Normen
FrPolG 2005 §21 Abs1 Z3;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §21 Abs1 Z3;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nach eigenen Angaben aus dem Kosovo stammender Staatsangehöriger Serbiens, stellte am 9. April 2008 bei der Österreichischen Botschaft in Skopje den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengen-Visums" zur Ausübung einer für sechs Monate beabsichtigten Berufstätigkeit als Gartenbauhilfsarbeiter in Graz. Dazu legte er eine Einzelsicherungsbescheinigung des Arbeitsmarktservice Graz vom 12. März 2008 und eine Verpflichtungserklärung des ihn einladenden österreichischen Staatsbürgers W. vom 13. März 2008 vor.
Am 24. April 2008 äußerte sich das - von der belangten Behörde kontaktierte - Bundesministerium für Inneres zum Antrag dahin, dass die Wiederausreise keinesfalls gesichert sei, habe der Beschwerdeführer doch "im Jahr 2006" (richtig: am 26. Dezember 2005) in Österreich einen Asylantrag gestellt und sei ausgewiesen worden. (Anmerkung: Die Behandlung einer in diesem Zusammenhang erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 5. Mai 2006 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war, wurde mit Beschluss vom 29. Juni 2006, Zl. 2006/01/0189, abgelehnt). Da "seinerzeit" ein illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet vorgelegen sei, würde der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit beeinträchtigen.
Ohne weitere aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtliche Beiziehung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde daraufhin mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 30. April 2008 den Antrag auf Erteilung des begehrten Visums unter Verwendung eines formularmäßigen Vordrucks ab. Dabei wurde durch Ankreuzen der dafür vorgesehenen Felder zum Ausdruck gebracht, dass die belangte Behörde zunächst die Erteilungsvoraussetzung nach § 21 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG (die Wiederausreise des Fremden erscheine gesichert) als nicht erfüllt erachtete, weil er nicht überzeugend habe nachweisen können, dass er feste familiäre, soziale oder wirtschaftliche Bindungen an seinem derzeitigen Wohnsitz habe. Darüber hinaus bestehe Grund zur Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könnte (§ 21 Abs. 5 Z. 4 FPG).
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie nach Abgabe einer weiteren Äußerung durch den Beschwerdeführer erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid mit Hinweisen auf § 21 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 5 Z. 4 FPG begründet. Das allein stellt freilich vor dem Hintergrund der besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden noch keinen Begründungsmangel dar, genügt es demnach doch (vgl. § 11 Abs. 2 iVm Abs. 6 letzter Satz FPG), dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt zumindest im Akt nachvollziehbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0104).
Die Heranziehung des § 21 Abs. 1 Z. 3 iVm Abs. 5 Z. 4 FPG (wonach öffentliche Interessen der Erteilung eines Visums iSd § 21 Abs. 1 Z. 3 FPG dann entgegenstehen können, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde) ist für sich allein genommen inhaltlich nicht nachvollziehbar, weil ein seinerzeitiger illegaler Aufenthalt, würde dem Beschwerdeführer nunmehr ein Visum erteilt, nicht nachwirkt.
Was die Erteilungsvoraussetzung des § 21 Abs. 1 Z. 2 FPG (die Wiederausreise des Fremden muss gesichert erscheinen) anlangt, so wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, die ihr vorliegenden - für den Verdacht eines Verbleibens in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus sprechenden - Indizien (Stellung des eingangs erwähnten - sich letztlich als unberechtigt erweisenden - Asylantrages und, wie die belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als Argument ins Treffen führt, die frühere Abweisung eines inhaltsgleichen im Jahr 2007 an die belangte Behörde gerichteten Antrages auf Erteilung eines Visums) dem Beschwerdeführer zur Wahrung seines Parteiengehörs konkret darzulegen. Erst dann ist es Sache des Fremden, die sich daraus ergebenden Bedenken durch unter Beweis zu stellendes geeignetes Vorbringen zu zerstreuen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2007/21/0514, mwN).
In diesem Zusammenhang verweist der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf seine familiären Bindungen (Eltern und drei Geschwister) im Kosovo sowie darauf, schon Jahre zuvor (abgesehen vom Jahr 2007, in dem entsprechende Anträge von der belangten Behörde abgewiesen worden waren) immer wieder in Österreich als Saisonarbeiter tätig gewesen und freiwillig ausgereist zu sein. Mit diesem Vorbringen wird die Relevanz der gerügten Verletzung des Parteiengehörs ausreichend dargestellt.
Die in Österreich erfolgte Stellung eines Asylantrages am 26. Dezember 2005 vermag fallbezogen zu keiner anderen Beurteilung zu führen: Zunächst wurde der Antrag, entsprechend dem Inhalt des hg. Verfahrens Zl. 2006/01/0189, nach illegaler Einreise und nicht unter Ausnützung eines dem Beschwerdeführer erteilten Visums gestellt. Darüber hinaus wurde sein Tatsachenvorbringen zur Bedrohungssituation im Kosovo für wahr angesehen, lediglich dessen Asylrelevanz aus rechtlichen Überlegungen verneint und für die Gewährung von Abschiebungsschutz als nicht ausreichend erachtet. Nach Abschluss des Verfahrens ist der Beschwerdeführer (unstrittig) freiwillig aus Österreich ausgereist. Betreffend die im Jahr 2007 gestellten Anträge auf Erteilung eines Visums ist (aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten) nicht ersichtlich, inwieweit die darüber abgeführten Verfahren mit dem vorliegenden vergleichbar gewesen wären, sodass daraus zulässig für den Beschwerdeführer nachteilige Folgen gezogen werden könnten.
Die belangte Behörde macht schließlich (in ihrer Gegenschrift an den Verwaltungsgerichtshof) geltend, am 30. April 2008 sei dem Beschwerdeführer mündlich mitgeteilt worden, ausschlaggebend für die abweisende Entscheidung seien der erwähnte unberechtigte Asylantrag und die dadurch entstandene enorme Kostenbelastung für die Republik Österreich gewesen.
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass eine solche Mitteilung den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens nicht entnommen werden kann. Weiters ist das genannte Argument - wie gezeigt - im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalles auch inhaltlich nicht überzeugend. Im Übrigen kann es nichts daran ändern, dass dem Beschwerdeführer kein ausreichendes rechtliches Gehör zu inhaltlich präzisierten und aktuell aufrechten Bedenken der belangten Behörde eingeräumt worden war. Damit sind aber selbst die Mindestanforderungen des § 11 Abs. 2 FPG für den Bestand des angefochtenen Bescheides nicht mehr erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2007, Zl. 2006/21/0117).
Dieser war daher wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die - zusätzlich zum Schriftsatzaufwand - verzeichnete Umsatzsteuer in dieser Pauschalierung bereits enthalten ist.
Wien, am 8. September 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
