Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 11. September 2008 wies die belangte Behörde - in Bestätigung der Bescheide der Erstbehörde vom 23. bzw. 24. Oktober 2007 - die Beschwerdeführer, alle türkische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.
Dem Inhalt dieser (im Wesentlichen wortgleichen) Bescheide zufolge ist der Erstbeschwerdeführer am 16. April 2003 gemeinsam mit seiner Ehefrau (der Zweitbeschwerdeführerin) und den gemeinsamen damals sechs- bzw. vierjährigen Kindern (Dritt- und Viertbeschwerdeführer) illegal in das Bundesgebiet eingereist. Die Asylanträge der Beschwerdeführer wurden mit Berufungsbescheiden des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Mai 2007 im Instanzenzug abgewiesen und es wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Türkei für zulässig erklärt.
Daran anknüpfend folgerte die belangte Behörde, die Beschwerdeführer hielten sich seit Ende Mai 2007 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil sie über keinen Aufenthaltstitel verfügten. Den für den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Angesichts des eminenten öffentlichen Interesses an der wirksamen Bekämpfung des unrechtmäßigen Aufenthaltes bzw. der illegalen Zuwanderung Fremder sei die Ausweisung der Beschwerdeführer im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten und das der Behörde in § 53 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen könne nicht zu Gunsten der Beschwerdeführer geübt werden. Die persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich seien - vor allem angesichts des noch nicht allzu langen Aufenthalts und der fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit - nämlich nicht so stark ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären, als das besagte öffentliche Interesse. Die Abwägung der gegenläufigen Interessen ergebe somit die Zulässigkeit der Ausweisung der Beschwerdeführer.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden - wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - im Wesentlichen inhaltsgleichen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. In den Beschwerden wird zugestanden, dass die Asylverfahren der Beschwerdeführer rechtskräftig beendet sind. Den Beschwerden sind auch keine Behauptungen zu entnehmen, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG - insbesondere die Erteilung eines Aufenthaltstitels - bei den Beschwerdeführern vorlägen. Es bestehen somit keine Bedenken gegen die behördliche Annahme, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei im vorliegenden Fall verwirklicht.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Unter diesem Gesichtspunkten kritisieren die Beschwerdeführer zunächst, im angefochtenen Bescheid sei unrichtig von einer bisherigen Aufenthaltsdauer von "4 Jahren und ca. 8 Monaten" ausgegangen worden. Tatsächlich dauere der Aufenthalt in Österreich bereits fünf Jahre und acht Monate, somit fast sechs Jahre. Hätte die belangte Behörde dies berücksichtigt, sei nicht auszuschließen, dass sie zu einem für die Beschwerdeführer positiven Ergebnis gelangt wäre.
Es trifft zwar zu, dass die belangte Behörde an zwei Stellen ihrer Bescheide die genannte unrichtige Aufenthaltsdauer unterstellte, sie ist aber auf Seite 4, vorletzter Absatz, ohnehin auch von einer Aufenthaltsdauer von "5 Jahren und ca. 4 Monaten" ausgegangen. Die zu berücksichtigende Aufenthaltsdauer beträgt - von der Einreise am 16. April 2003 bis zur Zustellung der angefochtenen Bescheide am 15. September 2008 - richtig fünf Jahre und fünf Monate, sodass insoweit kein relevanter Fehler der belangten Behörde vorliegt. Im Übrigen ist es ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die bloße Aufenthaltsdauer nicht allein maßgeblich, sondern an Hand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen ist, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. etwa das auch in den Beschwerden zitierte Erkenntnis vom 22. November 2007, Zlen. 2007/21/0317, 0318, und daran anschließend beispielsweise das Erkenntnis vom 31. März 2008, Zlen. 2008/21/0081 bis 0084). Diesbezüglich hat die belangte Behörde aber zu Recht in den Vordergrund gerückt, dass weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin bisher einer erlaubten Beschäftigung nachgegangen seien und die Familie durch Unterstützungsleistungen der Caritas ihren Lebensunterhalt bestreite. Die Beurteilung der belangten Behörde, während des bisherigen Aufenthaltes sei es zwar ansatzweise zu einer gewissen sozialen Integration gekommen, doch fehle es an dem wesentlichen Aspekt einer Erwerbstätigkeit und der damit verbundenen Selbsterhaltungsfähigkeit, ist daher nicht zu beanstanden.
Soweit in den Beschwerden das Familienleben der Beschwerdeführer angesprochen und auf die Geburt eines weiteren Kindes in Österreich am 25. Juli 2007 verwiesen wird, hat die belangte Behörde dazu aber ohnehin - unbestritten - festgestellt, dass dessen Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz negativ beendet und auch eine rechtskräftige asylrechtliche Ausweisung verfügt worden ist. Zu Recht ist die belangte Behörde daher davon ausgegangen, dass durch die Ausweisung der Beschwerdeführer kein Eingriff in ihr Familienleben bewirkt wird. In Bezug auf einen Eingriff in ihr Privatleben ist die belangte Behörde - entgegen der Kritik in den Beschwerden - auch auf den Wechsel zum katholischen Glauben eingegangen und hat den Schulbzw. Kindergartenbesuch der beiden älteren Kinder berücksichtigt. Es kann ihr aber nicht entgegen getreten werden, dass sie diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht beigemessen hat. Die belangte Behörde verwies in diesem Zusammenhang - im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch dazu die bereits zitierten Erkenntnisse) - nämlich auch zutreffend darauf, dass das private Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemildert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der sich auf einen (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag gründet. In Bezug auf ein behauptetes Engagement "in der katholischen Kirche", der "Teilnahme am sozialen Leben in seinem Umfeld" und der Intensität von Beziehungen zu Freunden und Bekannten bleiben die Beschwerden aber eine ausreichende Konkretisierung schuldig, um die Relevanz diesbezüglich behaupteter Ermittlungsmängel darzutun.
Unrichtig ist auch der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe keine Feststellungen zur - als neutral zu bewertenden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. November 2006, Zl. 2006/21/0278) - strafgerichtlichen Unbescholtenheit und zu den Bindungen zum Heimatstaat getroffen. Vielmehr führte die belangte Behörde im zuletzt genannten Zusammenhang aus, der Erstbeschwerdeführer habe vor seiner Ausreise im Zeitraum 1993 bis 2002 in Istanbul ein eigenes Lebensmittelgeschäft betrieben und er verfüge dort auch noch über Familienangehörige (Eltern, sieben Geschwister), sodass für den Fall der Ausreise dorthin ausreichende soziale und wirtschaftliche Anknüpfungspunkte bestünden. Soweit in den Beschwerden dazu behauptet wird, die Kontakte zu den Familienmitgliedern in der Türkei bestünden nicht mehr, wird nicht konkret aufgezeigt, aus welchen Gründen diese nicht wieder herstellbar sein sollten. Die von den Beschwerdeführern - in der Berufung allerdings nur ganz allgemein -
angesprochenen Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz in der Türkei vermögen deren Interesse an einem Verbleib in Österreich somit nicht in entscheidender Weise zu verstärken, sondern sind vielmehr - letztlich auch als Folge des seinerzeitigen, ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von Abschiebungsschutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens ihres Heimatlandes - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen. Im Übrigen haben die Beschwerdeführer - gestützt auf eine angebliche massive Verschlechterung der politischen Lage der Kurden und einer daraus resultierenden unerträglichen, ein Überleben der Beschwerdeführer kaum möglich machenden Situation - in der Berufung ohnehin einen (auf die Abänderung des diesbezüglichen Ausspruchs im Asylverfahren gerichteten) Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach § 51 FPG gestellt. Über diesen Antrag wird - worauf die belangte Behörde ebenfalls mehrfach verwiesen hat - von der zuständigen Behörde zu entscheiden sein; im Ausweisungsverfahren kommt der Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Abschiebung aber keine rechtliche Bedeutung zu (vgl. dazu das Erkenntnis vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0220).
In Bezug auf das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich durch eine illegale Einreise erlangt wurde, der (insgesamt etwa fünfeinhalbjährige) Aufenthalt nur insoweit rechtmäßig war, als er auf einem unbegründeten Asylantrag beruhte, und (bis zur Bescheiderlassung) bereits seit eineinhalb Jahren unrechtmäßig war. Die belangte Behörde ist daher insoweit im Recht, als sie in dem Verhalten der Beschwerdeführer (illegale Einreise und unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich trotz negativen Abschlusses des Asylverfahrens) eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen gesehen hat.
Die Beschwerdeführer machen diesbezüglich geltend, die belangte Behörde hätte bei der Frage der Beeinträchtigung des genannten öffentlichen Interesses nicht auch auf die Inanspruchnahme eines Schleppers bei ihrer Einreise abstellen dürfen. Dem ist insofern beizupflichten, als dem Umstand, dass die Beschwerdeführer vor mehr als fünf Jahren mit Hilfe eines Schleppers eingereist sind, am Maßstab der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls nach so langer Zeit für die Frage der aktuellen Berechtigung einer Ausweisung keine Bedeutung mehr zukommen kann (vgl. das Erkenntnis vom 18. September 2008, Zl. 2008/21/0087, mwN). Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde zieht aber noch nicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nach sich. Die belangte Behörde ist nämlich jedenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das schon genannte Erkenntnis vom 22. November 2007, Zlen. 2007/21/0317, 0318), dem im vorliegenden Fall ein (wie erwähnt) nicht besonders ausgeprägtes privates Interesse der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich gegenübersteht. Es ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Ausweisung der Beschwerdeführer im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG - entgegen der Beschwerdemeinung: mit ausreichend nachvollziehbarer Begründung - für dringend geboten erachtete.
In den Beschwerden werden schließlich auch keine Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre.
Somit lässt bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Beschwerden waren daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. Jänner 2009
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