VwGH 2009/03/0052

VwGH2009/03/005223.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden der beschwerdeführenden Parteien 1. Z S in F (Ungarn), und 2. R KFT in C (Ungarn), beide vertreten durch Dr. Viktor Wolczik, Dr. Alexander Knotek, Dr. Peter Winalek und Mag. Astrid Wutte-Lang, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Pergerstraße 12, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom 1.) 2. April 2009, Zl Senat-BN-07-0090,

2.) 2. April 2009, Zl Senat-BN-07-0089, betreffend Verfall einer Sicherheitsleistung in einem Verfahren wegen Übertretung des GGBG (weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
EMRK Art6;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs5;
VStG §37a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
EMRK Art6;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs5;
VStG §37a;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wurden die am 29. Jänner 2007 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes wegen des Verdachts von Übertretungen nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz 1998 (GGBG) vorläufig eingehobene Sicherheitsleistungen von jeweils EUR 750,-- gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG gegenüber den beschwerdeführenden Parteien für verfallen erklärt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die beschwerdeführenden Parteien stünden unter dem Verdacht, Verwaltungsübertretungen nach dem GGBG (§ 27 Abs 3 Z 5 bzw Z 6 leg cit) begangen zu haben. Außer Streit stehe, dass die beschwerdeführenden Parteien ihren Wohnsitz bzw Sitz in der Tschechischen Republik hätten, hinsichtlich derer kein Vertrag über die Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungsstrafsachen bestünde, weshalb die ordnungsgemäße Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens und der Vollzug einer Strafe nicht gewährleistet sei. Deshalb sei die vorläufige Sicherheit für verfallen zu erklären, woran auch der Umstand nichts ändere, dass sich die beschwerdeführenden Parteien eines (österreichischen) Rechtsvertreters bedient und bekannt gegeben hätten, sich einem in Österreich abzuwickelnden Verfahren zu stellen.

Dagegen wenden sich die wegen des sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 37 Abs 5 VStG kann eine (vorläufig eingehobene) Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. April 2009, Zl 2006/03/0129, bereits dargelegt, dass die Voraussetzungen für einen Verfall nach dieser Gesetzesstelle nicht schon im Falle wesentlicher Erschwernisse bei Strafverfolgung oder -vollzug gegeben sind, sondern nur dann vorliegen, wenn sich die Strafverfolgung bzw der Vollzug einer Strafe "als unmöglich erweist". Zwar liegen im Regelfall wesentliche Erschwernisse bei der Strafverfolgung vor, wenn mit dem Land, in dem der einer Verwaltungsübertretung Verdächtige seinen Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt hat, kein Vertrag über die Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungsstrafsachen besteht. Wenn der Betroffene aber einen inländischen Rechtsvertreter namhaft macht, im Verfahren mitwirkt und vorbringt, bzw sogar unter Beweis stellt, dass der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht verwirklicht wurde, kann eine Unmöglichkeit der Strafverfolgung nicht angenommen und darf (bloß unter Berufung auf die Unmöglichkeit der Strafverfolgung) ein Verfall gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG nicht mehr ausgesprochen werden. Im hg Erkenntnis vom selben Tag, Zl 2007/03/0174, wurde überdies klar gestellt, dass der Ausspruch des Verfalls aufgrund der Unmöglichkeit des Strafvollzugs erst dann erfolgen darf, wenn bereits eine Strafe verhängt worden ist.

In den gegenständlichen Verwaltungsstrafsachen geht die belangte Behörde zunächst davon aus, dass die beschwerdeführenden Parteien ihren Wohnsitz bzw Sitz in der Tschechischen Republik haben. Die Beschwerde zieht diese Annahme nicht in Zweifel. Der Verwaltungsgerichtshof hält allerdings fest, dass die beschwerdeführenden Parteien Wohn- bzw Firmenadressen in Ungarn angegeben haben und sich aus den Verwaltungsakten kein Hinweis auf einen örtlichen Bezug zur Tschechischen Republik ergibt.

Unabhängig davon ist nicht strittig, dass die beschwerdeführenden Parteien bereits im erstinstanzlichen Verfahren (nämlich mit Eingabe vom 5. Juni 2007, bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt am 6. Juni 2007) inländische Rechtsvertreter bestellt und gegenüber der Behörde namhaft gemacht haben. In den Berufungen gegen die erstinstanzlichen Verfallsbescheide haben sie ausdrücklich erklärt, sich einem Verwaltungsstrafverfahren in Österreich zu stellen und sie haben Vorbringen erstattet, mit dem sie die ihnen angelasteten Vorwürfe zu entkräften versuchten. Es kann dahingestellt bleiben, ob die beschwerdeführenden Parteien die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nach dem GGBG tatsächlich begangen haben. Das dargestellte Verhalten der beschwerdeführenden Parteien lässt jedenfalls nicht erkennen, dass ihre Strafverfolgung unmöglich wäre, weshalb die Voraussetzungen für den Verfall der Sicherheitsleistung nicht gegeben waren.

Da sich somit schon aus den angefochtenen Bescheiden ergibt, dass die in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung vorliegt und die belangte Behörde innerhalb der ihr gesetzten Frist nichts vorgebracht hat, was geeignet ist, das Vorliegen dieser Rechtsverletzung als nicht gegeben erkennen zu lassen, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 35 Abs 2 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 23. November 2009

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