichen Rechtes und untersteht der Aufsicht der Steiermärkischen Landesregierung. Der Steirischen Landesjägerschaft kommt Rechtspersönlichkeit zu. Sie ist die Organisation der zur Jagdausübung Berechtigten im Sinne dieses Gesetzes und hat ihren Sitz in Graz.

(2) Die ordentliche Mitgliedschaft zur Steirischen Landesjägerschaft beginnt mit der Ausfolgung der Jagdkarte und Entrichtung des Mitgliedsbeitrages für die Steirische Landesjägerschaft. Die ordentliche Mitgliedschaft erlischt drei Monate nach Gültigkeitsablauf der Jagdkarte des Mitgliedes oder mit der Einziehung der Jagdkarte gemäß § 42.

...

§ 45

Die näheren Bestimmungen über die Organisation, die Wahlen und die Geschäftsführung der Steirischen Landesjägerschaft regeln deren Satzungen. Diese werden von der Landesregierung nach Anhören der Steirischen Landesjägerschaft und der Landeskammer für Land und Forstwirtschaft erlassen. Die Satzungen können durch Verordnung der Landesregierung geändert werden.

...

§ 56

Wildabschußplan

(1) Der Jagdberechtigte (bei nicht verpachteten Eigenjagden der Jagdausübungsberechtigte, bei verpachteten Jagden der Pächter oder Jagdverwalter) hat den Wildabschuß so zu regeln, daß der Abschußplan erfüllt wird, die berechtigten Ansprüche der Land und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden gewahrt werden und durch den Abschuß eine untragbare Entwertung des eigenen und der angrenzenden Jagdgebiete vermieden wird. Innerhalb dieser Grenzen soll die Abschußplanung bewirken, daß ein in seinen Altersklassen gesunder Wildstand aller heimischen Wildarten in angemessener Zahl erhalten bleibt.

(2) Der Abschuß von Schalenwild das Schwarzwild ausgenommen sowie von Auerwild, Birkwild und Murmeltieren hat auf Grund eines genehmigten Abschußplanes stattzufinden. Der Abschußplan ist ein Pflichtabschußplan, dessen Gesamtabschußzahlen weder unter noch überschritten werden dürfen. ..."

1.2. Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Februar 1957 über die Satzungen der Steirischen Landesjägerschaft (Satzungen):

"§1

Begriff und Wesen der Steirischen Landesjägerschaft

Die Gesamtheit aller im Lande Steiermark nach den bestehenden Vorschriften auf Grund einer Jagdkarte zur Jagdausübung berechtigten Personen, mit Ausnahme der Inhaber von Jagdgastkarten, bildet die Steirische Landesjägerschaft.

...

§8

Mitgliedschaft zur Steirischen Landesjägerschaft

...

(6) Die Mitglieder der Steirischen Landesjägerschaft sind verpflichtet,

a) das Ansehen der Jägerschaft hochzuhalten, die Jägertradition zu wahren und die Jagd im Sinne der Bestimmungen des Gesetzes weidgerecht auszuüben;

..."

1.3. Gesetz vom 10. November 1992, mit dem eine Disziplinarordnung der Steirischen Landesjägerschaft erlassen wird, LGBl Nr 16/1993 (Disziplinarordnung):

"Disziplinarvergehen

§ 1

(1) Vergehen der Mitglieder der Steirischen Landesjägerschaft gegen Standespflichten werden vom Disziplinarrat der Steirischen Landesjägerschaft als Disziplinarvergehen durch Disziplinarstrafen geahndet.

...

(3) Die Standespflichten werden verletzt, wenn ein Mitglied der Steirischen Landesjägerschaft

  1. a) gegen Jagdvorschriften verstoßen hat oder
  2. b) auf andere Weise das Ansehen der Jägerschaft gröblich verletzt hat.

    Disziplinarstrafen

    § 2

    Disziplinarstrafen sind

    a) die Rüge

    ...

    Verfahren vor dem Disziplinarrat und dem Berufungssenat

    § 10

    Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind auf das Disziplinarverfahren ... die §§ 3, 5, 6, 7 und 19 des VStG 1991 anzuwenden."

2.1. Im Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde war nicht strittig, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer am 31. Jänner 2005 erlegten Wildstück nicht um ein Bockkitz, sondern um einen Rehbock der Klasse III handelte, und dass in dem das konkrete Jagdgebiet und Jagdjahr betreffenden Abschussplan der Abschuss eines Rehbocks der Klasse III zu diesem Zeitpunkt nicht zulässig war.

2.2. Vor diesem Hintergrund hat der Beschwerdeführer objektiv eine Übertretung des § 56 Abs 2 JG zu verantworten.

Bei derartigen Verwaltungsübertretungen handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 3. September 2008, Zl 2007/03/0048, und vom 22. April 1998, Zl 97/03/0377). Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft; ihm oblag es, alles seiner Entlastung Dienende vorzubringen.

3. Die belangte Behörde ist, ausgehend davon, dass für die Strafbarkeit von Fehlabschüssen wegen Unterlassung eines sorgfältigen Ansprechens bloße Fahrlässigkeit genüge, im Beschwerdefall zum Ergebnis gekommen ist, dem Beschwerdeführer liege Fahrlässigkeit zur Last, weil er vor der Schussabgabe das Wildstück nur ungenügend angesprochen und keine Umstände aufgezeigt habe, die objektiv das gehörige Ansprechen unmöglich gemacht hätten.

4. Dem tritt die Beschwerde nicht mit Erfolg entgegen.

Der Hinweis auf die Diskrepanz zwischen dem behaupteten Durchschnittsgewicht eines Rehbocks der Klasse III im Jänner 2005 von ca 15 kg und dem tatsächlichen Gewicht des erlegten Bocks von 9 kg verfängt schon deshalb nicht, weil - ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers - auch ein Bockkitz zu diesem Zeitpunkt ein deutlich höheres Gewicht (12 bis 14 kg) haben müsste; eine erhebliche Gewichtsdifferenz besteht also auch insofern und konnte daher nicht den Schluss rechtfertigen, es handle sich um ein Bockkitz.

Gleiches gilt für den Hinweis auf das Fehlen einer sichtbaren Trophäe.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Ausführungen des jagdfachlichen Sachverständigengutachten im gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren, wonach eine Verwechslung durchaus möglich "und bei entsprechenden Witterungsverhältnissen oder unruhigem Wild auch entschuldbar" wäre, ist schon deshalb nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht hat, welche besonderen Witterungsverhältnisse etwa bestanden hätten, die ein sorgfältiges Ansprechen unmöglich gemacht hätten. Entscheidend ist diesbezüglich aber, dass etwaige schlechte Sichtverhältnisse (witterungsbedingt oder wegen unruhigem Wild) einen Fehlabschuss regelmäßig nicht rechtfertigen können, weil dann, wenn - etwa wegen widriger Witterung - ein genaues Ansprechen nicht möglich ist, die Schussabgabe zu unterbleiben hat. Ein sorgfältiges Ansprechen des zu erlegenden Wildstücks ist nämlich unerlässliche Voraussetzung für eine zulässige Schussabgabe. Dabei darf sich der Jäger nicht auf Wahrscheinlichkeitsüberlegungen verlassen, er muss sich vielmehr darüber Gewissheit verschaffen, dass das beobachtete Wild tatsächlich erlegt werden darf (vgl das bereits zitierte Erkenntnis Zl 97/03/0377, mwN).

Auch das Argument des Beschwerdeführers, ein Verstoß gegen die Standespflichten nach § 1 Abs 3 lit b der Disziplinarordnung liege nur bei gröblicher Verletzung des Ansehen der Jägerschaft vor, wobei der ihm vorgeworfene Verstoß keine gröbliche Verletzung des Ansehens der Jägerschaft darstellen könne, geht fehl: Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer eine Verletzung des § 56 Abs 2 JG und damit ein Disziplinarvergehen nach § 1 Abs 3 lit a der Disziplinarordnung (Verstoß gegen Jagdvorschriften) vorgeworfen, weshalb nicht entscheidend ist, ob (auch) die Voraussetzungen des § 1 Abs 3 lit b leg cit vorliegen.

Die Beschwerde legt die Relevanz der von ihr behaupteten Verfahrensmängel (des erstinstanzlichen Verfahrens) nicht näher dar. Schon deshalb können sie nicht gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufgegriffen werden.

5. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 27. Jänner 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte