Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, der nach eigenen Angaben "glaublich 2000 oder 2001 in der Türkei" eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet hatte, gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z. 1 sowie § 63 Abs. 1 und § 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf folgende rechtskräftige Verurteilungen des Beschwerdeführers:
1. Urteil des Landesgerichtes Wels vom 18. Oktober 2006 wegen Vergehens nach § 27 Abs. 1, 1., 2. und 6. Fall sowie Abs. 2 Z. 2,
1. Fall SMG zu einer bedingt nachgesehenen zweimonatigen Freiheitsstrafe. Der Beschwerdeführer habe in der Zeit von zumindest Anfang 2002 bis zum 5. September 2005 in Wels, Linz und anderen Orten in zahlreichen Angriffen den bestehenden Vorschriften zuwider eine nicht mehr feststellbare Menge an Cannabisprodukten (Haschisch und Marihuana) erworben und teils bis zum jeweiligen Eigenkonsum bzw. den Sicherstellungen am 18. Juli 2003, 21. September 2004, 20. Jänner 2005 und 2. März 2005 besessen und teils anderen Personen überlassen, indem er insbesondere seit Frühjahr 2004 Cannabisprodukte anlässlich gemeinsamer Konsumation im Freundeskreis unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe.
2. Urteil des Landesgerichtes Wels vom 13. Dezember 2007 wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2, 4. Fall und Abs. 3,
1. Fall SMG sowie der Vergehen nach § 28 Abs. 1 SMG und weiters nach § 27 Abs. 1, 1. und 2. Fall SMG zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Zugleich sei die bedingte Nachsicht der vorgenannten zweimonatigen Freiheitsstrafe widerrufen worden.
Er habe mit verschiedenen Mittätern vor allem im Raum Wels
a) gewerbsmäßig eine große Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt, indem er von der Mitte des Jahres 2004 bis zum 15. März 2007 insgesamt rund 2.520 g Cannabisharz an Y. sowie nicht mehr feststellbare Mengen Cannabisprodukte an zwei weitere Personen zum Gewinn bringenden Weiterverkauf übergeben sowie in mehr als 10 näher beschriebenen Angriffen zwischen 4 g und 90 g Cannabisharz und Cannabiskraut an Konsumenten verkauft und weitere geringe Mengen Cannabis an Konsumenten unentgeltlich überlassen habe,
b) bis zum 15. März 2007 eine große Menge Suchtgift, nämlich 1.409,03 g Cannabisharz, mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und
c) verschiedene Cannabisprodukte zwischen 18. Oktober 2006 und 15. März 2007 besessen sowie anderen Personen gewerbsmäßig in mehr als 7 näher beschriebenen Angriffen in Mengen von jeweils rund 4 bis 55 g weiterverkauft.
Auf Grund der jahrelang ausgeübten massiven Suchtgiftkriminalität - so die belangte Behörde im Ergebnis - sei die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes erforderlich.
Der Beschwerdeführer halte sich - so argumentierte die belangte Behörde weiter - seit 26. April 2001 in Österreich auf, sei mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, mit der er zusammen wohne, und spreche gut Deutsch. Ihm sei daher eine diesen Umständen entsprechende Integration zuzubilligen. Im Hinblick auf das jahrelange gewerbsmäßig erfolgte Inverkehrsetzen großer Mengen von Suchtmitteln sei jedoch der Eingriff in das Familienleben unter Berücksichtigung der massiven Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie im Interesse der Gesundheit anderer Personen und zur Verhinderung strafbarer Handlungen - auch unter Berücksichtigung der mit Suchtgiftdelikten regelmäßig einhergehenden Folgekriminalität - dringend geboten. Weder die österreichische Ehefrau noch die einschlägige Vorverurteilung vom 18. Oktober 2006 hätten den Beschwerdeführer nämlich davon abgehalten, neuerlich gerichtlich relevante Sachverhalte zu verwirklichen. Unter Berücksichtigung der besonderen Gefährlichkeit der - an sich schon von hoher Wiederholungsgefahr gekennzeichneten - Suchtgiftkriminalität hätte somit das private Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet in den Hintergrund zu treten. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen schwerer als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden. Es "scheine", dass andere Mittel nicht mehr ausreichten, um ihn zur Einhaltung der Rechtsordnung seines Gastlandes zu bewegen.
