VwGH 2009/16/0214

VwGH2009/16/02145.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer LL.M., in der Beschwerdesache des C G in Wien, vertreten durch Dr. Roland Kier, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 23. Juni 2009, GZ. FSRV/0055-W/09, betreffend Finanzvergehen, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §83;
FinStrG §56 Abs3;
FinStrG §77 Abs1;
FinStrG §77 Abs2;
RAO 1868 §8;
ZustG §9 Abs3;
BAO §83;
FinStrG §56 Abs3;
FinStrG §77 Abs1;
FinStrG §77 Abs2;
RAO 1868 §8;
ZustG §9 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Spruchsenat beim Zollamt Wien hatte mit Straferkenntnis vom 4. Oktober 2005 den Beschwerdeführer verschiedener Finanzvergehen schuldig erkannt, über ihn eine Geldstrafe verhängt und ihm den Ersatz der Verfahrenskosten auferlegt.

Mit Berufungsentscheidung vom 7. November 2006 sprach die belangte Behörde über eine dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hob den Bescheid der belangten Behörde vom 7. November 2006 mit Erkenntnis vom 5. März 2009, 2007/16/0064, (Vorerkenntnis) im Strafausspruch auf.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die nach Aufhebung ihres Bescheides durch das Vorerkenntnis teilweise noch offene Berufung des Beschwerdeführers. Ausweislich der Verwaltungsakten wurde die für den Beschwerdeführer bestimmte Ausfertigung des angefochtenen Bescheides nach einem erfolglosen Zustellversuch an der Abgabestelle des Beschwerdeführers am 3. Juli 2009 beim Postamt hinterlegt. Als Beginn der Abholfrist ist am Rückschein der 4. Juli 2009 eingetragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, mit 3. September 2009 datierte und am 7. September 2009 zur Post gegebene Beschwerde, in welcher zur Prozessvoraussetzung der Rechtzeitigkeit ausgeführt wird, die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer selbst sei nicht wirksam gewesen, weil sie nicht an seinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter erfolgt sei. Erst am 17. August 2009 habe der Vertreter des Beschwerdeführers zum ersten Mal vom angefochtenen Bescheid Kenntnis erlangt, weshalb die Beschwerde rechtzeitig erhoben sei.

Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde gemäß Art. 131 B-VG sechs Wochen. Die Frist beginnt gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG mit dem Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides an die beschwerdeführende Partei.

Für die Fristberechnung gelten infolge § 62 Abs. 1 VwGG die Bestimmungen der §§ 32 ff AVG. Nach § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, so ist gemäß § 33 Abs. 2 AVG der nächste Werktag letzter Tag der Frist. Nach § 33 Abs. 3 leg. cit. werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 77 Abs. 1 FinStrG haben Beschuldigte das Recht, sich selbst zu verteidigen und in jeder Lage des Verfahrens den Beistand eines Verteidigers in Anspruch zu nehmen. Sie können sich durch Verteidiger auch vertreten lassen, soweit nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird. Die Vorschriften der BAO über die Bevollmächtigung gelten gemäß § 77 Abs. 2 leg. cit. mit Ausnahme von § 83 Abs. 4 BAO sinngemäß.

Gemäß § 56 Abs. 3 FinStrG gelten für Zustellungen das Zustellgesetz und sinngemäß die Bestimmungen des dritten Abschnittes der BAO.

§ 9 Abs. 3 des Zustellgesetzes - ZustG - bestimmt:

"(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer selbst am 4. Juli 2009 wirksam geworden ist oder ob für den Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt ein Zustellungsbevollmächtigter im Finanzstrafverfahren bestellt war, dem gemäß § 9 Abs. 3 ZustG zuzustellen gewesen wäre.

Dass der Beschwerdeführer im Verfahren vor den Finanzstrafbehörden bis zur Erlassung des mit dem Vorerkenntnis aufgehobenen Bescheides der belangten Behörde vom 7. November 2006 durch einen Verteidiger vertreten gewesen wäre und einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hätte, behauptet weder der Beschwerdeführer noch ist dies den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen.

Der Beschwerdeführer trägt vor, die belangte Behörde habe einerseits von der Vertretung (und Zustellungsbevollmächtigung) dadurch Kenntnis erlangt, dass er dies in seiner Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 7. November 2006 vor dem Verwaltungsgerichtshof dargelegt habe, was die belangte Behörde etwa in ihrer Gegenschrift zu jener Beschwerde zur Kenntnis genommen habe. Auch das Vorerkenntnis, worin ausgeführt werde, dass der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter vertreten sei, sei der belangten Behörde zugestellt worden.