Umstände, die eine Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers rechtfertigen könnten, seien weder aus seinem Vorbringen noch aus dem Verwaltungsakt ersichtlich. Das Aufenthaltsverbot sei unbefristet zu erlassen gewesen, weil angesichts des langen Tatzeitraumes und der unmittelbaren Tatfortsetzung nach Ergehen einer einschlägigen strafgerichtlichen Verurteilung nicht ersehen werden könne, ob bzw. wann er sich wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Gesetze halten werde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 19. Juni 2008, B 828/08-4, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Hierüber hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Gegen den Beschwerdeführer als Ehegatten einer Österreicherin, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen hat, ist gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1, erster bis vierter Satz FPG die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Der belangten Behörde ist im Hinblick auf diese Rechtslage vorzuwerfen, dass sie die Zulässigkeit der Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes lediglich anhand der Bestimmung des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG, nicht aber an jener des § 86 Abs. 1 FPG gemessen hat. Dies führt allerdings nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die festgestellte (selbst angesichts des bereits anhängigen Gerichtsverfahrens und der - dieses abschließenden - eingangs dargestellten strafgerichtlichen Verurteilung vom 18. Oktober 2006) jahrelang kontinuierlich fortgesetzte gewerbsmäßige Weitergabe von Suchtgift begründet nämlich eine besonders schwere Delinquenz. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft iSd § 86 Abs. 1 FPG berührt. Ob tatsächlich - wie die Beschwerde behauptet - weitere strafbare Handlungen des Beschwerdeführers nicht zu befürchten seien, ließe sich angesichts seines bisher gezeigten Verhaltens erst nach einer entsprechend langen Zeit des Wohlverhaltens nach seiner Entlassung aus der Strafhaft (die hier am 25. August 2008, also nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, erfolgt ist) beurteilen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 7. Februar 2008, Zl. 2006/21/0172, und vom 29. April 2008, Zl. 2008/21/0204, mwN). An der inhaltlichen Richtigkeit dieser Prognose kann auch der von der Beschwerde monierte missverständliche Gebrauch des Wortes "scheinen" in der Begründung des angefochtenen Bescheides nichts ändern.
Gemäß § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 66 Abs. 2 FPG (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf seine österreichische Ehefrau und führt zusätzlich aus, dass seine Eltern bereits verstorben seien. Ein Bruder, eine Schwester, Onkeln und Cousins lebten in Österreich, während er in der Türkei keine Angehörigen habe.
Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer jedoch nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Blick auf die genannte Interessenabwägung aufzuzeigen. Wegen der von der belangten Behörde zutreffend in den Vordergrund gestellten hohen Sozialschädlichkeit der Suchtmittelkriminalität besteht nämlich ein beträchtliches öffentliches Interesse an der Verhinderung weiterer derartiger Delikte und demzufolge ein großes Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Die vom Beschwerdeführer dargestellten persönlichen Interessen haben insgesamt, auch unter Berücksichtigung der mit einem Neuanfang in der Türkei verbundenen Schwierigkeiten, kein derartiges Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.
Ebenfalls bestehen nach den Grundsätzen des § 63 Abs. 1 und 2 FPG keine Bedenken gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes auf unbefristete Dauer. Unter Berücksichtigung des gewerbsmäßigen Vorgehens, des langen Tatzeitraums, der Tatfortsetzung während des ersten anhängigen Gerichtsverfahrens und des unmittelbar darauf erfolgten Rückfalls kann der belangten Behörde nämlich nicht in ihrer Einschätzung entgegengetreten werden, es sei nicht absehbar, ob bzw. wann sich der Beschwerdeführer wieder an die im Bundesgebiet geltenden Rechtsnormen halten werde.
Schließlich wäre auch eine Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers im Hinblick auf Art und Dauer seiner strafbaren Handlungen mit dem Gesetz nicht in Einklang gestanden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 8. Juli 2009
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