Weiters sei mit Schriftsatz vom 6. April 2009 an die belangte Behörde das Ersuchen gestellt worden, den vom Verwaltungsgerichtshof mit dem Vorerkenntnis zugesprochenen Kostenersatz anzuweisen. In diesem Schriftsatz sei der Vermerk ersichtlich gewesen, "Vollmacht erteilt, § 8 RAO". Das Vollmachtsverhältnis sei der belangten Behörde gegenüber deshalb mitgeteilt worden.

Am 17. August 2009 habe schließlich eine Mitarbeiterin der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde eine Akteneinsicht "vornehmen" wollen, um eine Information "über den Stand des Verfahrens" zu erhalten. Diese Akteneinsicht sei ohne Schwierigkeiten gewährt worden und es sei von der belangten Behörde als ausreichend angesehen worden, dass sich die Mitarbeiterin der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers auf die bereits aktenkundige Vertretungsbefugnis für den Beschwerdeführer berufen habe.

Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der ausdrücklichen Berufung auf die erteilte Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam. Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, 2000/13/0135).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgewiesene Vollmacht nicht zur Folge, dass die Behörde nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides im fortgesetzten Verfahren ihren Bescheid zu Handen des Beschwerdevertreters zustellen muss, es sei denn dieser wäre bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren gegenüber der Behörde als Vertreter ausgewiesen und sie habe vom aufrechten Bestand dieses Vollmachtsverhältnisses auszugehen (vgl. etwa die bei Walter/Thienel Verwaltungsverfahrens I2, E 128 zu § 10 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung sowie die hg. Erkenntnisse vom 26. Februar 1998, 95/20/0411, und vom 22. Jänner 2002, 2001/11/0148).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage und des unstrittigen Umstandes, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren bis zur Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 7. November 2006 nicht durch einen Zustellungsbevollmächtigten vertreten gewesen ist, kommt der Vertretung in dem zum Vorerkenntnis führenden Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof für das fortgesetzte Verfahren vor der belangten Behörde und für den nunmehr angefochtenen Bescheid keine Bedeutung zu.

Der vom Beschwerdeführer angesprochene Schriftsatz zur Geltendmachung des ihm mit dem Vorerkenntnis zugestandenen Kostenersatzes ist - worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend hinweist - nicht im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren (fortgesetzten Verfahren), sondern im Zusammenhang mit dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingebracht worden. Aus einem Hinweis in jenem Schriftsatz auf eine erteilte Vollmacht hatte die belangte Behörde daher nicht den Schluss zu ziehen, dass der Beschwerdeführer im fortgesetzten Finanzstrafverfahren vertreten wäre.

Das Vorbringen, bei einer Akteneinsicht bei der Behörde am 17. August 2009 habe eine Mitarbeiterin der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers auf eine bereits aktenkundige Vertretungsbefugnis hingewiesen, betrifft ebenfalls nicht das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren, weil die Akteneinsicht, worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift abermals zutreffend hinweist, nach Abschluss dieses verwaltungsbehördlichen Verfahrens zum Zwecke der Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof genommen wurde. Der Ausdruck "aktenkundige" Vertretungsbefugnis erklärt sich - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift in Übereinstimmung mit der Aktenlage darlegt - auf eine ebenfalls nach Abschluss des verwaltungsbehördlichen Verfahrens zur Vorbereitung der Erhebung der zum Vorerkenntnis führenden Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof getätigte Akteneinsicht beim Zollamt Wien am 22. März 2007.

Dass der Beschwerdeführer sonst im fortgesetzten Verfahren auf eine erteilte Zustellungsbevollmächtigung seines Vertreters hingewiesen hätte, behauptet weder der Beschwerdeführer noch geht dies aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervor.

Solcherart erweist sich die an den Beschwerdeführer selbst vorgenommene Zustellung als wirksam. Damit begann die sechswöchige Frist des § 26 Abs. 1 Z 6 VwGG am Samstag, dem 4. Juli 2009, zu laufen und endete mit Ablauf des Montags, des 17. August 2009.

Die am Montag, dem 7. September 2009 zur Post gegebene Beschwerde erweist sich deshalb als verspätet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 5. November 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte